Ostpreußenblatt, Folge 23 vom 09.06.1956

Ostpreußenblatt

Folge 23 vom 09.06.1956

 

Seite 1   Foto: Unsere Landsleute …

Sind dieser Mann mit der Krücke, diese müde Frau, diese drei Kinder Landsleute von uns? Wir wissen es nicht. Was wir aber wissen: diese Aufnahme ist in irgendeiner Straße in Ostberlin gemacht worden, vor einem Haus, in dem es einst Brot und Milch und Butter zu kaufen gab, - aber Butter kennt diese Familie sicher nur vom Hörensagen, die Milch für die Kinder wird, wenn sie überhaupt welche bekommen, mager und sehr knapp sein, und das Brot, wird auch nicht immer reichen. Auf der dunklen Schattenseite des Lebens, - das ist das Schicksal dieser Familie, das ist das Schicksal von tausenden ostpreußischer Menschen, die in Ostberlin und in der Sowjetzone leben. Wir können ihnen helfen, nicht mit billigen Worten, die nichts kosten, wir können ihnen mit der Tat helfen. Wir tun es aber nicht!

 

Hunderte, Tausende ostpreußischer Kinder, denen es drüben schlecht geht, so schlecht wie diesen Kindern auf dem Bilde hier, warten sehnsüchtig darauf, einige Ferienwochen bei uns verleben zu können, in Sonne und frischer Luft, bei ausreichender Ernährung, frei von Bedrückung und Not. Wir haben in den letzten Folgen aufgerufen, Ferienfreiplätze und Geldbeträge zu spenden, - das Ergebnis ist geradezu beschämend. Vier, man muss es wiederholen; vier Freiplätze sind gemeldet worden, und was an Geld gegeben worden ist, reicht nur für etwa fünfzehn Kinder. Im vorigen Jahr haben etwa hundert ostpreußische Kinder ihre Ferien bei uns verbringen können, und auch das war nicht gerade eine hohe Zahl, in diesem Jahr sind Plätze und Mittel für kaum zwanzig Kinder bereitgestellt worden. Wenn wir daran denken, dass etwa 1,2 Millionen Ostpreußen in der Bundesrepublik leben, dann ist das – man muss es aussprechen – ein niederschmetterndes Ergebnis.

 

Was soll noch weiter gesagt werden? Wen dieses Elendsbild nicht aufrüttelt, wer jetzt nicht den Entschluss fasst, an seinem Teil und nach seinen Kräften zu helfen, dem werden auch noch so viele Worte nicht durch die harte Haut dringen. Wer aber seinen Beitrag leisten will, den bitten wir, es sofort zu tun: die Ferien stehen vor der Tür. Der Weg zur Hilfe ist für jeden, der etwas erübrigen kann, einfach: der Betrag kann überwiesen oder bei einer Postanstalt eingezahlt werden auf das Postscheckkonto 7557, Postscheckamt Hamburg der Landsmannschaft Ostpreußen mit dem Vermerk „Ostpreußische Kinderhilfe“.

 

Seite 1   Dr. Gille vor der Steuben-Gesellschaft.

Der Sprecher unserer Landsmannschaft, Bundestagsabgeordneter Dr. Gille, der zurzeit in den Vereinigten Staaten von Nordamerika weilt, war am 3. Juni in Detroit. Dort tagte in der Zeit vom 1. bis 3. Juni der National Council (Bundesvorstand) der Steuben Society of  America unter Vorsitz seines Präsidenten Robert Bärwalde aus Cleveland, Ohio. Dr. Gille hatte — zusammen mit Dr. Sallet — Gelegenheit, den Mitgliedern des Bundesvorstandes der Steuben-Gesellschaft die heimatpolitischen Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen ausführlich darzulegen. In einer eingehenden Aussprache konnte eine weitgehende Übereinstimmung der grundlegenden Auffassungen festgestellt werden.

 

Seite 1   Brücken zu den Brüdern

Dass der Bundestag als die einzige freigewählte und zuständige Repräsentation des deutschen Volkes sich in einer sechsstündigen Debatte ausschließlich mit der Frage befasste, was von Westdeutschland heute schon geschehen kann, um die so widernatürlichen Schranken abzubauen, die uns heute von den achtzehn Millionen Brüdern in der sowjetisch besetzten Zone trennen, ist in weiten Kreisen mit großer Genugtuung aufgenommen worden. Die Anregung, die Lage in Mitteldeutschland zu beleuchten und alle Möglichkeiten zu überprüfen, wie man den Deutschen drüben ihr hartes Schicksal etwas erleichtern kann, war von sämtlichen Fraktionen des Bundesparlaments ausgegangen. In der Aussprache selbst, die das rein Menschliche weit in den Vordergrund rückte, ergab sich Übereinstimmung in den wesentlichsten politischen Momenten, vor allem auch in der Einschätzung des Pankower Regimes. Sprecher der Regierung, der Koalitionsparteien und der Opposition stellten fest, dass man von diesen Machthabern zwar schöne Worte und Versprechungen in reicher Fülle vernommen hat, dass aber entsprechende Taten nicht gefolgt sind. Der SPD-Abgeordnete Brandt, der Präsident des Westberliner Abgeordnetenhauses, stellte fest, dass dieses Zonenregime allein durch seine Existenz und Tätigkeit schon die denkbar brutalste Einmischung in die inneren Angelegenheiten Deutschlands darstellt. Es wurde weiter betont, der Weg zu einer Wiedervereinigung könne niemals über Pankow gehen, nachdem erst kurz vor der Bonner Sitzung der „Genosse Ministerpräsident" Otto Grotewohl von neuem klargemacht hat, dass die Pankower Trabanten Moskaus unter einer Wiedervereinigung nur die Behauptung ihrer Macht und die Bolschewisierung des gesamten Deutschlands verstehen.

 

Hinter Zuchthausmauern

So wenig uns also an Kontakten mit einem Grotewohl und Ulbricht gelegen sein kann, so wichtig ist für uns jeder nur denkbare Brückenschlag zu jenen achtzehn Millionen, die als deutsche Staatsbürger den Bütteln des Kremls ausgeliefert sind und ihren Terror zu erdulden haben. Auch jetzt, wo die politische Wiedervereinigung noch auf sich warten lässt, müssen wir alles tun, um ihnen zu helfen. Bundesminister Kaiser hat darauf hingewiesen, dass drüben heute noch fast neunzehntausend Deutsche in den Zuchthäusern des Pankower Regimes sitzen, die unter den fadenscheinigsten Vorwänden von Parteigerichten abgeurteilt wurden. Mindestens siebzigtausend Deutsche sind als Opfer dieser Klassenjustiz nachweislich in den Lagern und Strafanstalten schon umgekommen, 23 000 gelten als „vermisst", 24 000 als „verschollen", sie gehören also auch zum Schattenheer der von den Kommunisten vorsätzlich Gemordeten. Pankow hat nun erklärt, es könne an „Amnestie" und Haftentlassung der Neunzehntausend gedacht werden, wenn auch die „politisch Verfolgten" Kommunisten in der Bundesrepublik freigegeben werden würden. Wir alle wissen, dass es in ganz Westdeutschland kaum mehr als zweihundert Kommunisten gibt, die wegen Landesverrat und offenkundig schwerer Verbrechen in Haft sitzen, nachdem sie hier vor den ordentlichen Gerichten eines Rechtsstaates zu meist außerordentlich milden Strafen verurteilt worden sind. Sie sind also in keiner Weise wie jene Neunzehntausend in der Zone Opfer einer politischen Justiz geworden, sie sind Schwerverbrecher und weiter nichts. Wird — wenn wir sie trotzdem aus der Haft entlassen und zu ihren Freunden im Osten zurückschicken — Pankow die Neuzehntausend freigeben? Wäre das gewiss, so wäre uns dieser Preis für die Freigabe der politischen Gefangenen in der Zone sicher nicht zu hoch.

 

Verbindungen schaffen

Der Sprecher der Bundesregierung hat darauf hingewiesen, dass Westdeutschland auch zu einem Zeitpunkt, wo immer noch drüben die düsteren Figuren eines Ulbricht, der roten Benjamin, des Sabotagechefs Wollweber und des Generalstaatsanwaltes Melsheimer in Amt und Würden sind, durchaus bereit ist, Verbindungen zu den Deutschen der Zone zu schaffen. Die Bundesregierung schlägt einen umfassenden Ausbau der Verkehrsverbindungen, die Wiedereröffnung aller Zonenübergänge, die Beseitigung der Sperrzonen und den weitgehenden Abbau der zeitraubenden Kontrollen vor. Sie hat die Verstärkung der Eisenbahnlinien angeregt und den ungehinderten Post-, Telefon-, Telegramm- und Fernschreibverkehr befürwortet. Man kann also auf vielen Teilgebieten überprüfen, ob die Pankower Versprechungen, einem Ausbau der Verbindung zwischen beiden Teilen Deutschlands zustimmen zu wollen, Propaganda sind oder nicht. Wann werden die Leute von Pankow, die in jedem Satz agitatorisch von der „Einheit" sprechen, der Aufhebung der Sperren für Paketsendungen und Liebesgaben zustimmen? Wann gedenken sie die wichtigen Verbindungsstrecken zwischen Mittel- und Westdeutschland wieder zweigleisig auszubauen? Der SPD-Abgeordnete Mommer meinte, man könne auch ohne große Befürchtungen dem freien Transport sowjetzonaler Zeitungen und Druckschriften nach der Bundesrepublik zustimmen, wenn dafür die Deutschen drüben Blätter des freien Deutschlands halten dürften. Die Elaborate der Pankower Journalistik würden aus den Westdeutschen ebenso wenig Kommunisten machen wie die heute hier schon erscheinenden Blätter der KPD.

 

Eine politische Lektion

Die Aussprache im Bundestag zeigte klar, wie wichtig es ist, dass schon auf diesem Felde des „kleinen Brückenschlages" die Bundesrepublik die höchste Aktivität entfaltet. Es ist durchaus möglich, dass auf so manchen praktischen Vorschlag die Machthaber da drüben völlig ablehnend oder mindestens ausweichend antworten werden. Dabei würde sich dann aber vor der ganzen Welt abermals herausstellen, wer in Wahrheit der deutschen Annäherung auf jedem Gebiet die Fesseln anlegt. Auch die Deutschen jenseits des Eisernen Vorhanges werden das dann von neuem sehen.

 

Die Debatte vom 30. Mai wird, wie wir alle hoffen, ein wichtiger Auftakt gewesen sein. Sie hat von neuem mit aller wünschenswerten Klarheit und Deutlichkeit gezeigt, dass wir uns mit der deutschen Trennung nicht abgefunden haben. Befremdlich an dieser gedanklich recht bedeutsamen Sitzung war es allerdings, dass sie im zweiten Teil — an einem gewiss sehr heißen Tag — vor recht leeren Bänken stattfand; immer mehr Abgeordnete flüchteten aus dem Sitzungssaal, obwohl er doch eine Klimaanlage hat. Der achtzigjährige Kanzler allerdings harrte sechs Stunden lang — zusammen mit den meisten Bundesministern — auf seinem Platz aus und gab sehr viel jüngeren Politikern damit eine Lektion. Es gibt Stunden, wo man da es um höchste Anliegen geht — seinen Platz nicht räumen darf. Und wenn man sich mit dem Schicksal hartgeprüfter deutscher Brüder befasst, dann sollte sich auch bei Gewitterschwüle kein Volksvertreter selbst beurlauben.

 

Seite 1   Jeder vierte Erwerbslose heimatvertrieben

In der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Vertriebenenstatistik für 1955 finden sich bemerkenswerte Angaben in großer Zahl. Einige wichtige seien hier wiedergegeben:

 

Am 30. September 1955 gab es in der Bundesrepublik 8 707 600 Heimatvertriebene und 2 539 000 sogenannte „Zugewanderte", von denen mehr als 90 Prozent aus der Sowjetzone nach Westdeutschland geflüchtet sind.

 

Es gab zu jenem Zeitpunkt 465 000 mehr weibliche als männliche Heimatvertriebene im Bundesgebiet. (Männliche Vertriebene 4 121 300, weibliche 4 586 300.)

 

Die Geburtenziffer liegt bei den Vertriebenen erheblich höher als bei den Einheimischen (17,7 gegenüber 15,4 jährliche Geburten auf Tausend).

 

Der Anteil der Vertriebenen an der Gesamtzahl der Erwerbslosen war auch im Herbst 1955 noch außerordentlich groß. 24,3 Prozent aller Arbeitslosen entfielen auf die Vertriebenen.

 

Der Bildungsdrang der heimatvertriebenen Jugend zeigt sich deutlich in ihrer Prozentziffer unter der Studentenschaft. An den Universitäten sind 15 Prozent, an den Technischen Hochschulen 14,2 Prozent und an den übrigen Hochschulen des Bundesgebiets sogar 16,3 Prozent aller Studierenden Kinder heimatvertriebener Familien.

 

In Barackenlagern und unzulänglichen Notunterkünften lebten am 31. März 1955, elf Jahre nach Kriegsende, immer noch 145 170 Vertriebene.

 

Seite 1   Deutsche sollen Sowjetbürger sein. Zwei russische Noten über die Rückführung - Bruno Bläsner aus Memel

Die Deutsche Presseagentur (dpa) meldet aus Moskau:

 

Der stellvertretende sowjetische Außenminister Semjonow empfing den Botschafter der Bundesrepublik in Moskau, Haas. Er überreichte ihm eine Note des sowjetischen Außenministeriums mit Angaben über die ersten Ergebnisse der Überprüfung einer Liste mit Namen von deutschen Staatsangehörigen, die nach deutscher Mitteilung in der Sowjetunion leben. Diese Liste war vor kurzem von der Botschaft der Bundesrepublik in Moskau übergeben worden.

 

In der Sowjetnote heißt es, in der deutschen Namensliste seien aus „unerklärlichen Zwecken" zahlreiche Personen aufgeführt, die sowjetische Staatsbürger sind. Das sowjetische Außenministerium macht die Botschaft der Bundesrepublik darauf aufmerksam, dass sie in der letzten Zeit in zahlreichen Fällen mit sowjetischen Staatsangehörigen über ihre Ausreise aus der Sowjetunion verhandelt und diesen sowjetischen Staatsbürgern, die die deutsche Botschaft aufgesucht hätten, Fragebogen und andere Dokumente ausgehändigt habe. Im Mai dieses Jahres habe die deutsche Botschaft einem sowjetischen Staatsangehörigen namens Bläsner (Jahrgang 1914) einen Pass ausgestellt.

 

Das Außenministerium stellt fest, dass nach dem Sowjetgesetz die Ausreise sowjetischer Bürger ins Ausland nur von den entsprechenden sowjetischen Organen behandelt werden dürfe. Wenn sich ausländische Vertretungen aus besonderen Gründen für Angaben über Sowjetbürger interessieren, so müssten sie sich an das sowjetische Außenministerium wenden. In der Note wird ferner darauf aufmerksam gemacht, dass die sowjetische Gesetzgebung eine doppelte Staatsbürgerschaft nicht vorsieht. Eine Ausreise von Sowjetbürgern könne deshalb nur mit Erlaubnis des Präsidiums des Obersten Sowjets in jedem einzelnen Falle erfolgen. Das Außenministerium gibt der Überzeugung Ausdruck, dass die Botschaft der Bundesrepublik „in ihrer ferneren Tätigkeit" diese Feststellungen berücksichtigt.

 

Nähere Angaben über die sowjetischen Nachforschungen über die in der Sowjetunion befindlichen Deutschen sind in der Note nicht enthalten. In der Note wird auf eine andere Sowjetnote vom 27. April verwiesen, in der die Sowjetregierung ihre Hilfe bei der Rückführung von Personen aus der Sowjetunion zugesagt habe, die „angeblich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen". Die Sowjetunion hatte damals eine Überprüfung der überreichten Liste zugesagt.

 

Die amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press meldet aus Moskau:

 

Die Bundesrepublik wird wahrscheinlich versuchen, mit der Sowjetunion ein Abkommen über die Repatriierung der noch in der Sowjetunion lebenden heimkehrwilligen Deutschen abzuschließen, nachdem Moskau gegen direkte Besprechungen zwischen Botschaftsangehörigen und Bewerbern um einen deutschen Pass protestiert hatte. Dies verlautet in Moskau.

 

Zu der sowjetischen Note ging der Botschaft noch eine erweiterte Fassung der gleichen Note zu, in der zwanzig Namen von angeblichen sowjetischen Bürgern aufgeführt werden, die mit der deutschen Botschaft verhandelt oder von ihr Pässe erhalten haben sollen. In der ursprünglichen Note war nur der Name Bläsner erwähnt. Die Botschaft erklärt dazu, es handele sich bei der fraglichen Person um einen 1914 in Memel geborenen Bruno Bläsner, der nach dem Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion zehn Jahre lang inhaftiert war und danach verwaltungsmäßiges Oberhaupt der protestantischen Kirche in Memel wurde. Auf diesem Posten habe er erheblichen Einfluss in der noch in Memel ansässigen deutschen Gemeinde gewonnen. Die Botschaft habe festgestellt, dass sein Anspruch auf die deutsche Staatsangehörigkeit berechtigt sei, und habe ihm einen Pass ausgestellt.

 

Soweit die beiden Meldungen. Bei dem in der Note erwähnten Bruno Bläsner handelt es sich offenbar um den kaufmännischen Angestellten Bläsner, der in Memel wohnte und dort nach dem Zweiten Weltkriege als Former arbeitete. Da nach Kriegsende 1945 im Memelgebiet evangelische Pfarrer nicht vorhanden waren, übten Laien in bescheidenem Rahmen eine seelsorgerische Tätigkeit aus. Einer war Bruno Bläsner. Er hielt Andachten, nahm Taufen vor und hielt bei Beerdigungen die Grabrede, und er genoss bei den Deutschen in Memel erhebliches Ansehen. Im Januar 1954 wurde er — immer in Memel — wegen angeblicher politischer Straftaten zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt. Er kam zunächst nach Wilna und dann in ein Arbeitslager hinter Moskau. Im Oktober 1955 soll er nach Memel zurückgekommen sein und dort wieder als Laienprediger wirken. Es ist anzunehmen, dass er im Besitz von Papieren ist, die ihn als deutschen Staatsangehörigen ausweisen.

 

Auch bei den anderen zwanzig angeblichen sowjetischen Bürgern wird es sich vermutlich um Deutsche handeln, die in dem sowjetrussisch besetzten Teil Ostpreußens gelebt haben.

 

Seite 2   VdL vermisst klare Ostpolitik

Das Präsidium des Verbandes der Landsmannschaften äußerte in seiner am letzten Montag stattgefundenen Sitzung seine Sorge um eine anscheinend fehlende ostpolitische Konzeption der Bundesrepublik. Die Bemerkungen des ehemaligen amerikanischen Hohen Kommissars McCloy zur Frage der deutschen Ostgebiete sowie eine Reihe anderer Anzeichen werden als beunruhigend empfunden. Der Vorsitzende des Verbandes, Baron von Manteuffel-Szoege, wurde beauftragt, mit Bundeskanzler Dr. Adenauer über die Situation zu sprechen. Der Verband kündigt außerdem eine Denkschrift zur Frage der deutschen Ostgebiete an.

 

Seite 2   Die deutschen Kriegsgräber im Osten

Auf dem Vertretertag des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Kassel hat Generalsekretär Margraf die Frage nach dem Schicksal der Gräber im Osten als brennend bezeichnet. Alle Bemühungen, mit der Sowjetunion darüber ins Gespräch zu kommen, seien bisher gescheitert. Margraf kündigte an, auf allen Gefallenengedenkstätten in Westdeutschland solle eine Ehrung für die Toten im Osten angebracht werden, damit den Angehörigen gegenüber dokumentiert werde, dass die Toten nicht vergessen sind.

 

Der Volksbund, dem in 10 205 Ortsgruppen über sechshunderttausend Mitglieder angehören, besitzt drei nach verschiedenen Gesichtspunkten geordnete Karteien mit über vier Millionen Karten über Kriegstote.

 

Seite 2   Foto: Karikatur im „Hamburger Anzeiger“. Wirtschafts-Wundermann.  Der Text unter dem Foto lautet: Lass mich in Ruh‘ mit deinen Berlin-Kindern, hab‘ keine Zeit …

 

„Beschämend und peinlich!" Bonner Prominenz stiftete keine Ferienfreiplätze für Berlin.

Als beschämend bezeichnet der „Hamburger Anzeiger" das bisherige Ergebnis der Ferienaktion für Berliner Kinder:

 

„Hollands in Bonn akkreditierter Botschafter, Arnold Theodor Lampig, hat sich bereiterklärt, auch in diesem Sommer wieder Berliner Ferienkinder bei sich aufzunehmen. Abgesehen von der menschlichen Seite, die aus dieser Gastfreundschaft spricht, wird hier auch die starke Anteilnahme gerade der kleineren westlichen Nachbarn am Los der ehemaligen Reichshauptstadt und am Schicksal des zweigeteilten Deutschlands sichtbar. Aber die Gastfreundschaft Lampigs lässt noch aus einem anderen Grund aufhorchen. Im Rahmen der Ferienaktion soll das große Land Nordrgeub-Westfalen 576 Kinder aufnehmen. 160 Freiplätze wurden bislang gemeldet, mehr nicht. Das ist, weiß Gott, keine erfreuliche Seite des „deutschen Wirtschaftswunders". In Bonn fanden sich sage und schreibe fünf Familien bereit, ein Kind aus Berlin bei sich aufzunehmen. Drei sind Flüchtlingsfamilien — und der holländische Botschafter. Man sucht vergeblich nach Namen von Ministern und Abgeordneten. Bonn ist der Sitz des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen. Hier regiert der Bundesvertriebenenminister und ist der Ausschuss für Berliner und gesamtdeutsche Fragen tätig; und dann nur fünf Familien, die schöne Worte in die Tat umsetzen. Fürwahr beschämend und peinlich“.

 

Seite 2   Der „Hammer" trat ab. Weltpolitisches Geschehen — kurz beleuchtet.

Mit einem Rücktritt des Sowjetaußenministers Molotow wurde seit mindestens einem Jahre ständig gerechnet, zumal auch einige seiner eigenen Äußerungen ihn erwarten ließen. Als immer mehr von den vertrautesten Mitarbeitern Stalins auf der Strecke blieben, waren viele verwundert, dass auf einem der zweifellos wichtigsten Posten immer noch der Mann wirkte, der wie kein anderer als der „Schatten Stalins" gegolten hatte. In dem Augenblick, als Molotow von Chruschtschow und Bulganin gezwungen wurde, vor der Öffentlichkeit zum ersten Mal die berühmte „Selbstkritik" zu üben und Irrtümer einzugestehen, erwartete man im Westen eigentlich stündlich sein Ausscheiden aus der Front. Er fuhr nicht mit nach London, nachdem er sich in Genf noch einmal als der harte „Njetsager" produziert hatte, er fehlte gelegentlich auch bei Moskauer Staatsempfängen. Die Tatsache, dass an die Stelle dieses Parteiveterans nicht etwa einer von Molotows politischen Schülern, sondern der „Prawda"-Chefredakteur und überwacher der gesamten Sowjetpropaganda, Schepilow, getreten ist, zeigt aber deutlich, wer hier vor allem nachgeholfen hat. Der „außenpolitische Thronfolger" Schepilow hat seinen kometenhaften Aufstieg zum ersten Ideologen der bolschewistischen Partei der Tatsache zu verdanken, dass er engste Beziehungen zum heute mächtigsten Mann des Führungskreises, zu Chruschtschow, unterhält und als dessen Berater Nummer 1 und Chefadjutant gilt. So hat er die vielen „Ersten Stellvertreter" und „Stellvertreter" des Außenministers glatt übersprungen, obwohl er gar nicht aus der sorgfältig geschulten Sowjetdiplomatie kommt. Alle, die ihm jemals begegneten, bescheinigen ihm, dass er mit allen Wassern gewaschen ist und an Durchtriebenheit sicher nicht hinter Molotow zurücksteht.

 

Wjatscheslaw Skrjabin, der sich nach altem Brauch der Bolschewisten den Kriegsnamen „Molotow" („der Hammer") zulegte, war einer der ganz wenigen, die noch aus den Reihen der Altbolschewisten der Regierung angehörte. Er war und blieb der Verfechter der härtesten Stalinmethoden auf dem diplomatischen Parkett, er spielte auch beim Abschluss des Vertrages mit Hitler im Auftrag seines Herrn die wichtigste Rolle, und er hat später dann auch an der Verdammung Titos entscheidend mitgewirkt. Man kann gewiss nicht von einem Zufall sprechen, wenn sein „Rücktritt" genau an dem Tage erfolgte, als der von Bulganin und Chruschtschow wiederversöhnte „Verräter" Tito mit seinem Panzerzug zum triumphalen Empfang nach Moskau reiste. Recht naiv wirkt es nun freilich, wenn man in manchen westlichen Kommentaren erklärt, das Ausscheiden Molotows und die Berufung Schepilow könne auf einen „weicheren" oder gar entgegenkommenderen Kurs des Kreml hindeuten und die wirkliche Abkehr auch von der Stalinschen Außenpolitik dokumentieren. Es ist sehr wohl möglich, dass der neue Sowjetaußenminister verbindlichere äußere Formen wählt, und es ist sicher, dass er die Aufweichungstaktik Chruschtschow und Bulganins mit mehr Eifer betreibt. Man könnte aber die bittersten Enttäuschungen erleben, wenn man daraus schließen wollte, die sowjetische Außenpolitik werde dadurch weniger gefährlich sein. Genau das Gegenteil ist der Fall.

 

USA - Stabschef nach Moskau

Der Stabschef der amerikanischen Luftwaffe, General Nathan Twining, einer der wichtigsten Männer im USA-Oberkommando des Washingtoner „Pentagon", hat mit Erlaubnis des Präsidenten Eisenhower die Einladung zur Teilnahme an den Moskauer Festlichkeiten anlässlich des sowjetischen Tages der Luftflotte am 24. Juni angenommen. Zur gleichen Zeit wird auch der britische Luftfahrtminister in der russischen Hauptstadt weilen. Die einigermaßen überraschende Reise Twinings kann nicht etwa nur als rein formeller militärischer Höflichkeitsbesuch gewertet werden, sondern sie hat zweifellos auch politische Hintergründe. Die Einladung trägt die Unterschrift des sowjetischen Verteidigungsminister Marschall Schukow, von dem man weiß, dass er 1945 persönliche Bekanntschaft mit dem heutigen amerikanischen Präsidenten schloss und dass er auf der Genfer Konferenz Bulganin und Chruschtschow begleitete, um Eisenhower zu begrüßen.

 

Der Kreml liebäugelt mit dem Gedanken, dass Schukow bei einer Einladung nach den USA in einem „Gespräch unter Kriegskameraden" die Brücke für einen Besuch Bulganins und Chruschtschow in Washington schlagen könnte. Sowohl beim Englandbesuch der Sowjetpolitiker wie auch bei den Moskauer Gesprächen mit den Franzosen wurde deutlich, welchen Wert die Russen auf das direkte Gespräch gerade mit Amerikanern legen. Eisenhower hat nun vor kurzem betont, er könne sich einstweilen keine positiven Ergebnisse einer solchen Begegnung denken. Spricht somit nicht alles dafür, dass die Einladung an Twining nach Moskau von den Sowjets als ein Auftakt für weitere Besuche und Gegenbesuche auf immer höherer Ebene angesehen wird, bei denen man dann dem eigentlichen Ziel immer näherkommt? Wie raffiniert man hier die Fäden zieht, das zeigt sich bereits darin, dass man noch vor der Abreise Twinings versicherte, man werde amerikanischen Generalstäblern bei einem Besuch „gewisse Einblicke" in die Sowjetrüstung gestatten und ihnen eine „Inspektion" ermöglichen. Der USA-Luftwaffenstabschef wird aber kaum so naiv sein, anzunehmen, dass er bei einer Moskauer Parade von den Sowjets Dinge erfährt, die er nicht ohnehin längst weiß oder dass er womöglich gar jenen „Blick ins russische Schlafzimmer" tun darf, von dem Herr Chruschtschow in London offenherzig sagte, der Kreml wünsche so etwas nicht.

 

Seite 2   Von Woche zu Woche

Gegen den Abschluss eines Handelsvertrages mit Moskau sprach sich der Kanzler in einem Interview mit dem Sender Kopenhagen aus. Ein solches Abkommen könne erst nach völliger Normalisierung der Beziehungen erfolgen. So lange die Sowjets einen großen Teil deutschen Bodens besetzt hielten, werde an einen Wirtschaftsvertrag nicht gedacht.

 

Eine stärkere Initiative für die deutsche Wiedervereinigung fordert die SPD von der Bundesregierung. Parteivorsitzender Ollenhauer erklärte, auf dem Münchener Parteitag Mitte Juli würden die Sozialdemokraten ein Initiativprogramm zur Wiedervereinigung vorlegen.

 

215 Männer, Frauen und Kinder aus den deutschen Ostprovinzen trafen mit einem Aussiedlertransport wieder in Friedland ein. Sie stammen alle aus dem Regierungsbezirk Kattowitz.

 

Die Italienreise des Kanzlers wird Anfang Juli stattfinden. Dr. Adenauer und Minister von Brentano werden in Rom dem Besuch des Ministerpräsidenten Segni und des Außenministers Martino erwidern.

 

Die abschließende Beratung des Bundestages über das Wehrpflichtgesetz soll nach dem Wunsch der Koalitionsparteien am 20. und 22. Juni stattfinden. Die SPD hat sich scharf gegen diesen Antrag ausgesprochen. Auch die FDP ist gegen eine Verabschiedung vor der Sommerpause.

 

General Gruenther erklärte vor dem amerikanischen Parlament, er könne eine Garantie für die Abwehr von Angriffen aus dem Osten in Europa nur geben, wenn der volle deutsche Wehrbeitrag zu der gegenwärtigen NATO-Stärke hinzukommt. Bis Ende dieses Jahres könnten fünf deutsche Divisionen, die jedoch noch weitere Ausbildung brauchten, dem Oberkommando unterstellt werden.

 

Als erste schwimmende Einheiten der Bundesmarine wurden in Kiel drei Schnellboote in Dienst gestellt. Es handelt sich um Einheiten von 130 Tonnen, die die erstaunliche Geschwindigkeit von vierzig Seemeilen in der Stunde erreichen.

 

Eine neue Dienstflagge für die Bundesmarine hat Bundespräsident Professor Theodor Heuss bestimmt. Die schwarzrotgoldene Flagge trägt in der Mitte einen Schild mit dem Bundesadler.

 

Über 15 000 ehemalige Marine-Angehörige aus West- und Mitteldeutschland nahmen am Kieler Kameradschaftstreffen des Deutschen Marinebundes am 40. Jahrestag der Skagerrakschlacht teil. Der frühere Großadmiral Raeder wurde zum Ehrenmitglied gewählt. Ministerpräsident von Hassel, der Landtagspräsident und der SPD-Landesvorsitzende erklärten, sie hielten diesen Beschluss aus politischen Gründen für verfehlt.

 

Vizeadmiral Ruge, der Chef der Marineabteilung im Bundesverteidigungsministerium, ist zu einem mehrwöchigen Informationsbesuch in den Vereinigten Staaten eingetroffen.

 

245 hohe Offiziere für die Bundeswehr sind bisher vom Bonner Personalgutachter-Ausschuss überprüft worden. Achtzehn Bewerber wurden abgelehnt, bei sechs Offizieren wurde die Zustimmung eingeschränkt.

 

Eine Erhöhung der Ausgaben für den Bundesjugendplan bewilligte der Haushaltsausschuss des Bundestages. Die für die Jugendförderung bestimmte Summe steigt von 36 auf 46,8 Millionen DM.

 

Zum neuen Niedersächsischen Kultusminister hat Ministerpräsident Hellwege den bisherigen Justizminister Langeheine (Deutsche Partei) ernannt. Die FDP, die Anspruch auf das Kultusministerium erhebt, spricht von einer ernstlichen Gefährdung der bisherigen Koalition.

 

Etwa hundert politische Gefangene aus Bautzen und Waldheim sind nach Meldungen aus Berlin in der letzten Woche in aller Stille entlassen worden. Pankow machte keine offizielle Mitteilung hierüber.

 

Anlässlich der 750-Jahr-Feier der Stadt Dresden wurde die zum großen Teil wiederhergestellte weltberühmte Dresdner Gemäldegalerie wieder eröffnet.

 

Geschenksendungen nach der Tschechoslowakei dürfen vom 1. Juli ab unter gewissen Einschränkungen zollfrei eingeführt werden. Jeder Empfänger darf jährlich höchstens 6 Geschenkpakete im Höchstwert von 800 DM entgegennehmen.

 

Einen triumphalen Empfang haben die Sowjets dem früheren von ihnen so oft als „Abtrünnigen und Verräter" bezeichneten Jugoslawischen Staatschef Marschall Tito bereitet. Zum Empfang erschienen mit Woroschilow, Bulganin und Chruschtschow auf dem Moskauer Bahnhof auch noch der inzwischen zurückgetretene Außenminister Molotow mit seinem Nachfolger Schepilow.

 

Eine Tagung des Obersten Sowjets ist für Mitte Juni nach Moskau einberufen worden. Eine Tagungsordnung wurde nicht bekanntgegeben. Man nimmt an, dass Bulganin und Chruschtschow über ihren England-Besuch und ihre Gespräche mit Mollet berichten werden.

 

Der stellvertretende Oberbefehlshaber der taktischen NATO-Luftflotte, der italienische General Vincenci, ist auf dem Fluge nach Vicenca tödlich verunglückt. Sämtliche Insassen seiner Maschine kamen mit ihm ums Leben.

 

Der sogenannten „neutralen Waffenstillstandskommission“ in Korea hat das Oberkommando der Vereinten Nationen die weitere Tätigkeit in Südkorea verboten. Es wurde darauf hingewiesen, dass die polnischen und tschechischen Kommissionsmitglieder die Aufrüstung im kommunistischen Nordkorea in jeder Weise förderten und sich niemals neutral verhalten haben.

 

Seite 3   Berlin: Viele Gesichter - eine Gesinnung

Jede westdeutsche Zeitung, die etwas auf sich hält, jedes große Blatt in Westeuropa und Übersee hat einen ständigen Korrespondenten in Berlin. So wissen die Zeitungsleser in aller Welt, was in Berlin geschieht, wenigstens politisch. In mehr oder weniger längeren Zeitabständen erfahren sie aber auch einiges vom Alltagsleben der Viersektorenstadt, von ihren wirtschaftlichen Verhältnissen, ihren Bauten, ihrem Kunstleben.

 

Halten wir einmal fünf, sechs solcher Berichte nebeneinander, so stellen wir allerdings fest, dass jeder unsere Stadt anders sieht. In einem ist Berlin eine Stadt voller Gefahren, — in jeder Kneipe ein Menschenräuber, der Besuch des Ostsektors ein herzklopfendes Abenteuer. Ein anderer zeichnet das Bild einer Mangel leidenden, ringenden Stadt, der dritte sieht Aufstieg, Wohlstand. Ein verschlafenes Nest, ein Sanatorium sieht dieser, eine Weltstadt jener. Ja, in ein und derselben westlichen Zeitung wird Berlin verschieden dargestellt, einmal vom ständigen Korrespondenten, einmal von einem Redakteur, der vierzehn Tage zu Besuch hier war.

 

Und keiner der Berichterstatter hat etwa gelogen. Denn Berlin ist sehr groß, und nicht nur räumlich. In jeweils einem Zeitungsaufsatz lässt es sich nicht einfangen, wer das versucht, verzeichnet zwangsläufig das Gesicht der Stadt.

 

In unserm Ostpreußenblatt wird in der Berliner Beilage alle vier Wochen ausführlich von Berlin berichtet, und auch sonst werden in den einzelnen Folgen Artikel über Berlin gebracht. Und so geht es, so können wir, Stein um Stein, ein möglichst echtes Mosaikbild zu schaffen versuchen.

 

In der vorigen Berliner Beilage berichteten wir über die von Pankow in Szene gesetzten Ost-Westschikanen. Das ist eine Seite des Berliner Lebens und so wichtig, dass, wer sie nicht kennt, auch Berlin nicht kennt. Und dennoch kann man Monate in Berlin leben, ohne persönlich irgendetwas von diesen Schikanen zu sehen oder zu spüren. Das ist gemeint, wenn wir sagten, Berlin ist sehr groß.

 

Fügen wir heute einige weitere Mosaiksteinchen zum Bild hinzu.

 

Kongresse, Wirtschaft

Wer in diesen Wochen Berlin besucht, mag zu Hause dann mit Recht erzählen: Berlin, Stadt der Kongresse. Es ist eine solche Vielzahl, dass das Städtische Verkehrsamt sogar aufrief, Privatunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Der Verein Deutscher Ingenieure feierte sein hundertjähriges Bestehen, fünftausend Ärzte aus Ost und West trafen sich, Bibliothekare tagten, Polizeichefs, Kriminalisten, Zeitungsverleger. Sie alle suchten und fanden in Berlin die Atmosphäre für fruchtbare Arbeit, die Atmosphäre für eine Überschau, für die Gewinnung neuer Richtlinien. Niemand hatte gedacht, dass man solche Tagungen etwa in — Bonn abhalten könnte!

 

Bautätigkeit, verstärkte Motorisierung, das fällt allen Gästen zuerst auf. Ein wirtschaftlicher Aufschwung ist unverkennbar. Bei einem Besuch in dem modernen Haus der Industrie- und Handelskammer in der Hardenbergstraße legt man uns die Beweise schwarz auf weiß vor. Der Produktionsstand von 1936 ist wieder erreicht: im Bundesgebiet ist er weit überschritten, aber für das total demontierte und von seinem natürlichen Hinterland abgeschnittene Westberlin ist der Vorkriegsstand schon eine gewaltige Leistung. An der Spitze steht die Veredelungsindustrie, das heißt, die Industrie, die mit geringstem Rohstoffaufwand höchste Erträge bringt, vor allem die Elektroindustrie mit einem Drittel der Industrieumsätze. Westberlin liefert Maschinen und Apparate in alle Welt, und in der Damenoberbekleidung ist es ein anerkannter Modeplatz geworden.

 

Als charakteristisches Zeichen für den Aufschwung sei diesmal nur die Motorisierung herausgegriffen.

 

Benzinrausch

Erst einmal die Kehrseite: die Zahl der Autodiebstähle steigt, bis zu zehn werden in einer einzigen Nacht verübt. Kürzlich standen fünf Jugendliche vor Gericht, die nacheinander acht Autos gestohlen hatten; sie ließen sie stehen, wenn der Benzintank leer war, drei schwere Unfälle verursachten sie bei ihren rasenden Fahrten. Alles sind Kinder achtbarer Eltern; bei seiner Vernehmung sagte der Anführer, sie hätten im „Benzinrausch" gehandelt.

 

Der Benzinrausch hat Westberlin später als die Bundesrepublik ergriffen, dafür umso heftiger. In diesen Monaten wurden allein an Volkswagen 78 Prozent mehr verkauft als im Vorjahr, und fast die Hälfte sind Privatkäufer, während 1954 noch neun von zehn Wagen an Firmen und Geschäfte gingen. Die Jugend steigt vom Fahrrad zum Moped um, der Erwachsene will „vier Räder unter dem Hintern haben", wie es ein großer Autohändler der Stadt ausdrückte. Dabei überschneiden sich zwei Entwicklungen: der Fußgänger wird Besitzer eines Kleinautos oder Kupees, der Kleinautofahrer kauft sich einen „richtigen" Wagen. Immer mehr Facharbeiter, aber auch Angestellte zählen zu den Käufern, viel Wert wird auf Komfort in der Ausstattung gelegt, ein paar Hunderter spielen keine Rolle. Man zahlt fünfundzwanzig Prozent des Kaufpreises an, erlegt den Rest in zwölf bis achtzehn Monatsraten, aber auch die Barkäufe nehmen zu (bei den Volkswagen fünfzig Prozent aller Abschlüsse!)

 

Natürlich geht andererseits auch mancher Wechsel zu Protest, und ein Körnchen Wahrheit liegt schon in dem Witz des Ostberliner Conférenciers, der auf die Frage, wieso es in Westberlin so unvergleichlich viel mehr Autos gäbe als im Osten, antwortet: „Ganz einfach. Elektrische können die drüben nicht fahren, da müssen sie ja bar bezahlen . . .!"

 

Bauen, bauen . . .

Zwei riesige Bauplätze fallen dem Besucher auf. Einmal rund um den Zoo, das Zentrum der „City", das in raschem Tempo ein völlig neues Gesicht erhält, und dann das Baugelände Hansaviertel. Hier soll bereits 1957, zur Internationalen Bauausstellung, ein vorbildliches Wohnviertel von europäischem Format stehen. Die originelle Betonkirche nach dem Entwurf des Berliner Stadtbaudirektors Professor Lemmer feierte schon ihr Richtfest. Turmkräne überragen das Gelände, und zugleich wühlen unterirdisch die Pressluftbohrer den Schacht für eine neue U-Bahnlinie, die die Stadtteile Steglitz und Wedding verbinden wird. Eine andere U-Bahnteilstrecke im Norden wurde in Betrieb genommen, 2,4 Kilometer lang, und jeder Meter kostete 34 000 DM. Kleinere Baustellen überall in der Stadt, 160 Millionen DM sieht der laufende Etat allein für den sozialen Wohnungsbau vor. Selbst das so stiefmütterlich behandelte Projekt des Wiederaufbaus der Berliner Philharmonie rückt seiner Verwirklichung näher.

 

Bei solchem Bautempo gibt es auch Pannen. Streit über Geschmacksfragen und Kostenfragen, die nicht nur den Senat, sondern auch den einfachen Bürger in Erregung bringen. So gab es Anlieger-Protestversammlungen gegen den Plan, im Olympiagelände ein Hochhaus zu errichten und zwar nach dem Entwurf des bedeutenden, aber auch umstrittenen französischen Architekten Le Corbusier. Und andere Pannen warnen vor hektischer Eile: von einem vor zwei Jahren in Blitz-Bauweise hochgezogenen Hochhaus in Wilmersdorf, Berliner Straße Ecke Bundesallee fällt der Putz zentnerweise herunter, so dass sich schon kleine Schutthalden rund um das Gelände gebildet haben . . .

 

Schattenseite

Noch ein Mosaikstein sei zu dem heutigen Bild hinzugefügt. Vergessen wir nicht, dass Westberlin noch immer über hunderttausend. Arbeitslose zählt. Wer sind diese Hunderttausend? Kein Bauarbeiter ist darunter, kein Elektroarbeiter, kein Schweißer, überhaupt nur verschwindend wenige einsatzfähige Facharbeiter. Vor allem sind es kaufmännische Angestellte, und unter ihnen in fast tragischer Zahl ältere Leute. Einst, als Berlin Reichshauptstadt war, Verwaltungszentrum, Kommandostand gesamtdeutscher Wirtschaft, Sitz zahlloser Dachorganisationen von Handel und Industrie, da hatten diese Menschen hier ihr Brot. Hier gründeten sie ihren Hausstand, und nach 1945 warteten sie und warteten. Verhältnismäßig wenige nur wagten den Absprung nach Westdeutschland. Die hier blieben, sind inzwischen zu alt geworden, zu alt für Westdeutschland, zu alt aber auch für Westberlin, wenn einmal ein an sich geeigneter Posten ausgeschrieben wird.

 

Nehmen wir die über eine halbe Million Rentenempfänger hinzu: auf sie alle fällt nur ein schwacher Abglanz des Westberliner Wiederaufstiegs. Die strahlenden Lichtreklamen am Kurfürstendamm sind nicht für sie. Sie jammern, wenn ein wichtiges Nahrungsmittel auch nur fünf Pfennig im Preis anzieht, die bevorstehende Mietpreiserhöhung erfüllt sie mit Schrecken. Und es geht nicht nur um Wohnen, Essen und Trinken. Wie viele unter ihnen nahmen einst regen Anteil auch am kulturellen Leben, und wie unendlich bitter für sie, jetzt nie mehr ein Konzert, ein Theater besuchen zu können.

 

Dies alles muss man auch sehen.

 

Und doch wollen wir diesen Bericht nicht abschließen, ohne zu betonen: so viele Gesichter Berlin auch hat, Licht- und Schattenseiten, ein Leitmotiv durchzieht die Stadt, eine Gesinnung reicht über Parteischranken und soziale Unterschiede, in ihr verstehen sich arm und reich, Akademiker und ungelernte Arbeiter: es ist das aus zehnjähriger gemeinsamer Abwehr des Totalitarismus erwachsene leidenschaftliche Bekenntnis zur Freiheit. Was „drüben" leider schon zu selbstverständlich hingenommen wird, um noch lebendig zu sein, hier ist es aktuell, immer wieder aktuell.

 

Seite 3   Wie unsere Kinder in Ostberlin leben. In der vergifteten Luft des Misstrauens.

Foto: Die Märchenspieler der memelländischen Heimatkreise in Berlin, — sie brachten den Alten von Haus Dernburg einen Nachmittag der Freude.

 

Kreistreffen, irgendwo in Westberlin . . . Und da sitzen sie mit uns am Tisch, die Landsleute aus Ostberlin, trinken dankbar ihren Kaffee, ihr Bier auf Gutschein, die Kinder eine Limonade mit Strohhalm aus den originellen kleinen Flaschen; sie sind ganz wild darauf, denn drüben gibt es weder Strohhalm noch hübsche Flaschen noch aus echtem Fruchtsaft hergestellte Limonaden.

 

Ein guter Onkel spendiert eine Tafel Schokolade. Drüben würde sie sieben bis acht Mark kosten, — unerschwinglich!

 

Rasch sind die paar Stunden verplaudert, und dann trennen sich unsere Wege. Der Landsmann — und daheim in Lötzen oder Insterburg wohnten wir vielleicht Zaun an Zaun — kehrt mit seiner Familie in eine andere Welt zurück.

 

Die andere Welt

Menschliche Verbindung zwischen Ost und West, das ist die Forderung des Tages. Der Vorsitzende unserer Berliner Landsmannschaft, Dr. Matthee, stellte sie auch für uns in den Mittelpunkt der Arbeit dieses Jahres, der Bundestag forderte sie in seiner großen Sitzung vorige Woche. Genügt es, sich alle vier Wochen oder gar nur alle Vierteljahr beim Kreistreffen in Westberlin zu sehen? Wir laden unsere Freunde zu uns persönlich ein. Gut. Doch um sie verstehen zu können, müssen wir sie auch bei sich zu Hause drüben im Reiche Piecks und Ulbrichts aufsuchen.

 

Doch da beginnen schon die Schwierigkeiten. Wir wollen noch nicht einmal von einem Besuch in der Zone sprechen, zu dem der schwer zu erlangende Passierschein erforderlich ist. Auch eine Verabredung zwischen West- und Ostberlin hat — ohne Telefon, bei schleppender Postverbindung — ihre Schwierigkeiten. Und so mancher drüben empfängt nur ungern Besuch aus dem Westen. Viele wissen sich beobachtet. Der SED-Hausvertrauensmann registriert jeden westlichen Gast. Es könnte ein Agent, ein Schieber sein. Kommt er mit vollen Taschen und geht mit leeren: Oder umgekehrt?

 

In dieser Atmosphäre des Misstrauens leben auch unsere Landsleute in Ostberlin und der Zone, und ihre Kinder wachsen in ihr auf. Und von den Kindern soll jetzt die Rede sein.

 

Lastendes Geheimnis

Wir haben sie gesucht und besucht. Im Regierungsvorort Pankow, in Häuserblocks, in denen jeder zweite Mieter ein SSD-Angehöriger oder SED-Funktionär ist; in elenden Quartieren im alten Stadtzentrum, wie sie im Westen längst baupolizeilich geräumt wären; in romantisch verkommenen Siedlungshäusern im Südosten . . .

 

Wir fanden sie sauber, adrett und gut erzogen, die Kinder unserer Landsleute in Ostberlin, auch dort, wo der Vater fehlt, die Mutter arbeiten geht. Tritt man in die Wohnungen, ob ärmlich eingerichtet oder gar mit neuen auf Abzahlung angeschafften HO-Möbeln, so spürt man ostpreußische Luft. Mehr noch als bei den Landsleuten im Westen bedeutet hier die Erinnerung an die Heimat; sie ist Kraft, sie gibt Halt in einem grauen, manchmal sogar grauenvollen Alltag.

 

Zugleich aber birgt diese Kraftquelle Probleme, löst Krisen, Spannungen aus . . .

 

Renate ist gerade zur Schule gekommen, diese Ostern. Etwas Unbeschreibliches, Seltsames hat sie im Blick des Lehrers gespürt, als sie sagte, dass ihre Eltern aus Königsberg kommen. Und ihr Kinderhimmel ist schon ein wenig verdüstert durch ein Geheimnis, das sie mit sich herumträgt. Sie darf niemandem sagen, dass die Eltern alle vier Wochen zum Heimattreffen nach Westberlin fahren! Man braucht kein großer Seelenkenner zu sein, um zu begreifen, wie solch ein Geheimnis auf einem Kinde lastet. Renate hört manchmal auf dem Schulhof, in der Klasse mitten im fröhlichen Erzählen auf, bricht ab, wird rot, schweigt . . .

 

Dieter ist zehn Jahre alt. Achtzehn von seinen einundzwanzig Klassenkameraden sind Mitglieder der Jungen Pioniere. Sie machen Ausflüge, bekommen Freikarten zum Jugendtheater, haben Bastel- und Briefmarkennachmittage. Dieter sieht nur das Schöne, begreift nicht die überall einfließende Hetze gegen den Westen, nicht, wie die „Ausflüge" der Pioniere sich nach und nach in militärische Geländeausbildung verwandeln. Er sieht nur, dass er immer ausgeschlossen ist. Und er drängelt zu Hause. Aber der Vater sagt: „Nein!" — „Weshalb nicht, Papa?" Schweigen. Dieter ahnt nicht, wie es den Vater peinigt, ihm nicht alles sagen zu können, was gegen die Pioniere zu sagen wäre. Er kann es nicht. Ein unvorsichtiges Wort des Kindes, der SED-Lehrer hört es, meldet es weiter — die Folgen sind unabsehbar, es gibt Beispiele genug, man braucht nur die Protokolle der Westberliner Notaufnahmestellen zu studieren!

 

Erst wenn Dieter größer geworden ist, wird der Vater offen mit ihm reden, aber bis dahin sind es noch Jahre peinigender Spannungen zwischen Eltern und Kind.

 

Schulabgang

Viele ostpreußische Kinder sind dies Jahr konfirmiert worden. Jugendweihe? Nein! Aber welche Kämpfe hat es da gegeben. Fragebogen wurden in der Schule verteilt, Lehrer und Rektoren haben gedroht. Ein Agitator besuchte den Vater, die Mutter am Arbeitsplatz, das ging von liebenswürdigen Überredungsversuchen bis zur massiven Drohung, der Junge, das Mädel würde keine Lehrstelle finden, ohne Teilnahme an der Jugendweihe.

 

Unsere Landsleute haben geschwiegen. Und gedacht haben sie: Dann schicke ich mein Kind eben in den Westen!

 

Das haben auch die gedacht, denen es passiert ist, dass die Schule ihrem Kind das Abgangszeugnis verdorben hat. Kluge, begabte Kinder haben, als „unzuverlässig", eine Fünf in Gegenwartskunde bekommen, und damit ist es schwer, eine Lehrstelle zu finden, denn es gibt ja praktisch nur staatliche Lehrstellen, ob Handel, Industrie, Verwaltung. Verschwindend ist die Zahl von Lehrstellen bei den letzten privaten Handwerksmeistern, Kleinunternehmern oder Kaufleuten.

 

Insulaner...

Die Haustür des Siedlungshäuschens offen, die Tür zum Wohnzimmer offen, und aus dem Radio laut Walter Gross, der „Funktionär" der Westberliner Insulanersendung.

 

Nanu?

 

„Ach, unsere Nachbarn sind alle in Ordnung. Die hören ja auch alle nur Rias. Und gehen alle rüber zum Westberliner Grenzkino, wo wir Ostler für fünfundzwanzig Westpfennig hineinkönnen. Auch die Genossen; die machen noch nicht mal das „Bonbon" ab . . .!"

 

Auch das gibt es in Ostberlin.

 

Dann aber: Ein neu verputzter Mietsblock im Norden. Frisch gestrichenes Treppenhaus, sogar Ölfarbe. Wir klingeln. Drinnen huschende Schritte. Das Radio, das undeutlich zu hören war, wird abgestellt. Ein Türspalt tut sich auf. Aufatmen: „Ach Sie sind es! Schnell herein!"

 

Auch hier sind Kinder. Ein größeres, ein kleineres. Und da gibt es einmal die normalen Schwierigkeiten und Erziehungsprobleme (mit denen so manche Eltern im Westen nicht fertig werden) und dazu das andere, das Lastende, der Druck von außen. Ingrid ist noch nicht soweit, dass man offen mit ihr reden kann, und doch muss sie schon alles mitmachen, das Verstummen, das Abdrehen des Radios . . . Und wie steht es mit der hübschen, lustigen Annemarie? Sie erscheint so sorglos. Aber sie ist reifer, als die Eltern meinen; sie lauscht an der Tür, wenn die Eltern, sich allein glaubend, über das rätselhafte Erscheinen eines Polizisten beim Flurnachbarn debattieren. Hat er sich vielleicht Auskunft geholt? Und Annemarie fragt sich: Weshalb vertrauen mir die Eltern nicht? Ich bin doch schon groß . . .

 

Wie unendlich schwer ist hier die Erziehung. Ein Wort, zu früh ausgesprochen, und alle kindliche Unbefangenheit ist dahin. Ein Wort, nicht ausgesprochen, hinausgezögert, und das Vertrauen des Kindes ist dahin.

 

Nähe, Verstehen

So leben unsere Landsleute im Ostsektor, in der Zone. Ihre seelische Not ist schwerwiegender als alle materiellen Entbehrungen. Und sie tragen sie allein, sie sprechen nicht davon, selbst nicht bei den Heimattreffen in Westberlin. Vielfach ist sie ihnen selbst nicht klar bewusst, sie wissen nur, dass sie leiden, unter Druck, unter unerträglichen Spannungen, von denen wir hier nur die eine, die zwischen Eltern und Kindern zeigen wollten.

 

Hier hilft nur Nähe, Verstehen, damit nicht zwei Welten auseinanderfallen, von denen die eine nichts mehr von der anderen weiß. Materielle Gaben bahnen die Verbindung an. Helfen wir. Stellen wir den Kindern Ferienfreiplätze zur Verfügung. Aber das ist immer nur der Anfang, dann beginnt erst die eigentliche Aufgabe, der schwierige Weg, dessen Ziel ist: Nähe, Verstehen.

 

Seite 4   Von allen geliebt... Zum 101. Geburtstag unserer Karoline Siemann.

Foto: Gemeistertes Leben — davon spricht das Antlitz der 101-jährigen Ostpreußin Karoline Siemann. Hier gießt sie die Blumen auf dem Balkon ihrer Wohnung in Berlin-Neukölln.

 

Unsere Landsmännin Karoline Siemann ist eine Persönlichkeit, von der man spricht. Schon seit Jahren berichtet die Berliner Tagespresse regelmäßig über sie, häufig empfängt sie den Besuch des Bürgermeisters, Stadträte laden sie zu Autoausflügen ein, auch die Industrie interessiert sich für Frau Karoline Siemann. Ihre Volkstümlichkeit wird von Jahr zu Jahr größer.

 

Voriges Jahr, bei ihrem hundertsten Geburtstag, war sie die fünfälteste Einwohnerin des Westberliner Stadtbezirks Neukölln; heute, nach ihrem einhundert und ersten Geburtstag, ist sie die Zweitälteste. Dies hohe Alter aber ist nur der äußere Anlass, sie zu feiern. Karoline Siemann ist nicht einfach nur einhundertein Jahr alt und sonst nichts: sie ist beliebt als Mensch, sie strahlt Sicherheit, Freude, Heiterkeit aus. Sie ist das lebende Denkmal eines guten, klugen, aufgeschlossenen Menschen, und wer nach der Lektüre der Berichte über die Atombombenexplosionen im Pazifik an der Menschheit verzweifelt, der kann den Glauben an sie wiedergewinnen, wenn er auf diese ostpreußische Greisin blickt.

 

Wo soll man nur anfangen, zu erzählen?

 

Immer unterwegs

Suchen wir sie doch, im Häusermeer von Neukölln, dieser riesengroßen Kleinstadt im Herzen von Berlin. Sie wohnt in der Weserstraße, einer jener langen, von Bomben verschonten Straßen, die der Fremde ausdruckslos und langweilig findet, der Bewohner aber als echte Heimat liebt.

 

Glauben wir aber nicht, dass wir Omi Siemann immer zu Hause antreffen. Oft ist sie mit ihrer Tochter unterwegs, schaut sich Läden an, macht Besuche, oder sie befindet sich auf einer Omnibusreise, entweder als Gast des Bezirksamtes mit anderen Alten ins Grüne oder mit dem planmäßigen Omnibus Nummer 4 quer durch die Stadt. Das nämlich ist eines ihrer Lieblingsvergnügen. Die Endhatltestelle des A 4 liegt nach bei ihrer Wohnung, von hier fährt Karoline Siemann über eine Stunde lang bis zur anderen Endhaltestelle und schaut rechts und links und wird nicht müde, das alles zu sehen: die Neuköllner Parkanlagen und Sportplätze, das weite Flughafengelände mit den Passagiermaschinen, den Platz der Luftbrücke, das Leben und Treiben in den Geschäftsstraßen des Bezirks Schöneberg, das Rathaus am Rudolf-Wilde-Platz, oft fahnengeschmückt —vielleicht ist gerade der Bundespräsident zu Besuch —, dann über den Kurfürstendamm zum Funkturmgelände, da nimmt Omi Siemann Kenntnis von Tagungen, Ausstellungen und Kongressen, schließlich über den Reichskanzler-Platz, auf dem die Flamme zum Gedenken an die Heimat brennt, bis nach Neu-Westend. Dort steigen Mutter und Tochter aus, um in den Parkanlagen zu lustwandeln.

 

Noch andere Unternehmungen gibt es. Ein schönes Auto fährt vor dem Haus Nr. 153 in der Weserstraße vor, der Direktor einer der größten Berliner Brotfabriken holt Omi Siemann ab. Fabrikbesichtigung. Nicht etwa mit anderen zusammen, nein, sie ganz allein wird umhergeführt, und sie interessiert sich lebhaft für die modernen Teigrührmaschinen, elektrischen Backöfen und das Fließband. Und im Kontor schmunzelt sie; da hängt nämlich groß und eingerahmt ihr eigenes Bild, Omi Siemann mit einer gewaltigen Torte, die ihr die Fabrik zum Geburtstag schickte. Sicher war das eigentlich nur als Reklame gedacht. Aber als die Brotfabrikleute ihr die Torte brachten, waren auch sie sorglich vom Zauber der Persönlichkeit dieser alten Frau gefangen.

 

Zwei Menschen in Harmonie

Endlich treffen wir Omi Siemann einmal auch zu Hause. Drei Treppen hoch (sie meistert sie spielend) in der blitzsauberen Zweizimmerwohnung. Aber nicht auf dem Sofa oder im Lehnstuhl, sondern in der Küche beim Abwasch. Der geht ihr flink von der Hand. Die Tochter sitzt an der Nähmaschine am Fenster bei der Heimarbeit für eine Bekleidungsfirma, und sie plaudern.

 

Die Mutter und die 45 Jahre jüngere Tochter: man sieht es, spürt es, dass einer für den anderen lebt.

 

„Ich kann noch gar nicht sterben", sagt Omi mit schalkhaftem Lächeln, „wie soll meine Tochter ohne mich fertig werden! Ich muss sie an alles Wichtige erinnern, sie vergisst alles . . .!"

 

So ist es wirklich. Der Besucher begreift, überwältigt, dass hier nicht ein jüngerer Mensch eine gebrechliche Greisin behutsam an der Hand führt, sondern hier lebt ein Zweigespann in tiefer, inniger Liebe, alles teilend, einer den anderen um Rat und Meinung fragend, in lebhaftem Gedankenaustausch. Das geht um die großen Dinge in der Welt – „Was haben die im Radio gesagt? Wird es denn immer noch nicht besser?“ -, das geht um einen kleinen Einkauf, das geht um Fragen des Geschmacks. Zum Beispiel hat die Tochter der Mutter einen buntbestickten Kragen geschenkt. Aber nein, der gefällt ihr nicht. Sie liebt weiße Kragen mit Hohlsaum und Spitze, und wie gut stehen ihr die!

 

Alle geistigen Kräfte sind dieser greisen Ostpreußin erhalten geblieben und wunderbarerweise auch die ihrer körperlichen Konstitution. Vor anderthalb Jahren glitt Omi Siemann auf dem nassen Küchenfußboden aus und brach sich den Oberschenkelhals. Sie kam sofort ins Krankenhaus, die Ärzte aber schüttelten den Kopf. Schenkelhalsbruch, der heilt ja schon bei Siebzigjährigen kaum noch, und Omi war damals neunundneunzig Jahre alt! Omis Lebenswille jedoch triumphierte. Ein Meer von Blumen, eine Fülle von Geschenken, nicht abreißende Besuche an ihrem Krankenbett – auch der Bürgermeister kam – zeigen ihr, wie sie geliebt wird, sie musste einfach gesund werden. Nach nur sechs Wochen war es soweit. Die Krankenschwestern herzten und drückten sie zum Abschied, die beiden behandelnden Ärzte zählt sie noch heute zu ihren Besuchern daheim. Neulich, zu ihrem Geburtstag, hat Omi Siemann noch getanzt!

 

Von hoher Warte

Überblicken wir einmal diesen Lebensweg. 1855 wurde Karoline Siemann in Possessern, Kreis Angerburg, geboren. Landwirt war ihr Vater. Mit 29 Jahren heiratete sie, hatte fünf Kinder. Ein Sohn fiel im Ersten Weltkrieg, heute leben noch zwei Töchter, zwei Enkel sind da und zwei Urenkel. 1916 flüchtete Frau Siemann nach Berlin, und dorthin ging sie dann für immer nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1926. Zur Tochter in der Neuköllner Weserstraße. Hier war sie glücklich, und dennoch blieb immer die Sehnsucht nach der Heimat. 1943 wurde sie so stark, dass die Omi, achtundachtzig Jahre immerhin schon alt, noch einmal die Reise in den Heimatkreis Angerburg unternahm. Sie besuchte alle Freunde und Verwandte, jeder redete ihr zu, sie sollte doch bleiben. Aber in einer hellsichtigen Ahnung fuhr sie doch wieder nach Berlin zurück, so vor Schlimmstem bewahrt.

 

Die Weserstraße ist ja ihre zweite Heimat geworden, ein freundlicher grüner Hof vor ihren Zimmerfenstern, der Balkon zur Straße, dessen Blumen sie liebevoll pflegt. Halb neun steht sie jeden Morgen auf, geht abends halb zehn schlafen, und jeder Tag ist angefüllt mit Arbeit und Freude. Hier kennt sie jeder, liebt sie jeder, und der Zeitungsmann an der Ecke winkt schon mit Zeitungen, wenn sie aus der Haustür tritt: „Omi Siemann — heute steht wieder etwas über Sie drin . . .!"

 

Riesengroßes Neukölln, für die Greisin ist es eine liebe, vertraute Kleinstadt.

 

Alle Welt sprach davon, als Omi Siemann voriges Jahr die 280 Stufen zum Turm des Neuköllner Rathauses emporgestiegen war. Da hatte sie gestanden und von der Plattform über Berlin geschaut, von oben und doch die Füße auf festem Boden.

 

So schaut Omi Siemann überhaupt Menschen und Ereignisse an, von oben, von einem gemeisterten Leben aus und zugleich noch mitten darin.

 

Seite 4   Glieder der großen Kette. Ein Nachmittag bei alten Landsleuten in Berlin.

Breite, sonnenüberflutete Terrassen. Lauschige Plätze im Park, der zum Ufer des kleinen Sees abfällt, — mitten in Berlin ist das, nicht weit vom Funkturm, nicht weit vom Kurfürstendamm, und wie ein Paradies. Villa und Park gehörten einst einem kaiserlichen Minister, und Wilhelm II. war hier oft zu Gast. Jetzt leben hier sechzig alte Menschen aus dem deutschen Osten, Heimatvertriebene, vorwiegend ostpreußische Landsleute. (Wir haben über dieses Heim in den Folgen vom 6. August 1955 und vom 31. Dezember 1955 berichtet.) Der älteste Insasse des Heimes, das im vergangenen Herbst unter der Leitung des Danziger Ehepaares Brose eröffnet wurde, ist 86 Jahre alt, der jüngste sechzig. Meist sind es Beamte, darunter allein drei ostpreußische Rektorenehepaare.

 

Manch einer der Insassen bezieht eine Pension, die ihm durchaus gestatten würde, einen eigenen Haushalt zu führen. Aber man ist müde, man will sich um nichts mehr kümmern und will betreut werden, und man nimmt dafür auch die Beschränkungen, die auch das großzügigste Altersheim auferlegen muss, in Kauf.

 

Erinnerungen

Manche haben Kinder und Enkel in Westberlin, in Westdeutschland, und sie kommen zu Besuch, aber viele stehen auch ganz allein.

 

Unter den Sonnenschirmen auf den Terrassen, auf den Bänken am Seeufer wird mancher schmerzliche Traum geträumt.

 

„. . . Königsberg, 1912. Ich war noch ein junger Mann und baute mir und den meinen ein eigenes Haus . . ." Jede Einzelheit von damals ist lebendig. Jeder Besuch auf dem Bauplatz, wie man aufpasste, dass keine Bohlen sinnlos zerschnitten wurden, keine Ziegel verschwendet — und wie war das doch mit den Kanalisationsrohren? Eines war geborsten, die Bauleute hatten es so gelegt, dass man den Riss nicht sah. Am nächsten Tag war es verschwunden „Wir haben es dem Lieferanten zurückgeschickt", sagen die Arbeiter. Trau, schau wem! Sie hatten es verlegt und die Grube schon lose zugeschüttet. Als kluger Bauherr kommt man auf solche Schliche. Heraus damit. Solide sollte gebaut werden, beständig, für die Ewigkeit. 1944 sank das schöne Haus, von einer Bombe getroffen, zusammen.

 

Und da gibt es noch alte Sparkassenbücher, zweimal entwertet, aber was man damals hintrug, war Gold und vom Munde abgespart, eine Rechnung in Zins und Zinseszins für Kinder und Enkel.

 

Die schönsten Erinnerungen sind die schmerzlichsten, die schmerzlichsten die schönsten. Reisen und Wanderungen, Schiffsfahrten über die heimatlichen Seen, sonnendurchglühte Tage am Ostseestrand. Konzerte, Theaterabende. Stille Feste zu zweien, große Familienfeiern.

 

Zehn alte Menschen gibt es im Heim, die allein sind, die nie Besuch empfangen. „Da ich die Rückkehr in die Heimat doch nicht mehr erlebe, möchte ich gern sterben", sagt einer von ihnen in den strahlenden Mainachmittag hinein.

 

Die junge Generation

Aber gerade in diesem Augenblick klingen helle Kinderstimmen auf.

 

Es ist die Jugendgruppe der memelländischen Heimatkreise, die den Alten von Haus Dernburg einen frohen Nachmittag bereiten will. Sie singen, sie tanzen, sie spielen das Märchen vom Rumpelstilzchen, von der schönen Müllerstochter, die Königin wird, weil sie Stroh zu Gold spinnen konnte, — aber sie konnte es nur mit Hilfe des Zwerges, und der fordert nun als Lohn ihr erstgeborenes Kind, das Königskind, und es gibt nur eine Rettung, wenn nämlich die Königin und Müllerstochter seinen Namen, den Namen des Zwerges errät. Das ist natürlich keine große Kunst, und das holpert manchmal, aber die Kinder bringen ja mit ihrem Gesang, ihrem Tanz, ihrem Märchen sich selbst, ihre Frische, ihre Unbefangenheit, den Eifer, mit dem sie in ihren selbstgemachten Kostümen bei der Sache sind. Da verklären sich die Gesichter der Alten.

 

Über ihrem abendlichen Lebenshorizont erscheint ein leuchtendes Band von hellem Licht. In ihm kündigt sich ein Morgen an, ein gewiss und unwiderruflich kommendes Morgen. Auch in dem Antlitz des alten Herrn, der gern sterben wollte, spiegelt sich das Leuchten. Es ist wie die Erkenntnis, dass auch sein Leben nicht zwecklos war. Sein Lebenswerk ist zwar zerstört und dennoch hatte und hat sein Leben Aufgabe und Sinn — als Glied einer Kette.

 

Kommender Morgen

Auch in anderen Gesichtern leuchtet es auf. Jener dort, der das Haus in Königsberg baute, — für den Sohn, und der Sohn lebt, er hat neu aufgebaut, morgen kommt er mit dem Auto aus dem Rheinland nach Berlin. Jene alte Dame dort — der Mann ist ihr gestorben, zwei Söhne sind gefallen, aber es sind Enkel da, reizende Frechdachse, so wie die Kobolde, die im Spiel der Kinder gerade das Rumpelstilzchen umtanzen:

 

O wie gut, dass niemand weiß,

dass ich Rumpelstilzchen heiß . . .

 

Drüben sitzt eine alte Frau, über deren Züge nur ein spärliches Lächeln huscht, und schon ist wieder nichts als dumpfe Trauer darin zu lesen. Sie war nie verheiratet, die Arbeit in ihrer Heimatstadt war die Erfüllung ihres Lebens. Das, ist vorbei, alle Verwandten und Freunde sind auf der Flucht umgekommen, vermisst, verschollen . . .

 

Was sollen wir ihr sagen?

 

Doch wohl das, dass auch sie ein Glied der großen Kette ist. Jeder Gedanke der Sehnsucht nach der Heimat, den sie denkt, verstärkt den großen Strom sehnsüchtiger Gedanken, der zwischen uns und unserer verlorenen Heimat fließt und der, heute vielleicht noch mitleidig bespöttelt von vielen, morgen schon politische Wirklichkeit sein kann.

 

Beifall belohnt die Kinder. Ja, sie haben nicht nur ihren Gesang, ihren Tanz, ihr Märchenspiel gegeben, sondern sich selbst. Sie haben den Alten gezeigt, dass sie das Glied einer Kette sind, die nicht abreißt, nicht abreißen kann.

 

Seite 4   Schaufenster der ostdeutschen Heimat. An Berliner Schulen.

Im Westberliner Stadtbezirk Neukölln sind auf Veranlassung des Schulamtes in Zusammenarbeit mit dem Haus der ostdeutschen Heimat in zahlreichen Schulen von Lehrern und Schülern „Schaufenster der ostdeutschen Heimat" eingerichtet worden. Die „Schaufenster" zeigten die Fahnen der Landsmannschaften, Scherenschnitte der Rathäuser von Königsberg, Danzig und Breslau sowie die Wappen der ostdeutschen Provinzen. In den „Schaufenstern“ anderer Schulen Neuköllns sind Fotos, Trachten und Zeichnungen aus Ostdeutschland zu sehen. Besonders wird auf die wirtschaftlichen, kulturellen und geschichtlichen Eigenheiten der unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete hingewiesen. Die Schulen anderer Westberliner Stadtbezirke wollen in nächster Zeit gleichfalls „Schaufenster der ostdeutschen Heimat" einrichten, die von Schülern und Lehrern in Gemeinschaftsarbeit betreut und gestaltet werden.

 

Seite 4   Lachendes Berlin.

Seltener Gewinn.

Zu einem vornehmen Manne kam neulich ein fremder Barbier, packte seine sieben Sachen aus und schickte sich zum Rasieren.

„Was wollen Sie hier?" wird er barsch angeredet.

„Ihnen balbieren!"

„Ich brauche Sie nicht, ich habe schon einen Barbier!"

„Nee", antwortete der Bartvertilger, „Ick bin jetzt Ihr Barbier, Sie müssen sich jetzt von mir balbieren lassen. Nämlich ick und Ihr eijentlicher Balbier, wir spielten jestern abend beede in 'ne Tabajie Schafskopp, und er verlor alle sein Jeld an mir, un wie er keen Jeld mehr hatte, da spielten wir um unsere Kunden Schafskopp, und da hab" ick Ihnen jewonnen“.

 

Alle sind sich einig

Kurz nach den blutigen Märztagen des Jahres 1848 in Berlin kam ein Gardist in einen Weißbierkeller und bestellte ein Glas Bier. Am Stammtisch wurde eine Weile getuschelt, dann wandte sich der Wortführer der Bierphilister an den Soldaten. „Hören Sie, lieber Freund! Würden Sie bei neuen Unruhen auf Ihre Brüder schießen?" Der Soldat blickte verwundert auf: „Icke? Nee — nich in die Tüte!“ Freudiges" Erstaunen am Stammtisch. Mutig geworden, fragte der Bürger: „Nu sagen Se mal, denken denn Ihre Kameraden ooch so?"

„Na, jewiss doch! Die janze Musike ...ick bin Pauke!"

 

Die Geschichte

Ein äußerst pomadiger Maurergeselle saß im Kreise mehrerer Kollegen und erzählte mit der größten Ruhe eine Geschichte, die durchaus nicht enden wollte und sogar die phlegmatischesten ungeduldig machte. Endlich aber nahm einer aus seiner hölzernen Dose eine Prise und sagte: „Hör' mal, hör' mal, Wuppdich, na sei so jut und beeile Dir ein bissken mit Deine Jeschichte; ick verreise det andre Monat!“

 

Das Denkmal

Zwei Berliner vor dem neu errichteten Standbild des Markgrafen Albrecht. Noch fehlt am Denkmalssockel die Inschrift.

Der eine Berliner fragt den anderen: „Sagen Se mal, wat stellt denn der vor?“

Die Antwort: „Na det sehn Se doch: dat Been stellt er vor!"

 

Seite 5   „Auf unsere Kosten!“ Eindeutige Ablehnung für McCloy

Der so bedenkliche Vorschlag des früheren amerikanischen Oberkommissars in der Bundesrepublik, McCloy, die Deutschen möchten doch überlegen, ob sie nicht auf einen Teil ihrer Ostgebiete verzichten wollten, um damit angeblich die Wiedervereinigung mit der Sowjetzone zu erleichtern und die Polen und Tschechen für den Westen zu gewinnen, hat nicht nur in den Kreisen der Heimatvertriebenen, sondern auch darüber hinaus eine scharfe Zurückweisung erfahren. Die evangelische Zeitschrift „Christ und Welt" betont zum Beispiel, dass die ganze Theorie eines erdachten Tauschgeschäftes an der Oder-Neiße gegen Wiedervereinigung auf sehr schwachen Beinen ruhe, ganz abgesehen davon, dass ein „Preis", den man lange vor den Kaufverhandlungen wie altes Bier anbiete, allein schon dadurch alles an Wert verliere. Die Theorie, dass man das jetzige Polen und die Tschechoslowakei durch eine Garantie ihrer heutigen Westgrenzen aus dem Ostblock herauslocken könne, sei höchst fragwürdig. Das Blatt meint: „Wenn überhaupt, dann ginge das nämlich nur um einen ganz anderen Preis; um den Preis eines deutschen Verzichtes auf die Wiedervereinigung! Mit und ohne deutsche Grenzgarantie werden Polen und Tschechen sich nie dazu verstehen, ihre militärische und politische Rückendeckung bei Sowjetrussland aufzugeben“. Ähnliche Ideen spukten seit geraumer Zeit auch in bundesdeutschen Köpfen herum: „Bei uns meinen manche heute, die Wiedervereinigung durch einen Preis erkaufen zu können, der ihnen selbst nichts bedeutet, nämlich durch den Verzicht auf jenen östlichen Teil Deutschlands, zu dem sie nie ein inneres Verhältnis hatten. Den Preis zahlen wollen also nicht sie, ihn sollen jene vertriebenen Ostdeutschen bezahlen, denen der Verlust dieser Ostgebiete sehr wohl etwas bedeutet“. „Christ und Welt" vermutet, dass McCloys Gedanken und Argumente gar nicht so sehr auf die Situation in Europa, als auf die Amerikas in den Tagen der Präsidentenwahl gemünzt seien. Noch bei jeder Wahl hätten die ausgezeichnet organisierten Millionenmassen amerikanischer Staatsbürger polnischer und tschechischer Abkunft eine große Rolle gespielt. Diese Wählergruppen würden von Exilpolitikern dirigiert und beherrscht, die stets das Weiße Haus bestürmt hätten, die „heutigen Westgrenzen" Polens als endgültig und unabänderlich anzuerkennen. Von ihnen stamme die Theorie, dass man Polen und Tschechen nur um den Preis der Anerkennung ihrer nationalistischen Maximalforderungen auf Kosten Deutschlands aus dem Ostblock herausbrechen könne.

 

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" betont, dass McCloys sogenannter Ratschlag in Deutschland nicht nur auf Abwehr, sondern auf heftige Ablehnung stoßen müsse. Niemand sei heute legitimiert, Verzichte auszusprechen, die als Köder für unsere östlichen Nachbarn gedacht seien und die im gegenwärtigen Augenblick nicht einmal honoriert würden.

 

In der „Welt" wird die Vermutung ausgesprochen, dass dem deutschen Außenminister, als er seine stark umstrittene Londoner Erklärung abgab, die Ansicht McCloys bekannt gewesen sei. Die Zeitung meint: „Man geht vielleicht auch nicht fehl in der weiteren Annahme, dass der von McCloy geäußerte Gedanke in das außenpolitische Konzept Heinrich von Brentanos passte — obwohl er das heute, nach dem in der Bundesrepublik fast allgemein erfolgten Aufschrei der Entrüstung, entschieden bestreitet“.

 

Der Göttinger hvp.-Dienst stellt u. a. fest: „Der Plan McCloys läuft auf nichts anderes hinaus als auf das, was sowohl von den exilpolnischen Politikern als auch von den chauvinistischen Vertretern der Benesch-Richtung von jeher vertreten wurde; dass die „Deutschlandfrage“ zurückgestellt werden solle gegenüber der ‚Wiederbefreiung der Völker Ost-Mittel-Europas‘, wobei nunmehr diese ‚Befreiung' auf Kosten Deutschlands und zugleich in der Weise vor sich gehen soll, dass die Polen, Tschechen und Slowaken die kommunistischen Regierungen in Warschau und Prag stürzen ... Es bedarf keiner näheren Darlegungen, dass dieser ‚Plan' alles andere als realistische Politik ist. Anzunehmen, dass Satellitenvölker von sich aus einen Umsturz durchführen und dann auch noch eine Kehrtwendung ihrer Staaten zur NATO hin bewirken könnten, heißt — um das mindeste zu sagen — einer Utopie nachjagen ... Es ist ein wahrhaft erschütternder Mangel an politischem Vorstellungsvermögen, den dieser Plan dartut“.

 

Seite 5   Konkordat gilt auch für Ostdeutschland. „Eine ganz Deutschland umspannende Klammer".

Bundesaußenminister von Brentano erklärte im Namen der Bundesregierung vor dem Bundestag, dass das 1933 zwischen der nationalsozialistischen Regierung und dem Vatikan abgeschlossene Reichskonkordat nach wie vor angewendet werde. Der Heilige Stuhl habe daraus die bedeutsame Folgerung gezogen, dass es nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in den unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten gelte.

 

In der Debatte wies der evangelische Oberkirchenrat Cillien (CDU/CSU) darauf hin, dass das Konkordat außenpolitisch sehr bedeutend sei, da es heute noch die einzige ganz Deutschland umspannende völkerrechtliche Klammer sei. Der Vatikan habe die Bundesregierung außerdem als einzigen für ganz Deutschland legitimierten Sprecher anerkannt. „Das ist ein Faktum von entscheidender Bedeutung“.

 

Seite 5   Widerstand im roten Polen. 30 000 Kommunisten nach 1945 getötet?

Die in Köslin (Pommern) erscheinende polnische Zeitung „Glos Koszalinski" berichtet, dass seit Beendigung des Zweiten Weltkrieges „etwa 30 000 Funktionäre der Kommunistischen Partei Polens, Soldaten der polnischen Armee und Angehörige der Sicherheitsorgane von Feinden des Volksregimes getötet wurden". Bisher waren in der polnischen Presse nie Zahlen über die Verluste angegeben worden, die der polnischen Kommunistischen Partei, den Streitkräften und den Sicherheitsorganen durch die Aktivität antikommunistischer Organe zugefügt worden waren.

 

Seite 5   Auch jetzt noch Anträge möglich. Für die Schadensfeststellung und den Währungsausgleich. Von unserem Bonner O. B.-Mitarbeiter.

Das Bundesausgleichsamt hat unter dem 21. April ein Rundschreiben betreffend Nachsichtgewährung bei Antragstellung nach Ablauf gesetzlicher Antragsfristen herausgegeben. Nach diesem Rundschreiben dürfen sowohl bei der Schadensfeststellung als auch beim Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener die Ausgleichsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen einen zu spät eingereichten Antrag entgegennehmen und positiv bescheiden.

 

Die Frist für die Einreichung der Schadensfeststellungsanträge war in der Regel am 31. März 1954, die Frist für die Einreichung der Anträge auf einen Währungsausgleich in der Regel am 28. Februar 1954 abgelaufen.

 

Unkenntnis der Fristen kann an sich eine Nachsichtgewährung nicht rechtfertigen. Doch kann dem Antragsteller mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, das weitverzweigte und häufig geänderte Lastenausgleichsrecht zu überschauen, aus Billigkeitserwägungen eine gewisse Unkenntnis der Rechtslage zugutegehalten werden, die ein Verschulden ausschließt.

 

Dies kann insbesondere vorliegen gegenüber:

 

a) dem Antragsteller, der sich durch eine vor Fristablauf erhaltene missverständliche, entschuldbar missverstandene oder nichtzutreffende behördliche Auskunft hat abhalten lassen, den Antrag fristgerecht zu stellen;

 

b) dem Antragsteller, der während des Laufens der Frist seinen Aufenthalt im Ausland hat, wenn nach Prüfung der Umstände des Einzelfalles Schwierigkeiten, vom Fristablauf rechtzeitig Kenntnis erhalten zu können, angenommen werden können;

 

c) den übrigen aus einem gemeinsamen Vermögensverlust antragsberechtigten Geschädigten, wenn mindestens einer von ihnen einen Antrag fristgemäß eingereicht hat;

 

d) dem Ehegatten wegen eines ihm allein entstandenen Hausratschadens, sofern die Ehe erst nach dem Schadenseintritt geschlossen wurde und der andere Ehegatte einen Antrag auf Feststellung seines Hausratverlustes fristgerecht eingereicht hat;

 

e) dem Antragsteller, der einen Antrag auf Währungsausgleich fristgerecht oder einen Leistungsantrag nach dem Lastenausgleichsgesetz (nicht nach dem Soforthilfegesetz!) vor Fristablauf eingereicht hat und den Antrag auf Schadensfeststellung unverzüglich einreicht, nachdem er Kenntnis von dem Erfordernis, auch einen solchen Antrag einzureichen, erhalten hat;

 

f) dem Antragsteller, bei dem sich die Antragsberechtigung auf Schadensfeststellung erst im Laufe eines Rückerstattungsverfahrens oder — bei Hausratverlusten — auf Grund der 7. LeistungsDV-LA durch eine genaue Berechnung des Einkommens (wer 1949/1951 mehr als 10 000 DM Einkommen hatte, erhält keine Hausratentschädigung; bei der Berechnung können jedoch Werbungskosten und anderes abgesetzt werden) ergibt;

 

g) dem Antragsteller, der wegen offener Rechtsfragen zu § 359 LAG (Vermögen in den eingegliederten Ostgebieten) die Antragstellung unterlassen hat.

 

Eine entgegenkommende Beurteilung wegen Unkenntnis der Rechtslage erscheint ferner bei einem Antragsteller gerechtfertigt, der, auch ohne entmündigt zu sein, wegen hohen Alters oder besonderer Gebrechen als nicht mehr im Besitz eines ausreichenden Verständnisses für seine Interessenlage anzusehen ist. Bei Anträgen auf Schadensfeststellung kann dies insbesondere dann der Fall sein, wenn ein solcher Antragsteller bereits einen Antrag nach der Kriegssachschädenverordnung, dem Soforthilfegesetz, dem Berliner Hausrathilfegesetz oder dem Berliner Baunotabgabegesetz gestellt hat und der Meinung war, dass sich eine weitere Antragstellung erübrigt.

 

Den Vertriebenen, die einen Antrag verspätet eingereicht haben und bei denen Nachsichtgründe gemäß dem neuen Rundschreiben vorliegen, und den Vertriebenen, die einen Antrag noch nicht eingereicht haben und bei denen Nachsichtgründe vorliegen, wird empfohlen, sich an das zuständige Ausgleichsamt zu wenden.

 

Seite 6   Fortfall einer Teuerungszulage. Erhöhung der Unterhaltshilfe um den entsprechenden Betrag. Von unserem Bonner O. B. – Mitarbeiter.

Am 16. Februar wurde das „Gesetz über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz)" rückwirkend ab 01.01.1956 außer Kraft gesetzt. Das Teuerungszulagengesetz war am 10. August 1951 verkündet worden und sollte den damaligen „Korea"-Preisanstieg ausgleichen; es stand außerdem im Zusammenhang mit der Aufhebung der Konsumbrot-Subventionen. Nach dem Teuerungszulagengesetz wurde zu den Invaliden-, Angestelltenrenten- und Knappschaftsrenten je Kopf der Haushaltung ein Zuschlag von 3,-- DM monatlich gewährt. Erhielt der Rentenbezieher gleichzeitig eine Erhöhung auf Grund des Rentenzulagengesetzes (ebenfalls am 10. August 1951 verkündet), so kann ihm nach dem Teuerungszulagengesetz auch ein niedrigerer Betrag als 3,-- DM bewilligt worden sein. (In vielen Fällen haben die Sozialrentner auch nur eine Zulage nach dem Rentenzulagengesetz erhalten und keine Zulage nach dem Teuerungszulagengesetz; die Zulagen nach dem Rentenzulagengesetz sind nicht mit dem 16.02.1956 aufgehoben worden!)

 

Als Ausgleich für den Wegfall der Teuerungszulage erhalten die Sozialrentenempfänger, denen für den Monat Dezember 1955 noch eine Teuerungszulage gewährt wurde, auf Grund des Gesetzes vom 16. Februar 1956 eine einmalige abschließende Zahlung in Höhe des vierundzwanzigfachen Monatsbetrages der Teuerungszulage. Diese einmalige abschließende Zahlung ist auf die Unterhaltshilfe nicht anzurechnen.

 

Durch den Wegfall der Teuerungszulage mit Wirkung vom 1. Januar 1956 mindern sich die Einkünfte der betreffenden Rentenempfänger um den weggefallenen Betrag. Soweit diese Sozialrentenempfänger zusätzlich Kriegsschadenrente (Unterhaltshilfe oder Entschädigungsrente) erhalten, ist diese daher um den Betrag der weggefallenen Teuerungszulage zu erhöhen.

 

Die Ausgleichsämter können in der Regel aus ihren Akten nicht wissen, bei welchen Empfängern von Unterhaltshilfe die Teuerungszulage zu ihrer Invaliden-, Angestellten- oder Knappschaftsrente weggefallen ist. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, dass sich jeder Unterhaltshilfeempfänger, bei dem die Teuerungszulage seit dem 01.01.1956 (oder später) in Fortfall geraten ist, brieflich oder mündlich beim zuständigen Ausgleichsamt meldet und um Erhöhung der Unterhaltshilfe um den entsprechenden Betrag nachsucht. Zweckmäßigerweise werden amtliche Unterlagen vorgewiesen, aus denen sich die Herabsetzung der Sozialversicherungsrente infolge des Wegfalls der Teuerungszulage ergibt.

 

Seite 5   Wieviel Deutsche wurden vertrieben? Aufruf der Bundesregierung zur Gesamterhebung.

Die Bundesregierung hat einen Aufruf zur Gesamterhebung der Verluste der deutschen Bevölkerung aus den Vertreibungsgebieten erlassen. Durch diese Erhebung sollen Ausmaß und Umfang der Flucht festgestellt, das Schicksal und der Verlust der Bevölkerung in den Vertreibungsgebieten geklärt und Hilfsmaßnahmen für die in den Ostgebieten zurückgebliebenen Deutschen ermöglicht werden.

 

Die Aktion geht auf einen Beschluss des Bundestages vom März 1953 zurück. Die Erhebung wird im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Anträge auf Ausstellung eines Vertriebenen- oder Flüchtlingsausweises vorgenommen. Die Verbände der Heimatvertriebenen wurden in die Durchführung eingeschaltet. Für die Gesamterhebung hat die Bundesregierung 4,5 Millionen DM angesetzt, von denen für die Jahre 1955 und 1956 je 1,5 Millionen DM bewilligt wurden. Die Erhebungsarbeiten werden voraussichtlich drei Jahre dauern.

 

Vor dem Kriege lebten in Ostdeutschland — ohne die heute sowjetisch besetzte Zone — 9,6 Millionen, in der Tschechoslowakei 3,5 Millionen und im übrigen Europa 5,19 Millionen, zusammen 18,29 Millionen Deutsche. Schon im Sommer 1947 und im März 1950 sollten ursprünglich die deutschen Wehrmachts- und Zivilverluste registriert werden. Das ist damals nur für die Wehrmachtverluste mit ausreichender Vollständigkeit gelungen, blieb aber für die zivile Bevölkerung unzureichend, weil alle bisherigen Versuche des Staates und der Suchdienste, vollständige Unterlagen über das Schicksal der Deutschen aus den Vertreibungsgebieten zu erhalten, nur Teilerfolge erbracht haben.

 

In dem jetzt vorliegenden Erhebungsbogen, der allen Vertriebenen und Flüchtlingen zugeht, werden die Betroffenen in einem Abschnitt über ihr eigenes Schicksal gefragt, in einem weiteren Abschnitt über Schicksale und Verluste der Familie und über das anderer Verwandter. Bei der Erhebung soll alles angegeben werden, was der Befragte von sich selbst, seiner Familie und von anderen Personen zu berichten hat, auch wenn er schon früher einmal bei Behörden, Suchdiensten oder Verbänden die gleichen Angaben gemacht hat. Der Erhebungsbogen fragt auch nach noch im Heimatgebiet lebenden oder zurückgehaltenen Menschen sowie auch den in der Sowjetzone oder im Ausland außerhalb der Heimatgebiete lebenden Vertriebenen.

 

Seite 6   Aus den ostpreußischen Heimatkreisen …

Heimattreffen

10. Juni: Insterburg Stadt und Land in der Patenstadt Krefeld, Stadtwaldhaus.

Königsberg-Land, Fischhausen, Labiau, Pr.Eylau in Frankfurt am Main, Rathauskeller.

Allenstein Land und Stadt in Osnabrück, Festhalle Risch, Bohmter Straße.

Osterode, Haupttreffen in Hamburg-Nienstedten, Elbschloßbrauerei.

Neidenburg in Berlin.

 

17. Juni: Goldap, Haupttreffen in Hamburg, Winterhuder Fährhaus.

 

24. Juni: Gumbinnen, Haupttreffen in der Patenstadt Bielefeld.

Angerburg, Haupttreffen in Rotenburg (Patenkreis), im „Rotenburger Hof".

Elchniederung in Hannover, Kurhaus Limmerbrunnen.

Memel Stadt und Land, Heydekrug und Pogegen, Landestreffen in Bochum-Gerthe, Gästehaus Lothringen, Lothringer Straße.

 

1.Juli: Johannisburg in Hamburg.

Ortelsburg in Bochum, Nord-Süd-Halle, Steinweg 45.

Osterode in Herne, Kolpinghaus.

Lötzen in Bochum, „Kaiseraue", Josephinenstraße 29.

 

8. Juli: Neidenburg in Hannover.

Rößel in Hamburg.

Mohrungen in Hamburg-Nienstedten. Elbschloßbrauerei.

Tilsit und Tilsit-Ragnit in Bochum. „Kaiseraue", Josephinenstraße 29.

 

15. Juli: Ebenrode (Stallupönen) in Essen-Steele, Stadtgarten-Saalbau.

Angerapp in Hannover, „Döhrener Maschpark".

Gerdauen in Hamburg-Nienstedten, Elbschloßbrauerei.

 

22. Juli: Allenstein Stadt und Land in Hannover, Kurhaus Limmerbrunnen.

Braunsberg in der Patenstadt Münster.

Labiau, Haupttreffen in Hamburg-Nienstedten, Elbschloßbrauerei.

Lyck, Haupttreffen in der Patenstadt Hagen.

 

29. Juli: Bartenstein, Haupttreffen in Nienburg.

Pr.-Eylau, Haupttreffen in Hamburg-Nienstedten, Elbschloßbrauerei.

 

Memel Stadt und Land, Heydekrug und Pogegen

Am Sonntag, dem 24. Juni, findet in Bochum-Gerthe, Gästehaus Lothringen, Lothringer Straße, ein Landestreffen unserer Heimatkreise statt. Festfolge: 9.30 Uhr Fürbittegottesdienst in der evanelischen Kirche Gerthe; ab 11.15 Uhr Festakt im Gästehaus Lothringen, Bochum-Gerthe, Begrüßung durch Bezirksvorsitzenden Waschkies: es sprechen Oberregierungs- und Schulrat Meyer, Landesvorsitzender der Landsmannschaft Ostpreußen Grimoni, Landeswart Butkewitsch; ferner Gesangsdarbietungen; ab 19 Uhr: Gemütliches Beisammensein und Tanz.

Wir machen alle Heimatangehörigen unserer Kreise auf dieses Treffen aufmerksam und bitten um recht zahlreiche Teilnahme.

Kreisvertreter: A. Jahn, Memel-Stadt; K. Strauß, Memel-Land; W. Buttkereit, Heydekrug; H. v. Schlenther, Pogegen.

 

Großes Memeltreffen in Hannover

Alle Landsleute aus den Kreisen Memel-Stadt, Memel-Land, Heydekrug und Pogegen werden zum großen Memeltreffen am Sonntag, dem 12. August, in Hannover-Limmer, Kurhaus Limmerbrunnen, eingeladen. Näheres wird noch bekanntgegeben werden. Bitte allen Landsleuten weitersagen!

i. A.: Görke, Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft der Memelkreise, Oldenburg (Oldbg.), Cloppenburger Straße 302 B

 

Elchniederung. Busfahrt Hamburg – Hannover

Auch in diesem Jahr soll zu unserem großen Kreistreffen in Hannover am Sonntag, den 24. Juni, von Hamburg aus wieder eine Sonderfahrt mit Reiseomnibus stattfinden. Der Fahrpreis ist wieder sehr niedrig gehalten, jedoch richtet sich seine endgültige Höhe nach der Teilnehmerzahl. Für Hin- und Rückfahrt werden pro Person bei 25 Teilnehmern 9,50 DM, bei vierzig Teilnehmern 8,50 DM und bei 45 Teilnehmern 7,50 DM erhoben. Anmeldungen bitte ich möglichst schon jetzt, spätestens aber bis 20. Juni an mich zu richten. Jede Teilnehmerzusage ist bindend. Die Abfahrt soll am 24 Juni um 7 Uhr morgens ab Gewerkschaftshaus (Besenbinderhof, ganz nahe beim Hauptbahnhof) erfolgen, Rückfahrt von Hannover um 19.30 Uhr. Das genaue Tagesprogramm für dieses Treffen wird in Kürze bekanntgegeben. Auch in Hannover wird am Vorabend ein Sondertreffen der ehemaligen Schüler aller Elchniederunger Schulen mit ihren Lehrern stattfinden.

Herbert Sahmel, Kreisgeschäftsführer (24a) Hamburg 26, Burggarten 17

 

Labiau. Im Waldgebiet um den Dobrock.

Zum ersten Mal seit Übernahme der Patenschaft trafen sich die Labiauer in ihrem Patenkreis Land Hadeln; sie legten ein beredtes Zeugnis in der Verbundenheit und Liebe zur Heimat ab. Der weite Weg vieler Teilnehmer — Reisestrecken von mehr als 150 Kilometer wurden zurückgelegt — wurde durch die Naturschönheiten des Tagungsortes ausgeglichen. Das Waldgebiet um den Dobrock mit seinem alten Baumbestand bildete einen trefflichen Rahmen für die Zusammenkunft, für deren organisatorische Abwicklung Kreisvertreter Gernhöfer und Kreisgeschäftsführer Knutti verantwortlich zeichneten. Obschon der Wettergott sich am Vortage des Treffens nicht von der besten Seite gezeigt hatte, waren annähernd fünfhundert Personen der Einladung ihres Kreisvertreters gefolgt.

 

Mit einem geselligen Beisammensein im trauten Heimatkreise nahm das Treffen am Vorabend des Sonntags seinen Auftakt. Schon zeichnete sich über dem Sportplatz und der Baumkulisse um das

Forsthaus Dobrock der beginnende Sonntag ab, und noch immer wollte das Austauschen alter, lieber Erinnerungen kein Ende nehmen.

 

Als am nächsten Tage gegen 10 Uhr die Mehrzahl der Teilnehmer eingetroffen war, lief nahezu alles programmmäßig. Für den rechten Appetit sorgte ein Spaziergang durch die Forst; Forstassessor von der Wense hatte freundlicherweise die Führung übernommen.

 

Im Mittelpunkt des Kreistreffens stand die Feierstunde in dem mit landsmannschaftlichen Symbolen geschmückten Saal des Forsthauses. Ein Prolog und heimatliche Lieder bildeten den rechten Übergang zu der Begrüßungsansprache des Kreisvertreters Walter Gernhöfer (Lamstedt). Neben dem Landrat des Patenkreises, von der Wense, dem Oberkreisdirektor, den Mitgliedern des Kreistages, der Vereinigung der Heimatvertriebenen, örtlichen Behördenvertretern und der Niedersächsischen Landjugend begrüßte er die Labiauer Landsleute besonders herzlich. Nach der Totenehrung umriss Walter Gernhöfer die Bedeutung der Kreistreffen. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen gab der Kreisvertreter ein Bild der Struktur des Kreises Labiau. Über dem gegenseitigen Vertrauen, der Achtung für einander müsse die Liebe und Treue zum deutschen Vaterland stehen. „Noch wissen wir nicht, wann eine Entscheidung für die Heimat kommt: wir wissen aber, dass sie eines Tages kommen wird. Die Patenschaft ist für Heimatverbliebene und Heimatvertriebene eine Angelegenheit des Herzens“. Kreisvertreter Gernhöfer beschloss seine Ansprache mit den Worten: „Dass unser Wunsch auf Wiedervereinigung und damit Rückführung in die Heimat in Erfüllung gehen möge, das wolle der Herrgott uns noch erleben lassen!"

 

Namens des Kreistages und der Kreisverwaltung des Kreises Land Hadeln begrüßte Landrat von der Wense seine Patenkinder. Als der Kreistag des Landkreises Hadeln den Beschluss fasste, gewissermaßen als Symbol die Verbindung zu einem ostpreußischen Kreis aufzunehmen — so erklärte der Redner —, sei er von dem Gedanken der gleichen Struktur beider Kreise beseelt gewesen. Die Sorgen und Nöte der Patenkinder würden im Patenkreis weites Verständnis finden. Auch der leiseste Gedanke, nur auf einen Teil ostdeutschen Gebietes zu verzichten, müsse von vornherein bekämpft werden. Die herzlichen Worte des Landrats klangen in dem Bekenntnis aus, dass das Deutsche Reich in seiner Einheit wiedererstehen müsse.

 

Nach dem Liedvortrag der Landjugendgruppe Oberndorf „Morgensonne lächelt auf mein Land" erläuterte der Leiter der Gesamterhebung für die Gebiete östlich der Oder-Neiße, Werner Guillaume, Probleme der Wiedervereinigung. Der Redner kritisierte eine gewisse nationale Würdelosigkeit, die mit deutscher Auffassung und Einstellung nichts mehr zu tun habe. Wir dürften auf das Recht auf unsere Heimat nie verzichten. Die Parole des Tages laute: „Sich herausreißen aus dem Zustand der Gleichgültigkeit! ‚Von der Maas bis an die Memel' muss auch weiterhin unser Bekenntnis bleiben!" Das Deutschlandlied bildete den rechten Abschluss der beifällig aufgenommenen Ausführungen.

 

Nach der Feierstunde kam der Frohsinn zu seinem Recht. In das vertraute Platt der Labiauer mischte sich jenes des Hadelner Landes, und die Stunden verrannen wie im Fluge.

 

Am Sonntag, dem 10. Juni, veranstaltet der Kreis Labiau gemeinsam mit den Heimatkreisgemeinschaften Königsberg-Land, Fischhausen und Pr.-Eylau ein Heimatkreistreffen in Frankfurt am Main. Das Treffen findet im Ratskeller statt. Dieser ist ab 9.30 Uhr geöffnet. Um 12.30 Uhr findet eine Heimatgedenkstunde statt. Ab 15.30 Uhr gemütliches Beisammensein. Wir rufen alle, im dortigen Räume lebenden Kreisangehörigen zu diesem Treffen auf und bitten um recht zahlreiches Erscheinen.

Unser Heimatkreistreffen in Hamburg findet, wie schon mehrfach bekanntgegeben, am Sonntag, dem 22. Juni, in der Elbschloßbrauerei statt. Wir bitten, sich jetzt schon auf diesen Termin einzurichten.

 

Es werden gesucht:

Hermann Nikolaus, Amalie Nikolaus, geb. Schmerling, und Kinder Erwin, Fritz, Hermann und Kurt, aus Schlicken, Ortsteil Medlauken. Mitteilung wird erbeten an die Kreiskartei Labiau z. H. Bruno Knutti, (24b) Elpersbüttel über Meldorf.

 

Gumbinnen. Treffen der Gumbinner und Salzburger in Bielefeld.

Am Sonnabend, dem 23., und Sonntag, dem 24. Juni, wird in der Patenstadt Bielefeld das Bundestreffen der Gumbinner und Salzburger stattfinden. Das reichhaltige Programm wurde in Folge 20 des Ostpreußenblattes veröffentlicht.

Das Treffen beginnt am Sonnabend, dem 23. Juni, und endet am Montag, dem 25. Juni, mit einem Ausflug in die schöne Umgebung von Bielefeld. Die Tagungen am Sonnabend finden vornehmlich im Haus des Handwerks statt. Am Sonntag sind die Gumbinner und Salzburger in dem schönen Waldheim „Rütlihaus" beisammen. Am Sonnabend, 11 Uhr, wird in einer öffentlichen Sitzung des Gumbinner Kreistages in Anwesenheit des Rates der Stadt Bielefeld im großen Sitzungssaal des Rathauses das Treffen der Gumbinner und Salzburger eröffnet. Kreisvertreter Kuntze und die Sachbearbeiter von Kartei und Archiv werden in dieser Sitzung Tätigkeitsberichte geben und Pläne für die weitere Arbeit zur Beratung vorlegen. Am Nachmittag um 15 Uhr vereinigen sich die Gumbinner und Salzburger zu einer Feierstude in der Aula der Cäcilienschule in Bielefeld.

 

Um 16 Uhr treffen sich die Salzburger im Haus des Handwerks zu ihrer Jahreshauptversammlung. Berichte über die Entwicklung des Vereins, über die Zusammenarbeit mit dem Stammland Salzburg und Planungen über Ferienfahrten in das Land der Väter werden im Vordergrund stehen. Ein Vertreter der Regierung Salzburgs wird an der Versammlung teilnehmen. Ein Lichtbildervortrag über die Emigration der Salzburger und ihr Erleben in Ostpreußen wird der Hauptversamlung noch besonderen Inhalt geben.

Zur gleichen Zeit, um 16 Uhr, haben auch im Haus des Handwerks die Gumbinner Handwerker eine Versammlung. Unter Leitung von Seilermeister Schacknies wird über Handwerkerfragen gesprochen und beraten werden. Vertreter der Handwerkskammer und Bielefelder Handwerksmeister werden an diesen Besprechungen teilnehmen.

 

Um 18 Uhr werden die Gumbinner Jugendlichen, die an den Freizeiten in Bielefeld teilgenommen haben, sich wiedersehen. Hierzu sind auch die anderen Gumbinner Jugendlichen eingeladen. Um 19 Uhr werden sich im großen Saal des Handwerkshauses alle Gumbinner versammeln, um in einem Lichtbildervortrag wieder die alte Heimat, den Kreis und die Stadt Gumbinnen zu sehen und die Erinnerung neu zu beleben. Nach dem Lichtbildervortrag findet ein gemütliches Beisammensein statt. Weitere Treffen der Beamten und Angestellten der Regierung, Turner, Sportler und ehemaligen Angehörigen der Gumbinner Regimenter werden den Sonnabend beschließen.

 

Am Sonntag sind die Gumbinner und Salzburger im Rütlihaus bei Bielefeld versammelt. Ein Gottesdienst, den der Gumbinner Pfarrer Moritz (Neustädter reformierte Kirche) halten wird, beginnt um 10 Uhr. Anschließend wird der Oberbürgermeister der Patenstadt Bielefeld die Gumbinner und Salzburger begrüßen, der Vertreter der Landesregierung Salzburg wird sprechen und Kreisvertreter Kuntze in einer Schlussansprache den offiziellen Teil des Treffens beschließen. — Um 14 Uhr haben die ehemaligen Angehörigen der Friedrichs- und Cäcilienschule ein Beisammensein mit Kaffeetafel im Berghotel „Stiller Frieden". Um die gleiche Zeit, 14 Uhr, tagen die ehemaligen Lehrer der Stadt und des Kreises Gumbinnen in einem Nebenraum des Rütlihauses.

 

Am Montag, dem 25. Juni, findet das Treffen seinen Ausklang mit einer Omnibusfahrt in die schöne Umgebung von Bielefeld. Es ist geplant, Mustersiedlungsbetriebe, Hermannsdenkmal, Detmold, Externsteine, Adlerwarte, Berlebeck, Bad Salzuflen usw. zu besuchen. Rückkehr 18 Uhr, so dass eine Weiterreise mit den Abendzügen möglich ist.

 

Fahrt von Hamburg nach Bielefeld

Die Kreisgruppe Gumbinnen in Hamburg wird auch in diesem Jahre eine Busfahrt zum großen Treffen nach Bielefeld (23. und 24. Juni) unternehmen. Der Fahrpreis für die Hin- und Rückfahrt beträgt pro Person 13 DM. Abfahrt ab Hamburg am 23. Juni (Sonnabend), 7 Uhr, Sammelpunkt: Hauptbahnhof Kirchenallee (gegenüber dem Europäischen Hof). Wie im Vorjahre wird die Rückfahrt ab Bielefeld am Sonntag um etwa 18 Uhr erfolgen. Der Fahrpreis muss spätestens bis zum 16. Juni bei Landsmann Walter Selke, Hamburg 33, Harzensweg 1 IV, eingezahlt sein. Telefonische Anmeldungen (29 41 26) und auch Einzahlungen nimmt Landsmann Crede, Hamburg 34, Hermannsthal 52, entgegen. Falls Übernachtungen im Gemeinschaftsquartier gewünscht werden, so bitte ich gleichfalls um vorherige Einsendung von 1,-- DM pro Person an die bereits genannten Landsleute bis zum 10. Juni, da dies dem Verkehrsverein in Bielefeld gemeldet werden muss. Ich hoffe, dass recht viele Gumbinner aus Hamburg und hauptsächlich aus der Umgebung diese sehr günstige Busfahrt ausnützen werden, um recht billig zum großen Treffen nach Bielefeld zu kommen.

Hans Kuntze, Kreisvertreter Hamburg-Bergedorf, Kupferhof 4

 

Heimatausstellung

Zum Haupttreffen der Gumbinner und Salzburger am 23. und 24. Juni in der Patenstadt Bielefeld soll wieder eine Heimatausstellung durchgeführt werden. Diese Ausstellungen finden großen Anklang bei allen Landsleuten. Sie immer weiter auszubauen, ist mein größtes Bestreben. Ich bitte alle Gumbinner und Salzburger, mir dabei zu helfen. Ich weiß, dass in vielen Haushaltungen noch alte Andenken an die Einwanderung der Salzburger, Bilder von Kreis und Stadt Gumbinnen. Erinnerungsstücke aus der Heimat vorhanden sind.

 

Es wäre schön, wenn alle Gumbinner diese Erinnerungsstücke an unsere Heimat einmal sehen könnten. Welche große Erinnerungsfreude könnte durch solche Heimatandenken übermittelt werden, und wie könnte unsere Jugend durch solche Bilder, Bücher usw. die Heimat besser kennen und lieben lernen!

 

Was unsere Landsleute gerne sehen: 1. Bilder aus der Stadt und vor allem aus Dörfern des Kreises Gumbinnen; 2. Bilder von Kirchen, Schulen, Schulveranstaltungen. Sport-, Reiter- und Gesangvereinen, Sport- und Sängerfesten, Reitjagden und Turnieren; 3. Bilder aus der Arbeit der Landwirtschaft, Pferde- und Viehzucht usw., Wirken des Kaufmanns. Schaffen des Handwerks; 4. Erinnerungsstücke aus dem heimatlichen Schaffen: Webereien, Leinen, Decken, handgeschnitzte und -geschmiedete Gegenstände: 5. kunstgewerbliche Gegenstände, die heute von unseren Landsleuten hergestellt werden: Teppiche, Kissen usw.; 6. Erinnerungsstücke von der Salzburger Einwanderung: Bücher, Bilder, Trachten usw.; 7. Bilder aus schwerer Zeit: von der Flucht, vom Treck. Ich bitte, die Ausstellungssachen an meine Anschrift zu senden; sie werden pfleglich behandelt und nach der Ausstellung wieder zurückgesandt.

In einzelnen Fällen wäre es auch möglich, Abzüge von Bildern herstellen zu lassen und Bücher und andere Erinnerungsstücke anzukaufen.

Otto Gebauer, Heide, Holstein, Joh.-Hinr.-Fehr-Straße 68

 

 Allenstein Land

In Ergänzung der Bekanntmachung in Folge 22 des Ostpreußenblattes über das Haupttreffen des Landkreises Allenstein bei seinem Paten, dem Landkreis Osnabrück, am 10. Juni wird nunmehr die Tagesordnung bekanntgegeben: 8.30 Öffnung der Festhalle Rische; 9.30 evangelischer Gottesdienst in der Katharinenkirche, neben dem Landratsamt, zu erreichen ab Hauptbahnhof mit Linie 1 mit Umsteiger; 10.15 katholischer Heimatgottesdienst in der Johanniskirche, ab Bahnhof mit Linie 1 und Umsteiger oder Fußweg in zehn Minuten; 11.50 Kreisausschusssitzung im Festsaal; 13.30 Mittagessen und Pause; ab 14 Uhr Begrüßung und Festansprache und Darbietungen; ab 16 Uhr geselliges Beisammensein mit Tanz und heimatlichem Humor.

Wir hoffen viele Heimatfreunde begrüßen zu können.

Bruno Krämer, Stellvertretender Kreisvertreter und Karteiführer.

 

Seite 6   Treffen des Regierungsbezirks Allenstein in Stuttgart

Etwa 1200 ostpreußische Landsleute aus dem süddeutschen Raum waren dem Ruf zum Treffen der Heimatvertriebenen des Regierungsbezirkes Allenstein gefolgt, das am 27. Mai in dem herrlich am Waldrand gelegenen Freizeitheim in Stuttgart-Feuerbach stattfand. Schon am frühen Morgen füllten sich die nach heimatlichem Brauch mit frischem Birkengrün festlich geschmückten Räume, die großen Terrassen und der Garten, und bald herrschte allenthalben die uns von den Heimattreffen so vertraut gewordene Stimmung der Wiedersehensfreude, gemischt mit der Wehmut des Gedenkens an unsere ferne Heimat.

 

Der Vormittag war der großen Kundgebung vorbehalten, in der die Treue zur heimatlichen Scholle und der unabdingbare Rechtsanspruch auf die Heimat erneut bekräftigt wurden. Namens der anwesenden Kreisvertreter der Kreise Allenstein Stadt und Land, Lötzen, Osterode, Lyck. Rößel, Neidenburg, Sensburg, Ortelsburg und Johannisburg eröffnete Bürgermeister z. Wv. Paul Wagner, Neidenburg, mit herzlichen Worten der Begrüßung die große Kundgebung. Für den Landesverband Ostpreußen entbot dessen 1. Vorsitzender Hans Krzywinski den ostpreußischen Landsleuten einen herzlichen Willkommensgruß. Der stellvertretende Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Egbert Otto, nahm in einer mit großem Beifall aufgenommenen Rede Stellung zu den Vorgängen in jüngster Zeit. Ausgehend von dem in der Weltgeschichte einmaligen Unrecht von Jalta und Potsdam — das er als eine Todsünde am Abendland geißelte —, entwickelte er in klarer Gedankenführung die siebenhundertjährige Geschichte des Ordenslandes, die von den Machthabern des Ostblocks in zynischer Weise und wider besseres Wissen im Sinne ihrer Weltpropaganda immer wieder verfälscht und entstellt wird. Mit Verbitterung und Empörung stellte Egbert Otto fest, dass auch verantwortliche westdeutsche Politiker und selbst Minister in der Frage der deutschen Ostgebiete nicht die gegebene klare Linie verfolgen, die die alleinige Richtschnur für die Ostpolitik der Bundesrepublik sein kann und muss. Der Redner wies in diesem Zusammenhang auf den Brief hin, den Bundesaußenminister Dr. von Brentano an den Vorsitzenden des Verbandes der Landsmannschaften, Baron von Manteuffel-Szoege, sandte, dessen Wortlaut in Folge 21 des Ostpreußenblattes veröffentlicht wurde. Eines Tages müssten die verantwortlichen Staatsmänner der großen Nationen, so erklärte der Redner, sich erneut zusammensetzen, um die Fundamente des „abendländischen Doms" noch einmal abzustecken. Denn willkürliche Grenzziehungen könnten nicht bestehen bleiben ohne dass sie Anlass zu neuen Auseinandersetzungen bilden.

 

Mit ernstem Nachdruck betonte Egbert Otto zum Schluss der eindrucksvollen Kundgebung, dass die Heimatvertriebenen in ihrer in Stuttgart seinerzeit beschlossenen und feierlich verkündeten Charta wohl auf Gewaltanwendung verzichtet hätten, niemals aber auf ihr unbestreitbares Recht auf die Heimat, das jedem Volke zugebilligt wird.

 

Nach dem gemeinsamen Mittagessen erfreute die ostpreußische Jugendgruppe unsere Landsleute mit einem zweieinhalbstündigen Programm, in dem heimatliche Volkslieder und Tänze den Vorrang hatten. Der Jugendgruppe wie auch dem Eßlinger Fanfarenzug der DJO, der alte Weisen zu Gehör brachte, wurde für die ausgezeichneten Darbietungen begeisterter Beifall gezollt.

 

Bei reger Unterhaltung und frohem Tanz blieben die ostpreußischen Landsleute noch lange Stunden bis in die sinkende Nacht vereint. Wie groß der Erfolg auch dieser Veranstaltung war, zeigt nicht nur die unerwartet hohe Teilnehmerzahl, sondern auch die erfreuliche Tatsache, dass zu diesem Treffen sogar ostpreußische Landsleute aus Hamburg und aus Bayern gekommen waren. Dem immer wieder geäußerten Wunsch nach einem weiteren Treffen in nicht zu ferner Zeit soll entsprochen werden.

 

Schloßberger Heimattreffen vorbildlich

Immer wieder haben wir in Artikeln und Reportagen darauf hingewiesen, wie notwendig und wichtig es ist, unsere jungen heranwachsenden Ostpreußen, im Gedanken an ihre Heimat, zu erziehen. In jungen Menschen echte Liebe zur ostpreußischen Heimat zu wecken, ist der schönste und wirkungsvollste Dienst, den die Älteren unter uns der Heimat erweisen können. Geradezu beispielhaft für alle anderen ostpreußischen Heimatkreise ist dabei der Weg, den die Schloßberger nun schon vor Jahren beschritten haben und tatkräftig und mit Lust und Liebe weiterverfolgen. Am ersten Wochenende im Juni trafen sich in dem in der Nähe von Hamburg liegenden kleinen Heidestädtchen Winsen an der Luhe über sechzig junge Ostpreußen, alle im Kreis Schloßberg gebürtig. Aus Passau kamen sie, aus dem Ruhrgebiet und vom Rhein, ja aus allen Teilen Westdeutschlands, und fünf sogar aus Berlin. Mit welcher Freude, aber auch mit welchem Ernst diese Siebzehn- bis Dreißigjährigen den Gedanken an ein Freizeitlager mit ihren gleichaltrigen Kameraden aufgriffen, spürt man allein schon aus der Tatsache, dass die Jungen und Mädchen die gewiss nicht geringen Reisekosten und den weiten Weg nach Winsen nicht scheuten und auch die kostbaren Urlaubstage — denn fast alle sind im Beruf oder in der Ausbildung — darangaben. So kam eine Gruppe aufgeschlossener und gleichgesinnter Ostpreußen am 1. Juni nach Winsen, die nachdem sie sich kaum berochen, schon dicke Freundschaft miteinander geschlossen und sich zu einer großen ostpreußischen Familie zusammengesungen hatten. Unter den Dingen, die ihr Schloßberger Heimatkreis für sie bereithielt, ragte vor allem hervor der Lichtbildervortrag von Georg Hoffmann „Eine Reise durch Ostpreußen", die Vorträge über den Kreis Schloßberg von Landsmann Schmidt und über den Harburger Patenkreis von Oberkreisdirektor Dr. Dehn und das Referat des Geschäftsführenden Vorstandsmitgliedes der Landsmannschaft Egbert Otto über den heimatpolitischen Auftrag der Jugend. Der Sonnabendabend brachte noch einen heiteren Ostpreußenabend mit Marion Lindt. Aber das wichtigste an diesem Jugendlager waren vielleicht nicht einmal so sehr diese Veranstaltungen als vielmehr die Möglichkeit, sich einmal gegenseitig kennenzulernen und auszusprechen, von dem Schicksal anderer zu erfahren und ihre Gedanken zu den brennendsten Problemen zu hören. Und auch in dieser Hinsicht war das Freizeitlager der jungen Schloßberger ein schöner Erfolg. Die Siebzig, die diese Tage miterleben durften, werden sie sicher nicht so schnell vergessen.

 

Am Sonntagvormittag schloss sich dann an das Jugendlager das Jahreshaupttreffen der „Großen"

an. Fast tausend Landsleute aus dem Kreis Schloßberg mögen es wohl gewesen sein, die Kreisvertreter Dr. Wallat im Winsener Schützenhaus mit herzlichen Worten begrüßte. Sein besonderer Gruß galt den Ostpreußen aus Mitteldeutschland und der alten Hauptstadt Berlin und vor allem auch den vielen jungen Schloßbergern. Nach einer Andacht, die von Superintendent Grote gehalten wurde, begrüßten Vertreter des Landkreises Harburg und der Stadt Winsen ihre Patengäste.

 

In seinem Hauptreferat ging Landsmann Naujoks, Mitglied des Vorstandes der Landsmannschaft Ostpreußen, auf die Bedeutung der Heimattreffen elf Jahre nach der Vertreibung ein. Es geht nicht allein darum, dass sich Tausende durch die Treffen wiedergefunden haben, dass unzählige Bescheinigungen über Haus und Hof in der Heimat ausgestellt werden konnten, sondern in erster Linie darum, ein Treuebekenntnis zur gesamtdeutschen Heimat abzulegen. Wir Heimatvertriebene, so führte er aus, haben die von uns nach der Flucht von besorgten Einheimischen verlangten „Vorleistungen" erbracht, sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer Hinsicht. Es ist ein offenes Geheimnis, dass das deutsche „Wirtschaftswunder" ohne uns nicht möglich gewesen wäre. Auf der anderen Seite haben wir zusammen mit den Spätheimkehrern Westdeutschland endgültig die Augen über den Kommunismus eröffnet. Unter starkem Beifall sprach der Redner den besonderen Dank der Landsmannschaft Ostpreußen allen jenen Einheimischen aus, die im Wege des „Lastenausgleichs der Seelen" die schwere Lage der Heimatvertriebenen erleichtern geholfen haben. Sein Dank galt auch der ostpreußischen Jugend, die den Älteren vorgemacht hat, wie schnell man Brücken von Heimatvertriebenen zu Heimatverbliebenen schlagen kann. Im Sinne des schönen Wortes von Ernst Moritz Arndt „Dort, wo dir Gottes Sonne zum ersten Mal geschienen,  da ist deine Heimat" würden wir es niemals zulassen dass irgendein Politiker Verzicht auf unsere Heimat leistet. Den Tag der Heimat, so sagte der Redner, sollten auch Einheimische begehen, denn Heimatvertriebene wie Heimatverbliebene sollten erkennen, dass sie das gleiche Schicksal haben; die Sowjets stehen schließlich vor den Toren Lübecks.

 

Mit dem Singen des Deutschlandliedes wurde die eindrucksvolle Feierstunde beschlossen. Auch dieses Treffen war, wie es bei den Schloßbergern ja selbstverständlich ist, mehr als nur eine zur Gewohnheit gewordene Zusammenkunft; es war ein heimatpolitisches Ereignis von Inhalt und Bedeutung.

 

Seite 7   Fischhausen

Die Samland- und Natangenkreise veranstalten in Frankfurt am Main am Sonntag, dem 10. Juni, für die im hessischen Raum wohnenden Landsleute ein gemeinsames Kreis- und Wiedersehenstreffen. Es wird durch die örtliche Leitung vorbereitet und durchgeführt werden.

 

Der Ratskeller wird bereits um 9.30 Uhr geöffnet werden; es wird gebeten, sich in die ausgelegten Anwesenheitslisten einzutragen. Die im Frankfurter Raum wohnenden Orts- und Bezirksvertreter bitten wir um Meldung bei unserer Geschäftsstelle, da verschiedene Fragen über die Arbeiten unserer Gemeinden zu erledigen sind. Alle Landsleute, die mit ihren Rechtsfragen zur Person und zum Lastenausgleich des Rates und der Hilfe bedürfen, haben Gelegenheit, sich mit dem Unterzeichneten zu unterhalten. Wir bitten, dieses möglichst am Vormittag zu erledigen, da am Nachmittag der Andrang erfahrungsgemäß zu groß wird und dann unerledigt und unbefriedigt bleibt. In der Hoffnung, dass sich viele alte Bekannte und Verwandte dort treffen können, bitten wir nochmals herzlichst alle um rege Teilnahme.

 

Gesucht wird:

Stadt Pillau: Kulturbaumeister Karl Engelbrecht, Marinebauamt. Es wird gebeten, über seinen Verbleib oder Aufenthalt umgehende Nachricht an die Kartei der Stadt Pillau zu Händen Herrn Fritz Goll, Eckernförde, Holstein, Reeperbahn 29, zu geben.

H. Sommer, stellvertretender Kreisvertreter

 

1. Es ist mir gelungen, das Wappen unserer Heimatstadt Fischhausen künstlerisch herstellen zu lassen. Es wird in 10-mm-Sperrholz in lichtechten Farben und mit hochglänzendem Hartlack überzogen in der Größe von 10,5 cm Breite und 11,6 cm Höhe nach dem Entwurf von Professor Otto Hupp hergestellt. Schwert, Bischofstab und Fisch sind in Holz geschnitten. Der Preis beträgt 3,50 DM. Bestellungen nehme ich gern entgegen.

 

2. Um unsere Heimatortskartei immer auf dem neuesten Stand zu halten, bitte ich alle Fischhausener, die ihren Wohnort oder auch ihre Wohnung geändert haben, ihre jetzige Anschrift mir mitzuteilen. Auch bitte ich alle Fischhausener, die sich bei mir noch nicht gemeldet haben, zwecks Aufnahme in die Heimatortskartei unter Angabe ihrer Personalien und der Heimatanschrift ihre jetzige Anschrift mitzuteilen. Bei allen Anfragen bitte ich ebenfalls die alte Anschrift in Fischhausen anzugeben und Rückporto beizufügen.

 

3. Gesucht werden:

1. Gerda Albers, geb. Schönfeld;

2. Erna Albrecht, geb. Popekel;

3. Paul Bartöck, geb. 13.09.1914;

4. Fritz Bartsch, Maurerpolier;

5. Richard Bartsch;

6. Behrend, Maurer, Königsberger Straße;

7. Franz Degnat, Arbeiter, Königsberger Str. 13;

8. Irmgard Harnau, geb. 10.06.1918;

9. Erwin Jacoby und Kinder Lutz und Gisela, Langgasse;

10. Friedlich Juckel und Tochter Ilse;

11. Fräulein Ebert, Kontoristin, Langgasse:

12. Kerinnes, Leiter der Stadtwerke;

13. Margarete Krause, Konditorwitwe, Langgasse;

14. Johanna Korsch, geb. Schulz, Kreisfeierabendhaus:

15. Fräulein Minna Muschinski;

16. Packmohr, Witwe:

17. Sperwin, Bauer;

18. Sprey, Landwirt, Abbau;

19. Witt, Witwe, Königsberger Straße;

20. Franz Groß, Zigarrenhändler, Königsberger Straße.

 

Um Auskunft über den Verbleib nachstehender Landsleute bittet Bruno Guddat, Stadtvertreter (24a) Lübeck, Trappenstraße 2

 

Heimatgemeinschaft Seestadt Pillau

Bildung einer Bezirksgruppe. Im Rhein-Ruhr-Gebiet haben sich die Pillauer zu einer Bezirksgruppe zusammengeschlossen. Der vorläufige Vorstand setzt sich wie folgt zusammen: Vorsitzender Hans Tolkien in Essen-Holsterhausen, Stellvertreter und Schriftführer Werner Lindenberg in Essen, Schatzmeister Willy Froitzheim in Essen, Beisitzer für den Raum Oberhausen — Duisburg — Mülheim (Ruhr); Adolf Schulz in Oberhausen; Düsseldorf — Köln — Bonn: Günther Worch in Düsseldorf; Dortmund — Bochum: Otto Lenkeit in Bochum; Wuppertal: Margot Fischer in Wuppertal-Elberfeld. Von dem Bezirksgruppenvorstand wird das demnächstige Rhein- und Ruhrtreffen der Pillauer vorbereitet und durchgeführt werden. Weitere Bekanntgabe erfolgt durch das Ostpreußenblatt.

 

Heimatkreistreffen in Frankfurt (Main) im Ratskeller am 10. Juni: Die Pillauer des dortigen Raumes bitte ich, sich zahlreich zu beteiligen und, soweit das möglich ist, bereits in den Vormittagsstunden zu erscheinen. Hugo Kaftan (22a) Vluyn (Niederrhein), Postfach 18

 

Seite 7   Das Königsberger Treffen in Hamburg. Wieder waren Zehntausend zusammengekommen

Nach einem Abstand von einem Jahre trafen sich die Königsberger in Hamburg am 3. Juni. Noch hallten die Erinnerungen an die 700-Jahr-Feier in der gastlichen Patenstadt Duisburg nach. Wer nicht an jenen Festtagen teilnehmen konnte, hatte jetzt in Hamburg Gelegenheit, am Vorabend des Haupttreffens in einer Schule am Holstenwall farbige Dokumentaraufnahmen von der Kundgebung im Duisburger Stadion zu sehen, die Otto Stork an jenem Tage gemacht hatte. Man hörte durch das Tonband wiedergegebene wesentliche Stellen der Rede unseres Sprechers Dr. Alfred Gille und erfreute sich an Bildern von der Stadt am Pregel und der ostpreußischen Landschaft.

 

Die Wolken hingen am Sonntag regenschwer am Himmel. Am Dammtorbahnhof erklang aus einer Gruppe, die zur Ernst-Merck-Halle strebte, der freudige Ausruf einer Frau: „Das Sonnchen scheint ja ..." „Aha", dachte der Hörer, „nun bist du unter Landsleuten“. Und dieses Bewusstsein steigerte sich beim Betreten der riesigen Halle, wo die zehntausend Anwesenden nach ihren alten Stadtvierteln Platz nahmen. Hervorragend war wieder die Organisation des Treffens; es hat sich ein eigener Stil der Zusammenkunft der Königsberger herausgebildet, der auch dieses Mal das Zusammengehörigkeitsgefühl aufs Neue stärkte.

 

Abendmahlkanne vom Löbenicht

In einer Sonderhalle war unter großen Fliederbüschen ein Altar aufgebaut, den die schon vor zwei Jahren zum gleichen Zweck verwandte Altardecke der Löbenichtschen Kirche aus dem Jahre 1711 bekleidete. Auf dem Tisch stand eine Abendmahlskanne aus der gleichen Kirche, die 1645 von Königsberger Silberschmieden gefertigt worden war. Sie hatte die Feuersbrunst der Bombennächte überstanden, doch war sie in der glühenden Hitze zusammengeschrumpft.

 

Den Gottesdienst läutete der Klang einer Königsberger Domglocke ein. Pfarrer Linck stellte seine Predigt unter 2. Korinther VI, Vers 9 und 10: „ ... als die Sterbenden, und siehe, wir leben: als die Gezüchteten, und doch nicht ertödtet: als die Traurigen, aber allezeit fröhlich . . ." Die überzeugende Auslegung der Gedanken des Apostels Paulus, die in der großen Kunst der Christen gipfelte, ihren Standort in der Welt und auch im Reiche Gottes zu haben, fand in der großen andächtigen Gemeinde tiefes Verständnis. Man spürte die innere Geschlossenheit einer wirklichen Gemeinschaft.

 

„Nicht kapitulieren!"

Im Anschluss an den Gottesdienst fand die Feierstunde in der Ernst-Merck-Halle statt, deren Stirnwand die Wappen von Ostpreußen, der Patenstadt Duisburg, die deutsche und die landsmannschaftliche Preußenflagge, mit der Elchschaufel schmückten. Ein Flor von Frühlingsblumen säumte das Podium mit der Rednertribüne. Der Ostpreußenchor, begleitet von einem Blasorchester, stimmte das Lied an: „Wir beten in Nöten . . ."… in das die Gesamtheit der Landsleute einfiel.

 

Der Erste Vertreter von Königsberg, Konsul Hellmuth Bieske, übermittelte die Grüße des Sprechers unserer Landsmannschaft, Dr. Alfred Gille, der zur Zeit in den USA für die Sache Ostpreußens wirkt, sowie des — stets engsten Anteil an allen Angelegenheiten der Königsberger nehmenden — Oberbürgermeister der Patenstadt Duisburg, Seeling. Viele Telegramme und Grußschreiben, darunter von Agnes Miegel und dem Traditionsverband des Infanterie-Regiments 1, zeugten für treues Gedenken. Einen besonderen Dank sprach Konsul Bieske dem Geschäftsführer Harry Janzen und seiner tüchtigen Frau aus, die die mühselige Arbeit der Vorbereitungen mit einem freiwilligen Helferstab bewältigt hatten. In seiner Ansprache erklärte Konsul Bieske: „Der rechte Königsberger jagte nie Phantomen nach. und fiel auch auf billige Lockungen und Schlagworte nicht herein. Es ist ja kein Zufall, dass der weltberühmte Philosoph der Pflicht in unserer Pregelstadt nicht nur geboren wurde, sondern auch bis zu seinem letzten Tage lebte, dass bei uns immer Seite an Seite mit größten Denkern und Forschern auch große Staatsmänner und Politiker, Pioniere der Wirtschaft, Maler, Bildhauer und Schriftsteller, tüchtige Handwerker von höchstem Können und Männer und Frauen der Tat lebten. Wie stark sich ihr verpflichtendes Beispiel fortgeerbt hat bis in unsere Tage, das hat doch die so schwere Zeit nach der Vertreibung klargemacht. Wie haben sich doch in diesen dunklen Jahren doch immer wieder die Ostpreußen an jeder Aufgabe bewährt, die ihnen gestellt wurde! Sollen wir nicht daraus vor allem die Gewissheit schöpfen, dass wir auch vor der Zukunft nicht klein beigeben und nicht kapitulieren werden?"

 

Was der Königsberger in seiner Vaterstadt liebte, wurde durch einen anschaulichen Vortrag des Mitgliedes des Bundesvorstandes unserer Landsmannschaft, Erich Grimoni, wiedererweckt. In Gänge durch die Pregelstadt flocht er geschichtliche Ereignisse und Szenen aus dem Volksleben ein. Übergehend zu den jüngsten Geschehnissen in der Politik — in der Verleihung des Karlspreises an Churchill, den Äußerungen des Außenministers Dr. von Brentano sowie den „Ratschlägen" von McCloy — erklärte der Redner unter großem Beifall, dass die Heimatvertriebenen es taktvoll vermieden hätten, radikal zu werden, „aber wenn man uns herausfordert, so kann man nicht erwarten, dass wir still sind". Ruhe in Europa verbürge nur die Wiedergabe Ostpreußens und Königsbergs in deutschen Besitz. Mit dem Deutschlandlied schloss die Feierstunde.

 

Vorher wurde von dem über eine wunderbare Stimme verfügenden Bassisten Karl Otto (Staatsoper Hamburg) das Lied „Heimat, ich trage dich im Herzen" (Text und Musik Harry Gondi und Karl Aurel) vorgetragen, und es erklang der von Landsmann Borschat komponierte Marsch „Mein Königsberg".

 

Kleinkunst

In der Sonderhalle die zweitausend Personen fasste, fanden in zwei Vorstellungen Darbietungen guter Kleinkunst statt. Harry Gondi war der liebenswürdige Ansager. Ursula Zollenkopf mit ihrer vollen, gestaltungskräftigen Altstimme, Marion Lindt in dem vortrefflich gelungenen Kabinettstück als schmollende Marjell am Telefon und die mit Brillanz vorgetragenen Geigensoli Eugen Wilkens riefen Beifallsstürme hervor. Ein Gewinn war auch der sympathische jugendliche Bariton Bay, der unter anderem einen Matrosensong des aus Königsberg stammenden Schlagerkomponisten Olias wiedergab. Mehrfach trat in reizenden Kostümen das Kinderballett Gondi auf; die Tänze hatte Ellinor Gondi einstudiert. Die rhythmische Begleitung durch das Unterhaltungsorchester K. J. S. Lütje erhöhte die gute Stimmung.

 

Sondertreffen

Nach der Feierstunde versammelten sich in den Trefflokalen Vereinigungen und Schulgemeinschaften, auf deren Verlauf wir im Einzelnen nicht eingehen können. Abermals bewirtete gastlich die Hamburger Bäckerinnung die Angehörigen des Königsberger Bäckerhandwerks in ihrem schönen Haus am Holstenwall. Den ehemaligen Burgschülern wurde bekanntgegeben, dass die Anschriftenliste jetzt 1400 Namen enthält. — Auf eine Ankündigung im Ostpreußenblatt hin wurde oft die Frage gestellt: Was bedeutet eigentlich „Königsberger Farbenkopf"? Dies ist eine Taubenrasse. Es gab außer ihr in Ostpreußen noch die Rassen: Königsberger Reinauge, Gumbinner Weißkopf, Elbinger Weißkopf und Memeler Hochflieger. Die Königsberger Taubenzüchter haben sich zusammengetan, um die schlichte Art des „Königsberger Farbenkopf" zurück zu züchten. Ein Stamm, der allerdings etwas andere Merkmale aufweist, konnte über Berlin 1945 gerettet werden.

 

Ortelsburg. Kreistreffen am 1. Juli in Bochum

Unser nächstes Heimattreffen findet am Sonntag, dem 1. Juli, in der Nord-Süd-Halle in Bochum, Steinweg 45, statt. Zu erreichen ist die Nord-Süd-Halle a) vom Rathaus mit den Straßenbahnlinien 10, 20 und 30 bis Haltestelle Verwaltungs-Akademie; b) vom Hauptbahnhof zu Fuß in 15 Minuten; c) weiterhin hat das Amt für Verkehrs- und Wirtschaftsförderung in der Zeit von 8.30 bis 11 Uhr vom Hauptbahnhof aus einen Pendelverkehr mit Autobussen zur Nord-Süd-Halle vorgesehen. Unsere bisherigen Treffen im Ruhrgebiet litten darunter, dass die zur Verfügung stehenden Versammlungsräume dem Zustrom unserer Landsleute nicht gewachsen waren. Die Nord-Süd-Halle in Bochum ist ein Rundbau, der gut 4000 Personen fasst. Von jedem Platz aus ist jederzeit der gesamte Raum gut zu übersehen. So wird jedem Teilnehmer an diesem Treffen die Möglichkeit gegeben, seine Bekannten und Freunde, auch bei einem starken Besuch, zu finden. Gebt allen Landsleuten die Nachricht von dem Bochumer Treffen weiter und schließt euch nach Möglichkeit zu Fahrtgemeinschaften zusammen. Zimmerbestellungen sind rechtzeitig an den Verkehrsverein in Bochum, Rathaus, zu richten. Die Nord-Süd-Halle ist ab 8.30 Uhr geöffnet. Weitere Nachrichten zu dem Bochumer Treffen folgen noch im Ostpreußenblatt unter Ortelsburg.

 

Der erste Pfingstfeiertag vereinigte 700 Ortelsburger beim ersten diesjährigen Kreistreffen im Wülfeler Biergarten in Hannover. Um 10 Uhr hielt Pastor Lipke in einem kleineren Saale des Tagungslokales die Pfingstandacht. Die DJO-Gruppe Celle leitete die Feierstunde um 12.50 Uhr mit einem Heimatlied ein. Landsmann Grzella begrüßte als Vorsitzender der Ortelsburger Gruppe in Hannover alle Anwesenden und verlas Telegrammgrüße sowie weitere schriftliche Grüße von einer Reihe von Landsleuten. Kreisvertreter Brenk gedachte aller Kreisangehörigen, die in den letzten Monaten aus unserem Heimatkreis nach Westdeutschland gekommen sind und endlich nach langen Jahren des Leides mit ihren Angehörigen wieder zusammen sein können. Er dankte für alle Grüße, die diese Landsleute von unseren Brüdern und Schwestern, die noch in der alten Heimat wohnen, überbracht haben und ermahnte die Anwesenden, unsere Landsleute, die unter den schwierigsten Verhältnissen in den deutschen Ostgebieten leben, keinesfalls zu vergessen. — Die DJO spielte das Laienspiel „Ostland lebt!", das von dem Bekenntnis der Liebe und dem Glauben an die Heimat kündete. Mit dem Deutschlandlied endete die Feierstunde. — Bei Frohsinn und Unterhaltung blieb man alsdann bis in die späten Abendstunden zusammen. — Am Vorabend des Pfingstfestes trat der Vorstand der Kreisgemeinschaft zu einer Sitzung zusammen, in der die laufenden Angelegenheiten behandelt wurden. Zur gleichen Zeit trafen sich erstmalig die ehemaligen Hindenburg-Schüler mit ihren Lehrern.

 

Am Sonntag, dem 27. Mai, fand ein Treffen unserer Landsleute aus dem süddeutschen Raum gemeinsam mit den übrigen Kreisen des Regierungsbezirkes Allenstein in Stuttgart-Feuerbach, Gaststätte Freizeitheim, statt. Mehr als hundert Kreisangehörige waren hier zusammen und ließen in ihren Gesprächen die Liebe und Treue zu unserer Heimat spüren. Zum Abschluss wurden Aufnahmen von der Ortelsburger Gruppe gemacht. Bilder hiervon können über Foto-Schmidt, Wiesbaden-Bierstadt, Hügelstraße 7, und über Fräulein Martha Kniza, Stuttgart-W, Grimmstraße Nr. 38, bestellt werden. — Fräulein Kniza darf ich bei dieser Gelegenheit für die Betreuung der Ortelsburger Gruppe im Namen der Kreisgemeinschaft noch besonderen Dank sagen. Max Brenk, Kreisvertreter Hagen, Westf., Elbersufer 24

 

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Seite 8   Ein Blinder meisterte sein Leben. Zum 200. Geburtstag von Ludwig von Baczko.

Durch einen Unglücksfall schon als Knabe auf einem Arm gelähmt, im Alter von neunzehn Jahren völlig erblindet, gepeinigt von noch anderen körperlichen Gebrechen und mitunter geängstigt durch aufsteigende Wahnbilder, die wohl auf das Versagen der Augennerven zurückzuführen waren, meisterte Ludwig von Baczko trotzdem durch eiserne Willenskraft sein an Prüfungen reiches Leben. Er wurde als Sohn eines aus Ungarn nach Ostpreußen gekommenen Husarenrittmeisters Friedrich des Großen am 8. Juni 1756 in Lyck geboren. Trotz seiner Erblindung setzte er an der Universität das Studium der Rechte und Geschichte fort. Durch eine fruchtbare, rastlose Tätigkeit als Schriftsteller und Historiker konnte er seine Familie erhalten. Eine Erleichterung seiner wirtschaftlichen Lage brachte ihm die Berufung als Professor an der Artillerieakademie in Königsberg. Aus seiner Feder stammen wissenschaftliche Arbeiten und Romane, eine sechsbändige Geschichte Preußens sowie eine Beschreibung der Stadt Königsberg. Aufschluss über die redliche Gesinnung und über die rege Anteilnahme am Zeitgeschehen des 1823 in Königsberg verstorbenen Historikers gibt seine Lebensgeschichte, die zugleich ein Kulturbild jener Zeit darstellt. — Wir bringen hier einige Auszüge:

 

Die Marter einer Augenoperation

Mit furchtbaren Schmerzen war eine Augenoperation verbunden, der sich Baczko unterzog. Kant, Hamann und andere Wohlmeinende hatten ihm Mut zugesprochen und Freunde ihm Geld für die teure Operation gegeben. Baczko berichtet:

 

„Ich kehre jetzt zu der Marterscene der Operation zurück, deren Unzweckmäßigkeit ich jetzt einsehe, und deren Erinnerung mir noch einen Schauder abjagt. Der eine der Gebrüder Pellier (so hießen die Ärzte) hielt meinen Kopf, indes der andere eine sehr platte Nähnadel mit einem dünnen roth seidenen Faden einfädelte, und die beiden Enden zusammenknüpfte. Mit dieser Nähnadel wurde die Erhabenheit in dem Auge durchstochen, die Nadel zwischen zwei Fingern gefasst, und das Auge hervor gezerrt, oben im Staphylom ein kleiner Einschnitt gemacht, der roth seidene Faden hinein geworfen, scharf angezogen, und nun hinter dem Faden mit einer scharfen Lanzette die ganze Erhabenheit vom Auge getrennt. Die Operation war nicht schnell, der Schmerz fürchterlich, noch schrecklicher aber wurde er nach Verlauf von ein paar Tagen. Er wurde durch einige Mittel gehoben; die Herren Pellier reiseten davon, ich aber blieb noch einige Wochen lang unter der Hand des Arztes und Wundarztes. Das Auge wollte nicht heilen, es fanden sich Auswüchse, und der Höllenstein in Eiweiß aufgelöset musste zu ihrem Ausbeitzen angewandt werden, wobei ich viel litt..."

 

Förderung der heimischen Pferderasse

Als nach der Niederlage von 1807 in Königsberg die Heeres-Reorganisationskommission tagte, machte Baczko aus patriotischem Antrieb eine Denkschrift an den General von Gneisenau, in der er Vorschläge über die Landesbewaffnung machte. Diese bewiesen eine enge Vertrautheit mit den Zuständen und den wirtschaftlichen Möglichkeiten des damaligen Ostpreußens:

 

. . . Preußen liefert vorzüglich eine National-Cavallerie ... Dies wird durch unsere Pferdezucht, und eine dem Lande eigenthümliche Sitte befördert, nämlich das nächtliche Hüten der Pferde oder die Nachtzeche, wonach sich jeder muntere ländliche Knabe als nach einem Freudenfest sehnt. Daher lernen die Söhne unserer Landleute so frühzeitig reiten, mit Pferden umgehen, diese, wenn es Noth thut, mit einem bloßen Stricke zäumen, die Nächte in jeder Witterung beim Feuer hinbringen, sich dort manche einfache Speise bereiten, die ganze Nacht hindurch beinahe völlig schlaflos darauf merken, dass kein Pferd sich verirre; diese Pferde selber aber, beständig nur an Weide gewöhnt, können da bestehen, wo jede andere Reiterei aus Mangel des harten Futters zu Grunde geht. Preußens Pferdezucht war bereits vorzüglich, durch die Landgestüte sehr verbessert; aber gerade jene großen schönen Pferde, an kostbare Fütterung und Wartung gewöhnt, entsprachen nicht ganz dem angezeigten Zweck. Ich machte daher den Vorschlag, wie der kleine gedrungne Schlag von Pferden, den man im Provinzial-Ausdruck die doppelten Litthauer nennt, mit geringer Beförderung von Seiten des Staates bei den Landleuten allgemein werden könnte ..."

 

Grundbesitz ist keine Ware . . .

Baczko fällte ein hartes Urteil über das Eindringen einer lockeren Lebensführung seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts, die auch auf die Gutsbesitzer übergriff. So kritisierte er scharf die leichtfertige Aufnahme von Krediten bei der Landschaft, die dann weniger zur Hebung des Gutsbetriebes, sondern mehr für den persönlichen Verbrauch verwendet wurden.

 

„ ... Der Geist der Zeiten hatte die Lage der Gutsbesitzer noch um vieles verschlimmert. Unsere Vorfahren dienten im Civil- oder Militair-Stande und vermehrten durch den Ertrag ihrer Aemter noch das Vermögen ihrer Nachkommen; allein jetzt, seitdem ein unruhiges Treiben und ein Sehnen nach immer neuen Genüssen entstanden war, wurden Arbeit und Abhängigkeit lästig; man dachte nicht an Erwerben, sondern nur an Genießen. Jene Ordnungsliebe, nicht mehr auszugeben, als man einnahm, und der Stolz unserer Vorfahren, ein schuldenfreies Gut zu besitzen, war dahin, seitdem jeder Gutsbesitzer es für eine Klugheitsregel hielt, Schuldner der Landschaft zu sein. Die hohen Taxen der Güter durch die Landschaft erzeugten den Wahn vieler Gutsbesitzer, sich diesen gemäß, für reich zu halten. Die Landschaft bot die Gelegenheit zum Schulden machen dar, Eitelkeit und Sinnlichkeit wurden durch Beispiele rege gemacht, und so nahm ein weitgehender Luxus überhand; Selbstsucht, der Götze unseres Zeitalters, trug das Ihrige im hohen Maaße bei ...

 

Schöne Wohnungen und Englische Parks, Gartenhäuser, Chinesische Tempel und Grabmäler, herrliche Möbeln und Equipagen aus England, schönes Silbergeschirr und Porzellain sah man jetzt häufig auf dem Lande. Eine zahlreiche Dienerschaft, Französische Gouvernanten und Kammer-Jungfern, zahlreiche Gesellschaften, leckere Gastmäler, feine Weine, häufige Bälle, selbst in allen kleinen Städten, der Winteraufenthalt in Königsberg, ja sogar Reisen nach der Schweiz und Paris, — diese Thorheiten und Bedürfnisse richteten die Gutsbesitzer zu Grunde. Sie setzten jetzt keinen Werth mehr auf das von den Vorfahren ererbte Eigenthum, worin die Asche der Eltern ruhete, und das schöne Band, welches durch Bekanntschaft von der Wiege bis ans Grab Herrschaft und Unterthanen vormals mit großer Herzlichkeit vereinigte, verlor jetzt seinen Werth. Man dachte nur an die Bedürfnisse des Augenblicks, suchte durch Aushauung von Wäldern, Vererbpachtung von Mühlen und Krügen schnell einigen Vortheil zu ziehen. Die Güter wurden bloße Waare, und so wie der Kaufmann das Zeichen vom Werth der Waare höher, als diese selbst hält und seinen größten Gewinn durch häufigen Umsatz sucht, so gings auch jetzt mit den Gutsbesitzern, die durch Aufputz von Gebäuden und Gärten, durch ausländisches Vieh und Ackergeräth den Käufer zu locken suchten. Durch solche häufige Besitzveränderungen konnten wenige gründliche Verbesserungen gedeihen“.

 

Seite 8   Die umbildende Macht der Atmung. Forschungsergebnisse zweier ostpreußischer Frauen. Hedwig Andersen neunzig Jahre alt.

Am 9 Juni 1956 wird Hedwig Andersen, die Mitbegründerin der in Fachkreisen bekannten „Schule Schlaffhorst-Andersen für Atem-, Sprech- und Gesangskunst" ihren 90. Geburtstag begehen. Das Lebenswerk dieser Schule erwuchs aus der vorbildlichen und schöpferischen Freundschaft zweier ostpreußischer Frauen.

 

Hedwig Andersen und Clara Schlaffhorst wurden in Memel geboren, die eine am 9. Juni 1866, die andere am 16. Oktober 1863. Tiefe Liebe zur Musik ließ Hedwig Andersen Klavierlehrerin, Clara Schlaffhorst Sängerin und Gesanglehrerin werden. Ihre gemeinsame Arbeit in Memel legte den Grund zu ihrer Freundschaft. Der plötzliche Verlust ihrer schönen Altstimme zwang Clara Schlaffhorst, mit der Freundin nach Möglichkeiten zur Wiedergewinnung der Stimme zu suchen. Das damals in New York erschienene Buch des Stimmpädagogen Leo Kofler zeigte durch ganz neue Erkenntnisse über die Zusammenhänge der Atmung den rettenden Weg und führte die beiden Frauen zum Studium der Atem- und Stimmfunktion. Sie übersetzten das Buch von Kofler und gaben es unter dem Titel „Die Kunst des Atmens" im Jahre 1897 heraus. Es wurde wiederholt neu aufgelegt, zuletzt 1951 im Bärenreiter-Verlag. Dieser 20. Auflage gab Professor Dr. med. Paul Vogler von der Universität Berlin ein bedeutsames Vorwort, das die große Lebensleistung und die Forschungsarbeit der beiden Frauen Schlaffhorst und Andersen herausstellt.

 

Die beiden Freundinnen, die am eigenen Leibe die heilende und umbildende Macht der Atmung erfahren hatten, sahen ein unermessliches Feld der Forschung vor sich, für das sie durch eine ungewöhnliche Einfühlungsgabe in die feinsten Vorgänge des lebendigen Organismus besonders berufen waren und dem nun die ganze Kraft und Hingabe ihres Lebens galt. In Berlin und Neubabelsberg gründeten sie eine eigene Praxis. Eine immer mehr anwachsende Schüler- und Patientenzahl drängte 1916 zum Ankauf eines eigenen Hauses in Rotenburg a. d. Fulda. Von dort aus zog die Arbeit der beiden Freundinnen als „Rotenburger Atemschule“ immer weitere Kreise. 1926 wurde abermals eine Erweiterung und Verlegung der Schule nach Hustedt bei Celle nötig. Hier in der Stille der Heide widmeten sich die beiden unermüdlich schaffenden und forschenden Frauen vorwiegend der gewissenhaften Ausbildung ihrer Lehrkräfte, die heute überall an verantwortlichen Stellen wirken und ihrerseits wieder junge Menschen ausbilden. Gleichzeitig wurde die Arbeit der Schule immer weiter nach den drei Richtungen ihrer Auswirkung gefördert: ins Künstlerisch-Musikalische, ins Medizinisch-Atemtherapeutische, ins Allgemein-Pädagogische. Denn viele führende Männer und Frauen des öffentlichen Lebens — Künstler, Musiker, Geistliche und Lehrer, auch weitblickende Ärzte — fanden sich ein, um hier an sich selber zu lernen und gleichzeitig fruchtbare Anregungen für ihr eigenes Schaffensgebiet zu empfangen.

 

Man hatte erkannt, dass die Arbeit an Atmung und Stimme nicht nur für den physischen Organismus, sondern für die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit von zentraler Bedeutung ist. Ebenso wurde das von Schlaffhorst-Andersen entdeckte Gesetz des dreiteiligen, natürlichen Lebensrhythmus (Spannung-Abspannung-Ruhe) verstanden, das von Anbeginn der tragende Grundstock der Atemschule war und das sich als ungemein fruchtbar erwies. Es ordnet nicht nur wohltätig den einzelnen Menschen in seinen Störungen, sondern gilt für alle Lebensgebiete und entreißt sie damit der sie bedrohenden Mechanisierung. Gerade die letzte Phase, die Ruhe, fehlt ja heute mehr denn je. Jenes stille Warten und Abwarten können erst einmal an dem eigenen Atemrhythmus zu lernen und es dann, sei es bewusst oder unbewusst, auf andere Lebensfunktionen zu übertragen, führt zur Gesundung vieler gehetzter und nervöser Menschen und zur Auflösung vieler komplizierter Situationen.

 

Weittragende Pläne harrten der Verwirklichung. Der Zweite Weltkrieg vernichtete sie und zwang die beiden, nun schon hochbetagten Frauen, ihre Arbeitsstätte auf das Gut der Gräfin Seefeld in Pommern zu verlegen. Kurz vor Einbruch der Katastrophe schloss Clara Schlaffhorst im Februar 1945 ihre Augen für immer. Hedwig Andersen musste noch im 80. Lebensjahre alle Schrecken der Flucht mitmachen, bis sie auf dem Obstgut Schönborn bei Eutin in Holstein eine Heimat für ihr Alter fand.

 

Seite 8   Der Klassentag. Von Hedy Groß.

In Hamburg und Bremen oder in Hannover da haben sie immer ihre Klassentage von ihren Schulen: Klausenstift und Lerchenfeld und Walddörfer und so, das ist selbstverständlich und sicher nichts Besonderes. Wehmütig und neidvoll und stimmt es nur die, denen so etwas unerreichbar ist und deren Schule vielleicht wie unsere Goetheschule ein Trümmerhaufen wurde. Die Ziegeln unserer Schule sind von den Händen der noch zurückgebliebenen Deutschen sauber beklopft und nach Polen oder Russland verfrachtet und dort in wer weiß für Gebäude verbaut worden.

 

Ja, die aus solchen Schulen kommen, fühlen sich dann vielleicht auch wie diese verstreuten Ziegelsteine, gelöst aus dem organisch gewachsenen Ganzen, nur westwärts verbaut.

 

Nun ist aber das Wunder geschehen, wir hatten einen richtigen Klassentag, 1956 Pfingsten in Hannover. Genau vor drei Jahren stand eine eindrucksvolle Suchanzeige in unserm Ostpreußenblatt, dann kam ein mühsames Bauen, aber nun sind wir alle da, außer denen, die nicht mehr da sein können.

 

Das Telegramm in letzter Minute, das unsere liebe Theologin aus der Sowjetzone schicken musste, um ihr Fernbleiben zu melden, erhellte dazu grell den Zwang, aus dem wir noch nicht alle befreit sind. Aber die Wiedersehensfreude, die ostpreußische Herzlichkeit, das Gefühl des Zusammengehörens ließen alle Sorgen und all die Jahre vergessen.

 

Wir haben einander oft nicht wiedererkannt, aber bald sahen wir, ja, die Augen waren noch dieselben und vor allem die Stimmen mit den geliebten vertrauten Tönen der Heimat.

 

Wir wurden wieder die süßen jungen Mädchen auf den Klassenbildern, die auch erschienen.

 

„Ja, das bist Du", hieß es, „Du hattest doch die langen blonden Zöpfe!"

„Ach, Du meinst ich lauf noch mit denen herum wie auf unserm Klassenbild unter den hohen ostpreußischen Kiefern in unserer Waldschenke, versammelt um den großen Bären, unsern Klassenlehrer Usch?"

 

„Ach die Elfe, die ist doch mit dem Forstassessor verheiratet!" Jemand wagte zu erinnern: „Forstmeister!"

 

Großes Erstaunen mit Genugtuung: „Ach, ist er schon Forstmeister geworden!" So jung waren wir auf einmal wieder.

Und die Kellner in unserm Tagungsraum hatten ihre Not mit uns. „Sie achten nur auf ihre Gespräche, auf nichts sonst", rief ein liebevoller Sachse verzweifelt.

Wir: „Wie günstig für Sie", und schrien weiter durcheinander.

Ha, und dann hatte jemand diese Klassenzeitung mitgebracht mit den vielen Gedichten, und da behaupteten doch diese Weiber, die hätte ich gemacht. Ganz ausgeschlossen, solch Dichtergaben hätten nicht verloren gehen können.

 

Na ja, es war damals leicht, Gedichte zu machen, Stoff gab es die Fülle, und was sich dann reimte, war ein Gedicht, manchmal war auch der Reim zuerst da, das hört man heute noch. So wurde dem einen dies, dem andern jenes angehängt, sehr viel war von der Liebe die Rede, manches so verblüffend prophetisch und für die Weiterentwicklung charakteristisch, und dann auch Hochdramatisches, wie: „Bomben über der Goetheschule!"

 

Dieses Poem behandelte Grete, unsere Primaballerina. Ja, Primus hat immer so 'nen kleinen Stich, ich weiß. Aber unsere Grete war nebenbei auch ein Biest, und das nahm der Sache den Stachel. Sie war blond und so blauäugig wie nur eine Margarete sein kann, für ein Gretchen aber war ihre Nase zu bedeutend. Ich kann es hier ruhig schreiben, auch wenn sie es liest, denn auch ihr machte ihr Riecher immer Spaß, und wenn einer, so hat sie sich durch ihren Humor das Leben gerettet.

 

Na ja, aber einmal hat sie auch ihr Riecher im Stich gelassen. Das war, als sie es für gut befand, Stinkbomben zu werfen. Jeder, der einmal zur Schule ging, weiß, dass sowas einmal sein muss, doch sie warf sie im unrechten Moment und trat noch mit dem Absatz hinein. Man ertappte sie, wie sie verzweifelt das klebrige Zeug von ihrem Absatz treten wollte.

 

Unser Klassenlehrer war damals Ali, der eleganteste Mann am Platze, man denke: seidene Socken! Und so vornehm wie er von außen war, war er auch innen. Nie hätte er sich dazu überwinden können, das Wort Stink auszusprechen, geschweige denn zu schreiben. Und so hieß es denn in der Benachrichtigung an die Eltern: „Die Grete hat man tadeln müssen, weil sie hat Bomben platzen lassen“.

 

Das war nun wirklich 'ne Bombe, die in ihren bienendurchsummten sommerlichen Elternschulgarten fiel. Ach, Gretes armer Vater. Er musste mit dieser Last im Herzen durch drei Kreise auf unsern Bummelbähnchen viele Male um- und übersteigen, immer das Bild platzender Bomben und verletzter Kinder vor sich, bis er die Goetheschule erreichte, die im Sonnenschein strahlte wie eh und je. Na, wenn das kein Drama war!

 

Und da sitzt vor mir das Lenilein mit drei prächtigen Kindern. Ha, wie konnte sie mir nur in einer schwachen Stunde verraten, wie „er" hieß. Musste sie doch wissen, dass ich diesen Tick mit dem Veröffentlichen habe. Es war aber auch zu reizvoll, wenn sie in der Physikstunde immer als einzige wusste, dass Zeiß in Jena die besten optischen Instrumente macht. Wir merkten es uns prinzipiell nicht, wir ließen es ihr.

 

Es wurde ein schönes Gedicht, aber um das Lenilein damals tut es mir heut noch leid, wie sie mich vernichtend aus ihren großen vorwurfsvollen Augen anblickte: „Wie konntest Du so etwas tun. Hast Du nicht daran gedacht, dass Sieglinde, unsere Klassenschwester, die auch seine Schwester ist, ihm die Zeitung zeigen wird!"

 

Liebe Leni von damals, bitte, verzeih, aber um die heutige tut es mir kein bisschen leid. Wenn ich sie mit den prächtigen dreien sehe, da mochte ich am liebsten nachträglich noch eine Gebühr für Heiratsvermittlung verlangen.

 

Über unsern Fifikus will ich lieber nichts schreiben. Die Faxen, die sie damals, die Übermütigste von allen, täglich anstellte, verwunden uns heute nur noch das Herz, wenn wir an die Tragödie denken, die ihr das Leben schrieb. Schon als kleines Mädchen wollte sie immer Apothekerin werden. Sie hat es dann auch sehr schnell zu einer eigenen Apotheke gebracht, aber sie ahnte nicht, dass diese ihr einmal die kleine Droge liefern würde, die sicher so mancher von uns verschluckt hätte, wenn er halberfroren auf einem Treck von Russen umzingelt worden wäre.

 

Ja, die kleinen Klassenbilder mit den freundlichen Mädchengesichtern ließen in keiner Weise ahnen, wie diese Menschen einmal würden kämpfen und leiden müssen. Die Geschichte und das Schicksal all dieser Frauen und ihrer Familien schreiben, hieße einen Ausschnitt geben aus dem ganzen schweren Geschehen in unserm Ostpreußen.

 

Aber unser Klassentag war schön, und er bedeutete uns so viel mehr als alle Klassentage derer, die noch in ihrer Heimat aus- und eingehen können. Macht es uns alle nach!

 

Und dem Ostpreußenblatt herzlichen Dank für seine Mithilfe vor drei Jahren.

 

 

Seite 9   Trakehner bei den Olympischen Reiterspielen. Unter schwedischen und englischen Farben – Nur wenige Trakehner bei der deutschen Mannschaft.

 

Foto: Der Ostpreuße „Marmion" unter dem englischen Kapitän Dallas. Er war unter seinem Reiter dreimal im Endkampf der Weltmeisterschaft der Springreiter, und er wird wahrscheinlich auch in der englischen Mannschaft in Stockholm dabei sein.

 

Foto: Hannelore Weygand auf dem Ostpreußen „Perkunos“; er gehört zu den international bekannten Dressurpferden und geht auch jetzt nach Stockholm. Züchter: Freiherr von der Leyen-Hasselpusch, Kreis Heiligenbeil, jetzt Haus Meer bei Düsseldorf.

 

Bei den fünften Olympischen Spielen 1912 wurden in Stockholm zum ersten Male Reiterwettkämpfe ausgetragen. Jetzt, nach 44 Jahren, sind die Blicke der Pferdefreunde wiederum nach Stockholm gerichtet. Deutschland war schon 1912 vertreten, in der Vielseitigkeitsprüfung kamen unsere Reiter im Einzel- und im Mannschaftswettbewerb auf den zweiten Platz, im Jagdspringen errangen sie die dritte Stelle in der Mannschafts- und den zweiten Platz in der Einzelbewertung der Reiter. Die Schweden gewannen damals fast alle goldenen Medaillen. 1920 und 1924 war Deutschland nicht an den Kämpfen beteiligt, aber die in schwedischem Besitz befindlichen ostpreußischen Pferde „Sabel" und „Piccolomini" gelangten in den beiden großen Dressurprüfungen dieser Jahre auf den ersten und zweiten Platz.

 

1928 in Amsterdam war der deutsche Major Neumann auf dem Trakehner „Ilja" Dritter in der Vielseitigkeitsprüfung. Die große Dressurprüfung gewann Freiherr v. Langen (Deutschland) auf dem Hannoveraner „Draufgänger". R. Olsen war auf dem Trakehner „Günstling" der Dritte in dieser Prüfung.

 

Die Olympischen Spiele von Los Angeles 1932 vereinigten auf dem Gebiet der Reiterei nur sechs Nationen; Deutschland war nicht vertreten.

 

Triumph des Elchbrandes 1936

In Berlin 1936 waren einundzwanzig Nationen beteiligt. Dieses Olympia war ein Höhepunkt der deutschen Pferdezucht. Deutschland gewann in allen drei Disziplinen (Military, Große Dressurprüfung und Jagdspringen) den Mannschaftswettbewerb und siegte auch jedes Mal in den Einzelbewertungen. In der Vielseitigkeitsprüfung war Hauptmann Stubbendorf auf dem Ostpreußen „Nurmi" siegreich, in der Dressur wurde den Deutschen Oberleutnant Pollay auf „Kronos" (Ostpreuße) und Major Gerhard auf „Absinth" (Ostpreuße) der erste und zweite Platz zuerkannt. Im Jagdspringen sicherte Oberleutnant Hasse auf der Holsteinerin „Tora" die goldene Medaille für Deutschland. Von neun teilnehmenden Pferden stammten fünf aus Ostpreußen. Das deutsche Banner wehte so oft am Siegesmast wie nie zuvor die Nationalflagge eines Landes.

 

1948 in London war Deutschland nicht vertreten, aber der schwedische Rittmeister Boltenstern holte sich auf dem in Schweden, aus reinem ostpreußischen Geblüt, gezogenen „Trumpf" in der Großen Dressurprüfung die bronzene Medaille und verhalf seinem Land zum Sieg im Mannschaftswettbewerb dieser Prüfung.

 

1952 in Helsinki nahm eine Abordnung deutscher Reiter an allen drei Prüfungsarten teil, wurde Dritter mit Dr. Büsing auf „Hubertus" in der Vielseitigkeitsprüfung (zweiter Mannschaftswettbewerb), Dritter im Mannschaftswettbewerb der Großen Dressurprüfung sowie Dritter mit Fritz Thiedemann auf „Meteor" im Jagdspringen. Rein ostpreußisch gezogene Pferde wurden von der deutschen Mannschaft nicht geritten, jedoch stammen die beiden in Westfalen von Freiherr von Nagel gezogenen Rappen „Adular" und „Afrika" von dem Rappen „Oxyd", der viele Jahre Landbeschäler in Rastenburg war und von dort an Freiherr von Nagel abgegeben worden war. Als Reservepferd ging der noch junge Hengst „Polarstern" von „Portwein" aus der Zucht von Peter Elxnat-Hohenkirchen (Friesland) mit. Er wurde nicht eingesetzt und im Anschluss an die Olympiade nach Schweden zu Zuchtzwecken verkauft, wo er in der Landespferdezucht und im staatlichen Hauptgestüt Flyinge sich zur Zufriedenheit zu vererben scheint.

 

Pferde der deutschen Mannschaft in Stockholm

Die beiden Halbostpreußen „Adular" und „Afrika" werden voraussichtlich Deutschland in der Großen Dressurprüfung zusammen mit dem Vollblüter „Chronist" in Stockholm Mitte Juni dieses Jahres vertreten. Als Reservepferd ist der Ostpreuße „Perkunos", gezogen von Freiherr von der Leyen, genannt worden. In der schwedischen Dressurmannschaft wird der rein ostpreußisch gezogene „Knaust" eine starke Stütze bilden. Mit der englischen Springmannschaft wird wohl der Ostpreuße „Marmion", der dreimal im Finale der Weltmeisterschaft der Springreiter dabei war, mitgehen. Eine kleine Schau von Pferden ostpreußischer Abstammung, die in Schweden gezogen sind, wird die Bedeutung dieser Zucht für die Reiterwelt unterstreichen.

 

Das Fehlen der ländlichen Reiter

Es wird sich vielleicht mancher fragen, warum nicht mehr Pferde Trakehner Abstammung von der deutschen Mannschaft geführt werden, besonders, weil doch gerade mit diesen Pferden 1936 die großen Siege für Deutschland erritten wurden.

 

Eine Erklärung hierfür zu geben, ist nicht ganz einfach. Für die Olympiade 1952 in Helsinki stand nur eine sehr beschränkte Auswahl an ostpreußischen Pferden im richtigen Alter und mit der erforderlichen Ausbildung zur Verfügung. Man hätte damals wahrscheinlich mit Nutzen sich den ostpreußischen Schimmel „Bautz" aus dem Besitz des Herrn Falckenberg-Hamburg sichern können, aber es konnte keine Übereinkunft zwischen dem Olympiade-Komitee und Herrn Falckenberg über die Bedingungen der Abgabe des Pferdes erzielt werden. Der schon erwähnte ostpreußische Hengst „Polarstern" galt nach deutscher Beurteilung als hochveranlagtes, leistungshartes Vielseitigkeitspferd, wurde aber mit Recht als etwas zu jung für den Einsatz angesehen, man sah schließlich davon ab, ihn zu starten. Man hat wohl auch nicht recht glauben wollen, dass aus der scheinbar völlig zertrümmerten ostpreußischen Zucht noch etwas Brauchbares wieder erstehen könnte. Die Voraussagen in dieser Beziehung in westdeutschen Kreisen waren fast durchweg negativ. Man hat sich daher auch bei dem Olympiade-Komitee nicht die Mühe gemacht, das Augenmerk auf die Nachwuchspferde dieser Zucht zu lenken. Es sind zahlreiche Pferde durch das Olympiade-Komitee gekauft worden, wirkliche Olympia-Pferde sind daraus unseres Wissens nicht hervorgegangen.

 

Es ist sicher schwierig, gute ostpreußische Nachwuchspferde zu erkennen, denn es fehlt uns völlig die ländliche Reiterei, die sich der jungen Pferde mit der Zuneigung und Verbundenheit der Züchter und der Züchtersöhne annimmt, sie zunächst in örtlichen kleinen Turnieren herausbringt und dann allmählich die Anforderungen steigert. Der Bauer züchtet sein Pferd und bildet es aus, er kauft es sich aber nicht. Daher bleibt dem ostpreußischen Pferd Trakehner Abstammung in Westdeutschland die Chance einer sachgemäßen Haltung und Ausbildung (etwa bis zum fünften und sechsten Jahr) versagt. Sicherlich wäre „Nurmi" kein Olympia-Sieger geworden, wenn er nicht bei seinem Züchter Paul-Rudwangen, Kreis Sensburg, gezogen und die Anfangsgründe der Reiterei und des Turnierwesens bis zu den Ausscheidungen auf dem schönen Platz in Insterburg empfangen hätte.

 

Es ist uns in einem kleinen und bescheidenen Rahmen gelungen, die Zucht am Leben zu erhalten und Olympia-Pferde nach Typ, Form und Leistung herauszubringen, es ist uns aber nicht gelungen, eine ländliche Reiterei für unsere Pferde zu gewinnen. Diese Tatsache lässt das Leistungsvermögen unserer Zucht und unserer Pferde nicht zur Geltung kommen. Es liegt auch durchaus in der Natur der Sache, wenn Preisrichter — bei Urteilen nach freiem Ermessen — Pferden der ihnen nahestehenden Zucht eher gerecht werden können, als fremdrassigen Pferden, als welche, die unseren doch oft gelten.

 

Ausbildung junger ostpreußischer Pferde ratsam

Natürlich könnte man daran denken, dass die übergeordneten Stellen, — auch das Olympiade-Komitee — versuchen, im Interesse nicht nur der vertriebenen Zucht, sondern auch zum Vorteil des Ganzen das Fehlen einer ländlichen Reiterei auszugleichen, indem man an diesen allgemeinen Ausbildungsstätten einen Stamm junger ostpreußischer Pferde hält, systematisch ausbildet und zur Leistungsentwicklung bringt. Bisher hat man das nicht getan, vielleicht aus der schon erwähnten Vermutung, dass diese Zucht zu sehr durch das Kriegsgeschehen gelitten hätte, um wieder eine Rolle spielen zu können. Selbst der um die deutsche Pferdezucht hochverdiente Oberlandstallmeister Dr. Gustav Rau war von dieser Auffassung beherrscht und hat sie oft ganz unverhohlen geäußert. So riet er auch den ostpreußischen Züchtern, die ihn nach der Kapitulation in Grabau oder Schönböken aufsuchten, ihre ostpreußischen Stuten zu verkaufen. Daraus geht am besten hervor, wie festgewurzelt die Überzeugung war, dass es keinen Zweck haben würde, sich mit den Resten dieser Zucht noch zu befassen. Sicherlich hat sich diese Einstellung auch auf die Bereitschaft ausgewirkt, ostpreußische Pferde für größere Aufgaben heranzuziehen und auszubilden.

 

Es gibt in Warendorf eine Höhere Reit- und Fahrschule; sie hat eine ganze Reihe junger Pferde gekauft und wählt auch gern solche mit ostpreußischer Abstammung — meistens ostpreußische Väter —, aber sie hat bisher davon abgesehen, rein ostpreußische Pferde anzukaufen, mit Ausnahme des alten Wallachs „Bautz", der als Lehrpferd verwendet wird.

 

Wenn man die Leistungen der ostpreußischen Züchter in der jetzigen Nachkriegszeit richtig bewerten will, genügt es nicht ganz, wenn man die großen Schwierigkeiten hervorhebt, die in der Loslösung von der heimatlichen Scholle, in der Land- und Besitzlosigkeit der Züchter und in manchen anderen Dingen liegen, die in einer normalen Zucht keinerlei Sorgen machen, sondern man muss auch die Tatsachen kennen, die jetzt in diesen Ausführungen berührt worden sind. Erst dann wird man die Nachkriegsleistungen der Trakehner Zucht gerecht eintaxieren können.

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Seite 9   Aus meines Lebens Morgenfrühe. Von Paul Wittko.

 

Am 16. Juni 1956 wird der Senior der deutschen Journalisten, Paul Wittko, seinen 90. Geburtstag begehen. Als Feuilletonchef des „Stuttgarter Neuen Tagblattes" und des „Hamburger Anzeigers" sowie als Herausgeber sozialethischer Zeitschriften errang er sich in der deutschen Publizistik einen geachteten Namen. Die Leistungen großer geistiger Persönlichkeiten Ostpreußens würdigte er in zahlreichen Aufsätzen. Seiner ostpreußischen Heimat fühlte er sich stets verbunden. Als wir ihn kürzlich in seiner Wohnung, Hamburg 9, Susannenstraße 40, besuchten, trug er die goldene Ehrennadel des Königsberger Corps „Littuania", dem er — ebenso wie sein Vater — angehörte. In dem nachstehenden Beitrag berichtet Paul Wittko über seine Jugend am Memelstrom und in Stallupönen. Köstlich ist die Schilderung der Begegnung mit dem jungen Hermann Sudermann in Heydekrug.

 

Lang, lang ist es her. Meines langen Lebens Morgenfrühe spielte sich im Wesentlichen ab innerhalb des obersten rechten Zipfels des alten Deutschen Reiches, in dem schmalen, dreieckigen Streifen unmittelbar südlich und mehrere Kilometer nördlich des Memelstromes zwischen dem Kurischen Haff und der damaligen russischen Grenze. In dem Städtchen Ragnit kam ich am 16. Juni 1866 als Sohn eines Kreisrichters zur Welt. 1871 wurde mein Vater nach Stallupönen versetzt, 1875 - 1879 war er Kreisgerichtsdirektor in Heydekrug und 1879 - 1916 Landgerichtsdirektor in Tilsit.

 

Spärlich sind nur meine Erinnerungen an meine ersten Lebensjahre in Ragnit. Doch der Einzug der Schwadronen des 1. (litauischen) Dragoner-Regiments Prinz Albrecht von Preußen, die damals in Ragnit in Garnison standen, nach dem Kriege 1870/1871 steht mir noch lebhaft vor Augen. Man hatte mit grünem Laub und den Farben Schwarzweißrot geschmückte Masten zu beiden Seiten des lang gestreckten Marktplatzes aufgestellt. An der Spitze der Truppe ritt auf einem feurigen Braunen der Kommandeur, ein Major mit langem, im Winde wehendem dunkelblondem Vollbart.

 

Der Bürgermeister, ein Herr von einiger Behäbigkeit und mit einem noch längeren, allerdings schwarzen Bart, namens Vigoroux, von hugenottischer Herkunft, hielt eine Begrüßungsansprache.

 

Da eine meiner beiden Schwestern in Ragnit verheiratet war, bin ich noch in vorgerückten Jahren dorthin gekommen, und so habe ich das Wachsen und Blühen des um 1870 zweitausendfünfhundert Einwohner zählenden Städtchens zu einem Ort mit zehn- bis dreizehntausend Einwohnern beobachten können.

 

Erster Versand des Tilsiter Käse

Der Vater meines Schwagers, Jan van Setten, war aus Holland eingewandert und hatte das Rezept zur Herstellung des Holländer Käses mitgebracht. Er verfertigte und versandte als erster den sogenannten Tilsiter Käse. Nach seinem Tode befanden sich in seinem Besitz außer dem Wohnhaus am Schlossplatz, dessen schöner Garten sich terrassenförmig zum Schwemmlande des Stromes hinabsenkte, und der Käserei ein stattlicher Landbesitz, zwei Dampfgetreidemühlen und zwei Ziegeleien, die seinen Söhnen zufielen.

 

Das Schönste von Ragnit war der Daubas, ein östlich sich an die Stadt anschließender, hoch auf dem Memelufer weit sich hinziehender schluchtenreicher, prächtiger Eichen- und Tannenwald. Ein gepflegter Spazierweg verlief durch Einbuchtungen des Stromes zickzackförmig bei einigem Auf und Ab.

 

Besonders herrlich war es dort nach Sonnenuntergang. Dann lag die Landschaft dunkel und schweigend da. In den Frühlingsnächten hub dann der Gesang einer Nachtigall an, einer zweiten, einer dritten. Sie sangen ihr in die Tiefen des Herzens dringendes unbeschreiblich schönes Lied, die erste Strophe mit ihrem Zükütt, dann die langgezogenen Tüüütüü und dann den Schlusstriller. Wenn das Lied vorüber war, dann schwiegen die im Laub verborgenen Sänger eine kleine Weile, um es, womöglich noch schöner, von neuem zu beginnen. Man fühlte sich wie verzaubert, hingerissen von der unbegreiflichen Herrlichkeit dieser Töne, die für den Augenblick höchstes Glück schenkten, das doch zugleich mit unbestimmbar geheimnisvollem Weh gemischt war.

 

Eine Besonderheit der Orte am Memelstrom war damals das zur Sommerzeit häufige Erscheinen langer Flöße aus dem Innern des waldreichen Russland. Auf den aneinander geketteten riesigen Baumstämmen hausten in wahren Hundehütten die Flößer mit ihren Familien. Abends pflegten sie zu den Klängen einer Balalaika, einem gitarreähnlichen Musikinstrument, ihre schönen, melancholischen Lieder zu singen.

 

Luxuszüge in Stallupönen

In Stallupönen sah ich zum ersten Mal eine Eisenbahn, lag das Städtchen doch an der Bahnstrecke Madrid-Paris-Berlin-Eydtkuhnen-Petersburg. Zuweilen hielten seltsamerweise luxuriöse Durchgangszüge in Stallupönen einige Minuten an, und da meine Eltern mit mir zum Bahnhof spazierten, erhielt ich schon als kleines Büblein eine leise Ahnung von dem sehr unterschiedlichen Benehmen eines internationalen Reisepublikums.

 

In Stallupönen fand mein erster Schulgang statt, zur Privatschule der zwei Fräulein von Kortzfleisch. Die frommen alten Damen, Haffmöwen im Städtchen genannt, versuchten mir Sechsjährigem die fünf Hauptstücke des Lutherischen Katechismus beizubringen. Es gelang ihnen nicht. Absolut verständnislos mussten dem Kinde die Lutherworte bleiben, und nicht der leiseste Versuch wurde unternommen, sie dem kindlichen Verstand begreiflich zu machen. Das leere Herunterbabbeln von unbegreiflichen Worten missfiel meinem Vater. Bald kam ich zu der Dahlitzschen Privatschule, wo schon für den Siebenjährigen der Lateinunterricht begann. Dahlitz war ein stattlicher, großer, blonder Mann, der mit seinen Schülern vortrefflich umzugehen verstand.

 

Zwei große Marktplätze gab es in der Stadt. An den Markttagen wimmelte es auf dem einen von Töpfern und Bauersleuten mit ihren mannigfachen Erzeugnissen. Ich erinnere mich, dass eines Tages meine Mutter vom Markt heimkam und ganz entrüstet ausrief: „Sieben Eier für zwei Silbergroschen!" Sie fand es also zu teuer, dass sieben Eier zwanzig Pfenning kosteten; damals 1875. Auf dem anderen Platz war der Pferde- und Viehmarkt. Dorthin zu gehen war mir verboten, denn dort floss der Schnaps in Strömen, und es gab oft fürchterliche Schlägereien.

 

Mein für alle kulturellen Dinge sehr aufgeschlossener Vater pflegte namhafte Künstler, die aus dem Reich nach Königsberg kamen brieflich zu bitten, einen Abstecher nach Insterburg und gar nach unserem Kreisstädtchen zu machen. Er dürfte weit mehr Ab- als Zusagen erhalten haben. Der Vortragskünstler Emil Paleske, ehemaliger Oldenburger Hofschauspieler, Verfasser einer damals in zahlreichen Bürgerhäusern ganz Deutschlands zum festen Buchbestand gehörenden volkstümlichen und ansprechenden umfangreichen Schrift über Schiller, war einer der wenigen, die seiner Einladung folgten. Nachdem er an einem Abend im öffentlichen Saal ein Shakespeare-Drama frei aus dem Gedächtnis gesprochen hatte, erschien er am Abend darauf in der Wohnung meiner Eltern, um vor diesen und geladenen Gästen Dichtungen Fritz Reuters zu rezitieren. Der untersetzte, breitschultrige, braunbärtige Herr von etwa fünfundvierzig Jahren erzählte wie ein Onkel einige wirksame Stellen aus der „Stromtid", aus „Hanne Nüte" und ein paar der spaßigsten „Läuschen un Rimels". Nicht nur Bräsigs „Kaltwaterkur" machte auf mich Dreikäsehoch unauslöschlichen Eindruck; Paleske war, wie er mir im Gedächtnis lebt, keineswegs ein Kulissenreißer. Was er lebendig werden ließ, bot er dar ohne die geringsten mimischen Mätzchen. Er sprach so, als entstünde es in ihm selbst als persönliche Eingebung. Jedenfalls gab er mir, dem Fibelstudenten, durch die innige Wärme seines schlicht natürlichen Vortrages die erste Freude am starken Kunstwerk.

 

Hermann Sudermann in Kanonenstiefeln

Wenn ich Guckindiewelt aus den Fenstern unserer Wohnung in Heydekrug schaute, dann sah ich vor mir ein unscheinbares Häuschen. Darinnen wohnten mit seiner Frau und drei Söhnen ein einer niederländischen Mennonitenfamilie entstammender Bierbrauereibesitzer. Obwohl er mit seinem Bier die ganze Gegend versorgte, gelangte er auf keinen grünen Zweig. Die Landleute im weiten Umkreis blieben dem Schnaps treu, sie wollten dem Sudermannschen Bier nicht wohl. Nur wenn die Heydekruger ihre Schützen- und sonstigen Sommerfeste feierten, machte Sudermann gute Geschäfte. Diese Feste wurden auf der schönen Matzickener Waldwiese begangen.

 

Dort im stillen Matzicken, befand sich die Sudermannsche Brauerei. Dicht nebenan lag das ehemalige Sudermannsche Wohnhaus, das Geburtshaus des Dichters Hermann Sudermann. Dieses schlichte, ziegelbedachte, nicht gut in die Landschaft, sich fügende Haus, war von weißstämmigen Birken umstanden. Wenn diese im Frühling ihre feinzackigen, zartgrünen Blättchen an die schlanken Zweige gesetzt und mit dem Holunder einen Duft verbreitet hatten, der dem jungen Volke den Kopf benahm, und es zu Gesang und Tanz, zu Lust und Liebe trieb, wenn abends die Nachtigallen auf den wunderlich geisterhaften Weidenbäumen hinaus ins Freie gerufen hatten, wenn der Lenz weithin im Walde, der weiß von Anemonen stand, die Silberflöte blies, dann war dem Knaben Hermann das Herz aufgegangen und hatte es erfüllt mit der Sehnsucht nach all dem Schönen und Wunderbaren in der weiten, wilden Welt, die doch da draußen noch viel herrlicher sein musste, als dieser stille, abseitige Waldwinkel in seiner träumerischen Verlorenheit.

 

Mitte der siebziger Jahre aber wohnte die Familie Sudermann in der Mitte des Marktfleckens Heydekrug. Dieser Ort liegt in keineswegs reizloser, in wald- und moorreicher, von weiten Heidestrecken unterbrochener Landschaft, nicht gar so unähnlich Worpswede und Dachau. Auf den Heidehügeln erhoben sich hier und da in ihren geisterhaften Formen Kaddickbüsche. Bäche und Gräben waren von Erlen und Weiden umsäumt. Darüber fegten von der Ostsee her regenschwere Westwinde. Harte, trockene Ostwinde kamen aus dem nahen Russland. Diese Ostwinde brachten bitter strenge, lange Winter, kurz nur waren die glühend heißen Sommer mit ihrer Blütenpracht und ihrem süßen Heuduft.

 

Mein Vater hatte als Königsberger Student der akademischen Landsmannschaft (dem späteren Corps) Littuania angehört, und es verstand sich von selbst, dass die Heydekruger Mitglieder dieser Verbindung, Jung und Alt, bei uns ein- und ausgingen. Unter diesen Gästen befand sich auch Hermann Sudermann. Der zwanzigjährige, hochgewachsene, schlanke Student mit dem üppigen, glänzend schwarzen Lockenhaar und den schwärmerischen schwarzen Augen, war ein kraftstrotzender Jüngling von einer gewissen trotzigen Schönheit. Ein keck geschwungenes Bärtchen zierte seine Oberlippe. Mit seinem schwermütigen und zugleich leicht ironischen Blick bot er das Bild eines unalltäglichen, sich etwas Besonderes erträumenden jungen Mannes von einer gewissen gezierten Selbstgefälligkeit, die noch gehoben wurde durch eine auffallende Kleidung. Während der Universitätsferien, die er in Szibben-Heydekrug in seinem Vaterhause zubrachte, zeigte er sich mit Vorliebe in mattweißer Tuchpikesche mit schwarzen Quasten und Verschnürungen, einem silberbestickten, grünen Cerevis auf der hohen und breiten Stirn und blitzblanken Kanonenstiefeln auf prallen Schenkeln. Dabei war er ein flotter Tänzer und ausgezeichneter Schlittschuhläufer. Mein guter Vater freilich in seiner gediegenen Gradheit und allem Eitlen abholden Art nannte ihn einen „theatralischen und überspannten Bengel". Doch der gewandte und kokette Plauderer bezauberte die ganze Weiblichkeit.

 

Poetische Huldigung an die Schwester

Meine um sechs Jahre ältere große Schwester sprach zu meiner jüngeren Schwester in meinem Beisein oft und viel von Hermann Sudermann, wie wohl er sich in Matzicken befunden habe trotz aller seiner Sehnsüchte, welche wundersamen lyrischen Stimmungen ihn dort beglückten, wie sehr sein Gemüt jetzt verdüstert sei, wie unzufrieden er mit sich und dem Leben sei, und dass sie den Eindruck habe, als gäre und brodle es in ihm. Und er sei gar ein heimlicher Dichter! Diese meine Schwester pflegte nämlich im Tanzsaal und auf dem Eis von ihm bevorzugt zu werden. Und dass er Verse machte, zeigte sich sehr bald. Als sie im Herbst 1877 ihren 17. Geburtstag beging, da fand sich unter den schriftlichen Glückwünschen ein Briefchen ein mit folgenden Versen von ihm:

 

Ein Glückwunsch ist oft bloßer Hall,

leer, luftig klingt er in die Runde,

in nichts verweht sein Phrasenschwall

schon in der allernächsten Stunde.

 

Ein andrer tönt aus meinem Munde.

Was ich Dir weih zum Angebinde,

ist nur ein leises, zages Wort.

Trägt's Dir die Zeit in alle Winde,

tönts doch in meinem Herzen fort!

 

Komm' was da woll'! In Freud und Leid —

o glaub es — bin ich Dir geweiht!

 

Man lese die Anfangsbuchstaben dieses Akrostichons: Elise Wittko.

 

Damals war ich ein Junge von elf Jahren. Und so hatte der Herr Studiosus der neuen Sprachen, der Geschichte und der Philosophie mich kaum beachtet, während ich zu ihm als einem Dichter bewundernd emporblickte. Nur einmal auf einem Spaziergang hat er mir im Lateinischen auf den Zahn gefühlt, wobei ich kläglich versagte. Mit seinem jüngsten Bruder Hugo hielt ich gute Kameradschaft. Der Ärmste verfiel später in eine schwere Krankheit; er ist bis an sein frühes Ende von dem inzwischen berühmt gewordenen Bruder liebevoll betreut worden. Ein gütiges Herz und eine offene Hand hat der angehende Dichter auch damals, wie sein Leben lang, gezeigt, und obendrein außerordentlichen Fleiß. Wenn ich nachts einmal erwachte, dann fiel mir stets der Lichtschein ins Auge, der von einem offenen Mansardenfensterchen im Hause gegenüber kam, und ich sah Sudermann schreibend oder lesend oder in Gedanken versunken an seinem dürftigen Tisch sitzen. An den verhängnisvollen Folgen seiner arbeitsüberbürdeten, bitter kargen Jugend hat Sudermann sein ganzes weiteres Leben lang körperlich getragen.

 

Schulstreiche am Tilsiter Gymnasium

Ich kam dann auf das Gymnasium von Tilsit. Das war damals ein uraltes, finsteres Gebäude, unmittelbar neben der mächtigen Hochgestalt der Deutschen Kirche gelegen. Die Schulzimmer wurden von unverglast flackernden Gasflammen beleuchtet, die viele Schüler, auch mich, zu fortwährend sich steigernder Kurzsichtigkeit verdammten, selbst wenn sie ursprünglich falkenhafte Sehkraft besessen hatten. Der Religionslehrer, ein Theologe, der zugleich den wichtigen Deutsch-Unterricht in den beiden Tertien und der Untersekunda erteilte, war ein „Angsthase" nach unserer Meinung. Es kam wiederholt vor, dass ein Schüler zu drohen wagte: „Herr Oberlehrer, wenn Sie heute mich rannehmen, dann tanze ich nicht auf der nächsten Tanzstunde mit Ihrer Tochter und sorge dafür, dass sie dauernd Mauerblümchen bleibt“. Er fügte sich dann wortlos in das Unabänderliche.

Der erste Oberlehrer, Professor Dr. Kossinna, der Vater des großen Vorgeschichtsforschers, war so schwerhörig, dass wir bei ihm, dem Ordinarius der Untertertia, eine Musikkapelle gebildet hatten mit Spieldosen, Kämmen und ähnlichen Musikinstrumenten. Einmal während ungewöhnlicher Stille rief er empört: „Da ist ja Musik!" Der Primus entgegnete: „Die Stadtmusikanten spielen draußen!" Der Oberlehrer stürzte ans Fenster und sah — einen Leiermann ...

 

Ich kletterte zu Sekunda empor, ohne eigentlich irgendetwas richtig gelernt zu haben. Erst jetzt kam es mir zum Bewusstsein, dass man nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernt. Und so ging es denn nun unter der Führung verständiger Lehrer flott voran. Inzwischen war mein Vater nach Tilsit versetzt worden, und ich war wieder unter elterlicher Zucht.

 

Ein Wort an die heutige Jugend

Der wackere Professor Pöhlmann, angeglüht von der Sonne Homers, verstand es, mit klassischer Beredsamkeit in seinen Schülern den Sinn für Hochziele und sittliches Streben zu wecken. Er wusste uns zu begeistern.

 

Seit einer Reihe von Jahren scheint es in der heutigen Jugend abwärts gegangen zu sein. Mit der Jugend aber muss wieder Begeisterung für Edles in die Menschheit kommen. Sie hat die heilige Pflicht, so bedünkt es mich, neben der olympischen Flamme, die im alten Hellas auch die dramatischen Dichter zum Wettbewerb um den Siegeslorbeer antrieb, die reinere Flamme des Geistes wieder anzufachen und in sich fort zu nähren. Als das Höchste, Erstrebenswerteste des Lebens erscheint mir für sie, die Vernunft und die Würde des Menschen in seiner Sitte, seiner Wissenschaft und seiner Kunst zur Herrschaft zu führen.

 

Seite 10   Blätter ostpreußischer Geschichte. Erbschaften außer Landes

Foto: Lageplan. Gebiete von Serrey und Tauroggen.

Um seine Regierungsgewalt — „die Souveränität" — gegenüber den Ständen zu festigen, musste der Große Kurfürst die noch fast unumschränkte Macht der „Regimentsräte" im Herzogtum Preußen einengen, die alles „Brandenburgische" ablehnten. Daher setzte er Statthalter als seine persönlichen Vertreter im Lande ein. Für diese viel Takt erfordernde Aufgabe wählte er als ersten — im Jahre 1657 — Fürst Bogislaw von Radziwill.

 

Dieser polnische Edelmann, der 1620 in Danzig geboren war, hatte großen Grundbesitz in Litauen, das damals mit dem Königreich Polen vereinigt war. Er war Starost von Smolenks gewesen, entfremdete sich aber nach vielen Reisen durch Westeuropa dem polnischen König, weil er sich streng an das reformierte Glaubensbekenntnis hielt. Eine Zeitlang schloss er sich den Schweden an, und er wurde schließlich ein treuer Anhänger des Großen Kurfürsten.

 

Die Beamten im Herzogtum Preußen erkannten ihren neuen Vorgesetzten nur zögernd an. Radziwill schrieb einmal: „Die Stadt Königsberg liebt mich nicht, desgleichen der Adel, weil ich den Titel Statthalter führe, obgleich sie Verehrer meiner Person sind..." — Königsberg war bis dahin Landeshauptstadt gewesen, und viele Edelleute und Bürger verdross es, das Ostpreußen fortan nur als Teil eines größeren Staatsgebildes gelten und die Stadt ihren Rang einbüßen sollte.

 

Fürst Bogislaw Radziwill starb im Alter von 49 Jahren. Er hinterließ nur eine Tochter, die den jüngsten Sohn des Großen Kurfürsten, den Margrafen Ludwig, heiratete. Da mit ihrem Vater die männliche Linie ausgestorben war, wurde sie die Erbin der Herrschaft Serrey. Ihre Ehe blieb kinderlos, und die Herrschalt Serrey fiel an das Haus Brandenburg; 1691 wurde sie mit den kurfürstlichen Ländereien vereinigt. Sie umfasste etwa 750 Hufen westlich der Memel zwischen Grodno und Kowno (Kaunas auf Litauisch), und sie bestand aus einem Städtchen gleichen Namens sowie aus zweiundzwanzig meist am Memelufer aufgereihten Dörfern. Die Gegend ist hügelig und waldreich. Das dort tief eingeschnittene Memeltal mit seinen weiten Schleifen bietet anmutige Landschaftsbilder.

 

Die Herrschalt Serrey lag den preußischen Verwaltungszentren fern, daher vergab sie der Kurfürst in Generalpacht, und er wies die Landrenteikasse in Gumbinnen an, die Pachtgelder in Empfang zu nehmen.

 

Unter den Generalpächtern finden wir nach 1700 Johann Dewitz, den Hausvoigt von Insterburg, einen durch seine eigensüchtige Wirtschaftsführung nicht gerade rühmlich bekannten Mann. Auch der Burggraf von Labiau, Barthut, hatte eine Zeitlang die Generalpacht inne. Im Städtchen Serrey bestand ab 1747 ein eigenes „königliches Domänenamt", so dass mancherlei Beamte aus Preußen in dieses litauische Gebiet kamen und dort wirkten. Die Erträge aus der Waldwirtschaft, wie etwa Holzflößen, Teerbrennen und andere Zweige, waren nicht unerheblich. Die Waldstücke hießen die Serreysche Forst; sie wurden von einem Förster verwaltet, der gleichfalls mit der Kammer in Gumbinnen abrechnete. Um 1780 hieß der Förster Stein, und unter seinen Unterförstern waren bekannte ostpreußische Namen wie Klimack, Rautenberg und Serazki vertreten. Mancher Bauernstamm mag auf Befehl die Memel herab von Tilsit nach Serrey gebracht worden sein.

 

Die Herrschaft Serrey gehörte den Hohenzollern, sie lag aber im Königreich Polen, also außerhalb des preußischen Staatsgebietes. Bei der Zweiten Teilung Polens kam sie vorübergehend zu Preußen, doch nur bis zum Jahre 1807.

 

Die katholischen Polen und Litauer in der Herrschaft Serrey hielten sich zu ihrer dortigen Kirche, während die evangelischen, aus Preußen zugewanderten oder hinbefohlenen Deutschen im Grenzkirchspiel Bilderweitschen bei Stallupönen eingewidmet waren.

 

Serrey war nicht die einzige Herrschaft aus dem Radziwillschen Erbe; weit bekannter wurde Tauroggen durch den berühmten Vertrag, den General Yorck mit den Russen 1813 schloss, er leitete den Befreiungskampf gegen Napoleon ein. Dr. W. Grunert

 

Seite 10   Bücherschau

Kurt Forstreuter: Das Preußische Staatsarchiv in Königsberg. Ein geschichtlicher Rückblick mit einer Übersicht über seine Bestände. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1955, 144 S. (Veröffentlichungen der niedersächsischen Archivverwaltung, H. 3.)

Als das ehemalige Königsberger Staatsarchiv am 16. November 1953 in Göttingen der Forschung wieder zugänglich gemacht wurde, wies das Ostpreußenblatt darauf hin, wie günstig die ostpreußische Landesforschung daran ist im Vergleich etwa zu der schlesischen oder pommerschen, weil erhebliche Teile des Königsberger Staatsarchivs gerettet worden sind, dem Umfange nach der nur ein Drittel, dem Wert nach aber neun Zehntel. Die Urkunden und Briefe des Deutschen Ordens und der Herzöge, die Folianten der Verwaltung, die Akten des Etatministeriums sind die unerschöpfliche Quelle zur Geschichte unserer Heimat, die einzigen handgreiflichen Zeugen dieser Geschichte, nachdem das Land mit seinen Kulturdenkmälern uns zur Zeit entzogen ist. Wir sind deshalb dankbar für die sachliche knappe, wohl abgewogene Darstellung der Geschichte des Archivs, die Forstreuter, der seit 1927 am Archiv tätig ist und es heute leitet, uns vorlegt. Sie ist in ihren ersten Kapiteln mehr als die Geschichte einer Behörde. Sie ist ein wesentliches Stück Landesgeschichte, das nicht nur den Historiker von Fach, sondern jeden geschichtsbewussten Ostpreußen interessiert. Dr. Gause

 

Paul Brandt: Sehen und Erkennen. Eine Anleitung zur vergleichenden Kunstbetrachtung. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart, 324 Seiten mit 565 Abbildungen u. 8 Farbtafeln, DM 19,80.

 

Ein Kunstband, der wie dieser in den vier Jahrzehnten seit seinem Erscheinen die ungewöhnlich hohe Auflage von 70 000 Exemplaren erreicht hat, muss ebenfalls etwas Ungewöhnliches, Besonderes sein. Die Beliebtheit, die den „Brandt" zum echten deutschen Hausbuch der Kunstgeschichte werden ließ, rührt in erster Linie wohl von dem originellen, in der Kunstliteratur bis dahin unbekannten Weg her, den der Verfasser in diesem Werk eingeschlagen hat. Brandt bringt nicht eine einfache, chronologische Aneinanderreihung der einzelnen Kunstepochen, er stellt vielmehr die im Thema ähnlichen, großen Kunstwerke der verschiedensten Zeiten in Vergleichsreihen nebeneinander und gegenüber und führt dadurch seinen Leser allmählich zum „Sehen und Erkennen" des abendländischen Kunstschaffens. So vermittelt er das Verständnis des Wesentlichen und Schönen eines Kunstwerkes, und er erzieht den Leser zum eigenen Sehen und Urteilen. So ist dieses prächtige Werk, von künstlerischem Gefühl und hohem, wissenschaftlichen Können getragen, Belehrung und Bereicherung zugleich. Die zahlreichen Abbildungen und Farbtafeln des vom Verlag hervorragend ausgestatteten Bandes sind auch in technischer Hinsicht gelungen. Insgesamt ein Werk, dass man jedem Kunstliebhaber und jedem, der einer werden möchte, empfehlen kann.

 

Schopenhauer: Aphorismen zur Lebensweisheit. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart. 283 Seiten, DM 6,50.

 

Der große Philosoph lehrt in seinen Aphorismen, wie man das Leben, von dem man nach seiner Überzeugung „Glück" sowieso nicht erwarten darf, wenigstens möglichst erträglich und ohne Schmerz gestalten kann. Mit diesem Lebensrezept, das die gesammelten Erfahrungen eines überragenden, hochgebildeten Geistes enthält, will Schopenhauer vor allem junge, wertvolle Menschen vor Illusionen bewahren und sie anleiten, ihr Leben nicht mit Unwesentlichem zu vergeuden. Unvergesslich sein Hymnus auf die Vorzüge des Geistes, seine Abfuhr an die reichen Langweiler und Nichtstuer in diesem souveränen, meisterhaften und doch anschaulichen und einfachen Stil. Schopenhauers Lebenslehrbuch, in der Krönerschen Taschenausgabe vom Herausgeber mit einer sehr lesenswerten, geistvollen Einführung und ausführlichen Anmerkungen versehen, ist eines der wertvollsten und nutzbringendsten Bücher.

 

Miguel de Cervantes: Der scharfsinnige Ritter Don Quixote von der Mancha. Insel-Verlag, Wiesbaden. Zwei Dünndruckbände, 1345 Seiten.

 

Der Don Quixote, wie so manches Meisterwerk der Literatur — man denke etwa an Gulliviers Reisen und an die köstlichen Märchen aus 1001 Nacht — allzu oft zum Kinderbuch herabgewürdigt, ist einer der schönsten, menschlichsten Romane des Abendlandes, einer der größten fünf, wie man im Zeitalter der Rekorde und Tabellen wohl sagen muss. Der Insel-Verlag, von jeher für seine bibliophilen Kostbarkeiten berühmt, hat den Don Quixote jetzt in einer bestechend schönen zweibändigen Dünndruckausgabe unter vorsichtiger Benutzung der einst anonym erschienenen, besonders lesbaren und sprachlich klaren Übersetzung von 1837 wieder herausgebracht. Der eigenartige Zufall, dass Shakespeares „Hamlet" wie auch der erste Teil des Don Quixote im gleichen Jahre, 1605, also vor 350 Jahren, erschienen sind, regte Iwan Turgenjew zu einer Gegenüberstellung des „vollkommen Tragischen und vollkommen Komischen" an. Dankenswert, dass diese klassische Einleitung von Turgenjew auch hier wieder abgedruckt worden ist. „Wer einmal dieses Buch gelesen hat", sagt der Berliner Kritiker Wolfgang Goetz so treffend über den Don Quixote, „kann nie mehr ganz unglücklich werden, am wenigsten über sich selbst“.

 

Seite 11   Heimatvertriebene Bauern als Pächter. Von Landwirtschaftsrat z. Wv. Dr. Hermann Koch.

Die Verpachtung bäuerlicher Betriebe wird in den kommenden Jahren voraussichtlich zunehmen. Viele Betriebe können von Eigentümern wegen deren Alter nicht mehr selbst bewirtschaftet werden. Der Nachwuchs fehlt! Es ist an der Zeit, aus der Erfahrung mit den Pachtfällen der letzten Jahre Schlüsse für die kommenden Pachtfälle zu ziehen, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Kreditgewährung der öffentlichen Hand an heimatvertriebene Landwirte, die in erster Linie als Bewerber der Pachthöfe in Frage kommen.

 

Zu betonen ist, dass in den Jahren nach dem Krieg die Unterbringung von heimatvertriebenen Bauernfamilien in Arbeit und Wohnung im Vordergrund stand und dass bei dem bisher geringen Angebot an Pachtungen und der großen Zahl von Bewerbern oft Bedingungen angenommen wurden, die nicht leicht zu erfüllen sind, aber wegen der genannten vordringlichen Gesichtspunkte auch von den kreditgewährenden Stellen nicht abgelehnt werden konnten. Das dürfte sich in der Zukunft ändern. Es kommt nämlich hinzu, dass sich die Mechanisierung im Bauernhof sowie die Sanierung des Milchviehs zur Zeit in einem nicht vorausgesehenen Tempo vollzieht, das dazu zwingt, die künftigen Pachtverhältnisse unter anderen Gesichtspunkten zu betrachten, als sie noch vor kurzem Geltung hatten. M. E. ist es notwendig, die damit zusammenhängenden Fragen nicht nur zwischen den Ämtern und Kreditinstituten, sondern auch  in der Praxis zu erörtern. Vor allem sollen die Pächter selbst dazu angeregt werden, die Zusammenhänge kritisch zu prüfen.

 

Die Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe an heimatvertriebene Landwirte auf mindestens 12 Jahre ist durch Vorteile begünstigt, die dem Verpächter bezüglich der Vermögensabgabe und der Einkommensteuer nach §§ 48 und 53 BVFG (Bundesvertriebenengesetz) gewährt werden. Die heimatvertriebenen Landwirte können für die Übernahme von Pachtungen zinsfreie öffentliche Kredite zum Kauf von Inventar und von Vorräten erhalten. Die Verpächter rechnen in der Regel damit, dass der Pächter das vorhandene Inventar, ggf. auch Vorräte, käuflich übernehmen und voll bezahlen kann.

 

Dazu ist zu sagen:

Vorwiegend werden klein- bis mittelbäuerliche Betriebe verpachtet. Meist handelt es sich um Betriebe, die noch nicht nach neuzeitlichen Gesichtspunkten und mit modernen Betriebsmitteln bewirtschaftet worden sind. Insbesondere das tote Inventar ist oft restlos veraltet und das Vieh nicht saniert. Vielfach sind auch die Gebäude und sonstigen Einrichtungen in schlechtem Zustand. Mit anderen Worten: der Verpächter wäre in Kürze gezwungen, den Betrieb zu veräußern, da er weder die Mittel für die Instandsetzung des Betriebes noch die Fähigkeiten für seine neuzeitliche Führung besitzt oder noch erwerben kann. Vor diesem Schritt wird er durch die Verpachtung an einen heimatvertriebenen Landwirt bewahrt. Dabei geschieht meist folgendes:

 

Der Verpächter fordert in dem Pachtvertrag einen Pachtpreis, der einem gut geführten und eingerichteten, nicht einem vernachlässigten Betrieb entspricht. Er behält sich das Wohnrecht und Naturalleistungen vor, die in der Regel nur in mäßiger Höhe und nicht zum Marktpreis auf den Pachtpreis angerechnet werden. Er verlangt die käufliche Übernahme des gesamten Inventars, häufig auch der Vorräte, durch den Pächter zu einem Schätzungswert, der beim lebenden Inventar dem Verkaufswert, beim toten Inventar dem Gebrauchswert entsprechen soll. Die Schätzungen liegen in den meisten Fällen sehr hoch, insbesondere beim toten Inventar, dessen Gebrauchswert fast immer sehr fraglich ist. Wohl sind auch veraltete Maschinen und Geräte u. U. noch lange verwendbar, aber sie zwingen den Übernehmer zu einer Wirtschaftsweise, die bei dem heutigen Mangel an Arbeitskräften und der Lohnhöhe nicht mehr rentabel ist und die Ursache des vorhergehenden Misserfolgs des Verpächters war. Die Revolution, die sich seit der Währungsreform auf dem Gebiet der Landtechnik und der Rationalisierung der Landarbeit auch im Mittel- und Kleinbetrieb vollzieht, wird hier künstlich aufgehalten.

 

Der Pächter ist dann zu stark belastet

Er kann zu der Belastung durch den Pachtpreis und die Tilgung des öffentlichen Kredites, den er zum Kauf des Hofinventars und der Vorräte benötigt, aber auch durch notwendige hohe Aufwendungen für Düngemittel, Saatgut u. a. in den ersten Jahren nach der Pachtübernahme keine weitere Belastung mehr übernehmen, um die zur Mechanisierung erforderlichen Geräte und Maschinen zu kaufen und den Viehstall zu sanieren. Meist bewegt sich die Belastung des Pächters schon an der obersten Grenze der Tragbarkeit. Sie ist zwar nach Maßgabe des natürlichen und des Kulturzustandes sowie der wirtschaftlichen Verhältnisse verschiedener Betriebe verschieden hoch, wird jedoch an der Leistung normaler Betriebe gemessen. Sie liegt also für den heruntergewirtschafteten Betrieb an sich schon außerordentlich hoch.

 

Ein Pächter, der nicht über familieneigene Arbeitskräfte verfügt, die es auf sich nehmen, aus reiner Liebe zum bäuerlichen Leben und zur Arbeit in der Natur bei rückständigen Arbeitsverfahren auf eine angemessene Entlohnung ihrer Arbeit zu verzichten und den trotz großer Anstrengung bescheidenen Wirtschaftsüberschuss für die allmähliche Verbesserung des Inventars zu investieren, kann auf keinen großen Erfolg rechnen. Er wird nach Ablauf der Pachtzeit, in der Regel nach 12 Jahren, veraltetes bzw. verseuchtes Inventar mit Mühe zum Alteisen- bzw. Schlachtviehpreis veräußern müssen.

 

Zwar ist ihm im Pachtvertrag zugesichert, dass der Verpächter das tote Inventar zum Gebrauchswert und das Vieh zum Verkaufswert zu übernehmen und zu zahlen hat. Das wird aber oft auf große Schwierigkeiten stoßen. Dem Verpächter werden die Mittel zu einem der früheren Übernahme entsprechenden Preis fehlen, und es wird sich niemand finden lassen, der ihm bzw. dem abziehenden Pächter das nicht modernisierte Inventar zu höheren Preisen abnimmt. Da der heimatvertriebene Pächter in der Regel den öffentlichen Kredit mit jährlich vier Prozent zu tilgen hat, hat er nach 12 Jahren noch mehr als die Hälfte des Kredites zurückzuzahlen.

 

Dafür wird der Erlös aus dem Inventar kaum ausreichen!

Es muss verhindert werden, dass öffentliche Mittel eine natürliche und dringend notwendige Entwicklung, nämlich die Bewegung des Bodens zum besseren Wirt, künstlich abbremsen. Man muss dazu den Gang der Anträge kennen, die von den heimatvertriebenen Landwirten auf Gewährung öffentlichen Kredites gestellt werden. Eine Pachtung kommt meist sehr plötzlich zustande, etwa durch Vermittlung eines Maklers oder durch unmittelbaren Kontakt zwischen Verpächter und Pächter. Der Pächter fürchtet bei dem noch verhältnismäßig geringen Angebot von Pachtbetrieben den Wettbewerb und schließt den Pachtvertrag infolgedessen oft ohne Rat und Gutachten amtlicher Stellen zu Bedingungen ab, deren Folgen ihm nicht klar sind.

 

Gerade die aus rein bäuerlichen Gegenden stammenden Heimatvertriebenen der älteren Generation, die in dem Jahrzehnt seit ihrer Vertreibung nicht mehr selbstverantwortlich gewirtschaftet haben, können die inzwischen erfolgte Veränderung der wirtschaftlichen Lage nicht genügend ermessen. Bis die Anträge aber die kreditgewährende Stelle erreichen, haben die Antragsteller bereits Monate gewirtschaftet. Pächter und Verpächter leben inzwischen in dem Glauben, dass über den Kreditantrag nicht anders als im Sinne des geschlossenen Pachtvertrages entschieden werden kann, zumal die Dienststelle der Orte und Kreise die Anträge meistens befürworten.

 

Zu hohe jährliche Belastungen

Die Anträge von Pächtern auf Nachfinanzierung nach mehreren Jahren wenig erfolgreicher Pachtung werden zahlreicher. In der Regel müssen die Anträge auf Gewährung von Krediten zur Mechanisierung durch Beschaffung von Schleppern mit Zusatzgeräten, von Gummiwagen, Gebläsehäckslern, Bindemähern, Häckseldreschern u. ä. sowie zur Entseuchung der Viehbestände durch Beschaffung von tbc- und abortus-bangfreiem Vieh abgelehnt werden, weil die jährliche Belastung durch Pacht- und Tilgungsleistungen bereits das Höchstmaß erreicht hat. Bei dem bisherigen Zustand ist auch eine Notlage oder Existenzgefährdung noch nicht unmittelbar festzustellen. Ihr voraussichtlicher Eintritt nach Ablauf der Pachtung zeichnet sich jedoch deutlich genug ab. Die Landwirtschaftsämter sollten aus diesen Gründen bei der Bearbeitung von Pachtkreditanträgen heimatvertriebener Landwirte die Pachtverträge sehr sorgfältig darauf prüfen, ob der beantragte Kredit den wünschenswerten Wirtschaftszustand herbeiführen wird. Keinesfalls darf der einheimische Verpächter erwarten, dass ihm auf Kosten des Lastenausgleichs und der Steuerzahler Vermögenswerte erhalten werden können, die zum großen Teil längst abgeschrieben bzw. die bei einem freihändigen Verkauf nicht zu verwirklichen sind. Auch dem einheimischen Landwirt kann ja nur dann geholfen werden, wenn sein Betrieb durch die Verpachtung motorisiert und mechanisiert wird. Nur in diesem Fall kann auch ein angemessener Pachtpreis gefordert und gezahlt werden.

 

Kann nach Ablauf der Pachtzeit ein tüchtiger Pächter den wieder in Ordnung gebrachten Hof mit Hilfe von Siedlungskrediten zu angemessenem Kaufpreis kaufen oder kann der Verpächter von ihm ein neuzeitliches und gesundes Betriebsinventar kaufen, wobei vielleicht ein Teil des Kaufpreises durch Übernahme der restlichen Tilgungsraten für den Inventarkredit des Pächters, also zu sehr günstigen Bedingungen, geleistet werden kann, dann haben beide Teile und die Volkswirtschaft einen Gewinn.

 

Übernahme des veralteten Inventars ablehnen

Die kreditgewährenden Stellen würden über von den Landwirtschaftsämtern entsprechend vorbereitete Kreditanträge ohne zeitraubende Rückfragen und ohne Bedenken rasch entscheiden können, wenn grundsätzlich davon ausgegangen würde, dass die Bezahlung veralteten Inventars ganz abgelehnt und für verseuchtes Vieh nur der Schlachtwert bezahlt wird. Vorräte sollten grundsätzlich nur „eisern" übernommen werden. Wollen die Verpächter ihr Inventar freihändig veräußern oder versteigern, dann sollte man ihnen das überlassen. Falls sie die Verpachtung ablehnen, können sie ihrem Schicksal überlassen werden, das sie früher oder später doch zur Verpachtung oder zum Verkauf zwingen wird. Es ist kaum zu befürchten, dass in diesem Fall weniger Pacht- oder Kaufangebote gemacht werden, nur dürften die Bedingungen für den Pächter oder Käufer dann günstiger lauten.

 

Die Pachtforderungen und die Beträge, die für die Übernahme nur brauchbaren hofeigenen Inventars angesetzt werden, können auf diese Weise wesentlich verringert werden, den Pächtern stehen aber auf der anderen Seite höhere Beträge zur Anschaffung von neuzeitlichem und gesundem Inventar zur Verfügung. Die Höhe dieser Beträge hängt natürlich sehr weitgehend von Betriebsart und -größe und den natürlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ab. Mancher Betrieb wird fast völlig neu inventarisiert werden müssen. Man wird dann nicht ganz mit den bisherigen ha-Normen für die Inventarisierungskosten, etwa 1300 DM je ha bei einem 15-ha-Betrieb, auskommen können. Bei einer Vollmechanisierung werden Beträge um 2000 DM je ha und darüber nicht zu umgehen sein. Bei Pachtbetrieben sind aber höhere Inventarsätze als bei Eigentumsbetrieben berechtigt. Der Pächter benötigt einen raschen Start, um in der meist nur zwölfjährigen Pachtzeit möglichst erfolgreich wirtschaften zu können.

 

Bei Betrieben, die käuflich erworben werden, kann den Siedlern viel eher zugemutet werden, mit weniger und ggf. auch mit veraltetem und nicht saniertem Inventar zu beginnen und es im Laufe der Zeit aus eigenen Kräften zu ersetzen. Auch den mithelfenden Familienangehörigen kann in Kauffällen in den Jahren des Anfangs eher der Verzicht auf eine entsprechende Lebenshaltung zugemutet werden. Bei Pachtungen sollte die Größe einer Vollbauernstelle nur dann unterschritten werden, wenn zusätzlich Land günstig zu pachten oder zu erwerben ist, oder aber, wenn es sich um kleine Betriebe handelt, nur dann, wenn die Möglichkeit einer Tätigkeit im anderen Beruf besteht, so dass die Stelle nebenberuflich bewirtschaftet wird.

 

Seite 11   Ehrenmitglieder des Trakehner Verbandes. Dr. Arvid Aaby-Ericsson — Dr. Ernst Ehlert — Dr. Martin Heling

Der Verband der Züchter und Freunde des Warmblutpferdes Trakehner Abstammung, der die Nachfolgegesellschaft der früheren Ostpreußischen Stutbuchgesellschaft in Königsberg Pr. ist, hat drei um die Zucht des ostpreußischen Pferdes in der Heimat und in Westdeutschland verdiente Männer zu Ehrenmitgliedern seiner Vereinigung durch die Mitgliederversammlung gewählt.

 

Zuerst wurde diese Ehrung im Jahre 1948 dem Schweden Dr. Arvid AabyEricsson zuteil. Er kannte das ostpreußische Pferd und seine Züchter von der Heimat Ostpreußen her, denn er hatte dort verschiedene Zuchtstätten, wie Trakehnen, v. Zitzewitz-Weedern, Hengstmärkte und sonstige Veranstaltungen besucht und Pferde nach Schweden mitgenommen, darunter auch die Trakehner Stute „Marone" v. Thronhüter aus dem Besitz von Prager-Tzullkinnen, Kreis Gumbinnen. Diese Stute war tragend v. Pythagoras und das in Schweden geborene Fohlen wurde dort der Landbeschäler „Samos". — Bald nach der Kapitulation wurde die Verbindung zwischen Dr. Aaby-Ericsson und Dr. Schilke, dem Geschäftsführer des Verbandes, wieder aufgenommen; sie führte zu mehreren Besuchen von Dr. Aaby in Westdeutschland und zum ersten Export deutscher Pferde auf dem umständlichen Wege der JEIA aus Westdeutschland. Es gingen seit 1947 sieben Trakehner Hengste und mehrere Stuten nach Schweden. — Dr. Aaby sah sich bei seinen Reisen in Westdeutschland vor der Währungsreform aber nicht nur die geretteten Pferde an, sondern er informierte sich eingehend über die Lage der vertriebenen Züchter; er sah sich selbst Flüchtlingsquartiere an, er ließ jedes Mal bei der Abreise einen Teil seiner Sachen zurück, sei es Anzüge, Schuhe, Mäntel oder kleine Gegenstände des täglichen Gebrauchs, die es damals hier nicht gab. In die Heimat zurückgekehrt, arbeitete er an der Ermöglichung einer größeren Hilfe für die vertriebenen Menschen und ihre Pferde. Mehrere hundert Paar Männer- und Frauenschuhe trafen aus Schweden ein und wurden über das Schwedische Rote Kreuz an vertriebene Züchter verteilt. Eine andere Sendung brachte einige Pferdedecken. In einem Eisenbahnwaggon kam wertvolles Futter für die aus dem Hauptgestüt geretteten wenigen Stuten: Hafer, Heu, mineralhaltiges Zusatzfutter usw.

 

Neben diesen sehr wertvollen materiellen Hilfen war aber vielleicht die wichtigste, die seelische und psychologische Unterstützung und Aufrichtung, die von dem gütigen Herzen dieses Mannes ausging und in vielen Fällen dazu beigetragen hat, trotz der schwierigen und teilweise ausweglos erscheinenden Situation wieder zu einer Lebensbejahung zu kommen.

 

 Auch als es anfing, wieder etwas besser zu gehen, hat Dr. Aaby-Ericsson die Treue und Freundschaft dem ostpreußischen Pferd und seinen Besitzern gehalten. Er hat in den Anfängen sich in Wort und Schrift mit Nachdruck für die Erhaltung eines Stammes der Trakehner Pferdezucht eingesetzt, weil er in diesem züchterischen Gut ein Kleinod sah, dessen Zerstörung einen Verlust für die Reiterwelt aller Länder bedeuten würde. Unsere Sache war und ist ihm eine Angelegenheit des Herzens und so ist er bis zum heutigen Tage in ständiger Verbindung mit der Zuchtleitung und er hat keine Mühen und Kosten gescheut, um die sechs Auktionen, die der Trakehner Verband seit 1952 durchgeführt hat, persönlich zu besuchen und jetzt in den Tagen, während sich die Blicke der Pferdewelt zu den Reiterspielen nach Stockholm wenden, hat er als Präsident des schwedischen Warmblutzuchtverbandes eine Schau ostpreußischer Pferde, die in Schweden gezogen sind, arrangiert. Die Besten aller teilnehmenden Nationen und das große Heer der Zuschauer werden diese Pferde sehen — der ostpreußischen Zucht zur Ehre! Der Trakehner Verband aber ist stolz darauf, einen solchen Mann als Ehrenmitglied zu haben.

 

Bei der ordentlichen Mitgliederversammlung am 23. März 1956 wurden zwei weitere um die Zucht verdiente Männer zu Ehrenmitgliedern ernannt: Dr. Ernst Ehlert und Dr. Martin Heling. Beide Männer werden den meisten Lesern des Ostpreußenblattes von der Heimat her bekannt sein. Beide standen dort in führenden Stellungen der ostpreußischen Zucht; Dr. Ehlert seit 1930 als Leiter des Hauptgestüts Trakehnen; Dr. Heling als Leiter des größten und besten ostpreußischen Landgestüts Georgenburg bei Insterburg.

 

Von Trakehnen ging der stärkste Einfluss auf die ostpreußische Privatzucht aus. Durch seine Hengste wurden die Pferde im Lande geformt und sie empfingen von ihnen den inneren Gehalt. Wenn kurz vor Kriegsende die Zucht des Hauptgestüts Trakehnen und zugleich auch die ostpreußische Landespferdezucht einen vorher wohl nicht zu verzeichnenden Höchststand erreicht hatte, so kommt Dr. Ehlert hieran ein bedeutender Anteil zu.

 

Gegen Kriegsende war es ihm nicht möglich, die rechtzeitige Verbringung der Zuchtpferde des Hauptgestüts nach Westdeutschland gegen den „Reichsverteidigungskommissar Gauleiter Koch" durchzusetzen. Auf eigene Verantwortung ließ er bei dem Nahen der russischen Front die Gestütspferde von Trakehnen nach Georgenburg treiben. Von dort wurden sie größtenteils mit Hilfe von Dr. Heling nach Westdeutschland verladen, fielen aber wieder im Hauptgestüt Graditz bei Torgau, in Neustadt a. d. Dosse und in Perlin bei Schwerin, Mecklenburg, in russische Hand, als diese Gebiete zu Besatzungszonen der Sowjets gemacht wurden. Dr. Ehlert blieben die persönlichen Erlebnisse wie fast jedem Flüchtling nicht erspart, auch er verlor sein gesamtes Hab und Gut; auch er musste jahrelang unter sehr bescheidenen Verhältnissen leben. Er stellte aber wieder seine Erfahrung und sein reiches Wissen dem Aufbauwillen der ostpreußischen Züchter zur Verfügung und übernahm die Betreuung des 1946 eingerichteten Ostpreußengestüts in Hunnesrück, Kreis Einbeck. Dort wirkt das nunmehr 80-jährige Ehrenmitglied des Verbandes auch heute noch zum Besten unserer Sache, indem es sich bemüht, Bedingungen für einen möglichst guten Erfolg des züchterischen Vorhabens zu schaffen.

 

Die Einrichtung des Ostpreußengestüts in Hunnesrück, das mit vier Hauptbeschälern und 50 Mutterstuten betrieben wird, ist im Wesentlichen das Verdienst von Dr. Martin Heling. Seinen Bemühungen war es gelungen, zunächst die englische Besatzungsmacht, dann das Land Niedersachsen und schließlich die Bundesregierung für die Unterstützung dieses Projektes zu gewinnen. — In Ostpreußen wirkte Dr. Heling als Landstallmeister in Braunsberg von 1922 bis 1930, in Rastenburg von 1933 bis 1937 und in Georgenburg von 1937 bis zum Kriegsende. Seiner Umsicht und Tatkraft ist die Rettung eines großen Teiles der Beschäler des Landgestüts Georgenburg zu danken. Wenn es auch nach der Kapitulation schwierig war, diese Pferde zu halten — ein Teil musste nach England, ein anderer nach Polen abgegeben werden, die übrigen wollten die westlichen Landespferdezuchten nicht gern und höchstens in vereinzelten Exemplaren haben — so wurden diese Hengste zu der Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Zucht mit den geretteten Flüchtlingsstuten. Für Dr. Heling hatte die Preußische Gestütsverwaltung die Übernahme des Hauptgestüts Trakehnen vorgesehen nach dem Ausscheiden von Dr. Ehlert wegen Erreichung der Altersgrenze. Diese schöne Aufgabe konnte ihm nicht mehr zuteilwerden. Das Kriegsende brachte auch ihm die Vernichtung eines großen Teiles seiner züchterischen Lebensarbeit, doch machte man sich in Westdeutschland das gründliche und vielseitige Wissen und die exakte Arbeitsmethoden auf dem Gebiete der praktischen Zucht, der Verwaltung oder der Wissenschaft zunutze und man berief ihn zunächst in das Zentralamt für Ernährung und Landwirtschaft für die britische Besatzungszone, später wurde er Leiter der Tierzuchtabteilung im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Hannover und als besondere Ehrung wurde ihm der Titel Oberlandstallmeister zugesprochen. Er fand in der niedersächsischen Tierzucht und besonders in der Pferdezucht sehr bald Anerkennung und Vertrauen und er verstand es, bei voller Wahrung der Interessen der hannoverschen Pferdezucht, dem Ostpreußengestüt in Hunnesrück ein gutes und immer festeres Fundament zu geben.

 

So hat der Trakehner Verband drei Männer zu Ehrenmitgliedern gewählt, von deren Verdiensten um die Heimat Ostpreußen bis in die Gegenwart weithin wirkende und leuchtende Strahlen ausgehen.

 

 

Seite 11   Die Katlenburg im Ausbau. Siedlerschule staatlich anerkannt — Ab 1. Oktober 1956 auch ländliche Frauenschule

Foto: Gebäudekomplex der Siedlerschule Katlenburg/Harz

Der ehemalige Sommersitz der Fürsten von Grubenhagen, die nachmalige Staatsdomäne Katlenburg und jetzige Stätte der Bundessiedlerschule (am Zusammenfluss der Harzer Oker und der Rhume gelegen) erhält allmählich ein neues, freundliches Gesicht: Im „oberen Schloßhof" wird seit dem Sommer vorigen Jahres rüstig gebaut. Aus dem einstigen großen Domänenschweinehaus ist ein moderner Einraumstall für Rinder und Schweine entstanden, die für die Selbstversorgung der im Wohnheim der Schule untergebrachten Schüler Milch und Fleisch liefern. Gleichzeitig aber ist ein kleiner, aber beispielhafter Stall für bäuerliche Siedler entstanden, dessen zeitgemäße, technische Einrichtungen (Tieflaufstall, Selbsttränken, verschiedene Fressgitter und Kobenwände, Melkanlage, Milchkühlanlage, Silos, Heugreifer) Schülern und Lehrgangsteilnehmern manche Anregung vermitteln.

 

Der ehemalige königlich-hannoversche Pferdestall ist zu einer Hälfte eine geräumige Vielzweck-Anlernwerkstätte für Holz- und Eisenbearbeitung, nach dem Beispiel der ehemaligen Kolonialschule in Witzenhausen geworden; die andere Hälfte beherbergt nun die Werkräume der im Herbst dieses Jahres zu eröffnenden Ländlich-hauswirtschaftlichen Mädchen- und Frauenschule: die Lehrküche, die Lehrwaschküche, den Speiseraum, den Wäscheraum.

 

Durch einen kleinen Hof getrennt, schließt sich das künftige Mädchenwohnheim an, das wohl auch bis zum Hochsommer baulich fertiggestellt sein wird. Hier wird ein älterer, aber noch stabiler Fachwerkbau (ehem. Dreifamilienwohnhaus) in ein ansprechendes Wohnheim für 25 Mädchen, für die Heimleiterin und eine zweite Lehrerin, mit großem Tages- und Unterrichtsraum, mit einem Arbeitsraum und einem schönen Flur umgewandelt. Nicht zuletzt zieht auch das Alte Schloss, das „Haupthaus" der Restdomäne, ein neues Kleid an; auch sein alter Schlosssaal, aus Zweckmäßigkeitsgründen vor einem halben Jahrhundert reichlich verbaut und verschandelt, wird wiedererstehen und in anderer Form Festsaal der Schule werden.

 

Bundesjugendplanmittel und Mittel des Bundesernährungsministeriums aber auch eine beachtliche Spende des Tasci Kyrkokontoret Stockholm und deutscher Siedlungsgesellschaften haben diesen ebenso zweckmäßigen wie auch die verbauten und übertünchten Schönheiten der alten Räume wieder zum Vorschein bringenden Umbau finanziell gesichert. Ein besonderes Verdienst an den zum Teil sehr mühsamen Umbauten hat sich aber die Brethren - Service Commission Kassel erworben, die im Sommer des vorigen Jahres ein Aufbaulager mit 25 Studenten und Werktätigen - Jugend aus acht Ländern der westlichen Welt nach Katlenburg verlegte. Dieser freiwillige Werkdienst an einem übernationalen Gemeinschaftswerk hat nicht nur der Siedlerschule runde 4000 DM Ausschachtungs- und Abbruchkosten erspart, sondern den Lagerteilnehmern und der Gemeinschaft der Katlenburg ein bedeutsames Erlebnis vermittelt, das von Kansas bis Bergen und Athen heute noch wiederklingt. Wir danken dieser Jugend und der „Bruderkirche" Kassel herzlich für diese äußere und innere Hilfe.

 

An der Einrichtung der etwa 30 neugewonnenen und gestalteten Räume werden, so hoffen wir, sich auch die ostdeutschen Landsmannschaften durch eine Art Patenschaftshilfe beteiligen. Die Schule ist ja in erster Linie durch die führenden Kräfte des Bauernverbandes der Vertriebenen für ihre Jugend errichtet worden.

 

Die seit 3. Januar 1956 durch den Niedersächsischen Kultusminister anerkannte Siedlerschule (landwirtschaftliche Fach- und Ergänzungsschule für Siedlungsbewerber) führt jährlich einen 10-Monate-Lehrgang mit Unterbrechung während der Osterferien durch. Die Abschlussprüfung (Siedlerreifeprüfung) bescheinigt den Absolventen ihre Befähigung, einen Hof selbständig einzurichten und zu leiten. Sie erhalten gleichzeitig die Siedlereignungsbescheinigung von den Siedlerberatungsstellen.

 

Der nächste Lehrgang beginnt am 29. Oktober dieses Jahres. Ab 1. November laufen in den Räumen der künftigen Landfrauenschule Kurzlehrgänge und Freizeiten für Landfrauen. Im Februar 1957 wird der erste 10-Monate-Lehrgang für Mädchen beginnen. Den neuen Prospekten sind Aufnahmebedingungen, Lehrplan, sowie auch die Lehrgangs- und Heimkosten zu entnehmen. Sie können ab 15. Juli bei der Leitung der Siedlerschule Katlenburg/Harz, Kreis Northeim, angefordert werden. Heimatvertriebene können unter bestimmten Voraussetzungen Ausbildungsbeihilfen erhalten.

 

Seite 12   Pflanzenschutz vor neuen Aufgaben. Von Landwirtschaftsrat Dr. Gaede

Das Jahr 1955 zeigte wieder einmal sehr eindringlich, dass die Landwirtschaft — gegenüber der Industrie — eine Rechnung mit vielen Unbekannten ist. Zu diesen Unbekannten, die den Ernteertrag entscheidend bestimmen, gehört neben dem Witterungsverlauf und anderen nicht immer erkennbaren Einflüssen vor allem das alljährlich sehr wechselnde Auftreten der verschiedenen Krankheiten und Schädlinge. Auch der vergangene Sommer ist durch ungewöhnlich starken Unkrautwuchs und das Auftreten zahlreicher tierischer und pilzlicher Schmarotzer gekennzeichnet. Glücklicherweise kann jedoch von überdurchschnittlichen Schäden oder Totalverlusten nicht gesprochen werden.

 

Die Erfahrung zeigt aber, dass zu den bisher bekannten tierischen und pilzlichen Schädlingen fast jedes Jahr neue hinzutreten, die die landwirtschaftliche Erzeugung und damit die Ernährungsgrundlage bedrohen. Es sind Schädlinge, die plötzlich und unerwartet auftreten und ganze Kulturen zum Erliegen bringen können, wenn es nicht gelingt, alle Anbauer des befallenen Gebietes zu einheitlichen und straffen Bekämpfungsmaßnahmen zu gewinnen. Es sei nur an den gefährlichen Krautfäulepilz bei Kartoffel n und den Kartoffelkäfer, ferner an die Vergilbungskrankheit bei Rüben und die immer mehr von Osten nach Westen vordringende Rübenblattwanze erinnert.

 

Die Aufwendungen für Pflanzenschutzmaßnahmen sollten nicht — wie heute oft üblich als lästige Zugabe angesehen werden. Es sind vielmehr wichtige Produktionsfaktoren, die sinnvoll und organisch in den Betriebsablauf eingereiht werden müssen. Dabei sei betont, dass Pflanzenschutzmaßnahmen nicht immer Geld kosten müssen. Ebenso, dass die Unkrautbekämpfung mit chemischen Mitteln nicht als erster Weg, sondern als letzter Ausweg anzusehen ist. Die Grundlage für die Gesundheit und geringere Anfälligkeit unserer Kulturen bildet in jedem Falle die Schaffung günstiger Wachstumsbedingungen durch geeignete Standort- und Sortenwahl, sorgfältige Bodenbearbeitung, harmonische Düngung, guten Fruchtwechsel, richtige Saatzeit und saubere Bodenpflege mit Egge, Striegel oder Hacke. Auch der ausreichende Kalkgehalt im Boden und bestimmte Spurenelemente — vor allem Bor, Kupfer und Mangan — finden heute als indirekte Pflanzenschutzmaßnahmen eine viel größere Beachtung, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war.

 

Jedoch vermögen die heute vorhandenen rund 1000 Pflanzenschutzmittel die Übersicht ebenso wenig zu erleichtern wie die verwirrende Vielfalt ihrer Bezeichnungen. Der Bauer kann sich hier nur schwer oder gar nicht zurechtfinden, auch wenn die Einteilung der vielen Mittel in Wirkstoffgruppen das Erkennen erleichtert hat.

 

Die Zukunft stellt daher den Pflanzenschutz vor neue Aufgaben. Bei der ständigen Zunahme der Schädlinge und der verbreiteten Unkrautwüchsigkeit unserer Felder kommt es darauf an, bei allen Pflanzenschutzmaßnahmen auch den letzten Betrieb zu erfassen. Das ist nur möglich, wenn es gelingt, den praktischen Pflanzenschutz auf breiter Basis zu organisieren. Wirtschaftsberater, Ringleiter und der Pflanzenschutzdienst reichen nicht aus, die Aufklärung bis in den letzten Winkel vorwärts zu treiben und sie mit der notwendigen Initiative des Einzelnen zu koppeln. Die Gemeinschaftsarbeit muss mehr als bisher in den Vordergrund treten, um sachgemäß, rechtzeitig und wirtschaftlich wirken zu können. Der Einsatz von Pflanzenschutzberatern durch verschiedene Genossenschaften und die Bildung örtlicher Spritzgemeinschaften ist hierbei ein ausgezeichneter Weg und zeigt gute Erfolge. Für mittlere und größere Betriebe sind eine Gespannspritze und ein einfaches Stäubegerät unentbehrlich. Kleineren Betrieben, ist die gemeinschaftliche Anschaffung der erforderlichen Geräte anzuraten, da sie den einzelnen Betrieb infolge des kurzfristigen Gebrauchs zu stark belastet. Auch die Bekämpfung der Schädlinge und Krankheiten mit gemeindeeigenen oder genossenschaftlichen Geräten oder von geschulten Privatunternehmen in Lohnarbeit hat sich gut bewahrt, besonders in Gebieten mit starker Besitzzersplitterung. Dass darüber hinaus Wort, Bild, Film und vor allem Beispielsversuche von berufener Seite in den Dienst dieser vordringlichen Aufgabe zu stellen sind, sei nur am Rande erwähnt.

 

Die prophetischen Worte „Wir ernten nur noch, was die Schädlinge uns übrig lassen“ brauchen nicht zur harten Wirklichkeit werden, wenn alle beteiligten Kreise die gemeinsame Gefahr erkennen und bereit sind, sie mit den uns heute zur Verfügung stehenden zahlreichen Mitteln und Möglichkeiten zu bannen.

 

Seite 12   Zum „Grünen Plan" für ostvertriebene Bauern. Von Nebenerwerbssiedler Paul Tischel, Sprakensehl

Mit dankbarer Genugtuung haben wir vertriebenen Ostbauern von den ernsten Bemühungen unserer landsmannschaftlichen Führung — insbesondere des Agrarpolitischen Ausschusses — Kenntnis genommen, unseren Leidensweg und unsere Sorgen zu mildern. Der Bericht über die letzte Sitzung des Ausschusses in der „Georgine" hat unsere ehemaligen (noch siedlungswilligen) Bauern einen kleinen „Silberstreifen am Horizont" erblicken lassen. Der Bericht in der Folge 19 vom 12. Mai 1956 der „Georgine" über die Vereinfachung der Siedlungsverfahren in Nordrhein-Westfalen zeigt uns deutlich, wie segensreich und praktisch eine Landesregierung an die Rettung der Reste der ostdeutschen Bauernsubstanz herangeht. Dass gerade ein Industrieland wie Nordrhein-Westfalen die Ostbauernfrage so praktisch und ernsthaft anpackt, wird von unseren Landsleuten besonders herzlich begrüßt. Dieses Land hat mit seinen Städten nicht nur wirksame Patenschaften für eine Anzahl ostdeutscher Städte und Landkreise übernommen, es hat auch vielen tausend vertriebenen Familien eine neue Heimat, Brot und Arbeit gegeben. Die Neider behaupten zwar, es sei auch das reichste der deutschen Länder — aber ihnen sei gesagt, dass Reichtum verpflichtet — und wenn der Reiche danach handelt, dann hat er immer den Segen und die Treue der Armen. Der Schritt zur Vereinfachung des Siedlungsverfahrens hat aber nichts mit dem Reichtum, sondern nur mit dem Willen zur Verwaltungsvereinfachung — also der Frage der einfachsten und praktischsten Organisation — etwas zu tun. Manch ein Siedlungswilliger hat nämlich schon vor der Flut der Fragebogen und den zahlreichen Wegen zu den Behörden kapituliert. Dieses schon so dicht bevölkerte Land weiß auch, dass der ärmste seiner Bürger nun einmal der bäuerliche Siedler ist, und so geht es unerschrocken an die Regelung der „tragbaren Belastung" heran. Es setzt den Kapital-Abtragsdienst auf 20 Prozent und zinsfrei fest! Dieses ist eine mutige und — hoffentlich bahnbrechende Tat. Es ist der erste Akt eines „Grünen Planes", der nicht etwa zum „Grünen Plan" der vertriebenen Ostbauern gehört, von dem seit geraumer Zeit auch ab und zu einmal geredet wird.

 

Wer nun die Pressemeldungen über die „erfolgreiche Sesshaftmachung der vertriebenen Bauern" verfolgt hat, wird wissen, dass bereits 64 000 (?) Ost-Westbauern angesiedelt sind. Die Bedingungen, unter denen diese Siedler starten mussten, sind sehr unterschiedlich. Die inzwischen wieder gestrandeten wird die Statistik wahrscheinlich mitgezählt haben. Die Bedingungen, unter denen die „neuen Bauern" — darunter viele tausend Nebenerwerbssiedler, nur mit einem armseligen Morgen Land, oder nur wenigen Morgen Pachtland — dahinvegetieren, gehen aus der Statistik nicht hervor. Ich behaupte, dass bei mindestens 80 bis 90 Prozent der Siedler das alte Bauernsprichwort zutrifft: „Stolz lässt nicht frieren“. Das heißt, keiner dieser Menschen lässt es sich anmerken, wie sehr sie die Last der Schulden drückt. Der Flüchtlingssiedler ist zu 90 Prozent der Leibeigene seines bäuerlichen Ehrgeizes. Sein entschlossener — und oft verzweifelter — Wille zum Durchhalten verdammt ihn und seine Familie zu einem „Tag- und Nachtarbeiter". Bei fast allen Nebenerwerbssiedlern wird die Sonn- und Feiertagsarbeit zur Selbstverständlichkeit und einer bereits zur Gewohnheit gewordenen Übertretung des dritten Gebots. Vor wenigen Jahren erregte die Sonntagsarbeit der Flüchtlingssiedler noch Anstoß bei den festlich gestimmten Mitbürgern, heute weiß der Polizist und der Pastor: der „Kerl", der da am frühen Sonntagmorgen mit der „Parfümfuhre" durchs Dorf fährt, ist der ärmste Teufel der Gemeinde — und mit dem gemischten Gefühl von Mitleid und gefesseltem Zorn blicken beide Gesetzeswächter nach der anderen Seite der sonntäglichen Dorfgasse. Ich will es mir ersparen, an dieser Stelle eine Abhandlung über den Alltag des Nebenerwerbssiedlers zu schreiben — der Stoff reicht für ein Buch. Nur so viel möchte ich noch sagen: Der kleine Flüchtlingssiedler mit seinen verstreut liegenden winzigen Feldern besitzt außer seinen Ziegen und sonstigem Kleinvieh und einem Handwagen keinerlei totes Inventar und kein Angespann; er muss sich jedes Fuhrwerk und jedes Ackergerät von einem ihm wohlgesinnten Bauern ausleihen. Dafür muss er zu jeder Zeit, wenn er am Hofe seines Gönners gebraucht wird, miteinspringen. Wenn seine Urlaubstage für dieses abarbeiten nicht ausreichen, muss er sich „Fehltage" bei seinem Chef erbitten, bei dem er als ständiger Arbeitnehmer tätig ist. Nun sind wir alten preußischen Bauern ja Kummer gewöhnt, das heißt, wir müssen mit unserer Last fertig werden. Dass wir es nach Möglichkeit vermeiden, uns für jede Feldarbeit das geeignete Gerät zu erbetteln, wird auch jeder Laie begreifen.— Wenn auch in der Brust kein Funke jenes sprichwörtlichen Bauernstolzes mehr steckt, so steckt aber das „zungenlähmende Etwas" in den Stimmbändern — und das zwingt uns zu schweigen und vieles mit Frau und Kindern am Feierabend oder Sonntag auf dem Felde mit der Handarbeit zu erledigen, was der „normale" Bauer schon zu Urgroßvaterszeiten mit einem Ackergerät verrichtete. — Wer will uns das verübeln? — Wer das will, der soll es unterlassen, bäuerlichen Behauptungswillen und preußischen Pioniergeist zu erhalten. Die Siedlerkinder bekommen leider dabei die ersten Giftbazillen der oft „beweinten" Landflucht verpasst und werden für einen landfremden Beruf „gefestigt".

 

Bei sorgfältigem Betrachten der bäuerlichen Siedlungsstatistik muss man feststellen, dass mehr als zwei Drittel der 64 000 Flüchtlingssiedler auf Nebenerwerbssiedlungen angesetzt sind. Der Charakter dieser Siedlungen ist sehr unterschiedlich. Es ist leider aus den Presseberichten nicht ersichtlich, dass diese Siedlungen überwiegend mehr Wohn- als Landwirtschaftssiedlungen sind. Im Hauptberuf sind die Siedler zu etwa 70 Prozent in der Industrie und im Gewerbe beschäftigt. Wo dieses zutrifft, wird das Lohnniveau manche Sorge ausschalten. Ich habe mir sagen lassen, dass man in den Kreisen dieser industriellen oder gewerblichen Nebenerwerbssiedler gar nicht auf eine Landzulage „erpicht" ist; ja, dass gut verdienende Siedler „noch mehr Land" als unnötige Belastung empfinden würden. Ich habe dafür vollstes Verständnis. Denn Acker in Fremdbearbeitung bestellen lassen, ist wirklich kostspieliger „Sport". Hier fängt die Landwirtschaft an zum „Hobby" zu werden. Es wird aber immer noch genug Siedler geben, die trotz ihrer hauptberuflichen Tätigkeit in der Industrie bestrebt bleiben, sich bäuerlich zu erweitern, soweit die Landbeschaffung solches zulässt. Eine zielbewusste deutsche Siedlungspolitik sollte eine solche Entwicklung ohne zu weitgehende Anwendung des Rechenstiftes fördern. — Wir, die Leidtragenden der gegenwärtigen uneinheitlichen Bauernsiedlungspolitik Westdeutschlands haben das Gefühl, dass man an mancher verantwortlichen Stelle nicht begreifen will, dass die Bauernsiedlung im Deutschland von heute nicht nach den Grundsätzen und Methoden von gestern durchgeführt werden kann. Im alten Deutschen Reich galt es, den vorhandenen deutschen Boden aufzufangen und zweckmäßig zu verteilen — heute gilt es, die vom Bolschewismus entwurzelten bäuerlichen Menschen aufzufangen und ihre mit in die Wiege gelegte Liebe zur Ackerkrume zu erhalten — statt in Asphalt erstarren zu lassen. Die Verbindung des Fabrikarbeiters mit der Ackerkrume ist eine Lösung, die aus der deutschen Not geboren ist. Sie kann — heute noch ein Strohhalm — morgen das dicke Tau der Rettung werden, wenn am Ende dieses Taues, ein wuchtiger Anker und kein jämmerlicher Rechenstift angebunden ist. Der Nebenerwerbssiedler muss als bäuerlicher Siedler behandelt werden. Die Wohnungsmiete seiner Einliegerwohnung darf ihm nicht von jedem Rechenkünstler als Sondereinnahme vorgezählt werden. Die Einnahmen eines Bauern müssen zur Erhaltung und Mehrung der Substanz Verwendung finden. Wenn nun unsere gewählten Volksvertreter sich mit einem „Grünen Plan" für die vertriebenen Bauern befassen, dann haben wir die Bitte, den nachfolgenden fünf Punkten Beachtung zu schenken:

 

1.     Umschuldung. Es ist eine fast untragbare Belastung, dass ein Nebenerwerbssiedler 4 bis 10 Prozent Kapitalabtrag (ausschließlich Zinsen) aufbringen muss. 600 bis 988 DM im Jahr sind für einen Land- oder Waldarbeiter mit einem Stundenlohn von 1,41 DM untragbar. Dabei sind die Zeiten von Arbeitslosigkeit, Krankheitsfälle usw. vorsorglich mit einzukalkulieren.

 

Herunter mit der Tilgungslast auf 2 Prozent! — Es ist nicht entscheidend, dass die Siedlung in einer Generation bezahlt wird. Entscheidend ist, dass eine bäuerliche Familie erhalten bleibt — und nicht auch die Kinder davonlaufen.

 

 2. Aufstockung der Nebenerwerbs Siedlungen — in Etappen — bis zur Vollbauernstelle (Landzulagen).

 

3. Technische Ausrüstung der Betriebe mit Einachsschleppern, Wagen und notwendigsten Ackergeräten durch Zusatzkredite.

 

4. Eine besondere Siedlerberatung — aufgebaut auf den Erfahrungen der Siedlerberatungsstellen bei den früheren Landwirtschaftsschulen in Ostpreußen.

 

5. Beschleunigte Herabsetzung der Schuldenlast durch die festzustellende Entschädigung des verlorenen Besitzet und entsprechende Bevorschussung.

 

Es darf jetzt, keine weitere Zelt mehr verloren gehen zur Rettung der Reste wertvollen ostdeutschen Bauerntums.

 

Seite 13   Landsleute, die jetzt aus Ostpreußen kamen

Außer den in den letzten Folgen bereits gemeldeten Ostpreußen sind im Laufe des April 1956 noch folgende Landsleute als einzelreisende Heimkehrer oder Ausgesiedelte im Grenzdurchgangslager Friedland eingetroffen (der Wohnort von 1939 ist in Klammern angegeben):

 

Heimkehrer

1. Franz Demczenko, geboren am 15.02.1902 (Sonnenmoor, Kreis Ebenrode), kommt aus der Sowjetunion, über Bautzen;

 

2. Kurt Farchmin, geboren am 09.01.1923 in Königsberg (Königsberg), kommt aus der Sowjetunion, über Bautzen;

 

3. Hildegard Frost, geb. Grunwald, geboren am 24.10.1912 in Königsberg (Königsberg), kommt aus der Sowjetunion;

 

4. Heinrich Gehrmann, geboren am 15.06.1916 in Pr. -Holland (Pr.-Holland), kommt aus StV. Torgau;

 

5. Helene Hollack, geb. Haarbrücker, geboren am 13.04.1894 in Karklinen/Darkehmen (Königsberg), kommt aus der Sowjetunion,

 

6. Georg Lieberum, geboren am 12.12.1927 in Ebenrode (Königsberg), kommt aus StV. Bautzen;

 

7. Maria Masseit, geb. Gretsch, geboren am 04.03.1904 in Königsberg (Königsberg), kommt aus der Sowjetunion;

 

8. Erna Schröder, geboren am 11.06.1922 in Neuhoff/Königsberg (Maraunenhof/Königsberg), kommt aus der Sowjetunion;

 

9. Franz Windisch, geboren am 15.02.1913 in Liebemühl/Osterode (Liebemühl/ Osterode), kommt aus der Sowjetunion über StV. Bautzen;

 

10. Paul Gollub, geboren am 07.08.1920 in Almen/Ebenrode (Almen/Ebenrode), kommt aus der Sowjetunion über StV. Bautzen.

 

Ausgesiedelte

1. Maria Heppner, geboren am 03.08.1881 in Bischofsburg (Bischofsburg), kommt aus Bischofsburg;

 

2. Anna Lemke, geb. Kretschmann, geboren am 21.07.1916 in Raschong, Kreis Rößel (Bischofsburg), kommt aus Raschong;

 

3. Otto Lilischkies, geboren am 08.01.1895 in Memel (Memel), kommt aus Memel;

 

4. Lina Lilischkies, geb. Holz, geboren am 20.05.1901 in Memel (Memel), kommt aus Memel;

 

5. Ernst Lilischkies, geboren am 16.03.1934 in Memel (Memel), kommt aus Memel;

 

6. Luise Wessollek, geb. Hinzer, geboren am 11.12.1878 in Sornau/ Sensburg (Sonntag/Sensburg), kommt aus Sonntag/ Sensburg.

 

Weiter sind im April im Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen noch die folgenden aus Ostpreußen ausgesiedelten Landsleute eingetroffen:

 

Frida Kleinschmidt, geboren am 06.05.1923, aus Friedrichsheide (Friedrichsheide). —

 

Emil Koppetsch, geboren am 28.11.1897, aus Warendorf bei Nikolaiken, (Warendorf). —

 

Maria Zink, geb. Biermann, geboren am 30.04.1905, Boesau, Kreis Rößel.

 

Im Monat Mai1956 sind im Grenzdurchgangslager Friedland die nachstehenden Einzelreisenden eingetroffen:

Heimkehrer

 

1. Günter Braxeim, 05.07.1925 in Königsberg (Königsberg), kommt aus der UdSSR. —

 

2. Hesse Inge, 10.10.1930 in Insterburg (Insterburg), kommt aus Polen. —

 

3. Christel Kuliga, 16.02.1932 in Dünen, Kreis Johannisburg (Dünen), kommt aus dem Kreis Lyck. —

 

4. Martha Luschkat, geb. Mündt, 04.06.1905 in Weißenbruch (Gründam, Kreis Elchniederung), kommt aus Polen. —

 

5. Bruno Mattulat, 30.03.1920 in Hamburg (Thomasfelde, Kreis Goldap), kommt aus der UdSSR. —

 

6. Martha Pridat, 16.05.1921 in Falzerwalde (Falzerwalde, Kreis Gumbinnen), kommt aus der UdSSR. —

 

7. Marga Radzuweit, geb. Sisnowski, 17.04.1922 in Osterode (Struben, Kreis Neidenburg), kommt aus der UdSSR. —

 

8. Dr. Hermann Schmidt, 19.04.1899 in Königsberg (Königsberg), kommt aus der UdSSR. —

 

9. Rosa Stayle, 15.04.1921 in Wittlingen, Württemberg (Waldburg, Kreis Gerdauen). —

 

10. Frieda Trosien, 22.01.1914 in Rockeln, Kreis Bartenstein (Löwenhagen), kommt aus der UdSSR.

 

Aussiedler

11. Heinrich Becker, 10.11.1919 in Kuwertshof (Kuwertshof, Kreis Heydekrug), kommt aus Heydekrug. —

 

12. Helene Becker, geb. Dickscheidt, 18.12.1919 in Bismarck, Kreis Heydekrug (Bismarck), kommt aus Heydekrug —

 

13. Renate Becker, 15.05.1953 in Heydekrug, kommt aus Heydekrug. —

 

14. Ernst Krieg, 29.01.1887 in Memel (Wiesenheide, Kreis Heydekrug), kommt aus Heydekrug. —

 

15. Elise Lange, geb. Kraukowski, 12.05.1878 in Grüneberg (Kl.-Kutta, Kreis Angerburg), kommt aus Schwenten. Ostpreußen. —

 

16. Marta Lindenau, geb. Willumeit, 10. 10.1892 in Bismarck, Kreis Heydekrug (Pogegen, Kreis Tilsit-Ragnit), kommt aus Pogegen. —

 

17. Auguste Rayzik, geb. Piontek, 07.04.1878 in Lindenort (Glauch, Kreis Ortelsburg), kommt aus Glauch. —

 

18. Julie Sparka, geb. Christochowitz, 18.10.1876 in Brödau, Kreis Johannisburg (Wächtershausen, Kreis Johannisburg), kommt aus Gehlenburg, Kreis Johannisburg. —

 

19. Ottilie Steckel, 04.06.1900 in Kernsdorf, Kreis Osterode (Osterode), kommt aus Osterode. —

 

20. Emil Koppetsch, 28.11.1897 in Selbongen, Kreis Sensburg (Wahrendorf, Kreis Sensburg), kommt aus Wahrendorf. —

 

21. Klaus Puf, 01.07.1940 in Allenstein, kommt aus Hindenburg/OS.

 

Mit dem 21. Aussiedlertransport vom 31. Mai 1956 traf ferner ein

Emil Lascheit, 11.05.1899 in Wilhelmswerder (Haffwerder, Kreis Labiau), er kommt aus Polen.

 

Seite 13   Aus den ostpreußischen Heimatkreisen …

Treffen der samländisch-natangischen Kreise in Frankfurt a. M.

Am 10. Juni 1956 veranstalten die Kreisgemeinschaften Königsberg-Land, Fischhausen, Labiau und Pr.-Eylau ein gemeinschaftliches Treffen im Ratskeller zu Frankfurt am Main. Zu diesem Treffen werden alle Landsleute, die jetzt im Raum Frankfurt am Main wohnen, nochmals herzlich eingeladen. Der Ratskeller wird ab 9.30 Uhr geöffnet sein; um 12.30 Uhr findet eine Heimatgedenkstunde statt. Ab 15 Uhr Unterhaltungs- und Tanzmusik.

Die Kreisvertreter: Teichert, Lukas, Gernhöfer, von Elern

 

Angerburg. Haupt-Kreistreffen in Rotenburg (Hann.)

Für die Busfahrt von Hamburg nach Rotenburg (siehe Notiz in Folge 20 des Ostpreußenblattes vom 19. Mai) am Sonntag, dem 24. Juni, 7 Uhr, ab Hauptbahnhof, sind noch Plätze frei. Landsmann Siegmar Naujoks, (24a) Hamburg 33, Kol. Gummi, Brombeerweg 141, bittet gegebenenfalls um umgehende Anmeldung. Die Busfahrt ist eine Gelegenheit, billig zu unserem Kreistreffen zu gelangen.

 

Sonnabend, den 23. Juni, 15 Uhr, findet im großen Saale des Kreishauses die erste öffentliche Sitzung des neugewonnen Kreistages statt, um 20 Uhr im Saale des Rotenburger Hofes Farblichtbildervortrag unseres Landsmannes Walter von Sanden und manches andere mehr. Sonntag, den 24. Juni, 10 Uhr, hält Pastor Ehlert aus Angerburg den evangelischen Gottesdienst in der Stadtkirche, ab 14 Uhr Feierstunde im Saale des Rotenburger Hofes. Sie wird nach dem Saal des Lüneburger Hofes übertragen. Ab 18 Uhr Tanz im Lüneburger Hof.

 

Etwaige Quartiere bitte ich nunmehr sofort bei Landsmann Franz Jordan, (23) Rotenburg (Hann.), Immelmannstraße 9, verbindlich zu bestellen.

 

Die Stadt Rotenburg beabsichtigt, am Bullensee in der Nähe der Stadt einen Campingplatz einzurichten. Der Bullensee ist Hauptausflugsziel der Bremer, natürlich auch der Rotenburger Bevölkerung. Es könnte dort jemand eine Existenzgrundlage finden, vor allem wenn er Rentenbezieher ist. Erwünscht wäre in diesem Falle besonders ein Angerburger, der eine Existenz verloren hat und mit einem Existenzaufbaudarlehen hier eine neue Grundlage finden könnte. Es wird ein Kapital von 20 000 bis 25 000 DM in Betracht kommen. Eine Wohnung wird im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues erstellt. Interessenten wollen sich umgehend um diese Stelle bei Oberkreisdirektor Janssen, (23) Rotenburg (Hann.), Kreishaus, bewerben.

Hans Priddat, Kreisvertreter (16) Bad Homburg v. d. Höhe, Seifgrundstr. 15

 

Treuburg. Wahl der Bezirksvertrauensmänner

Auf unsere Bekanntmachungen im Ostpreußenblatt, Folge 16 vom 21. April, sind gültige Gegenvorschläge nicht eingegangen. Als Kandidaten gelten daher die im Aufruf namhaft gemachten Landsleute.

 

Wir fordern nunmehr alle Treuburger, die wahlberechtigt sind, d. h. die sich zur Heimatortskartei gemeldet haben, auf, ihre Stimme mittels Postkarte bis zum 20. Juni 1956 an die Geschäftsstelle der Kreisgemeinschaft Treuburg in der Landsmannschaft Ostpreußen, (24a) Lübeck, Gustav-Falke-Str. Nr. 4, gemäß § 7 der Wahlordnung abzugeben.

gez. Bruno Bednarczyk, Hildegard Czygan, Karl Grunau als Wahlausschuss

 

Johannisburg. Haupttreffen in Hamburg am 1. Juli 1956

Unser Hauptkreistreffen wird nach Vereinbarung mit unserem Patenkreis, Land Flensburg, wiederum am 1. Juli in Hamburg in der Elbschloßbrauerei (nicht wie bisher im Lokal Elbschlucht, in dem keine Treffen mehr stattfinden) durchgeführt werden. Gemäß den Satzungen hat eine offizielle Einladung zu einer ordentlichen Mitgliederversammlung vierzehn Tage vorher mit dem festgesetzten Programm zu erfolgen. Vorsorglich lade ich bereits heute alle Kreisinsassen zu dieser Mitgliederversammlung zum 1. Juli nach Hamburg ein. Am 20. Juni wird eine Kreisausschusssitzung stattfinden, zu der an die Kreisausschussmitglieder schriftliche Aufforderungen ergehen, während für die Mitgliederversammlung eine Veröffentlichung im Ostpreußenblatt erfolgt.

 

Ich bitte, sich schon jetzt zu gemeinsamen Omnibus- und Bahnfahrten zusammenzutun, und bitte insbesondere, dass sich Landsleute mit Nachdruck der Organisation dieser Gemeinschaftsfahrten annehmen. Die Fahrtgelegenheiten werde ich gerne bekanntgeben. Für weitere Vorschläge bin ich dankbar.

 

Etwa achtzig Landsleute aus unserem Kreise fanden sich zum Stuttgarter Treffen des Regierungsbezirkes Allenstein ein. Das Zusammensein zeigte wiederum den engen Zusammenhalt unserer Landsleute. Sie äußerten den Wunsch, mehr Verbindung halten zu können, und bedauerten es, dass so wenige Kreisinsassen im süddeutschen Raume wohnen. Ein Besuch anderer Kreistreffen sei ihnen infolge der großen Entfernung und der mit der Anreise verbundenen Kosten verwehrt.

F. W. Kautz, Kreisvertreter, Altwarmbüchen bei Hannover

 

Lyck. 21./22. Juni 1956: Jahrestreffen in der Patenstadt Hagen

Infolge verschiedener Erkrankungen der Mitglieder des Wahlausschusses in München konnte die Wahl zum Kreistag bisher nicht durchgeführt werden. Die Wahlscheine sind ausgegeben, die Ortsvertreter werden gebeten, sie möglichst vor dem 20. Juni ausgefüllt zurückzuschicken.

 

Die Ortsvertreter, deren Anschriften sich geändert haben, werden gebeten, die neue Anschrift umgehend zu melden. Wir haben eine Reihe von Wahlbriefen zurückbekommen, die mithin nicht zustellbar sind.

 

Da die Namen der Ortsvertreter mit voller Anschrift im nächsten „Hagen-Lycker Brief" (Nr. 8) veröffentlicht werden sollten, hat sich der Versand verzögert. Der Brief wird vor dem 15. Juni hinausgehen, wenn bis dahin alle Anschriften gefunden sind. Meldungen von Geburtstagen bis 1. November von unseren Alten können noch entgegengenommen werden, wenn sie sofort aufgegeben werden. Das Jahrestreffen der Kreisgemeinschaft Lyck findet am 21./22. Juli in Hagen statt. Am Samstag ist ein Heimatabend, Sonntag die Großkundgebung und Treffen der einzelnen Wirtschaftsgruppen. Der Kreistag wird zum 21. Juli einberufen werden.

 

Erholungsbedürftige Kinder von Lyckern (amtsärztliches Zeugnis wird verlangt werden) bitte möglichst bald melden, damit eine etwa dreiwöchige Erholungszeit im Kinderheim in Hagen gesichert wird. (8. Lycker Brief beachten!)

 

Wer schreibt einen Bericht über die Lage der Landwirtschaft im Kreise für die Broschüre über den Kreis Lyck? Bitte umgehende Meldungen. Schöne Landschaftsbilder für die Broschüre könnten auch noch Verwendung finden. Rückgabe des Originals ist möglich.

 

Gruppenfahrten zum Jahrestreffen am 22. Juli können nur von den örtlichen Zusammenschlüssen organisiert werden. Meldungen, bitte dorthin. Urlaub rechtzeitig beantragen!

Otto Skibowski, Kreisvertreter Kirchhain, Bez. Kassel

 

Seite 13   Aus der landsmannschaftlichen Arbeit in …

BERLIN

Vorsitzender der Landesgruppe Berlin: Dr. Matthee, Berlin-Charlottenburg, Kaiserdamm 83, „Haus der ostdeutschen Heimat".

 

9. Juni, 18 Uhr, Heimatkreis Lötzen, Kreistreffen (Sommerfest), Vereinshaus Heumann, Berlin N 65, Nordufer 15, S-Bahn Putlitzstraße. Bus A 16.

 

9. Juni, 19.30 Uhr, Heimatkreis Königsberg, Bezirk Schöneberg, Bezirkstreffen, Lokal: „Zur Sonne", Berlin-Schöneberg, Kolonnenstraße 51.

 

10. Juni, 15 Uhr, Heimatkreis Neidenburg-Soldau, Kreistreffen in Anwesenheit vom Kreisvertreter, Landsmann Bürgermeister a. D. Wagner aus der Bundesrepublik, Lokal- Ideal-Klause, Berlin-Neukölln, Mareschstraße 14, S-Bahn Sonnenallee, Bus A 4.

 

10. Juni, 16 Uhr, Heimatkreis Memel, Heydekrug, Pogegen, Kreistreffen: Lokal: Parkrestaurant Südende, Steglitzer Straße 14/16, S-Bahn Südende.

 

10. Juni, 16 Uhr, Heimatkreis Rastenburg, Kreistreffen, Lokal: Schultheiß am Lietzensee, Berlin-Charlottenburg. Kaiserdamm 109. S-Bahn Witzleben.

 

10. Juni, 16 Uhr, Heimatkreis Johannisburg, Kreistreffen, Lokal: Nogatklause, Berlin-Neukölln, Nogatstraße 50.

 

10. Juni, 9.30 Uhr, Heimatkreis Mohrungen, Kreistreffen, Ausflug ins Grüne, Treffpunkt: S-Bahnhof Schlachtensee, Hauptbahnhof.

 

16. Juni, 16 Uhr, Heimatkreis Bartenstein, Kreistreffen, Lokal: Vereinshaus Heumann, Berlin N 65, Nordufer 15, S-Bahn Putlitzstraße. Bus A 16.

 

16. Juni, 20 Uhr, Heimatkreis Königsberg, Bezirk Kreuzberg, Bezirkstreffen, Lokal: Konditorei Bolt, Berlin SW 61, Yorckstraße 80/81.

 

17. Juni, 16 Uhr, Heimatkreis Angerburg, Großtreffen aller Angerburger von Berlin und der sowj. bes. Zone. Lokal: Hansa-Restaurant, Berlin NW 87, Alt-Moabit 47/48. Straßenbahn 2, 3, 23, 25, 35 und 44.

 

21. Juni, 19.30 Uhr, Heimatkreis Königsberg, Bezirk Wilmersdorf, Bezirkstreffen, Lokal: Wolter, Berlin-Wilmersdorf, Rüdesheimer Platz 7.

 

24. Juni, 15 Uhr, Heimatkreis Allenstein, Kreistreffen, Lokal: Hansa-Restaurant, Berlin NW 87, Alt-Moabit 47 48, Straßenbahn 2, 3, 23, 25. 35 und 44.

 

15 Uhr, Heimatkreis Samland/Labiau. Kreistreffen, Lokal: Schultheiß, Berlin-Charlottenburg, Kaiserdamm 109, am Lietzensee, S-Bahn Witzleben.

 

15 Uhr, Heimatkreis Goldap, Kreistreffen, Lokal: Vereinshaus Heumann, Berlin N 65, Nordufer 15, S-Bahn Putlitzstraße, Bus A 16.

 

14 Uhr, Heimatkreis Rastenburg, Kreistreffen, Sommerfest mit Kinderbelustigungen, Lokal: Gaststätte Lindenhof in Schulzendorf bei Heiligensee, S-Bahn Heiligensee, Bus A 14.

 

17 Uhr, Heimatkreis Mohrungen, Kreistreffen, Lokal: Pilsner Urquell, Berlin-Wilmersdorf, Straßenbahn 44, 74, 77, Bus A 16.

 

16 Uhr, Ostpreußen-Gottesdienst in der Kirche zu Schlachtensee, Matterhornstraße.

 

BAYERN

Vorsitzender der Landesgruppe Bayern e.V.: Rechtsanwalt Heinz Thieler, München; Geschäftsstelle: München 8, Breisacher Str. 7, Telefon 44 84 32; Postscheckkonto Nr. 213 96, PSA München.

 

Passau. Die südlichste Gruppe im Landesverband Bayern und im Gesamtverband ist die Ortsgruppe Passau. Die Zahl ihrer Mitglieder ist nur klein, wie überhaupt nur wenig Ostpreußen in dieser Gegend Deutschlands zu finden sind. Regelmäßig an jedem ersten Sonnabend eines Monats kommen die meisten Mitglieder zusammen. Die Leitung der Ortsgruppe liegt seit Jahren in den bewährten Händen von Landsmann Herbert Patschke, 1. Vorsitzender, Kurt Borchert, 2. Vorsitzender, Franz Kannapinnat, Kassenwart, und Arthur Schadwinkel, Schriftführer. — Ein gemeinsamer Ausflug in den Bayerischen Wald wird vorbereitet.

 

Landau. Am 27. Mai fand die Hauptversammlung der Kreisgruppe statt. Die Vorstandswahl zeigte folgendes Ergebnis: 1. Vorsitzender Theodor Hinz, 2. Vorsitzender Hermann Klinger, Kassierer Eva Gonschorowski, Schriftführer Margarete Hinz, Kulturwart Charlotte Klinger, Jugendreferenten Lieselotte Hinz und Heinz Lullies. In seinem Hauptreferat sprach der Vorsitzende über die politischen und wirtschaftlichen Zustände, unter denen unsere in der Heimat zurückgebliebenen Landsleute leben müssen.

 

Memmingen. Als letzte Zusammenkunft vor den großen Sommerferien wird am Sonnabend, 2. Juni, in der Weizenbierbrauerei die Feier des sechsjährigen Bestehens der Gruppe mit Ehrung von verdienten Mitgliedern stattfinden. Hierzu sind auch alle ostpreußischen Landsleute aus dem ??? (unlesbar) herzlichst willkommen. Vor allem werden die Ostpreußen aus Erkheim, Lautrach und Legau erwartet. — Die Maiversammlung war mit einem geselligen Beisammensein verbunden.

 

Ebersberg. Am 10. Juni wird die Kreisgruppe einen Ausflug an den Kochel- und Walchensee unternehmen. — Der Landeskulturreferent Dr. Walter Schlusnus begründete auf einem Heimatabend in einem von Lichtbildern begleiteten Vortrag den unabdingbaren Anspruch auf Ostpreußen.

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg: Hans Krzywinski, Stuttgart-W, Hasenbergstraße 43.

 

Lager der DJO am Montigler See

Im Lager der Deutschen Jugend des Ostens am Montigler See in der Zeit vom Juli bis Ende August wird die Möglichkeit der Teilnahme auch Nichtangehörigen der DJO geboten werden. Ältere Landsleute können in einem festen Haus („Haus der Etsch") ebenfalls zu äußerst billigen Bedingungen wohnen.

 

Fahrt zum Gardasee und nach Venedig

Die Landesspielschar (Leiterin Esther Behrendt, Stuttgart - Weil im Dorf, Dachsweg 23) der ost- und westpreußischen Jugend wird unter der Leitung von Alfred Rieß vom 17. bis 23. August eine Sonderfahrt unternehmen, zu der alle ost- und  westpreußischen Jungen aus dem Lande Baden-Württemberg herzlich eingeladen werden. Diese Fahrt läuft unter dem Leitgedanken „Preußenfahrt". Kosten für Fahrt. Verpflegung, Unterkunft einschließlich je einer Fahrt zum Gardasee und zu den Dolomiten, ab Stuttgart betragen für zwölf Tage 118 DM; Zusteigemöglichkeiten sind unterwegs gegeben. Gegen einen Aufpreis von etwa 25 bis 30 DM besteht die Möglichkeit, nach Venedig zu fahren.

Alfred Rieß, Stuttgart - Bad Cannstatt, Martin-Luther-Str. 80

 

Friedrichshafen. Landsmann Kizinna gab auf der Maiversammlung den Zusammenschluss aller örtlichen Heimatverbände der Vertriebenen bekannt, in der Kulturarbeit werde jedoch jede Vereinigung selbstständig bleiben. Ein wöchentlicher Sprechtag wurde festgelegt und der Termin des Sommerausfluges bestimmt. Frau Nagel erfreute die Landsleute durch die künstlerische Wiedergabe einiger Musikstücke.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen: Erich Grimoni, (22a) Düsseldorf 10, Am Schein 14, Telefon 6 24  14

 

Viersen.  Auf dem Heimatabend am Sonnabend, 9. Juni, in der Gaststätte Kamps, Große Bruchstraße, wird der Kulturwart über „Sinn und Pflege des Heimatgedankens" sprechen. Anschließend werden Angelegenheiten der landsmannschaftlichen Arbeit erörtert werden.

 

Essen. Ein frohes Wiedersehen gab es beim Heimatabend mit Ruth Luise Schimkat, die Dichtungen von Hermann Sudermann vortrug, im Steeler Stadtgarten. Der stellvertretende Kreisvorsitzende Strebe äußerte seine besondere Freude über die Anwesenheit der zahlreichen Jugendlichen.

 

Essen-Werden und Heidhausen. Die nächste Versammlung der Bezirksgruppe wird am Freitag, dem 15. Juni, 20 Uhr, in der Gaststätte Strötgen, Velberter Straße, stattfinden.

 

Essen-West. Die Monatsversammlung der Bezirksgruppe wird am 9. Juni im Lokal Dechenschenke, Dechenstraße, 20 Uhr, stattfinden.

 

Gevelsberg. In Ergänzung der in Folge 19 veröffentlichten Meldung über die Gründung einer Bezirksgruppe macht die hiesige Gruppe der Landsmannschaft Ostpreußen darauf aufmerksam, dass es sich um eine Gründung der Landsmannschaft Danzig-Westpreußen handelte. — Die Heimatabende der Landsmannschaft Ostpreußen finden an vorher zu bestimmenden Tagen jeweils im Trefflokal Hotel „Zur Post" am Nirgena statt. — Am 10. Juni wird eine Fahrt ins Sauerland durchgeführt werden. Die Route liegt fest. Es ist ratsam, sich Plätze für den Bus mit Anhänger rechtzeitig zu sichern.

 

BREMEN

Vorsitzender der Landesgruppe Bremen: Rechtsanwalt und Notar Dr. Prengel, Bremen, Hamburger Straße 88/90.

 

Bremerhaven. Auf dem Heimatabend am 24. Mai im Festsaal der „Femina", an dem Vertreter von Behörden, Parteien, Schulen und verschiedener Organisationen teilnahmen, betonte der 1. Vorsitzende Erich Munk in einer Ansprache, dass es nicht allein Sache der Heimatvertriebenen sei, sich für die Rückgewinnung der deutschen Ostgebiete einzusetzen, sondern dass dieses Ziel eine Angelegenheit des gesamten Volkes sein müsse, denn es gäbe nur ein Volk und ein Vaterland. Guten Anklang fand ein Farblichtbild-Vortrag „Ost- und Westpreußen — Land unter dem Kreuz". — Am Donnerstag, 14. Juni, 20 Uhr, wird im „Bürgerhaus Lehe" die mit einem Heimatabend verbundene Hauptversammlung stattfinden.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzender der Landesgruppe Niedersachsen: Helmut Gossing, Hannover, Anzeiger-Hochhaus, Goseriede 5/6; stellvertretender Vorsitzender H. L. Loeffke, Lüneburg, Vor dem neuen Tore Nr. 12, „Meyers Garten".

 

Göttingen. Am 10. Juni wird das Kreistreffen im „Deutschen Garten" stattfinden. Um 14.30 Uhr wird die Veranstaltung durch die Eröffnung einer Bernsteinausstellung der Bernstein-Manufaktur, Hamburg, eingeleitet. Vorgesehen sind ferner ein Gartenkonzert der verstärkten Ostpreußenkapelle und ein fröhlicher Nachmittag unter Mitwirkung eines ostpreußischen Frauenchors und der Tanzgruppe eines litauischen Gymnasiums.

 

Sulingen. Auf der Monatsversammlung am Montag, dem 11. Juni, 20 Uhr, wird im Lindenhof ein Lichtbildervortrag gehalten werden.

 

HAMBURG

Vorsitzender Landesgruppe Hamburg: Hans Kuntze, Hamburg - Bergedorf; Geschäftsstelle: Hamburg 13, Parkallee 86; Postscheckkonto Hamburg 96 05.

 

Wiederwahl der beiden Vorsitzenden

Am 30. Mai fand die Jahreshauptversammlung der Landesgruppe Hamburg statt. Der Landesgruppenvorsitzende Hans Kuntze berichtete über das vergangene Arbeitsjahr und gab einen Ausblick auf die vor uns liegende Arbeit. Landsmann Kuntze nahm zu Reden westdeutscher Staatsmänner und Politiker Stellung, die in der jüngsten Zeit zu erheblichen Protesten der Heimatvertriebenen geführt hat. Er wies darauf hin, dass heute mehr denn je alle Ostpreußen zusammenhalten müssen und dafür arbeiten und sorgen, dass unser Endziel — die Wiedergewinnung der Heimat — eines Tages erreicht werden kann. Unter Wiedervereinigung verstehen wir Ostpreußen auch die Rückkehr unserer Heimat zu einem Deutschland in Frieden und Freiheit.

 

Nach dem Kassenbericht wurde dem Vorstand Entlastung erteilt. Bei der Wahl wurden die beiden Vorsitzenden, Hans Kuntze und Gustav Elbe, wiedergewählt. Für die ausscheidenden Beisitzer Frau Kensbock, Dr. Grunert und Kirchner wurden die Landsleute Reinhold Bacher, Harry Janzen und Frau Wiehe in den Vorstand gewählt. Die Beisitzer Werner Guillaume und Alfred Naujokat wurden — wie alle anderen auch — einstimmig wiedergewählt.

 

Die dann von Landsmann Stork gezeigten Lichtbilder waren für alle Anwesenden ein Erlebnis. Ein Urteil über diese Lichtbilder lautete: „Dies sind ja keine Fotos, sondern jedes einzelne Bild ist ein Kunstwerk“. Herzlich war der Dank, den die Landsleute Herrn Stork darbrachten. Es war sehr bedauerlich, dass die einzelnen Bezirksgruppen nur durch Abordnungen vertreten waren und nicht mehr Landsleute diese hervorragenden Bilder sahen. Es ist beabsichtigt, diese Bilderreihe auch in den einzelnen Bezirken einem größeren Kreis von Landsleuten zu zeigen.

 

Bezirksgruppenversammlungen

Billstedt: Ausflug nach Mölln, Holstein, am Sonntag, 17. Juni. Anmeldung spätestens bis 9. Juni beim Bezirksleiter Hans Kensbock, Billstedt, Möllner Landstraße 113 a. Treffpunkt: 8.30 Uhr. Billstedt, Endstation der Straßenbahn, Unkostenbeitrag 8,50 DM mit Essen und Fahrt.

 

Eimsbüttel: Am Sonnabend, 9. Juni, ab 19 Uhr in der Gaststätte Steenbock (Schultheiß), Hamburg 13, Beim Schlump 29. Besprechung wegen eines Ausfluges im Juni.

 

Fuhlsbüttel: Am Sonnabend, 9. Juni, 20 Uhr Tanzabend im Landhaus Fuhlsbüttel, Brombeerweg 1. Eintritt 50 Pf. Gäste sind willkommen — Sonnabend, 16. Juni, 19.30 Uhr, Elternabend gestaltet durch die Kindergruppe, ebenso im Landhaus Fuhlsbüttel

 

Harburg-Wilhelmsburg: Am Sonnabend, 9. Juni, findet um 20 Uhr im Rönneburger Park (Endstation Linie 13) eine gemeinsame Veranstaltung der ost- und mitteldeutschen Landsmannschaften aus Harburg-Wilhelmsburg statt. Da es sich um das erste gemeinsame Treffen handelt, wird um rege Beteiligung gebeten.

 

Altona: Am Sonntag, dem 10. Juni, findet ein Sommerausflug „Fahrt ins Blaue" mit Kindern statt. Treffpunkt: 9 Uhr, Bahnhof Altona, S-Bahn-Sperre, Rückkehr 19 bis 20 Uhr. Für ein buntes Programm mit vielen Überraschungen und Tanz ist gesorgt. Fahrpreis für Hin- und Rückfahrt etwa 1,-- DM.

 

Elbgemeinden: Sonntag, 10 Juni, Fahrt ins Grüne, Treffpunkt: 9 Uhr, Bahnhof Altona, vor der S-Bahn-Sperre, Fahrtkosten etwa 1,-- DM. Erwachsene und Kinder — alle machen mit!

 

Kreisgruppenversammlungen

Treuburg: Am Sonnabend, 9. Juni, ab 19 Uhr in der Gaststätte Steenbock (Schultheiß), Hamburg 13, Beim Schlump 29. Zu erreichen mit Linien 3, 10 und U-Bahn.

 

Osterode: Das Hauptkreistreffen Osterode findet am 10. Juni in der Elbschloßbrauerei, Hamburg-Nienstedten, statt, worauf wir unsere Mitglieder hinweisen.

 

Gumbinnen: Am Sonntag, 10. Juni, um 16 Uhr, Zusammenkunft bei Bohl, Hamburg 21, Mozartstraße 27. Betrifft: Bielefeld-Fahrt. Abfahrt mit Bus am Sonnabend, 23. Juni, um 7 Uhr ab Hauptbahnhof, Sammelplatz Verkehrspavillon gegenüber dem Europäischen Hof, Kirchenallee, Fahrpreis 13 DM.

 

Goldap: Am Sonntag, 17. Juni, findet im Winterhuder Fährhaus am Winterhuder Marktplatz das Hauptkreistreffen statt. Voraussichtlich werden Bundesminister Prof. Dr. Dr. Oberländer und Superintendent i. R. Buchholz als Redner auftreten. Wir möchten unsere Mitglieder hierauf aufmerksam machen.

 

Unsere Jugend trifft sich

Altona: Jugendgruppe: Heimabend alle vierzehn Tage Mittwoch, 19.30 bis 21.30 Uhr, Jugendheim Altona, Bahrenfelder Straße 131. Nächster Abend am 13. Juni. — Kindergruppe: Zusammenkunft 14. Juni, um 16 Uhr, im Hotel „Stadt Pinneberg", Altona, Königstraße 260.

 

Billstedt: Jugendgruppe: Jeden Donnerstag, 20 bis 22 Uhr, im Jugendheim Horner Brückenweg 24.

 

Eimsbüttel: Kindergruppe: Jeden Dienstag, 15.30 bis 17.30 Uhr, im Heim der offenen Tür, Bundesstraße 101.

 

Fuhlsbüttel: Kindergruppe: Jeden Montag, 17.30 bis 19.30 Uhr, im Landhaus Fuhlsbüttel, Brombeerweg 1.

 

Harburg-Wilhelmsburg: Jugendgruppe: Heimabend jeden Mittwoch, 19.30 bis 21.30 Uhr, Jugendheim, Winsener Straße 72 a.

 

Barmbek: Jugendgruppe: Heimabend jeden Donnerstag, 18.30 bis 20.30 Uhr, im Jugendheim Wittenkamp 17 a.

 

Wallfahrt nach Billstedt

Das Hedwigswerk der Katholischen Kirche in Hamburg ruft alle katholischen Heimatvertriebenen Hamburgs und aus den umliegenden Orten auf zur Wallfahrt nach Billstedt zur Mutter der Armen am 10. Juni. 10.30 Uhr Levitenamt in der Kirche, 14.15 Uhr Andacht in der Grotte für die Ermländer, 16 Uhr Schlussandacht mit Festpredigt des Franziskanerpaters Hartmann Kaufner (früher Annaberg, Oberschlesien).

 

Seite 14   Auskunft wird erbeten über …

Oberkanonier Paul Buttgereit, geboren am 19.10.1912 in Pesseln, Kreis Angerapp. Letzte Heimatanschrift: Gut Trempen, Kreis Angerapp. Vermisst seit dem 12.03.1943 bei Lissowo, Russland.

 

August Dischereit, geboren am 07.04.1893. Gesucht wird Frau Helene Dischereit, aus Ostpreußen. Letzter Wohnort: Weitenhagen, Post Greifswald, vermutlich Evakuierungsort.

 

Josef Barczewski, aus Grabenau, Kreis Allenstein.

 

Familie Poschmann (Schuhhaus) aus Landsberg, Kreis Pr.-Eylau.

 

die Witwe des Superintendenten Schawaller, aus Tilsit. Frau Hilda Schawaller ist eine geborene Herfurth.

 

Reichsbahn-Obersekretär Paul-August Radzimanowski, geb. am 02.12.1889, wohnhaft gewesen in Königsberg, Schrötterstraße 48. Dienststelle: Reichsbahndirektion Königsberg, Personalbüro.

 

Zuschriften erbittet die Geschäftsführung der Landsmannschaft Ostpreußen, (24a) Hamburg 13, Parkallee 86.

 

Auskunft wird gegeben über . . .

Heinz Scharfenhorst, geb. etwa 1926. Gesucht werden die Angehörigen aus Ostpreußen. Nähere Angaben fehlen.

 

Fritz Broscheit, geb. am 16.09.1917 in Insterburg. Gesucht wird Frau Auguste Broscheit, aus Insterburg, Thorner Straße 1 oder 3.

 

Zuschriften erbittet die Geschäftsführung der Landsmannschaft Ostpreußen, (24a) Hamburg 13, Parkallee 86.

 

Seite 14   Wir gratulieren …

Zum 96. Geburtstag

Am 10. Juni 1956, Frau Superintendent Luise Hundertmarck, geborene Stillger, jetzt in der sowjetisch besetzten Zone bei ihrer Schwiegertochter Alice Hundertmarck, geborene Schenk. Sie ist durch ihren Sohn, Herrn Hundertmarck, in Kummerfeld bei Pinneberg, zu erreichen.

 

Zum 91. Geburtstag

am 9. Juni 1956, Frau Emilie Odau, geborene Rasokat, aus Heinrichswalde, Friedrichstraße 51, jetzt in Würzburg, Parsevalstraße 7, bei ihrer Tochter Lotte Krüger.

 

Zum 90. Geburtstag

am 11. Juni 1956,  Frau Wilhelmine Girnuweit, geb. Strauß, aus Schuppinnen, Kreis Ragnit, später in Insterburg, Siehrstraße 11, zuletzt Theaterstraße 44. Die Jubilarin lebt seit März 1950 bei ihrem Schwiegersohn Emil Kallweit in Buchenberg, Kreis Villingen, Schwarzwald.

 

am 11. Juni 1956, Landsmann Max Quedenfeld, aus Königsberg, jetzt mit seiner Ehefrau in der sowjetisch besetzten Zone. Er war Inhaber der Firma August Honig und er war auch als aktiver Sportler in früheren Jahren sehr bekannt.

 

zum 88. Geburtstag

am 6. Juni 1956, Landjägermeister und Leutnant a. D. Martin Girnus, aus Königsberg, Scharnhorststraße Nr. 24, jetzt Bad Harzburg, Herzog-Wilhelm-Straße Nr. 46.

 

am 10. Juni 1956, Landsmann Jakob Jednoralski, aus Königsberg, Sackheim 3, jetzt in Bünsdorf bei Rendsburg.

 

zum 87. Geburtstag

am 5. Juni 1956, Frau Henriette Raphael, aus Herrenbach, Kreis Lyck, jetzt bei ihrer Tochter Emma Wrobel in (24) Hasloh, Kreis Pinneberg.

 

zum 86. Geburtstag

am 9. Juni 1956, Frau Ernestine Paulukuhn, aus Seehausen, jetzt in Flensburg, Bismarckstraße 48.

 

am 11. Juni 1956, Fräulein Marie Nierenheim, aus Palmnicken, zuletzt Mertensdorf, Kreis Bartenstein, bei ihrem Schwager, Hauptlehrer Behrendt, bei dem sie auch heute, nach der Vertreibung, in Westerstede i. O., Am Rechter Nr. 9, wohnt.

 

zum 85. Geburtstag

am 27. Mai 1956, Frau Marie Rhode, geb. Dreyer, aus Osterode, Elwenspoekstraße, jetzt im Altersheim Sozialwerk Stukenbrok bei Paderborn. Mit ihrem verstorbenen Ehemann, Hegemeister Franz Rhode, wohnte sie viele Jahre im Forsthaus Pillauken, und später in der Stadtförsterei Klein-Reußen. Die noch lebenden fünf Kinder mit allen Angehörigen — zwei Söhne sind im Zweiten Weltkrieg gefallen — kamen aus Nord und Süd zum Ehrentage der Jubilarin.

 

zum 84. Geburtstag

am 3. Juni 1956, Landsmann Ludwig Burow, aus Königsberg, zuletzt in Danzig. Er wohnt nach dem Tode seiner Freu im vergangenen Jahr in Erlangen bei Nürnberg, Altersheim, Bismarckstraße.

 

zum 83. Geburtstag

am 1. Juni 1956, der Strafanstaltsbeamtin i. R. Emilie Bay, geborene Schimanski, aus Lötzen, Gartenstraße 7, jetzt in Leinen, Kreis Heidelberg, Adalbert-Stifter-Straße 5

 

am 15. Juni 1956, Kaufmann Johannes Metzdorf, aus Goldap, jetzt in Oldenburg, Holstein, Hinter den Höfen 1. Trotz seines hohen Alters ist er heute noch in seinem Beruf tätig.

 

am 16. Juni 1956, Frau Martha Patz, geb. Petroschka, aus Tilsit, jetzt in Krombach, Kreis Siegen, Siegener Straße 55.

 

zum 81. Geburtstag

(ohne Datum) Landsmann Karl Kotschessa, aus Lyck, jetzt in Berlin-Britz, Onkel-Bräsig-Straße 86.

 

am 6. Juni 1956, Frau Marie Schäfer. Witwe des 1945 auf der Flucht verstorbenen Regierungs-Veterinärrats Dr. Schäfer, aus Allenstein, Schillerstraße 13, jetzt in (13 a) Bamberg, Schützenstraße 60.

 

am 10. Juni 1956, Oberstraßenmeister i. R. Rudolf Schmidtke, aus Heilsberg, jetzt mit seiner Ehefrau in Essen, Sevenarstraße 6.

 

am 15. Juni 1956, Fräulein Hedwig Arndt aus Königsberg, Yorckstraße, Driesenstift, jetzt mit ihrer Schwägerin Ida Arndt, aus Gumbinnen in Schiltach, Schwarzwald, Marktplatz 10. Die Jubilarin war Jahrzehnte hindurch Filialleiterin der Seifenfabrik A. Gamm Nachf., Sackheim.

 

zum 80. Geburtstag

am 25. Mai 1956, der Witwe Gertrud Koschorreck, geb. Pudlat, aus Gumbinnen, Hindenburgstraße, jetzt in (21 a) Rheine, Westfalen, Görrestraße 18 II.

 

am 29. Mai 1956, Landsmann Johann Wolzick, aus Gehlenburg, Kreis Johannisburg, jetzt mit seiner Ehefrau, fünf Kindern und sechs Enkeln in Clenze/Hannover, Schützenholzstraße 14. Von 1918 bis 1945 war der Jubilar im Betrieb des Landsmannes Otto Kollodzeizik tätig.

 

am 1. Juni 1956, Postbetriebsassistent i. R. Gottlieb Strehl, aus Lyck, Danziger Straße 17, jetzt in Altensittenbach bei Hersbruck, Bayern, Nürnberger Straße Nr. 86.

 

am 6. Juni 1956, Landsmann August Gonscherowski, aus Königsberg, Viehmarkt 5, jetzt in München 15, Landwehrstraße 12 III.

 

am 7. Juni 1956, dem Bauern Johann Sodeikat, aus Kleinschloßbach, Kreis Ebenrode, jetzt mit seinen Kindern in Berlin-Plötzensee, Am Heidebusch 10 II.

 

am 8. Juni 1956, Frau Clara Schipplick, geb. Bakowski, aus Königsberg, Hoffmannstraße 13, jetzt in Berlin-Lankwitz, Kaulbachstraße 63/67.

 

am 9. Juni 1956, dem Reichsbahn-Wagenaufseher i. R. Julius Schäfer, aus Königsberg, Vorstadt. Langgasse Nr. 146, jetzt in Hamburg 39, Beim Jacobi-Stift 4.

 

am 10. Juni 1956, Landsmann Fritz Poddig, aus Königsberg-Ratshof, Lochstädter Straße 23, jetzt in Oldenburg i. O., Cloppenburger Straße 320.

 

am 11. Juni 1956, Bäckermeister Willy Springwald, aus Nordenburg, jetzt mit seiner Ehefrau bei seiner Tochter in Mannheim-Waldhof, Kometenweg 18.

 

am 13. Juni 1956, Fräulein Mathilde Deutschmann, aus Grünhain, Kreis Wehlau, jetzt in Otterndorf N/E, Kreis Land Hadeln.

 

am 13. Juni 1956, Frau Minna Kröhnke, aus Grünbaum, Kreis Elchniederung. Sie war der erste weibliche Standesbeamte Ostpreußens und hatte jahrzehntelang das Standesamt Argendorf (Argelothen) verwaltet. Heute wohnt sie in Dortmund-Vörde, Hörderbruch 31.

 

am 15. Juni 1956, Frau Marie Steinat, aus Absteinen bei Eydtkuhnen, jetzt bei ihrer jüngsten Tochter Anny Graumann in Brühl-Vochem, Herrengarten 36.

 

am 15. Juni 1956, Frau Berta Meier, geb. Schön, aus Tapiau, Königsberger Straße 25, jetzt in (24 b) Burg i. Dithm., Holzmarkt 1.

 

zum 75. Geburtstag

am 6. Mai 1956, Lehrer i. R. Otto Koschorreck, aus Jakunowken, Kreis Angerburg. Dreißig Jahre hindurch war er an Schulen in seinem Heimatkreise tätig. Infolge Krankheit trat er 1938 in den Ruhestand. Er wohnt heute mit seiner Ehefrau in Celle, Kronestraße 19.

 

am 26. Mai 1956, Dr. Pfeiffer, Chefarzt des Lycker Krankenhauses, jetzt in Köln, Balthasarstraße 82.

 

am 1. Juni 1956, Frau Berta Kutz, aus Memel, jetzt in Flensburg, Flurstraße 17.

 

am 6. Juni 1956, Landsmann Julius Sarunski, aus Petricken, Kreis Labiau, jetzt in Schlitz, Im Grund 21, Kreis Lauterbach, Hessen.

 

am 9. Juni 1956, der Witwe Wilhelmine Czisewski, geb. Perkuhn, aus Gerdauen, Kirchenstraße 6, jetzt in Travemünde, Priwall III/5.

 

am 9. Juni 1956, gratuliert die Kreisgruppe Rastenburg in Berlin ihrem Begründer und Kassierer Albert Gutzeit, wohnhaft in Berlin-Zehlendorf, Kilstätter Straße 36, früher Rastenburg. Die Landesgruppe Berlin schließt sich den Glückwünschen auf das herzlichste an.

 

am 10. Juni 1956, Frau Anna Sauff, aus Magothen, Kreis Wehlau, gegenwärtig bei Familie Überschär in (24 b) Wedel, Holstein, Feldstraße 118 d.

 

am 10. Juni 1956, Landsmann Otto Heyer, aus Lyck, jetzt in Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 160.

 

am 12. Juni 1956, Frau Hedwig Malwitz, aus Königsberg, jetzt in Bad Oeynhausen, Grüner Weg 15.

 

am 15. Juni 1956, Frau Luise Lippich, aus Rundfließ. Sie kam erst am 27. Februar 1956 aus dem Kreise Allenstein und wohnt jetzt in Hannover, Bremetstraße Nr. 8.

 

Goldene Hochzeit

Die Eheleute Bernhard Soellner und Frau Klara Soellner, geb. Wapinewski, aus Johannisburg, jetzt in (24) Tornesch, Kreis Pinneberg, feierten am 5. Juni 1956, das Fest der Goldenen Hochzeit. Die Kreisgemeinschaft Johannisburg gratuliert herzlich.

 

Ihre Goldene Hochzeit feierten am 6. Juni 1956 das Ehepaar Rudolf Sanndorff, aus Osterode, Memeler Straße, jetzt in Herne-Sodingen, Ringstraße 62.

 

Das Fest der Goldenen Hochzeit feierten am 8. Juni 1956, Polizei-Hauptmann i. R. Louis Gerlach und seine Ehefrau Wilhelmine, genannt Gertrud, aus Königsberg-Ponarth, jetzt in Itzehoe, Holstein, Ochsenmarktskamp 26. Der Jubilar war von 1933 ab Revierführer in Ponarth und Nasser Garten.

 

Prüfungen

Helene Orlowski, Tochter des Schlossers Anton Orlowski, aus Schloßberg, jetzt in Kürbsen-Wildpoldsried Kreis Kempten/Allgäu, bestand im Knappschaftskrankenhauses Bottrop das Staatsexamen für Krankenpflege.

 

Das Abitur bestanden:

Martin Ankermann, zweiter Sohn des verstorbenen Chefarztes des Kreiskrankenhauses Sensburg, Dr Horst Ankermann, an der Oberschule zum Dom in Lübeck. Anschrift: Lübeck, Knud-Rasmussen-Str. Nr. 50.

 

Gösta Gidner, Sohn des verstorbenen Landwirts Alarik Gidner, aus Perteltnicken, Kreis Samland, jetzt in Surahammar, Köpmangatan 40 D, Schweden.

 

Jürgen Peylo, Sohn des Kaufmanns Richard Peylo, aus Arys, Bronsartstraße 33, jetzt in (14 a) Ulm, Wilhelmsburg 1/20, am Uhland-Gymnasium Tübingen.

 

Erdmute Hoffmann, Tochter des verstorbenen Studienrats Dr. Artur Hoffmann, aus Königsberg, jetzt in Heiligenhafen, Holstein, Wikingerstraße 4, am Frhr.-vom-Stein-Gymnasium Oldenburg, Holstein.  

 

Jochen Krischkowski, Sohn des Landwirts Krischkowski, aus Schloßberg bzw. Gumbinnen, jetzt in Heiligenhafen, Holstein, Lerchenhof, am Frhr.-vom-Stein-Gymnasium.

 

Gisela Lehrbach, Tochter des Bilanzbuchhalters Werner Lehrbach, aus Tilsit, Sudermannstraße 18, jetzt in Heiligenhafen, Holstein, Mühlenstraße 35, am Frhr.-vom-Stein-Gymnasium.

 

Fritz Preugschat, vierter Sohn des Landwirts Fritz Preugschat, aus Amalienhof, Kreis Ebenrode, jetzt in Neuwied/Rh., Engerser Landstraße 88, am Staatl. Neusprachl. Gymnasium Neuwied.

 

Hannelore Bartlick, Tochter des Mittelschulkonrektors Bruno Bartlick, aus Lötzen, jetzt Büsum, Nordsee, Otto-Johann-Straße 32.

 

Hans Friedrich Rothert, Sohn des Vermessungstechnikers Hans Friedrich Rothert, aus Pr.-Eylau, jetzt in Heide, Holstein, Katasteramt.

 

Jubiläen

Ihr 40-jähriges Dienstjubiläum feiert am 15. Juni 1956 Oberpostsekretärin Fräulein Martha Bock, früher Postamt Heilsberg, jetzt Besoldungskasse der Oberpostdirektion Kiel. Sie wohnt in Kiel, Düsternbrooker Weg 37.

 

Sein 40-jähriges Dienstjubiläum beging am 23. Mai 1956 Polizeimeister Johann Czybulka, früher Fürstenwalde und Ortelsburg. Er wohnt heute in Gevelsberg, Westfalen, Veilchenstraße 7. Ihm wurden die Ehrenurkunde der Landesregierung Nordrhein-Westfalen und ein Buchgeschenk des Ennepe-Ruhr-Kreises überreicht.

 

Polizei-Obermeister Peter Wieschollek, seit 1927 bei der Schutzpolizei Königsberg bis zu seiner Gefangennahme am 9. April 1945, beging am 3. Juni 1956 sein vierzigjähriges Dienstjubiläum. Er versieht seit Februar 1946 seinen Dienst bei der Verkehrsüberwachungsbereitschaft im Regierungsbezirk Münster. Anschrift: Münster/Westfalen, Eifelstraße 29.

 

Seite 14   Schulunterricht in Königsberg 1946

Über ihre Tätigkeit als Lehrerin an der „Nichtrussischen Mittelschule für deutsche Kinder" in Königsberg von 1946 bis 1948 berichtet Frau Lucy Falk: die vor kurzem das Bundesverdienstkreuz erhielt:

 

Unendlich viele Schwierigkeiten galt es zu überwinden, bis der Schulbetrieb 1946 einsetzen konnte. Die Johanna-Ambrosius-Schule in der Luisenallee war renoviert worden und wartete auf Lehrer und Schulkinder. Doch die wenigen Lehrkräfte, die noch in der Stadt verblieben waren und deren Anzahl man an den Fingern abzählen konnte, hatten Hemmungen aus ganz erklärlichen Gründen, denn es handelte sich um Schulen für deutsche Kinder, die von Russen geleitet wurden.

 

Das Problem des Heranholens der Schulkinder war auch schwierig zu meistern. Sie sollten vom 7. Lebensjahre an am Unterricht teilnehmen, doch einen Schulzwang gab es nicht. Es blieb Sache der Lehrkräfte, für den Schulbesuch zu werben. Gewiss, die Liste über die Kinder besaß der Bürgermeister, doch damit fing die Arbeit erst an. Wo wohnten damals die Deutschen? Nur auf dem Boden oder im Keller, allenfalls in kaum auffindbaren Trümmerhäusern ohne Treppe im ersten Stockwerk, zu dem man durch eine Leiter kam, die nach Bedarf heruntergelassen wurde. Da konnte ich lange warten und rufen. Die Mütter wollten auch sehr oft ihre Kinder nicht zur Schule schicken. Sie fürchteten, dass ihren Jungen oder Mädeln dort Ideen eingeimpft würden, deren Gegner sie waren, sehr überzeugte Gegner durch das Leben, das sie alle führten.

 

Die weitaus meisten Mütter lehnten die Schule aus wirtschaftlichen Gründen ab. Sie brauchten die Kinder zum Geldverdienen. Kinder verdienten durch den Verkauf von Zigaretten, Streichhölzern und Bonbons auf der Straße weitaus mehr, als ein Erwachsener für seine ehrliche Arbeit. Gewiss wünschte manche Mutter, dass ihr Kind etwas lerne, und hielt es dann oftmals so, dass sie es einige Tage zur Schule schickte, dann wieder auf die Straße.

 

Ein Mittel allerdings gab es, das für den Schulbesuch warb: es war die Lebensmittelkarte, die jeder Schüler bekam. Der darauf gewährte billigere Einkauf von Brot und Zucker wie der in Aussicht gestellte Bezugschein für Kleider und Schuhe lockten.

 

Dann war es soweit. Die „Nichtrussische Mittelschule" öffnete ihre Tore den 330 deutschen Jungen und Mädeln und führte sie in einen geordneten Pflichtenkreis. Der Deutsch-, Rechen- und Fremdsprachenunterricht füllte in der Hauptsache den Stundenplan aus und stellte an die Schüler beträchtliche Anforderungen. Russisch lernten die Kinder schon im vierten Schuljahr. Es war der einzige Unterricht, der von russischen Lehrkräften gegeben wurde.

 

Um die Kinder, die täglich aus dem Waisenhaus zu unserer Schule geführt wurden, war es ein eigen Ding. Sie unterschieden sich von allen andern. Ihr Äußeres war gepflegt, der Ausdruck ihrer Gesichter starr. Jeden Morgen dasselbe Bild: Voran ging ein junges Mädchen, die Waisenkinder zu zweit folgten im langen Trupp. Kein Kind lief aus der Reihe. In ihren dunklen Flauschmänteln wirkte die wohlgeordnete Kinderschar wie ein Trauerzug. Und es war auch so, obwohl für sie im Waisenhaus, das natürlich auch unter russischer Leitung stand, verhältnismäßig gut gesorgt wurde. Man warb um ihre Seele, doch vergebens, sie war noch erstarrt. Die Kinder hatten zu viel erlebt, gesehen und auch verloren.

 

Viel Anerkennung ihrer Leistungen fanden die Schüler der oberen Klassen bei Revisionen im englischen Sprachunterricht, der im fünften Schuljahr begann. Kein Wunder — man vergaß, dass man deutsche Kinder vor sich hatte, denen die Aussprache der englischen Laute kaum Schwierigkeiten machte.

 

Es trat allmählich immer deutlicher hervor, dass Jungen und Mädel Freude am Schulunterricht zeigten, mehr lernten und weniger fortblieben. Mag sein, dass die hellen warmen Schulzimmer sie anlockten mit ihren klaren Fensterscheiben, die im freundlichen Gegensatz zu den dunklen Wohnkellern standen. Doch dann fand sich auch der Lerneifer.

 

Man muss es miterlebt haben, um den Wert der Einrichtung einer deutschen Schule in Königsberg zu ermessen. Kleine Strolche und Abenteurer von Straßen und Marktplätzen hatte sie eingefangen und gab ihnen sittlichen Halt und Wissen.

 

Für mich war es beglückend, deutsche Kinder zu unterrichten, doch lebte ich in ständiger Sorge, was der Tag bringen würde. Und solche Sorgen waren berechtigt.

 

Seite 15   Er betrog viele ostpreußische Familien. Betrüger Erlat in Westberlin festgenommen.

Einem der gemeinsten Betrüger der Nachkriegszeit dem vielfach vorbestraften 59-jährigen Friedrich Wilhelm Erlat, wurde jetzt in West-Berlin durch seine Festnahme das Handwerk gelegt. In fast siebenhundert Fällen betrog er die Angehörigen von vermissten ehemaligen Angehörigen der deutschen Wehrmacht und verschaffte sich auf diese Weise rund zehntausend DM. Jahrelang korrespondierte er mit seinen Opfern, gaukelte ihnen vor, dass er über „Kuriere" mit den Vermissten in Verbindung treten könne und verlangte zur „Deckung seiner Kosten" Beträge zwischen zehn und einhundertfünfzig DM. Briefe von Angehörigen der Vermissten, die er weiterleiten sollte, verbrannte er sofort nach Empfang.

 

Zu seiner Festnahme führte die Anzeige einer Frau, die zu den Geschädigten gehört, ihm vor Jahren längere Zeit bei der Erledigung seines Schriftwechsels geholten und dabei den Betrug festgestellt hatte. Sie hatte damals auf eine Anzeige verzichtet, weil Erlat im Herbst 1949 unter Beschuldigung der antisowjetischen Hetze von der „Volkspolizei" verhaftet und von einem Sowjettribunal zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden war. Erst jetzt erfuhr die Zeugin, dass E. nach seiner Haftentlassung im Januar 1954 seine alten Betrügereien fortsetzte.

 

1946 kehrte der gebürtige Ostpreuße Erlat aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach Berlin zurück. Bald danach schrieb er an die Angehörigen von Vermissten Briefe, bezeichnete sich als ehemaliger deutscher Kommandant des Lagers Georgenburg bei Insterburg in Ostpreußen und behauptete, er könne Auskünfte über die Schicksale von anderen Gefangenen geben und mit ihnen in Verbindung treten. Die Adressen der Angehörigen seiner ehemaligen Mitgefangenen habe er durch einen Mann erfahren, der die Lagerkartei habe einsehen können. Er ließ in den Briefen durchblicken, dass er nicht in der Lage sei, die Kosten dieser „Vermittlung" zu tragen. Er bekam Antworten und mit ihnen Geld sowie Lebensmittelpakete. In Wirklichkeit hatte er sich die Anschriften seiner Opfer aus Heimatzeitungen von Ostpreußen verschafft, so dass vor allem ostpreußische Familien von ihm betrogen sind. Wurde er bedrängt, wann denn die Kriegsgefangenen endlich einmal an ihre Eltern oder ihre Ehegatten schreiben würden, so antwortete er, das Verfahren brauche Zeit, und man müsse eben Geduld haben. In mehreren Fällen schrieb er den Angehörigen schließlich, wenn diese sich immer wieder an ihn wandten, er habe sich geirrt. Die in seiner Liste als lebend eingetragenen Gefangenen seien bereits gestorben, aber er sei bereit, über den Tod eine eidesstattliche Versicherung auszustellen.

 

Bereits 1948 wurde er wegen dieser Betrügereien angeklagt. Da ihm aber nicht widerlegt werden konnte, dass er Lagerkommandant gewesen sei und eine Liste mit den Adressen der Angehörigen von einhundertfünfzig Mitgefangenen mit nach Berlin habe bringen können, musste er wegen Mangels an Beweisen freigesprochen werden. Dieses Verfahren wird jetzt wieder aufgerollt. Denn nun liegt der Polizei die Angabe eines ehemaligen Kriegsgefangenen vor, der bekundet, dass Erlat nur als normaler Gefangener längere Zeit in einem Lazarett bei Georgenburg gelegen hat.

 

Ende 1949 wurde Erlat, der damals in einem zur Sowjetzone gehörigen Randgebiet West-Berlins wohnte, von der „Volkspolizei" verhaftet, weil er in Heimatzeitungen Artikel veröffentlicht hatte, die als sowjetfeindlich angesehen wurden. In mehreren sowjetzonalen Zuchthäusern nannte er sich Peter Erlant, und behauptete gegenüber Mithäftlingen, er habe in Westdeutschland ein Konto, mit dessen Hilfe er nach seiner Entlassung eine Zeitung herausgeben könne. Im Kriege sei er Stabsoffizier gewesen. Nach seiner Haftentlassung erhielt er von ehemaligen Mithäftlingen Post, die an „Herrn Dr. Erlant" adressiert war. Bei seiner nach West-Berlin umgesiedelten Ehefrau hielt er sich nur selten auf. Er mietete in Friedenau ein Büro, begann dort seine betrügerische Korrespondenz wieder, zog dann aber oft in möblierte Zimmer um und ließ sich die Post nachschicken.

 

Bei seinen bisherigen Vernehmungen legte Erlat ein Teilgeständnis ab. Die Zahl der von ihm Betrogenen umriss er mit „einige hundert". Nach den Angaben der Zeugin, die seine Festnahme veranlasste, sind es mindestens 685. Seine Phantasie sei mit ihm durchgegangen, und seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten ihn veranlasst, das ihm zugeschickte Geld anzunehmen, gab er als Entschuldigung an. Er machte sich auch des Heiratsschwindels und Abzahlungsbetruges schuldig.

 

Seite 15   Bestätigungen

Es werden Arbeitskollegen von Hildegard Formanski gesucht, die vor der Vertreibung mit ihr in der Ostpreußenwerk A.G., Allenstein, tätig waren.

 

In der Versorgungsangelegenheit der Lehrerin Dorothea Wolle-John, geb. Gerlach, geb. am 06.12.1893 in Nikolaiken, wird Herr Oberregierungs- und Schulrat Konopka von der Regierung Königsberg gesucht. Ebenfalls werden ehemalige personalsachbearbeitende Beamte der Schulabteilung der Regierung Ostpreußen gesucht, die in dieser Sache Auskunft geben können.

 

Es werden Landsleute gesucht, die über die Beschäftigungsverhältnisse des Heinrich Strangalis, geb. am 11.03.1896 in Dytschellen, Kreis Heydekrug, Auskunft geben können. Von 1912 bis 1934 ist Strangalis auf verschiedenen Baustellen als Hilfsarbeiter tätig gewesen und vom Frühjahr 1935 bis zur Einberufung zur Wehrmacht im Jahre 1939 beim Wasserstraßenamt Ruß bzw. bei Schiffbauer Heideck in Ruß.

 

Wer kann bestätigen, dass . . .

Paul Klein, geb. am 25.02.1916 in Heiligenthal, in Scharnigk, Kreis Heilsberg, Möbel für Zimmer und Küche durch Kriegsereignisse verloren hat?

 

Erna Ruffing, geborene Trzaska, geb. am 06.09.1923, in Pustnik, Kreis Sensburg, Möbel für Küche, Schlafzimmer, Wohnzimmer und Esszimmer durch Kriegsereignisse verloren hat?

 

Hildegard Lydorf , geb. Norra, geb. am 09.03.1922 in Mensguth, Kreis Ortelsburg, in Königsberg Möbel für Küche und Schlafzimmer durch Kriegsereignisse verloren hat?

 

Hedwig Emma Müller, geb. Klautke, geb. 05.07.1905, in Bischofstein Möbel für Küche, zwei Schlafzimmer, Wohnzimmer, Esszimmer und Herrenzimmer durch Kriegsereignisse verloren hat?

 

Zuschriften erbittet die Geschäftsführung der Landsmannschaft Ostpreußen, (24a) Hamburg 13, Parkallee 86.

 

Für Todeserklärungen

Frau Olga Müller, geb. Foerst, geb. 26.07.1872, wohnhaft gewesen in Königsberg-Tannenwalde, Farmring 5, wird seit Ende Januar 1945 vermisst. Sie ist bis zuletzt in Tannenwalde geblieben. Wer kann Auskunft über ihr Schicksal geben?

 

Zuschriften erbittet die Geschäftsführung der Landsmannschaft Ostpreußen, (24a) Hamburg 13, Parkallee 86.

 

Seite 15   Amtliche Bekanntmachungen

4 II 74/53      Beschluss

Frau Elisabeth Balda, geborene Neumann, geb. am 02.12.1913 in Elbing, verheiratet, evangelischer Religion, ohne Beruf, deutsche Staatsangehörige, zuletzt wohnhaft in Königsberg, Pr., Hans-Sagan-Straße 102, wird für tot erklärt. Als Zeitpunkt des Todes wird der 31. Dezember 1952, 24 Uhr, festgestellt. Köln, den 22. Mai 1956. Amtsgericht, Abt. 4

 

9 II 14/56      Aufgebot

Fräulein Anna Jakobeit in Verl-Sürenheide, Bernsteinweg 8, hat beantragt, den nachstehend bezeichneten Vermissten für tot zu erklären. Der bezeichnete Vermisste wird aufgefordert, sich bis zum 24. September 1956 zu melden, widrigenfalls er für tot erklärt werden kann. An alle, welche Auskunft über den Vermissten geben können, ergeht die Aufforderung, bis zum vorgenannten Zeitpunkt dem Gericht Anzeige zu machen. Vermisster: 1. Familienname: Jakobeit 2. Vorname: Fritz 3. Geburtstag: 30.08.1910 4. Geburtsort: Panaugen, Kreis Labiau 5. Beruf: Landwirt 6. Letzter mil. Dienstgrad: Volkssturmangehöriger 7. Anschrift am letzten Wohnort: Wittenrode, Kreis Labiau 8. Letzte bekannte Truppenanschrift: in Königsberg eingesetzt 9. Heimatanschrift am 01.09.1939: Wittenrode, Kreis Labiau. Gütersloh, den 24. Mai 1956. Das Amtsgericht

 

Seite 15   Suchanzeigen

Wer weiß etwas üb. das Schicksal meiner Eltern Albert Kanschat und Martha Kanschat, aus Milfeld, Kr. Samland, Ostpreußen? Nachricht erb. Walter Kanschat, Neudorf-Platendorf über Gifhorn. 

 

Welcher Angehörige der Feldpostnummer L 34 113 Luftgaupostamt Posen kann Auskunft geben über den Verbleib meines Bruders, des Oberfeldw. Rudolf Kirsch, geb. 8. Juni 1898 In Nikolaiken, Ostpreußen, Kreis Sensburg, letzter Aufenthaltsort Fliegerhorst Hohensalza? Unkosten werden erstattet. Nachricht erbittet Fr. Margarete Zaehring, geb. Kirsch, (16) Erbach (Odw). An der Zentlinde 31. 

 

Achtung, Königsberger! Wer kann Auskunft geben über Erwin Hoppe, geb. 05.02.1887, Angehöriger der Luftschutzpolizei Königsberg, Polizeirevier 11, Rosenau, später Feldpostnummer 65 100? Letzte Nachr. v 15. 2. 1945 während der Verteidig d. Roßg. Mittelschule, Klingershof. Nachricht erbittet unter Nr. 63 768 Das Ostpreußenblatt, Anz.-Abt., Hamburg 13

 

Seite 15   Familienanzeigen

Martin, geboren am 26.05.1956. Unser Junge ist da. Ursula Weiß, geb. Zander. Arno Weiß. Döbern, Kr. Pr.-Hollend, jetzt Hameln, Bismarckstraße 9

 

In Dankbarkeit und „^Freude zeigen wir die 0 •§ Geburt unseres Stammhalters an

Gertrud Grohn geb. Fromme Gert-Dietrich Grohn fr. Schallen b. Allenburg, Ostpreußen Osnabrück, 30. Mai 1956 Schützenstraße 114 1

 

Dietrich Walter Rudolf. In Dankbarkeit und Freude geben wir die Geburt unseres Stammhalters an. Gertrud Gröhn, geborene Fromme. Gert-Dietrich Gröhn. Früher Schallen bei Allenburg, Ostpreußen. Osnabrück, 30. Mai 1956, Schützenstraße 114 I

 

Gernot Ulrich. In Dankbarkeit und Freude geben wir die Geburt unseres ersten Kindes bekannt. Dr. med. Ruth Grau, geborene Becker. Dieter Grau, Stud.-Ref. Siegburg, am 25. Mai 1956, Hopfengartenstraße 54

 

Am 5. Juni 1956 feierte unsere liebe Mutter, Schwiegermutter und Oma, Helene Zander geb. Wohlfeil, aus Landsberg, Ostpreußen, Schlageter-Siedlung 24, jetzt Benningen am Neckar, Marbacher Straße 21, ihren 75. Geburtstag. Es gratulieren, herzlichst und wünschen weiterhin Gesundheit ihre Söhne Schwiegertöchter und Enkelkinder

 

Die Verlobung unserer Kinder zeigen wir an. Albert Penski und Frau Erna Penski, geb. Hellwig, früher Bartenstein, Mackensenstraße 10. Asmus Bruhn und Frau Erika Bruhn, geb. Beutler, früher Königsberg Pr., Herzog-Albrecht-Platz 14. Pfingsten 1956

 

Verlobte. Ingrid Penski, Lübeck-Kücknitz, Lupinenweg Nr. 6. Eberhard Bruhn, Lübeck, Am Heidkoppelgraben 35. Pfingsten 1956

 

Wir haben geheiratet. Georg Holtz, VDI, Maschinenbauingenieur. Tekla Holtz, geb. Selke, Abschwangen, Kr. Pr.-Eylau, jetzt Kiel-Elmschenhagen, Feldscheide 2. 19. Mai 1956

 

Als Vermählte grüßen. Rudi Lukat, Tilsit, Ostpreußen, Grünwalder Straße 46. Cäcilie Lukat, geb. Imhof., Frankfurt am Main – Nied. Jetzt 62 Walsh Ave., St. Marys, South-Australien. Pfingsten 1956

 

Ihre Vermählung geben bekannt. Hans Willi Paffrath, Hückeswagen, Bezirk Köln und Frau Erna Paffrath, geb. Meike,  Kahlau, Kreis Mohrungen, Ostpreußen, jetzt Benninghausen, Post Dohrgaul über Wipperfürth.

 

Ihre Vermählung geben bekannt. Max Joswig, Selmenthöhe, Kreis Lyck. Anneliese Joswig, geb. Soboll, Kl.-Lasken, Kreis Lyck, jetzt Kiel-E??rbek, Hagener Straße 53. Mai 1956

 

 Ihre am 18. Mai 1956 vollzogene Vermählung geben bekannt, Horst. Kather, Mohrungen, Ostpreußen. Brigitte Kather, geb. Wylutzki, Kruglanken, Kreis Angerburg, Ostpreußen. Jetzt Essen-Rüttenscheid, Paulinenstraße 15

 

Ihre Vermählung geben bekannt, Günter Washausen. Ursula Washausen, geb. Wüst. Labiau, Ostpreußen, jetzt Moringen (Solling), Lange Straße 45. 21. Mai 1956

 

Rest der Seite: Verschiedenes, Bekanntschaften

 

Seite 16   Familienanzeigen

Nach kurzer schwerer Krankheit entschlief am 26. Mai 1956 im 81. Lebensjahre fern seiner geliebten unvergesslichen Heimat mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwieger- und Großvater, Schwager, Bruder und Onkel, der frühere Landwirt Otto Becker, aus Fuchshagen-Ebenrode, Ostpreußen. In tiefer Trauer: Maria Becker, geb. Dammin. Familie Hans Becker. Familie Fritz Becker, Floral Park. USA. Gönningen, Kr. Reutlingen, Albstraße. Die Beerdigung hat am Dienstag, dem 29. Mai 1956, in Gönningen stattgefunden.

 

Ich hab' den Berg erstiegen, der euch noch Mühe macht. Lebt wohl, ihr meine Lieben, Gott hat es wohl gemacht. Am 25. Mai 1956 entschlief nach längerer, mit großer Geduld ertragener Krankheit, mein lieber guter Mann, unser treusorgender Vater, Schwiegervater und Opa, Ludwig Piotrowski, aus Waltershöhe, Kr. Lyck, im 60. Lebensjahre. In tiefer Trauer: Anna Piotrowski, geb. Michalzick. Willi Piotrowski, Walter Piotrowski und Helga Piotrowski. Ewald König und Frau Gertrud König, geb. Piotrowski. Kurt Seidel und Frau Hildegard Seidel, geb. Piotrowski. Friedrichsgabe, Bez. Hamburg, Friedrichsgaber Weg 412. Adelaide, Austraten. Walsum (Niederrhein). Die Beerdigung fand am 29. Mai 1956 in Garstedt statt.

 

Du warst so gut, starbst viel zu früh, ein solches Herz vergisst man nie. Nach langem schwerem Leiden, immer auf Genesung hoffend, hat Gott der Allmächtige meinen lieben herzensguten Mann und lieben guten Vati, Bruder, Schwager und Onkel, Polizeimeister i. R. Willi Pacenski, im Alter von 60 Jahren zu sich gerufen. Gleichzeitig gedenken wir all unserer Lieben, die durch den Krieg ihr Leben lassen mussten. In tiefem Schmerz: Helene Pacenski, geb. Sobottka und Hannelore. Hannover, den 22. Mai 1956, Lortzingstraße 6, früher Königsberg Pr., Cranzer Allee 93

 

Soll's uns hart ergehn, lass uns feste stehn. Nach langem, mit großer Geduld ertragenem Leiden verschied heute um 1.45 Uhr mein lieber treusorgender Mann, Bruder, Schwager, Onkel und Vetter, der vertriebene Landwirt Fritz Preuß, im Alter von 60 Jahren. Um stille Teilnahme bittet: Frieda Preuß, geb. Schirrmacher. Früher Hanswalde, Kreis Heiligenbeil, Ostpreußen, jetzt Hilbeck 33 über Werl, den 24. Mai 1956

 

Nach einem arbeitsreichen Leben entschlief am 25. Mai 1956 um 17 Uhr meine liebe Frau, unsere fürsorgliche Mutter und Schwiegermutter, unsere herzensgute Großmutter und Urgroßmutter, Schwester, Tante und Großtante, Charlotte Biller geb. Petz, im 83. Lebensjahre. In stiller Trauer: Ernst Biller, Fleischermeister. Ernst Biller und Frau Gertrude Biller, geb. Warlies, (23) Wohnste über Scheeßel, Bez. Bremen. Ernst-Georg, Ingrid, Diethard. Fritz Willutzki und Frau Franziska Willutzki, geb. Biller (24a) Wöhrden über Stade. Adelheid und Ernst-August .Georg Biller (vermisst) und Frau Maria Biller, geb. Bettin, sowj. bes. Zone. Wolfgang. Sechs Urenkel und alle Anverwandten. Lötzen und Milken, Ostpreußen, jetzt (24a) Wöhrden 171 über Stade. Die Beerdigung hat am 30. Mai 1956 auf dem Horstfriedhof in Stade stattgefunden.

 

Am 7. Mai 1956 verstarb unser lieber Vater, Schwiegervater und Großvater, Paul Gerlach, Lehrer i. R., im 82. Lebensjahre. Hilde Gerlach. Anneliese Treffel, geb. Gerlach. Rudolf Treffel. Doris Treffel. Kahlholz bei Balga, Ostpreußen und Königsberg, Tiergartenstraße 59, jetzt Salzhausen über Lüneburg

 

Ein Leben voll Leid ist zu Ende gegangen. Am 26. Mai 1956 entschlief sanft mein lieber Mann, unser herzensguter Vater, Schwiegervater, Opa, Schwager und Onkel, der Bauer Eduard Ruhnau, aus Hogendorf, im 85. Lebensjahre. In stiller Trauer: Clara Ruhnau, geborene Groß. Felizitas Lange, geborene Ruhnau. Gertrud Ruhnau. Hans Lange. Gerhard und Hubert. Hamburg 33, Kranichweg 9

 

Heute entschlief sanft nach langem Leiden mein lieber Bruder, unser guter Onkel und Schwager, Willy Schwittay, im Alter von 78 Jahren. Im Namen der trauernden Hinterbliebenen: Olga Gottstein, geb. Schwittay. Wiesbaden, den 28. Mai 1956, Rheinstraße 34. Trauerfeier: Freitag, 1. Juni 1956, 8.15 Uhr, Südfriedhof.

 

Am 1. Juni 1956 entschlief, uns allen unerwartet, unsere innig geliebte Mutter und Großmutter, Ida Furchert, verw. Lenuweit, geb. Hellwich, früher Kreuzingen, Kreis Elchniederung, im 72. Lebensjahre. In tiefer Trauer: Dr. med. Frank Lenuweit und Frau Charlotte Lenuweit, geb. Schultz.

Benno Lenuweit und Frau Annemarie Lenuweit, geb. Wesemeyer. Frau Alice Hensel, geb. Lenuweit und Rechtsanwalt Bruno Hensel. Frau Ernesta Krug, geb. Furchert und Richard Krug,

sowie neun Enkelkinder. Marne, Holstein. Die Beerdigung hat am 5. Juni 1956 in Marne stattgefunden.

 

Nur Arbeit war Dein Leben, Du dachtest nie an Dich. Nach kurzer schwerer Krankheit entschlief, für uns alle unfassbar, mein innigst geliebter treusorgender Mann, unser herzensguter Vater und Schwiegervater, unser lieber Opi, der ehem. Schmiedemeister Hermann Umlauf, im 72. Lebensjahre. In tiefem Schmerz: Minna Umlauf, geb. Kewitz. Günther Umlauf und Frau Natalie Umlauf, geb. Matner. Oskar Brock und Frau Elli Brock, geb. Umlauf. Klein-Monika als Enkelkind und Verwandte. Schalben, Kreis Samland, jetzt Winsen (Luhe) Im Ilmer 87, den 28. Mai 1956

 

Am 20. Mai 1956 entschlief nach längerem schwerem, mit Geduld ertragenem Leiden meine liebe Frau, unsere herzensgute unvergessliche Mutter, Schwiegermutter, Schwester, Schwägerin und Tante, Martha Kehlert, geb. Koyro, im Alter von 63 Jahren. In tiefer Trauer: Johann Kehlert. Herbert Kehlert und Frau Else Kehlert, geb. Wehrmann. Ernst Kehlert, vermisst im Osten. Helmuth Weidemann u. Frau Hertha Weidemann, geb. Kehlert. Ernst Kohn und Frau Waltraut Kohn, geb. Kehlert. Langenhöh, Kr. Lyck, Ostpreußen, jetzt Klein-Meinsdorf, Kr. Plön, Holstein

 

Ella Sipplie, geb. Kludszuweit, geb. 12.08.1891, gest. 11.06.1946. Zum zehnjährigen Todestage gedenken ihrer in Liebe und Dankbarkeit: Franz Sipplie, Sahlenburg/Cuxhaven. Elfriede Kammrofski, geb. Sipplie, Oldenburg i. O. Irmgard Janssen, geb. Sipplie, sowj. bes. Zone, früher Gumbinnen, Wilhelmstraße 28

 

Am 20. Mai 1956 entschlief sanft unsere liebe Mutter, Schwiegermutter und herzensgute Omi, Elise Dalgahn, geb. Feyerabend, aus Gallgarben, Kr. Samland, im Alter von 67 Jahren. Wir werden sie stets vermissen. In stiller Trauer: Margarete Andreas, geb. Dalgahn. Hildegard Dalgahn. Hannes Hujsa und Frau Dorothea Hujsa, geb. Dalgahn und fünf Enkelkinder. Borstel 346, Post Jork, Bez. Hamburg

 

Man hat in fremder Erde sein letztes Bett gemacht. Dort ruht er ohn' Beschwerde, ein Kreuz hält stille Wacht. Das spricht: Vom Erdenleide ruht hier ein Pilger aus, er kann nicht mehr nach Hause und doch ist er zu Haus. Am 9. Juni 1956 jährt sich zum zehnten Male der Todestag unseres geliebten Sohnes, Bruders, Onkels, Schwagers, Neffen und Vetters, Harry Jurgait. Vergeblich warten wir noch immer auf unseren geliebten ältesten Sohn, Vater, Bruder, Onkel, Schwager, Neffen und Vetter, Rudi Jurgait, geb. 27.02.1918, vermisst am 28.01.1949 im Lazarettzug bei Krasnodar. Wer kann über sein Schicksal Auskunft geben? In stiller Trauer: Ernst Jurgait. Martha Jurgait, geb. Lemke, drei Schwestern, ein Bruder, elf Nichten, zwei Neffen. Königsberg-Quednau, Gartenstraße 24, jetzt Schwelm, Westf. Herzogstraße 14

 

Nach Gottes heiligem Ratschluss entschlief unerwartet am 16. Mai 1956, im Alter von fast 69 Jahren, unsere liebe Mutter, die Bäuerin Maria Lehmann, früher Borken, Kreis Ortelsburg. In tiefer Trauer im Namen aller Hinterbliebenen: G. Lehmann. Soest, Westf., Ueliksgasse 3

 

Heute früh ist nach Gottes heiligem Willen meine liebe Mutti, meine gute Schwester und Pflegetochter, Schwägerin, Kusine und Tante, Hildegard Krause, geb. Baumgardt, im 36. Lebensjahre von ihrem langen schweren Leiden erlöst worden. In stiller Trauer: Katja Krause. Horst Baumgardt. Frau Ida Maruhn. Familie Erich Maruhn. Sensburg, Ostpreußen, Neue Schulstraße, jetzt Kredenbach und Niederschelden, den 27. Mai 1956

 

Am 25. April 1956 ist unser lieber treusorgender Papa, Bruder, Schwager, Onkel, Schwiegervater und Opa Friseurmeister Friedrich Goerke, früher Rastenburg, Ostpreußen, nach langer schwerer Krankheit im Alter von 63 Jahren eingeschlafen. Er folgte unserer lieben Mutti Charlotte Goerke, geb. Rohmann, die am 21. Mai 1945 in einem Gefangenenlager im Ural gestorben ist, und unserem lieben Bruder Heinz Goerke, gefallen am 25.10.1943 im Osten in die Ewigkeit. In tiefer Trauer im Namen aller Angehörigen: Dora Goerke. Liselotte Martini, geb. Goerke. Rembert Martini und Birgit. Hamburg-Harburg, Heimfelder Straße 61 II

 

Zum Gedenken. Zum zehnten Male jährt sich der Todestag meines lieben Mannes, Kaufmann Bruno Schiffer, geb. 10.03.1894, gest. 06.06.1946. Er starb während meiner Internierung in Dänemark infolge Herzschlages einsam in der sowj. bes. Zone. Gertrud Schiffer. Königsberg Pr., Ostpreußen, Charlottenstraße 9 a, jetzt Mettmann, Rhld., Goethestraße 4

 

Und Gott wird abwischen alle Tränen, und der Tod wird nicht mehr sein! Offb. 21. 4    In stiller Wehmut gedenken wir des elften Todestages unserer lieben treusorgenden Mutter und Großmutter, Altbesitzer-Witwe Henriette Kiebert, geb. Meyer, früher Bejehnen, Kr. Tilsit-Ragnit, die am 10. Juni 1945 zur ewigen Ruhe einging. Sie ruht in der sowj. bes. Zone. Im Namen aller Angehörigen: Helene Baginski, geb. Kiebert. Hamburg 20 Licentiatenweg 65

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