Ostpreußen-Warte, Folge 11 vom November 1952
Ostpreußen-Warte
Seite 1 Dr. Kather legte Parteiämter nieder
Wie die Tagespresse bereits gemeldet hat, empfing der Kanzler und CDU-Parteichef am 23. Oktober als Sprecher des CDU/CSU-Bundesvertriebenen-Ausschusses die Herren Abgeordneten Dr. Linus Kather, Präsident Wackerzapp und Reichsminister a. D. v. Keudell, um mit ihnen Fragen der Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes zu erörtern. Bekanntlich hatte der Vertriebenen-Ausschuss dem Kanzler vor einiger Zeit mitgeteilt, dass er seine Tätigkeit einstelle, wenn die CDU ihre Vertriebenenpolitik nicht entsprechend aktiviere. Im Zusammenhang mit diesem Beschluss hat Dr. Kather seine Parteiämter niedergelegt.
Die Besprechungen werden fortgesetzt.
Wenn in der Tagespresse Meldungen erschienen sind, die den Eindruck erwecken, als ob in der erwähnten Unterredung Einverständnis darüber bestanden habe, dass der Abgeordnete Kunze an die Spitze des Lastenausgleichsamtes berufen werden soll, so ist das unzutreffend. Es ist im Gegenteil mit aller Klarheit zum Ausdruck gebracht werden, dass diese Kandidatur für die Vertriebenen völlig unannehmbar ist.
Seite 1 Im Glauben an die Menschenrechte
Nach der Katastrophe des 2. Weltkrieges mit Millionen von Menschenopfern, den Vertreibungen und Verwüstungen wurde am 26. Juni 1945 in San Francisko die internationale Organisation der Vereinten Nationen (UN) gegründet. Die Mitgliedsstaaten der UN bekannten sich damals in der „Charta der Vereinten Nationen" zu den fundamentalen Menschenrechten, zur Wahrung des Friedens und zur Förderung des sozialen Fortschrittes aller Völker der Welt. Im gleichen Sinne bekundeten die deutschen Heimatvertriebenen in der „Charta der Heimatvertriebenen" unter Verzicht auf Rache und Vergeltung ihren festen Willen, jederzeit für Menschenwürdigkeit, Friede und Freiheit einzutreten. Sie richten zum diesjährigen Jahrestag der UN erneut ihren dringenden Appell an die freien Völker der Welt, das erlittene Unrecht ihrer Vertreibung nach dem durch die Charta der Vereinigten Nationen anerkannten Grundsatz der Selbstbestimmung zu beseitigen und ihr Recht auf die angestammte Heimat anzuerkennen.
Seite 1 Daladier: Oder-Neiße-Linie gut!
VK. - Der ehemalige französische Ministerpräsident Daladier lehnte auf dem Parteikongress der Radikalsozialisten in Bordeaux den EVG-Vertrag ab und bezeichnete die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie durch die Westmächte als ein „gutes Element" für Verhandlungen mit Russland. Diese bemerkenswerte Äußerung ist von der westdeutschen Presse wenig beachtet worden, obgleich sie geeignet ist, Licht in die Hintergründe jüngster französischer Außenpolitik zu bringen. In der Sowjetzone applaudierte die Presse dieser patriotischen Haltung Daladiers natürlich mit Genugtuung entgegen. Das SED-Partei-Organ „Neues Deutschland" stellt dazu fest, Daladier habe „bei einem kurzen Besuch in Berlin geäußert, dass die militärische Sicherheit Deutschlands durch die Oder-Neiße-Linie garantiert sei".
Seite 1 Errichtung der Heimatauskunftstellen
Die erste Durchführungsverordnung zum Feststellungsgesetz betrifft die Heimatauskunftstellen. Nach der erfolgten Verabschiedung dieser Verordnung durch das Bundeskabinett liegt sie nunmehr dem Bundesrat zur Entscheidung vor.
Laut § 25 des Feststellungsgesetzes haben die Heimatauskunftstellen die Aufgabe, auf Anordnung der Feststellungsbehörden die Anträge der Vertriebenen auf Schadenfeststellung zu begutachten, Auskünfte zu erteilen und Zeugen und Sachverständige für die Glaubhaftmachung der Angaben zu benennen. Die Heimatauskunftstellen sind nach der Durchführungsverordnung auf der Grundlage der früheren Regierungsbezirke der Heimatgebiete gegliedert. Bei räumlich umfangreicheren und strukturell gemischten Heimatgebieten sowie bei geschlossenen Industriegebieten und großen Stadtkreisen wurde aus Gründen der Zweckmäßigkeit für bestimmte Fälle eine Aufgliederung, Ausgliederung oder Zusammenfassung der Gebiete vorgenommen. Zahlenmäßig kleineren Vertriebenengruppen konnte jedoch die Errichtung eigener Heimatauskunftstellen aus organisatorischen und finanziellen Gründen nicht ermöglicht werden, Beispielsweise wurde jedoch für die Ermländer, deren Heimatgebiete sich auf drei ostpreußische Regierungsbezirke verteilen, durch Absprache mit den Vertretern dieser Vertriebenengruppe eine stärkere organisatorische Ausgestaltung der ihnen zugewiesenen Auskunftstellen zugesagt.
Die Zuweisung der Heimatauskunftstellen an die einzelnen Landesausgleichsämter erfolgte nach dem Gesichtspunkt der vorhandenen Materialsammlungen in Heimatortskarteien und Archiven und unter Berücksichtigung der Hauptansiedlungsgebiete. Eine allgemein befriedigende Regelung konnte jedoch, wie aus der Begründung zu der Verordnung hervorgeht, dadurch nicht erreicht werden, weil aus finanziellen Erwägungen bei der Zuweisung der Sitze der Heimatauskunftstellen dasjenige Land mit den umfangreichsten Materialsammlungen bestimmt wurde. Wegen des Vorhandenseins umfangreicher Materialsammlungen für die ost- und westpreußischen Vertriebenen sowie für die Pommern in Schleswig - Holstein wurde gleichfalls aus Gründen finanzieller Einsparungen die Zuweisung der Heimatauskunftstellen nicht für die Hauptansiedlungsbereiche Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erteilt.
Der Geschäftsort der Heimatauskunftstellen soll in der Regel dem Sitz des jeweiligen Landesausgleichsamtes entsprechen; die Entscheidung über die Bestimmungen des endgültigen Geschäftssitzes bleibt jedoch den mit der Bildung der Landesausgleichsämter befassten obersten Landesbehörden überlassen.
In der Begründung für die Verordnung wird abschließend betont, dass ihre Durchführung dringlich ist, da die weitere Abwicklung des Feststellungsverfahrens die alsbaldige Errichtung der Heimatauskunftsstellen erforderlich macht.
Seite 1 Ein neues Reich Karls des Großen? Historischer Romantizismus und politische Realitäten. Von Botschafter a. D. Herbert von Dirksen
Bei der Tagung der katholischen Jugend der Erz-Diözese Köln hat Erzbischof Frings den versammelten 15 000 Mädchen und Jungen eine neue Parole zugerufen, die den Leitstern ihres Lebens bilden müsse: Die Erneuerung des Reiches Karls des Großen. Bei dem Besuch des italienischen Ministerpräsidenten de Gasperi sei ihm bewusst geworden, so führte der Kardinal aus, dass das Reich Karls des Großen in einer modernen Form erneuert werden müsse, und zwar in der Form eines vereinigten Europa auf christlicher Grundlage unter der Führung Italiens, Frankreichs und Deutschlands. Niemals sei dieses „Neue Reich Karls des Großen" seiner Verwirklichung so nahe gewesen wie in unseren Tagen.
Wir werden mit der Vermutung nicht fehlgehen, dass der Sinn des Aufrufes des Kardinals darin bestanden hat, ein Banner zu entfalten, um das sich die Jugend Westeuropas mit Begeisterung scharen solle. Ein komplexes, romantisch gefärbtes Bild eignet der jugendlichen Vorstellungswelt mehr als die nüchterne Entwicklung des Westeuropaplanes in Teilstücken. Die Einzelprobleme Schumann-Plan, Europäische Verteidigungsgemeinschaft, die Vorarbeiten für eine- politische Vereinigung Deutschlands, Frankreichs, Italiens und der Benelux-Länder haben durch die Erörterung ihrer Schwierigkeiten in der Presse und in den Parlamenten der einzelnen Länder viel von ihrem Glanz verloren.
Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Proklamierung von begeisternden Parolen im kalten Licht des politischen Alltags Reaktionen auslöst, die für unsere westdeutsche Bundesregierung von nachteiligen Folgen begleitet sein können. Uns ist bekannt, mit welchen Besorgnissen die französische Öffentlichkeit und auch andere Länder den Weg betreten, der zum Zusammenschluss auch nur von Teilgebieten wirtschaftlicher Art führt. Selbst wenn sie Vertrauen zu der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit der Bonner Regierung haben, fürchten sie das Übergewicht, das Westdeutschland allein durch sein wirtschaftliches Potential und seine Arbeitskraft automatisch auf die Dauer in dem neuen zwischenstaatlichen Verbände zufallen könnte. Darüber hinaus fehlt es auf Grund der 12 Jahre nationalsozialistischer Gewaltherrschaft nicht an Befürchtungen, Deutschland könne vielleicht doch die politische Vorherrschaft zum mindesten in Westeuropa anstreben.
Alle diese Stimmungen und Strömungen könnten sich zu bedrohlicher politischer Wirklichkeit verdichten, wenn in die Öffentlichkeit die Parole vom „Neuen Reich Karls des Großen“ geworfen würde. Für das Ausland ist die Schöpfung des großen Kaisers keineswegs der Zusammenschluss Westeuropas unter der Regierung eines Herrschers, der sich mehr auf das Frankreich gestützt hat als auf Deutschland. Franzosen und Italiener sehen in Karl dem Großen mehr einen Monarchen, der ein gewaltiges Reich unter deutscher Vorherrschaft errichtet hat. Wir haben keinen Anlass, diese Vorstellungen jetzt auf einem Gebiet herauf zu beschwören, das ein Bruchteil des alten Reiches war und nach Krieg und Niederlage um mühsamen Aufstieg ringt.
Wenn wir aber unsere Blicke ostwärts richten, so haben wir erst recht keinen Grund, ein „Neues Reich Karls des Großen“ zu proklamieren. Sein Reich erstreckte sich bis zur Weser. Wir aber wollen die Spaltung beseitigen, die Deutschland längs der Elbe in zwei Hälften zerreißt. Wir erstreben zunächst die Wiederangliederung der deutschen Gebiete jenseits von Oder und Neiße auf friedlichm Wege. Warum sollen wir dieser unserer nationalen Sehnsucht mutwillig die Flügel beschneiden, um einen Reichsgedanken wieder lebendig zu machen, der schon um das Jahr 900 überholt war?
Wir müssen den leisesten Anschein vermeiden - das sind wir den Heimatvertriebenen und unseren Brüdern in Mittel- und Ost-Deutschland schuldig - als ob wir diese Gebiete abschreiben wollten oder abgeschrieben hätten. Im Gegenteil: unser ganzes Bestreben sollte darauf gerichtet sein, der Weltöffentlichkeit nachzuweisen, dass die derzeitige Demarkationslinie unhaltbar ist, und zwar nicht nur relativ, sondern absolut unhaltbar ist. Sie würde keinen Bestand haben, weil sie der Vernunft und Gerechtigkeit widerspricht, selbst wenn nicht Deutsche westlich und östlich von ihr siedelten, sondern Chinesen und Malaien.
Aber weiter: Das Gesamteuropa, dessen Zusammenschluss wir anstreben, hört nicht mit der Ostgrenze von Deutschland auf. Es umfasst auch die anderen Länder östlich des Eisernen Vorhanges, die jetzt der Äußerung ihres freien Willens beraubt sind und sich zur europäischen Kultur und Zivilisation bekennen. Auch wenn die Zeit fern sein mag, wo diese Völker über ihre Zukunft selbst entscheiden können, so sollten wir doch durch die Proklamierung eines eng westlichen Schlagwortes in ihnen nicht die Enttäuschung auslösen, dass wir sie vergessen haben oder aus unserem Verbände ausschließen wollen.
Wenn man also die leuchtende Parole vom „Neuen Reich Karls des Großen" unter dem Gesichtspunkt der heutigen praktischen Politik betrachtet, wird man zu dem Ergebnis kommen, dass dieses historische Schlagwort unzeitgemäß ist.
Außenpolitische Arbeitsgemeinschaft im ZvD
„Die „Außenpolitische Arbeitsgemeinschaft" (AAG) im Zentralverband der vertriebenen Deutschen hatte am 26. Oktober ihre konstituierende erste Sitzung in Bonn unter Leitung von Botschafter a. D. v. Dirksen. Der Vorsitzende des BVD, Dr. Linus Kather, wohnte der Gründungstagung bei. Auf einer anschließenden Arbeitstagung wurden aktuelle außenpolitische Fragen in Verbindung mit dem deutschen Vertriebenenproblem erörtert.
Seite 2 Start ins Lastenausgleichsjahr
Die Entwürfe des Bundesausgleichsamtes zu den Weisungen über Aufbaudarlehen für Gewerbe, Landwirtschaft, Wohnungsbau, über Arbeitsplatzdarlehen und über Hausratshilfe wurden am 17. und 18. Oktober dem Ständigen Beirat und 21. und 22. Oktober dem Kontrollausschuss zur Stellungnahme vorgelegt. Sie sind vom Kontrollausschuss verabschiedet worden und werden in Kürze verkündet.
Der Ständige Beirat ist nur ein beratendes Organ. Er ist jedoch insofern für die Geschädigten von Bedeutung, weil ihm unter den 28 Mitgliedern 5 Vertreter der Vertriebenenverbände und 5 Vertreter der Kriegssachgeschädigtenverbände angehören. Es soll hier nicht darauf eingegangen werden, dass von den 5 Vertretern der Vertriebenenorganisationen nur 2 Delegierte des ZvD sind, ein wahrlich sonderbares und sachlich nicht vertretbares Missverhältnis. Es soll jedoch hervorgehoben werden, dass im Beirat erfreulicherweise die Vertreter der Vertriebenenverbände der Öffentlichkeit nicht das Schauspiel des Zwiespaltes gaben. In allen Fällen haben die Vertreter des ZvD, der VHW und des VdL einheitlich gestimmt.
Der Beirat beschloss etwa 40 Abänderungen gegenüber den Entwürfen des Bundesausgleichsamtes. Die bedeutendsten Abänderungen des Beirates waren folgende:
A. Gewerbliche Wirtschaft: Aufbaudarlehen können auch zur Umschulung öffentlich verbürgter Kredite gegeben werden; Vorhaben über 15000 DM sollen nicht nur in Ausnahmefällen gegeben werden; der Prüfungsausschuss soll auch bei der Auswahl der Fälle mitwirken; die Geschädigtenverbände entsenden in den Prüfungsausschuss Vertreter;
B. Landwirtschaft: die Lastenausgleichsbank (Vertriebenenbank) soll bei der Verwaltung und Überwachung der Darlehen eingeschaltet werden;
C. Wohnungsbau: die Zuteilungsentscheidung soll nach Anhören eines Prüfungsausschusses erfolgen, in dem Vertreter der Geschädigtenverbände Mitglied sind; bei Verwaltung und Überwachung der Darlehen soll die Lastenausgleichsbank eingeschaltet sein;
D. Arbeitsplatzdarlehen: Arbeitsplatzdarlehen dürfen an Nichtgeschädigte nur dann gegeben werden, wenn geeignete Anträge Geschädigter nicht vorhanden sind; werden Nichtgeschädigte berücksichtigt, haben Sowjetzonenflüchtlinge und Betriebe, die aus eigenen Mitteln Wohnungen für die neuen Arbeitnehmer bauen, den Vorrang;
E. Hausrathilfe: vom 65. Lebensjahr ab sollen zusätzliche Punkte gewährt werden; Witwen mit Kindern sollen Zusatzpunkte erhalten. Bei der Verteilung der bis zum 31. März 1953 zur Verfügung stehenden Mittel (1,44 Mrd. DM) beschloss der Beirat, es bei der Vorlage des Bundesausgleichsamtes zu belassen. Gemäß der Vorlage des Bundesausgleichsamtes werden für die sieben Monate bis zum 31. März 1953 zur Verfügung gestellt: 85 Millionen DM für Aufbauhilfe für die gewerbliche Wirtschaft, 60 Millionen DM für Aufbauhilfe für die Landwirtschaft. 145 Millionen für Aufbauhilfe für den Wohnungsbau, 70 Millionen DM für Arbeitsplatzdarlehen, 210 Millionen DM für Wohnraumhilfe, 300 Millionen DM für Hausratshilfe, 50 Millionen DM für Ausbildungshilfe und 30 Millionen DM für den Währungsausgleich für Vertriebene; der Rest ist für die Kriegsschadenrenten vorgesehen.
Der Kontrollausschuss hat ein Zustimmungsrecht; ohne seine Billigung kann also der Präsident des Bundesausgleichsamtes weder Weisungen erlassen noch Mittel verteilen. Er wählte in der konstituierenden Sitzung zu seinem Vorsitzenden die SPD-Abgeordnete Anni Krahnstöver, die dieses Amt auch in der Soforthilfezeit bereits inne hatte; Stellvertretender Vorsitzender wurde der CDU-Abgeordnete Präsident Wackerzapp; zum Vorsitzenden des Arbeitsausschusses wurde der CDU-Abgeordnete Schütz berufen.
Mit der Verabschiedung der 6 Verteilerweisungen läuft praktisch der Lastenausgleich an. Der Verteilung liegt ein geschätztes Aufkommen von 1,44 Millionen für die ersten sieben Monate zugrunde. Gegenüber den zweifelnden Fragen von Vertretern der Vertriebenenpresse auf einer Konferenz des Bundesausgleichsamtes in Bonn wurde von dem interimistisch amtierenden Präsidenten Baron Manteuffel ein betonter Optimismus zur Schau getragen. Möchte er sich bestätigen. Bedrückend bleibt bei dieser ersten Jahresbilanz, dass den Berechnungen des BVD/ZvD-Lastenausgleichsausschusses zufolge an dem bei der Verabschiedung des Gesetzes geschätzten Jahresaufkommen in dem ersten auf 7 Monate zusammengeschrumpften Lastenausgleichs - Rechnungsjahr 600 - 700 Millionen fehlen, so dass die Produktivmaßnahmen, auf die die Vertriebenen in erster Linie ihre Hoffnungen setzen, entsprechend mager ausfallen.
Die Vertriebenenfrage auf dem CDU-Parteitag
Die Behandlung der Vertriebenenfrage auf dem Berliner Parteitag der CDU stand im Zeichen des demonstrativen Fernbleibens des Vorsitzenden des Bundesvertriebenenausschusses und des Landesverbandes Oder-Neiße, Dr. Linus Kather, und anderer Mitglieder dieser Parteigremien. Darauf dürfte in erster Linie zurückzuführen sein, dass die einschlägigen Fragen lediglich beiläufig behandelt wurden. Was die innenpolitische Seite des Problems angeht, so ist zu erwarten dass eine eingehende Erörterung dem für Anfang nächsten Jahres vorgesehenen Parteitag vorbehalten bleibt, der in Hamburg stattfinden soll. Aber auch in außenpolitischer Hinsicht hätte man in Berlin eine stärkere Befürwortung der heimatpolitischen Ziele der Vertriebenen erwarten dürfen. Der CDU-Parteichef, Bundeskanzler Dr. Adenauer, beschränkte sich darauf, diese Seite des Problems vorsichtig im Rahmen seiner Europapolitik durchschimmern zu lassen. In innenpolitischer Sicht anerkannte er die große Bedeutung des Lastenausgleichgesetzes. Er hob dabei ohne Nuancierung die Verdienste Dr. Kathers wie die des Herrn Kunze um das Gesetz hervor. Die Vertriebenen wissen, dass die Verdienste Dr. Kathers ihnen zugutekommen, und dass die Verdienste des Vorsitzenden des Lastenausgleichsausschusses im Bundestag, Kunze, ausschließlich die Einheimischen für sich buchen können.
Ermländerrat und Landsmannschaft Ostpreußen
VK. Der Vertretertag der Landsmannschaft Ostpreußen, der eine zweitägige Arbeitstagung in Hamburg abhielt, beschloss am 10. Mai 1953 das nächste Bundestreffen der Ostpreußen in Bochum zu veranstalten.
Der Sprecher der Landsmannschaft, Dr. Gille, betonte die Bedeutung der Geschlossenheit der Landsmannschaft. In diesem Zusammenhang wurde beschlossen, mit dem kürzlich gegründeten Ermländerrat neue Beratungen aufzunehmen, um eine enge Verbindung zwischen Landsmannschaft und Ermländerrat herzustellen.
Seite 2 Menschlichkeit rettete Ostpreußin
Nur eines von vielen, wäre das Schicksal der Tilsiterin Lotte Ballnat, heute Mrs. Dwinell, wenn nicht die Welt gezeigt hätte, dass es noch Menschlichkeit gibt und dass man auch heute noch, über Kontinente hinweg, Verständnis für die Sehnsucht einer Muttar nach ihrem Kinde hat.
Lotte Ballnat musste 16-jährig aus Tilsit nach Berlin flüchten. Dort heiratet sie drei Jahre später einen Mann, der bei Kriegsende als Soldat in französische Gefangenschaft geriet. Trotzdem die Ehe sehr glücklich war, stellte es sich dann heraus, dass der Mann gar nicht mehr die Absicht hat, nach Hause zu kommen. Die Ehe wird geschieden und der Mann schuldig gesprochen. Lotte muss sich nun allein mit dem heute elfjährigen Uwe durch das Leben schlagen.
1948 heiratet Lotte den Sergeanten der US-Army Dwinell. Er muss nach Amerika zurück. Da das Reisegeld fehlt, folgt ihm später zunächst nur Lotte nach Pasco (Washington). Sobald sie das nötige Geld für die Überreise erarbeitet haben, wollen sie Uwe nachkommen lassen. Inzwischen bleibt der Junge bei seiner Tante Lisbeth Jersynski in Berlin-Schöneberg. Vater Jersynski ist infolge einer Kriegsverletzung arbeitslos und hat alle Mühe, seine eigenen zwei Kinder durchzubringen. Trotzdem nimmt er den kleinen Uwe noch dazu. In Briefen, die aus den USA kommen, ist Lottes erste Frage immer wieder - Uwe. Aus den Briefen liest man ihren Kummer. An ein Herüberholen ist aber nicht zu denken, denn Mr. Dwinell ist arbeitslos. Da befällt die Mutter eine schleichende Krankheit. Sehnsucht und Heimweh. Sie kommt in die Klinik von Pasco, wo die Ärzte vor einem Rätsel stehen. Kein organisches Leiden und auch sonst können sie nichts feststellen. In kurzer Zeit ist Lotte von 110 auf 61 Pfund abgemagert. Fortschreitender körperlicher Verfall. Sie hat den Willen zum Leben verloren und die Ärzte können fast die Tage voraussagen, die sie noch zu leben trat. Ein Psychiater löst das Rätsel: Sehnsucht nach dem Kind. Lottes Mann beantragt eine Sondereinreisegenehmigung für den Jungen. Aber die Einwanderungsbehörden erteilen sie nicht, denn Mr. Dwinell ist arbeitslos. Über Nachrichten-Agenturen gelangt der Fall nach Deutschland. In Berlin hat er sofort eingeschlagen. Die Funkwerbung von RIAS sammelt 4000 DM für eine Flugkarte von Berlin nach Washington und zurück. Die zuständigen Stellen in Berlin arbeiten auf Hochtouren. Bürokratie? Sie ist auf einmal nicht mehr da. überall werden die Herzen weich. Ein deutscher Beamter der Passstelle fährt die halbe Nacht kreuz und quer durch Berlin, um die erforderlichen Formalitäten zu erledigen. Sogar das US-Außenministerium erteilt das Einreisevisum sofort. Am Dienstag (07.10.1952) fliegt Uwe nach Washington ab. Nachdem die Mutter die Nachricht erhalten hat, geht es ihr wieder etwas besser. Vielleicht wird Uwe das Geld für den Rückflug nicht mehr brauchen, denn inzwischen haben sich in Amerika einige Senatoren bereit erklärt, den Dwinells zu helfen.
Die Welt hat gezeigt, dass man auch durch Taten und nicht durch viel Papier das Leben einer Mutter retten kann. Ein wirklicher menschlicher Akt in einer Zeit ohne Liebe und Hilfsbereitschaft.
Seite 2 Die Falknerei lebt wieder auf. Von Dr. Gallasch
Nach über 13-jährigem Schweigen meldet sich der Deutsche Falkenorden, Bund für Falknerei, Greifvogelschutz und Greifvogelkunde endlich wieder. Er lebt also noch und ist in alter, ja schönerer Pracht wieder auferstanden und zwar im Lande Niedersachsen.
Die Falknerwoche fand vom 16. - 19. Oktober im Sachsenhain bei Verden/Aller unter der Leitung des Landgerichtsdirektors Dr. Fischer - Verden statt und stand unter dem Motto: „Wir jagen nicht der Beute wegen, sondern um des Schönen willen bei der Jagd".
Die Ordensmitglieder waren im evangelischen Jugendhof Sachsenhain einquartiert, ebenso die aus Österreich, Bayern, dem Rheinland und sogar aus Belgien eingetroffenen Falkner mit ihren Beizvögeln. Nach einer musikalischen Feierstunde im Verdener Dom fand im Sachsenhain der Beizvogelappell unter Begleitung von Waldhornsignalen und Jägerliedern des Verdener Trompeterkorps statt. Sodann wurde die Beizjagd mit Habichten auf Kaninchen unter Leitung des Ordensmeisters und Oberfalkenmeisters Renz Waller und des Gaumeisters Prof. Dr. Freiherr v. Vietinghoff- Riesch aus Steinkrug durchgeführt. Am Schluss des Abends hielt der Ordensmeiste Renz Waller einen Vortrag über „Praktische Falknerei in der heutigen Zeit, ihre Möglichkeiten und Schwierigkeiten" im Jugendheim, der zu einer lebhaften Aussprache führte.
Der Höhepunkt war die Schaubeize für die deutsche Jägerschaft und Gäste am Sonntag, den 19. Oktober. Die altbekannten Waidhornsignale „Begrüßung" und „Aufbruch zur Jagd" ertönten aus dem nahen Walde und nach dem Kommando „Die Jägerei zieht zu Holze, links um", setzten sich die etwa 400 Teilnehmer, darunter viel Jugend, in das Beizgelände in Bewegung. Es wurden hervorragende Leistungen gezeigt, so von Dr. Breisig-Heilbronn, Dr. Abender/Österreich, Herrn Böttcher, Herrn Steele und seiner Mutter. Ferner von den bayrischen Falknern Loges und Mugler, endlich von dem Gaumeister Dr. v. Vietinghoff mit seinem Steinadler und - last not least - von dem Ordensmeister Renz Waller, der mit seinem Falken „Santa Fe" eine hervorragende Darbietung auf Krähen gab. Die anderen Teilnehmer zeigten die Beize auf lebende Kaninchen, Rebhühner und Taube. Die Zuschauer gingen mit dem Bewusstsein eines herrlichen Erlebnisses und dem Gelübde nach Hause, diesen edlen Jagdsport, der in deutschen Gauen bis in die Nibelungenzeit zurückreicht und dort besungen wird, wieder aufleben zu lassen und zu fördern.
Etwas Geschichtliches sei in folgenden Zeilen wiedergegeben: Vor 30 Jahren war es der Altmeister der Vogelforschung, Prof. Dr. J. Thienemann in Rossitten auf der Kurischen Nehrung, der nach Begründung seiner weltberühmten Vogelwarte „Ulmenhorst", deren Tradition heute in Radolfzell fortgeführt wird diesem romantischen, mittelalterlichen Zweig des Jagens seine ganze Liebe, ja Leidenschaft, zuwandte.
Wir wissen nichts über Entstehung und Herkunft der Falknerei, nur so viel ist uns bekannt, dass in alten Zeiten und bei vielen Völkern die Fürsten Raubvögel mit sich führten. Aus diesen vielleicht totemistischen Grundzügen gingen später Heraldische Figuren hervor, von den Ägyptern und Mexikanern bis in die Jetztzeit. Meist neigt man dazu, als Ursprungsland der Falknerei die Steppen Zentralasiens anzusehen von wo sie durch die immer noch nicht in ihrer vollen Bedeutung beachtete Ost-Westwanderung nach Europa gekommen sein mag. So sind uns reizvolle bildliche Darstellungen der Beize aus Japan, Lahore in Indien, von den Chinesen, den Hethitern, Kalmüken, Kirgisen.. Afghanen, aus Persien und Turkestan bekannt. Dschingis Chan z. B. verlangte von seinen Söhnen zur reiterlichen Vervollkommnung die Beizjagd. Vorbedingung scheinen die weiten Steppen des Ostens gewesen zu sein. Ein Erbe aus dem klassischen Altertum der Griechen und Römer kann sie nicht sein. Erst im 6. Jahrhundert wird uns von ihr bei einigen germanischen Stämmen berichtet, bei denen sie einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht hatte, um im 12. oder 13. Jahrhundert ihren Höhepunkt zu erreichen. Die Volksrechte dieser Zeit enthalten genaue Vorschriften über die zu erlegenden Bußen, bei Verletzung und Diebstahl der Beizvögel.
Die Bücher über die Falkenjagd gehen auf fremde Quellen zurück und führen ans Mittelmeer oder nach dem Orient. Ein klassisches Dokument besitzen wir in dem prächtigen Werk des Hohenstaufenkaisers Friedrich II. „de arte venandi cum avilus". Mit erstaunlicher Sachkenntnis schreibt dieser hochgebildete Herrscher über naturwissenschaftliche, besonders ornithologische Fragen. Wir sehen uns in die Zeit der Ritterromantik zurückversetzt; edelstes Waidwerk steht vor uns auf: Ritter, Knappen und Edeldamen reiten mit großem Tross durch das Burgtor, Hundegebell ertönt, der Falke steigt von des Edelfräuleins Handschuh, von der Kappe befreit, in die Lüfte.
So wurde auch in der Marienburg von den Deutsch-Ordensrittern diese Jagd und mit den Falken ein schwunghafter Handel in aller Herren Ländern betrieben. Der Hochmeister Konrad von Jungingen hatte 1398 einen Falkenhof gegründet und nach einer Verordnung Winrichs v. Kninrode hatte nur der Hochmeister das Recht, Falken ins Ausland zu versenden. Hauptfangplätze waren Sarkau auf der Kurischen Nehrung, Balga und Brandenburg, die Halbinsel Hela, Gorken und Soldau. Der Preis war 1 - 3 M., die Mark im Wert von 480 kg Roggen! Zur Zeit Herzog Albrechts war die Gegend um sein Jagdschloss Geduwene, heute Jedwabno der Hauptschauplatz der Beizjagd, wo schon die alten Prußen sie betrieben hatten.
Die heutige europäische Falknerei hat vorwiegend sportlichen Charakter. Berufsfalkner sind selten. Das Verdienst Prof. Thienemann ist es auch, in Deutschland einen „Deutschen Falkenorden" gegründet und ihm über das rein Sportliche hinaus wissenschaftliche, tierpsychologische, vogelkundliche, ästhetische und praktische Aufgaben gestellt zu haben. Die Mehrzahl unserer Jäger wird hauptsächlich den beiden letzteren ihre Aufmerksamkeit zuwenden, während nur wenige sich den ersteren, desto bedeutsameren widmen werden.
Seite 2 Die Hausratshilfe. Höhe der 1. Rate – Reihenfolge der Zahlungen nach Punkttabelle
Die vom Kontrollausschuss des Bundesausgleichsamtes beschlossene „Weisung über die Gewährung der 1. Rate der Hausrathilfe“ sieht folgende Regelung vor:
§ 1 Höhe der 1. Rate
Die Hausrathilfe wird in zwei Raten gewährt Die erste Rate wird nach dem Familienstand des Geschädigten vom 1. April 1952 mit folgenden Beträgen gezahlt: von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebenden Geschädigten 300 DM
b) für ein Ehepaar, das nicht dauernd getrennt lebte 450 DM
c) für jeden zum Haushalt des Geschädigten gehörenden und von ihm wirtschaftlich abhängigen Familienangehörigen, sofern dieser zu dem in § 294 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 des Lastenausgleichsgesetzes genannten Personenkreis gehört und nicht selbst entschädigungsberechtigt ist 50 DM
d) für das dritte und jedes weitere nach c) zu berücksichtigende Kind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres weitere je 50 DM
§2 Anrechnung froherer Zahlungen
Auf die sich nach § 1 ergebenden Beträge sind die in Deutscher Mark oder Reichsmark bereits geleisteten Entschädigungszahlungen nach Maßgabe des § 296 des Lastenausgleichsgesetzes mit demjenigen Betrage anzurechnen, der den Gesamtbetrag von 200 DM übersteigt.
§3 Abweichende Regelung
An Geschädigte, die im Zeitpunkt der Schädigung unverheiratet waren und keinen Haushalt mit überwiegend eigener Einrichtung führten, aber mindestens die Möbel für einen Wohnraum besaßen, und an entschädigungsberechtigte Erben wird die Hausrathilfe in zwei gleichen Raten gewährt. Von der Summe des Entschädigungsbetrages nach § 295 Abs. 1 und 2 des Lastenausgleichsgesetzes (Sockelbetrag) und der Familienzuschläge nach § 295 Abs. 3 sind frühere Entschädigungszahlungen nach Maßgabe des § 296 abzuziehen. Von dem verbleibenden Rest wird die Hälfte als 1. Rate der Hausrathilfe gezahlt.
§ 4 Reihenfolge
Die Reihenfolge der Gewährung der ersten Rate der Hausrathilfe wird an Hand der als Anlage beigefügten Punkttabelle festgestellt. Der Präsident des Bundesausgleichsamtes bestimmt jeweils die Grundsätze, nach denen im Rahmen der Punkttabelle Zahlungen erfolgen.
§5 Verfahren
Näheres über die Durchführung der Hausrathilfe regelt der Präsident des Bundesausgleichsamtes.
Die Punkttabelle
I. Monatliche Familieneinkünfte des Antragstellers
1. bis 100 DM , 45 Punkte
2. über 100 DM bis 150 DM, 40 Punkte
3. über 150 DM bis 200 DM, 35 Punkte
4. über 200 DM bis 300 DM, 30 Punkte
5. über 300 DM bis 400 DM, 25 Punkte
6. über 400 DM bis 500 DM, 20 Punkte
7. über 500 DM bis 600 DM, 15 Punkte
8. über 600 DM bis 700 DM, 10 Punkte
9. über 700 DM bis 800 DM, 5 Punkte
Für alle höheren Einkünfte 0 Punkte.
II. Lebensalter des Antragstellers am 01.04.1952
Bis zu 50 Jahren, 0 Punkte
1. Vom vollendeten 50. Jahr bis 65 Jahre, für jedes Lebensjahr, 1 Punkt
2. Vom vollendeten 65. Lebensjahr an, für jedes weitere Lebensjahr zusätzlich je 2 Punkte
III. Zusätzliche Punkte für
1. Jeden zum Haushalt des Geschädigten gehörenden und von ihm wirtschaftlich abhängigen Familienangehörigen je 10 Punkte.
2. beginnend mit dem 4. Kind zusätzlich je 10 Punkte
IV. Antragsteller
1. die Kriegs- und Unfallbeschädigte sind, erhalten zusätzlich
a) bei anerkannter Beschädigung über 50%, 5 Punkte
b) bei anerkannter Beschädigung über 80% oder bei Bezug von Pflegegeld, 10 Punkte
2. die nicht unter Nr 1 fallen, jedoch im Sinne der RVO pflegebedürftig sind, zusätzlich 10 Punkte
3. eine alleinstehende Frau, mit mindestens 1 versorgungsberechtigten Kinde bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, 5 Punkte
V. Besondere Fälle, zum Beispiel:
1. wenn noch kein ausreichender Hausrat vorhanden ist,
2. wenn außerdem die erstmalige Zuweisung einer Wohnung seit dem 01.04.1952 nachgewiesen wird 3. In sonstigen besonderen Fällen zusätzlich an Punkten .... bis zu 20 v. H. der nach 1 und IV bereits erreichten Punktzahl.
Seite 3 Der Untergang der „Wilhelm Gustloff“
Heinz Schön: Der Untergang der „Wilhelm Gustloff". Tatsachenbericht eines Überlebenden. Karina-Golze-Verlag K.-G. Göttingen. 3,85 DM.
Eines der grausigsten Geschehnisse des an furchtbaren Ereignissen überreichen Zusammenbruchs der Hitlerzeit hat seinen legitimen Berichterstatter gefunden, der Untergang des einstigen KdF-Schiffes „Wilhelm Gustloff“ der am 30.01.1945 erfolgte, also genau 12 Jahre nach dem Tage, an dem Hitler dem deutschen Volke Erdenglück und Lebenssteigerung versprochen hatte. Dieser der Freude geweihte Schiffspalast wurde der Schauplatz höllischer Szenen. Es ist ein wirkliches Verdienst, dass einer der Überlebenden, der junge schlesische Schriftsteller Heinz Schön, der, damals ein Mitglied der Besatzung, bisher schon in Zeitschriften seine eigenen Erlebnisse veröffentlicht hatte, nach der Sammlung und Verwertung vieler anderer Augenzeugenberichte nun ein Gesamtbild der Katastrophe in einem schmalen Bändchen gezeichnet hat. Er beschreibt mit Fachkenntnis das stolze „Schiff der Lebensfreude", schildert die in mühsamer Ordnung vor sich gehende Einschiffung der 6000 Menschen, das lange, sehnsüchtige Warten auf den Auslauf des Schiffes das Sicherheitsgefühl der Flüchtlinge, die sich schon gerettet glaubten, das jähe Entsetzen, als sie sich plötzlich dem Tode gegenüber sahen, die furchtbaren Szenen der Panik, den Kampf der Menschenmassen um ihr Leben. Er vergisst aber auch nicht die Szenen tiefer, echter Menschlichkeit und endet mit der Darstellung der furchtbaren Ernte, die der Tod unter den im eiskalten Wasser Treibenden hält, und der verzweifelten Rettungsanstrengungen der herbeigeeilten Marineschiffe. Er tut es in aneinander gereihten, in sich abgeschlossenen, eindrucksvollen Bildern. Dabei hält er sich von jeder Übersteigerung und von phantasievoller Ausmalung zurück, er wirkt gerade so eindrucksvoll durch die bei aller Lebendigkeit einfache, sachliche, fast nüchterne Berichterstattung. Er meidet politische Erörterungen, so dass die menschliche Seite des furchtbaren Erlebnisses desto ergreifender hervortritt. Den tief erregenden und niederdrückenden Eindruck seiner Schilderung hat der Verfasser aber durch einen Anhang gemildert, in dem er von dem Rechtskampf zweier Männer um ein gerettetes Kind berichtet, des Retters, der nun der Pflegevater wurde, und des Mannes, der dieses Kind als das seine zu erkennen glaubte, von einem Kampf, bei dem wir beiden Männern unsere Sympathie nicht versagen können. Das Buch sollte nicht nur von Flüchtlingen gelesen werden und es gehört in jede Schulbücherei.
Was ein Mensch wert ist
Willy Kramp, „Was ein Mensch wert ist". Erzählungen. Deuerlichsche Verlagsbuchhandlung. Göttingen. 4,20 DM
Dieser kleine Band, den W. Kramp jetzt hinausgehen lässt, wird von der großen Gemeinde seiner Freunde sicherlich besonders freudig begrüßt werden, er wird aber auch so manchen neuen Freund gewinnen, der sich in seine tiefe Kunst hineinfühlen wird. Kramp hätte diesem Band auch den Titel „Von ewiger Wiedergeburt" geben können, wenn dieses Wort nicht zu theologisch klingen würde. Aber es handelt sich in der Tat um dieses „theologische" Problem, das ja in Wahrheit ein menschliches ist, ja das menschlichste von allen. In immer neuer Abwandlung bringt Kramp diese grundlegende Frage des Menschen zur Darstellung, und man muss es bewundern, in wie reichem Maße ihm die Gestaltung zu Gebote steht. Gerade in unsere Zeit hinein erklingt sein ernster Anruf; denn er versteht sie. „Rechnen, rechnen, rechnen! das ist das gemeine armselige Geschäft unserer Welt geworden!" So heißt es hier einmal. Aber: „Ein jeder Mensch bekommt von Gott seine richtige Antwort auf Erden, manchmal gerade dann, wenn er etwas falsch und schlecht macht. Aber man muss zu hören verstehen." Denn: „Am Eingang in alles wirkliche Leben stehen Opfer und Liebe." G. v. S.
Dr. Linus Kather, „Eingliederung durch Lastenausgleich" - 36 Seiten, Preis DM 1--. Wegweiser für Heimatvertriebene, Verlag GmbH., Frankfurt/Main.
Die Schrift gibt einen Überblick über die Entwicklung des Lastenausgleichsgesetzes von der Großkundgebung der Heimatvertriebenen in Bonn im Mai 1952 über die Beratungen im Bundestag und Bundesrat bis zur Verabschiedung. Sie enthält Im Wortlaut die Rede des Vorsitzenden des Bundes der vertriebenen Deutschen, Dr. Linus Kather, der den grundsätzlichen Standpunkt und die Mindestforderungen der Vertriebenen vertritt, Auszüge aus dem stenografischen Protokoll des Bundestages. Stellungnahmen der Vertriebenen-Verbände etc. Die Schrift stellt somit für alle an der Entwicklung der Lastenausgleichsgesetzgebung Interessierten eine wertvolle Materialsammlung dar.
Seite 3 Gold des Samlandes in aller Welt. Wir besuchen die Hamburger Bernstein-Manufaktur – Wert des Bernsteins um das Fünffache gestiegen.
Fotos: Nur das echte Samlandgold wird von der Hamburger Bernsteinmanufaktur für Schmuckstücke verarbeitet.
Wie in unserer Zeit, so liebten auch die Menschen vor zweitausend Jahren glänzenden Schmuck. Schon die Phönizier, eines der ältesten Kulturvölker, betrieben einen regen Handel mit Bernstein, den sie auf dem Seewege von der Ostküste holten. Neben goldenem Zierat gingen aus den Kunstwerkstätten der Griechen und Römer prachtvolle Spangen und Armbänder aus „Elektron" hervor, wie der Stein damals von den Griechen genannt wurde. In den Wirren der folgenden Jahrhunderte jedoch, als die antike Welt zu Grunde ging und die abendländische Kultur langsam erwuchs, geriet das „Elektron" nahezu in Vergessenheit.
Erst als der Deutsche Orden das Prussenland erschloss, begann die Bernsteinkultur wieder zu erblühen, diesmal jedoch in Mitteleuropa. Damals wurde auch zum ersten Mal der heutige Name laut, der in der altdeutschen Form „Börnstein" hieß, was „Brennstein" bedeutet, denn „hörnen" entspricht unserem heutigen „brennen". So wusste zum Beispiel Pytheas von Massilia, ein griechischer Forschungsreisender zurzeit Alexander des Großen (356—323 v. Chr.), zu berichten, dass die Goten, die damals an der Ostseeküste saßen, diesen Stein für ihr Herdfeuer benutzten.
Weit bekannt waren die Bernsteinschnitzer des Deutschen Ordens, die aus dem Gold des Samlandes kostbare kleine Plastiken als Geschenke für Fürsten herstellten, und die Paternostermacher von Brügge und Lübeck, die daraus Rosenkränze verfertigten.
Als die Danziger Kaufleute im sechzehnten Jahrhundert vom Herzog Albrecht von Preußen das Bernsteinregal erhielten, d. i. das wirtschaftliche Nutzungsrecht, dehnten sie den Handel bis nach Afrika, Persien und Indien aus, und noch heute werden Gebetsketten aus Bernsteinperlen in die mohammedanische Welt ausgeführt. Die höchste Blüte erlebte die Bernsteinkunst zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Damals erfand der Königsberger Georg Schreiber die Kunst, dünne Bernsteinplättchen zu schnitzen, diese aneinanderzureihen und daraus Gefäße und Geräte herzustellen. Solche Bernsteinwerke zählten damals zu den kostbarsten Schätzen. Gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts trat als eine weitere Neuerung in der Verarbeitung die sogenannte „Inkrustation" auf, wobei geschliffene Bernsteinstücke in Holz oder sogar in Goldfolie eingelegt wurden. Möbel und Altäre wurden auf diese Weise verziert. Das berühmteste Werk dieser Art ist das Bernsteinzimmer in Zarskoje Selo, das Friedrich Wilhelm I. dem Zaren Peter dem Großen schenkte.
So blühte die Bernsteinkunst mehrere Jahrhunderte lang und spielte für den Export eine große Rolle. Nahezu 75% der hergestellten Gebrauchs- und Schmuckgegenstände wurden vor dem letzten Kriege ausgeführt.
Als die Russen dann im Jahre 1945 das Samland besetzten, das der einzige Fundort ist, wo Bernstein in größeren Mengen gewonnen wird, - 300 bis 500 Tonnen jährlich, das sind neun Zehntel der Weltausbeute - schien für Deutschland und die übrigen Länder die Bernsteinkunst besiegelt zu sein. Zwar haben die Russen die Gewinnung des Bernsteins wieder aufgenommen und führen auch die frühere „Staatliche Bernsteinmanufaktur" in Königsberg - heute „Kalingrader Bernsteinkombinat" genannt - weiter, jedoch führen sie keinen Bernstein aus.
Glücklicherweise wurde aber vor Kriegsende eine beachtliche Menge Bernstein, der eigentlich für industrielle Zwecke bestimmt war, nach Westdeutschland transportiert, so dass die ehemalige Königsberger Bernsteinmanufaktur nach dem Kriege, wenn zunächst auch unter großen Schwierigkeiten und in kleinem und bescheidenem Umfang mit ihren alten Fachkräften aus der Heimat in Hamburg ihre Arbeit wieder weiterführen konnte. Bei diesem Material, mit dem man noch etwa zehn bis zwanzig Jahre ausreichen wird, aber nicht für die Herstellung von Schmuck und Gebrauchsgegenständen vorgesehen war, handelt es sich zum großen Teil um kleine Stücke oder solche die eine ungünstige Form aufweisen. Diese Tatsache führte in den ersten Nachkriegsjahren, wo in Deutschland die Möglichkeit fehlte, Pressbernstein herzustellen, zu erheblichen Schwierigkeiten, und so kam es, dass man sich im Ausland hierum bemühte. Der Mangel an Erfahrung und der notwendigen Fachkenntnis brachten dort jedoch das Vorhaben zum Scheitern.
Im Februar 1951 gelang es dann endlich der Hamburger Bernsteinmanufaktur, die Herstellung von Pressbernstein wieder aufzunehmen. Bei diesem Verfahren werden die kleinen, sonst unbrauchbaren Stücke, die vorher sorgfältig gereinigt sind, durch Erwärmung auf eine ganz bestimmte Temperatur und unter Druck so zu größeren Stücken zusammengepresst, dass keine Nahtstelle sichtbar ist. Durch ganz minimale Zusätze von Chemikalien kann man hierbei dem Bernstein jeden gewünschten Farbton geben. Es handelt sich bei dem Pressbernstein also um keinen nachgeahmten Kunststoff, sondern um unser echtes Samlandgold, das, nachdem es wieder abgekühlt ist, wie gewöhnlich geschnitzt, gedrechselt oder sonst wie bearbeitet werden kann. Pressbernstein wird bei der Hamburger Manufaktur ausschließlich für elektro-physikalische Zwecke in Form von Isolatoren und zur Herstellung von Raucherartikeln verwendet. Für Schmuck und kunstgewerbliche Gebrauchsgegenstände wird ausschließlich gewachsener Naturbernstein verarbeitet. Das Fehlen von größeren Stein-Sortimenten wird dadurch ausgeglichen, dass beispielsweise Zigarettenkästen oder Puderdosen mit einem geschliffenen Mosaik aus kleineren Steinen in verschiedensten Farbtönen versehen werden.
Auch die verschiedenartigen Farbtönungen, in der Fachsprache „Nuance" genannt, sind von Wichtigkeit, denn jedes Land bevorzugt eine ganz bestimmte Färbung, und man bemüht sich schon wieder, den verschiedenen Geschmacksrichtungen gerecht zu werden. So liebt man in Frankreich zum Beispiel den durchscheinenden, klaren Bernstein, während die Orientalen den trüben, mattgelben vorziehen. Im Allgemeinen gilt von dem durchsichtigen der ganz hellgelbe, fast wasserklare und vom undurchsichtigen der wolkige, weißgrünliche und milchweiße als der wertvollste.
Neben Rosenkränzen und Gebetsketten wird heute sehr viel neuzeitlicher Schmuck hergestellt, sowie Gebrauchsgegenstände, Erinnerungs- und Ehrennadeln. Aus poliertem Naturstein verfertigt man Ketten und Armbänder. Nebenher werden natürlich Reparaturen ausgeführt.
Nur das echte Samlandgold wird von der Hamburger Bernsteinmanufaktur für Schmuckstücke verarbeitet.
Auch die Ausfuhr ist wieder im Gange, wenn sie auch nicht die Höhe der Vorkriegsjahre erreicht hat, so bringt sie uns doch allerlei Devisen ein, denn infolge der Knappheit des Bernsteins ist sein Werk gegenüber dem Jahre 1938 um etwa das Fünffache gestiegen. Nach Italien, Spanien und Frankreich werden wieder Rosenkränze exportiert und in den Orient liefert man Gebetsketten. Auch die Neger Ostafrikas werden wieder mit Gebetsketten versorgt, die aus 33 Perlen bestehen, die allerdings nicht immer echter Bernstein sind, sondern aus Kunstharz hergestellt werden, das dem Naturstein täuschend ähnlich sieht und daher von den eingeborenen Händlern oftmals als echter Bernstein zu hohen Preisen an die Neger verkauft wird.
Die Ausbildung von Nachwuchskräften in der Bernsteinverarbeitung ist durch das Rohstoffproblem und die damit zusammenhängenden, unübersichtlichen Zukunftsaussichten recht schwierig. Beim Abschluss von Lehrverträgen wird deshalb sorgfältig geprüft, ob der Bewerber die notwendige Eignung und ein gleichbleibendes Interesse mitbringt, das für eine spätere teilweise Umstellung auf verwandte Werkstoffe unerlässlich ist. Bei der Hamburger Manufaktur hat ein Bernsteindrechslerlehrling im Frühjahr 1952 seine Gehilfenprüfung mit Auszeichnung bestanden und als Landessieger der Drechsler-Innung ein Diplom der Handwerkskammer erhalten.
Möge aber unser aller sehnliches Hoffen und Wünschen, die Heimat und mit ihr das Gold des Samlandes wiederzubekommen, recht bald in Erfüllung gehen, auf dass die deutsche Bernsteinkunst gestern, wie heute so auch morgen weiter blühen kann. H. Rutkewitz
Seite 4 Aus den Landsmannschaften
Berchtesgaden
Die Jahreshauptversammlung der Berchtesgadener Vereinigung der Ost- und Westpreußen fand in einer Atmosphäre froher kameradschaftlicher Zusammenarbeit statt. Der 1. Vorsitzende, Marian Hepke, erstattete nach der Totenehrung den Jahresbericht, der von einem regen Leben in der Vereinigung zeugte. Besondere Worte widmete der Redner der Bedeutung der Jugend- und Kulturarbeit. Praktische Hilfe wurde den im Osten verbliebenen Landsleuten zuteil, indem die Mitglieder Kleidung und Lebensmittel gesammelt hatten, die durch die Landsmannschaft in die polnisch besetzten Gebiete gesandt worden waren. Briefe voll des Dankes, die zur Verlesung gekommen waren, zeugten von dem Erfolg der Aktion. In Bezug auf die Gesamtlage glaubte der Redner feststellen zu können, dass durch die Gesetzfassung des Lastenausgleichs und die Erkenntnis, dass das Heimatvertriebenenproblem nicht Sache einzelner Länder, sondern der ganzen Welt sei, ein Fortschritt zu verzeichnen ist. Nach den Berichten der übrigen Vorstandsmitglieder und nach Entlastungserteilung wurde zur Neuwahl des Vorstandes geschritten. Erster Vorsitzender wurde einstimmig Herr Marian Hepke, dem von Seiten des Wahlleiters, Herrn Schadau, Anerkennung und Dank im Namen der Vereinigung ausgesprochen wurde. Auch der Schriftwart, der Kassenwart, der Kulturwart und die beiden Beisitzer wurden wiedergewählt. Es sind dies: Fräulein Loeffel, Herr Vogel, Frl. Neiß und die Herren Sturmheefel und Wolf. Als 2. Vorsitzende wurde Frau Zimmermann und als Jugendwart Herr Heinz Banasch gewählt. Herr Wolf berichtete dann über die Delegiertentagung in München. Beschlossen wurde, die nächste Sitzung mit einem Fleckessen zu verbinden, außerdem wird in der Sitzung vom 9. November Herr Oberinspektor Kattengell ausführlich über die neuesten Bestimmungen zum Lastenausgleich berichten, die in den nächsten Wochen zu erwarten sind. Die Weihnachtsfeier findet am 14. Dezember statt. Das Faschingsfest soll gemeinsam mit den dortigen Landsleuten in Bad Reichenhall begangen werden. Eine Reihe von neuen Mitgliedern, die z. T. sehr weite Wege nicht gescheut hatten, konnten begrüßt werden. Ein gemütliches Beisammensein hielt die Erschienenen noch geraume Zeit vereint.
Kreis Burgdorf
Am 4. Oktober beging die Landsmannschaft Ostpreußen in Burgdorf ihr Erntedankfest mit einer Feierstunde. In Vertretung des erkrankten 1. Vorsitzenden begrüßte der 2. Vorsitzende Heinz Kannacher die zahlreich Erschienenen und behandelte eingangs nochmals die vielfachen Probleme des Lastenfeststellungsgesetzes. Kannacher wies auf die Ausfüllhilfe durch die Geschädigten-Verbände, insbesondere durch den BVD, hin, aber auch, auf die bevorstehende Kommunalwahlen, bei denen sich der BVD geschlossen auf die Seite des BHE stellen will. Mit dem alten Ostpreußenlied „Land der dunklen Wälder" wurde der Auftakt zu der Feierstunde gegeben, an den sich besinnliche Gedichte unserer Agnes Miegel u. a. sowie die Verlesung von Prosastücken anschlossen. In einer Arbeit eines jetzt in Hamburg lebenden vertriebenen Pastors wurde die Frage aufgeworfen, ob der „verlorene Haufen" vertriebener Menschen ohne eigene Ernte noch danken müsse und könne. Mit grundsätzlichen Worten der Bibel wurde diese Frage bejaht, und die tätige Liebe am Nächsten müsse auch für uns der Dank sein, den wir Gott schulden.
Lübbecke/Westf.
Am 1. Oktober 1952 feierte hier der Obmann der Ostvertriebenen und Sprecher der ostpreußischen Landsmannschaft Rektor a. D. Walter Hardt sein goldenes Rektoren-Jubiläum. Er war bereits in der neuen Heimat Landtagsabgeordneter und betätigt sich noch heute als Stadt- und Kreisvertreter und ist ein bekannter Redner auf politischem und kulturellem Gebiet.
Rößel-Gymnasium Gesucht werden:
Regierungsrat Bruno Drews, Bischofsburg,
Rechtanwalt Reinhold Drews Bischofsburg,
Gastwirt Grunwald, Sturmhübel,
Hans-Jörg Lohr aus Domnau.
Das diesjährige Treffen in Herne fällt aus. Der nächste Rundbrief bringt u. a. das neue Anschriftenverzeichnis, Anschriftenänderungen bis zum 15. November 1952 mitteilen. Erwin Poschmann.
Ostpreußen-Familie in Flensburg
Auf der Mitgliederversammlung der Landsmannschaft Ostpreußen. Gruppe Innenstadt, entbot der erste Vorsitzende, Schulrat a. D. Babbel, den Heimatgruß. In einer Familie gilt es, so führte der Vorsitzende aus, teilzunehmen an Freud und Leid der einzelnen Familienglieder und so gedachte er zunächst der Verstorbenen des Monats und zwar:
Frau Annuscheit, die erst vor einigen Monaten mit ihrem Mann die goldene Hochzeit gefeiert hatte, der Frau Birr und des Herrn Richard Dirschau. Eine besondere Freude war es für den Vorsitzenden, das „Goldene Ehepaar" Müller in der Versammlung zu begrüßen. Außerdem hatte am Versammlungstag das Ehepaar Sassor diamantene Hochzeit. Zum Schluss seiner Begrüßungsansprache galt es Abschied zu nehmen von dem Ehepaar Kurt Glodschey, den Schöpfern unseres „Ostpreußenbanners". Sie verlassen Flensburg und siedeln nach Kiel über.
Der Städtische Beauftragte für das Flüchtlingswesen, Dr. Pütter, sprach dann über die Umsiedlung. Der dritte Vorsitzende, Bocian, gab geschäftliche Mitteilungen bekannt.
Über die Einigungsbestrebungen zwischen den Landsmannschaften und dem ZvD/BvD auf Bundesebene äußerte der Vorsitzende Babbel: „Erst wenn wir alles, was Zwiespalt heißt überwinden, werden wir uns durchsetzen. Erst wenn die Vertriebenen sich selber verstehen, werden sie auch von anderen verstanden werden."
Auf der Oktoberversammlung der Untergruppe Mürwik in der Seewarte konnte der Vorsitzende einige neueingetretene Mitglieder begrüßen. Er berichtete über den Stand der Errichtung eines Ehrenmals für die Toten des Ostens. Die Einweihung dieses Gedenksteines soll am Totensonntag vorgenommen werden. Ein großer Findling ist auf dem Friedhof am Friedenshügel aufgestellt und soll bildhauerisch ausgestattet werden. Er rief die Mitglieder auf, sich an der Aufbringung der Kosten durch Spenden rege zu beteiligen. Auch zur Mithilfe bei der Fortsetzung der Päckchenaktion an Landsleute in der Sowjetunion rief der Vorsitzende auf. Büroleiter des LvD Rietenbach hielt dann einen Vortrag in dem er die Auswirkungen der Heimatvertriebenen-Gesetze beleuchtete.
Goldene und Diamantene Hochzeit
Am 20. September 1952 konnte das Ehepaar Müller im Kreise der Familie und einer großen Schar Ostpreußen die goldene Hochzeit feiern. Der Jubilar war in der Heimat Bahnhofsvorsteher in Rominten gewesen. Erst im Jahre 1948 konnte er aus der Heimat herauskommen. Von seiner Frau war er getrennt und hatte sie erst im Jahre 1950 durch den Suchdienst wiedergefunden. Die Stadt Flensburg, vertreten durch den stellvertr. Stadtpräsidenten und die Bundesbahn gratulierten dem ersten Vorsitzenden der Ostpreußenfamilie.
Diamantene Hochzeit feierte am 6. Oktober 1952 der frühere Bahnwärter aus Schönwiese, Herr Wilhelm Sassor und seine Ehefrau Marie geb. Saßlona. Nach der kirchlichen Einsegnung durch Pastor Christiansen sang der Ostpreußen-Frauenchor dem Jubelpaar einige Lieder. Der erste Vorsitzende fand herzliche Worte für die Alten. Auch dieses Ehepaar war auf der Flucht voneinander getrennt und konnte erst im Jahre 1950 wieder den Weg durchs Leben gemeinsam gehen. Am Abend wurden die Jubilare durch den Gemischten Chor der Landsmannschaften Ostpreußen und Pommern mit einem Ständchen erfreut. Armoneit.
Im Monat November feiern die nachstehend aufgeführten betagten Landsleute der Ostpreußenfamilie in Flensburg ihren Geburtstag:
Am 07.11.1952, Frau Marie Rehan , Munketoft 27, fr. Rastenburg, 72 Jahre.
Am 12.11.1952, Frau Olga Hintz, Ochsenweg 300, fr. Modgarben, Kreis Rastenburg, 77 Jahre.
Am 13.11.1952, Frau Lina Braehmer, Heinz-Krey-Lager, fr. Altkirchen, Kreis Ortelsburg, 71 Jahre. Am 21.11.1952, Frau Helene Labjohn, Karlstraße 8, fr. Schippenbeil, Kreis Bartenstein, 71 Jahre.
Am 25.11.1952, Frau Berta Massalsky, Neustadt 56, fr. Tilsit, Merwisch-Park 6, 78 Jahre.
Am 28.11.1952, Herr August Broßinski, Burgstraße 27, fr. Elbing, Spieringstraße 7, 72 Jahre. Außerdem feiert im November das Vorstandsmitglied Landsmann Martin Hiller, Eckenerstraße 7, am 29.11.1952 seinen 47. Geburtstag. Er stammt aus Insterburg und ist der Sprecher der Insterburger in Flensburg. Der Vorstand gratuliert allen Geburtstagskindern herzlich. Armoneit.
Deggendorf-Donau
Auf der Jahreshauptversammlung wurde bis auf den langjährigen zweiten Vorsitzenden Hans Kayko, der einen anderen Wirkungskreis in Oberbayern gefunden hat, der alte Vorstand wiedergewählt: Erster Vorsitzender: Hans Vorwald, zweiter Vorsitzender Erich Winkel, ferner Franz Temlitz, Gisela Meitz, Eva Hurtig-Christeleit, Frau Temlitz, Charlotte Krumm. Auf dem nächsten Heimatabend am 14. November hält Ldm. Winkel einen Lichtbildervortrag über Ost- und Westpreußen. Die Weihnachtsfeier findet am 20. Dezember nachmittags für die Kinder und abends für die Erwachsenen statt.
Im Rahmen einer Ostdeutschen Vortragsreihe spricht am 14.01.1953 Dr. Walter Schlusnus über „Der geschichtliche Anspruch Deutschlands auf das Ordensland Ost- und Westpreußen". Alle Landsleute aus der näheren und weiteren Umgebung werden schon heute auf diesen Vortrag aufmerksam gemacht.
Insterburger Treffen in Bochum
Der Leiter der Insterburger Heimatgruppe, Dr. Gaede, Herne, konnte auf dem Herbsttreffen der Insterburger in Bochum über 700 Landsleute begrüßen. Die Feierstunde am Vormittag wurde durch die Singgemeinschaft des BvD Bochum-Riemke eingeleitet. Nach der Totenehrung sprach Dr. Gaede dem Oberbürgermeister der Stadt Bochum seinen Dank für die Unterstützung des Treffens aus. Den Gruß der Insterburger entbot er dann dem letzten Bürgermeister von Insterburg, Dr. Wander, und seinem Geschäftsführer, Padeffke, die sich um die Zusammenführung der Insterburger verdient gemacht hatten. Eine kunstvolle Kohlekeramik, verziert mit dem Wappen und Namen der Stadt Insterburg war das Festabzeichen des Treffens und die Erinnerungsgabe der Heimatgruppe an Dr. Schreiber, den Bochumer Oberbürgermeister und Dr. Wander.
Der Oberbürgermeister Geldmacher überbrachte die Grüße der Stadt und wies darauf hin, dass schon seit der Industrialisierung des Ruhrgebietes sich Ostpreußen im Bochumer Gebiet angesiedelt und hier eine neue Heimat erarbeitet hätten. - Eine Kohlekeramikplatte mit der Grubenlampe waren die Gastgeschenke der Stadt Bochum. Der Sprecher der Insterburger, Bürgermeister Dr. Wander, sprach dann von der gemeinsamen Heimat und führte die Insterburger auf heimischen Wegen zu den allen Insterburgern bekannten Stätten. Er wies auf die sittlichen Werte hin, die uns die Heimat gab und die uns verpflichten, auch weiterhin für unsere Heimat einzustehen. Das deutsche Volk brauche den Osten und wir müssten in unserer Heimat wieder die Aufgabe übernehmen, Schutz Europas und Träger abendländischen Geistes im Osten zu sein.
In einem Vortrag beschäftigte sich sodann Dr. Schreiber mit der Frage, ob wirklich Raum für eine Hoffnung den Ostvertriebenen gegeben ist. - Im Namen der Insterburger dankte zum Abschluss Landsm. Rohrmoser, Düsseldorf, allen Beteiligten des Treffens. Die Feierstunde klang mit dem Deutschlandlied aus. - Am Nachmittag spielte die Bochumer Postkapelle ostpreußische Weisen und trug wesentlich zur Stimmung der Landsleute bei.
Seesen im Harz
Die ostpreußische Erntefeier nach dem Brauch, wie er auf dem Hofe des Bauern Krutschinna in Grondischken. Kreis Angerburg üblich war, hatte einen starken Besucherstrom entfacht. Sitte und Brauchtum der Heimat erlebten in der Gestaltung durch die „Deutsche Jugend des Ostens" unter Leitung der Kulturreferentin Frau Donnermann in Ernteaufzügen, Reigen, Volkstänzen und Wechselgesprächen eine eindrucksvolle Auferstehung. - Der „Frida Jung-Feier" am 1. November werden Kurzreferate von Schulrat Papendiek zum Lastenausgleich und zu den bevorstehenden Kommunalwahlen vorangehen.
Ihren 82. Geburtstag feiert am 29. Oktober 1952 Frau Eugenie Gebhardi aus Insterburg (Ostpreußen), Forchestraße 12, jetzt wohnhaft in Seesen/Harz, Poststraße 6.
Reutlingen
Am Sonntag, den 5. Oktober, feierten die Ost- und Westpreußen in Reutlingen ihr Erntefest. Nach einem Vorspruch „Ostpreußischer Erntedank" den Fräulein Jülke vortrug, sprach der Ortsvorsitzende Biegritzky. Diese Feier, so sagte er, wecke schmerzliche Gefühle. Gern möchte man das Fest wie früher inmitten des reichen Erntesegens Ost- und Westpreußens feiern. Die Vertreibung sei nicht Gottes Wille, sondern Menschenwille. Deshalb könne auch nur Menschenwille das Unrecht wieder gutmachen. Den Heimatgedanken zu pflegen sei unsere vornehmste Aufgabe und einmal müsse der Tag kommen, wo unsere angestammte Heimat uns wieder zur Verfügung steht.
Der Kreisvorsitzende de la Chaux sprach von dem Erntefest als einem Traditionsfest, das gepflegt werden müsse. Er gedachte besonders der Gefangenen und der zurückgebliebenen unterdrückten Deutschen. Landesvorsitzender Dr. Fortzehl sprach von dem preußischen Geist, dem Geist der Treue, Pflichterfüllung und Bescheidenheit, ein Geist, in dem man weiterwirken müsse. Nach dem gemeinsam gesungenen Liede „Land der dunklen Wälder" trug Carola Teschner ein selbstverfasstes Erntegedicht vor. Heimische Bauern- und Fischertänze der Jugendgruppe ernteten starken Beifall. Unter der bewährten Leitung und Mitwirkung von Helmut Münchow wurde ein Einakter aufgeführt, der die Feststimmung erhöhte. Mit dem Erntetanz endete die wohlgelungene Veranstaltung.
Als nächste Veranstaltung der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen Reutlingen findet am Totensonntag, den 23. November, um 17 Uhr im Saale des Südbahnhof ein Heimat- und Totengedenken statt.
Wiesbaden
Der Verband der Ost- und Westpreußen in Wiesbaden machte im Laufe des Sommers eine Reihe wohlgelungener Ausflüge, die die Landsleute in die nähere und weitere Umgebung führten und ihnen die Schönheiten der neuen Heimat zeigten. Die Fahrten nach Heidelberg, Bad Ems, Koblenz, St. Goarshausen, Bad Soden, Königsstein, Ebernberg, Bingen und Ingelheim, werden allen Landsleuten noch in Erinnerung bleiben. Ende September machte die Landsmannschaft aus Bad Nauheim einen Gegenbesuch in Wiesbaden. Gemeinsam verlebte man bei Gesang, Volkstänzen und humoristischen Darbietungen im Kolpinghaus einige frohe Stunden.
Wolfenbüttel
Zu der bisher größten und eindrucksvollsten Kundgebung der Heimatvertriebenen in Wolfenbüttel gestaltete sich der Heimatabend, zu dem das Kreisflüchtlingsamt zusammen mit den Landsmannschaften im BvD eingeladen hatte. Gegen 700 Gäste konnte der Kreisflüchtlingsamtsleiter Schön begrüßen. Über die Aufgaben der Landsmannschaften im BvD sprach der Kreisvorsitzende Rock, während Stadtflüchtlingsamtsleiter Dr. Helmut Klose einen mehrstündigen, begeistert aufgenommenen Film- und Lichtbildervortrag über die ostdeutsche Heimat hielt. Der Vertriebenenchor erfreute mit einigen Liedern und auch die Volkstänze der Deutschen Jugend des Ostens fanden reichen Beifall. - Vor über 300 Schulkindern zeigte auf einem weiteren Heimatabend Dr. Klose die Schönheiten der Landschaft des deutschen Ostens in Film, Bild und Wort auf.
Seite 4 Turnerfamilie Ost- und Westpreußen
Allen Novemberkindern unsern herzlichsten Glückwünsche.
01.11.1952, Ruth Kaltwang (KMTV/Insterburg) Elm, Hauptstraße 199, Saarland
01.11.1952, Käthe Kühnel-Stier (Dzg.-Ohra), 24b Heiligenhafen (Holst.), Eichholzweg
03.11.1952, Otto Gebauer (Gumbinnen), 24b Heide (Holst), Johann-Hinrich-Fehrs-Straße 68
03.11.1952, Karl Knie (Zoppot), 14b Calmbach a. d. Enz, (Schwarzwald), Wildbaderstraße 67
04.11.1952, Margarete Bläsner-Pohl (KMTV), 20a Hannover-Linden, Stockmannstraße 12 pt.
04.11.1952, Hilde Lehwald (Elbing), 3a Ostseebad Baltenhagen (Meckl.), Mittelweg 30
04.11.1952, Charlotte Peter-Wroblewski (Zoppot), 24a Hamburg, Ewaldsweg 12 II
04.11.1952, Ruth Franke (Zoppot), 24a Hamburg-Blankenese, Osterloh 10
04.11.1952, Kurt Krause (Lyck), 24b Itzehoe, Juliengardeweg 5
07.11.1952, Friedrich Neumann (KMTV), 24a Bad Oldesloe, Hamburger Straße 72
07.11.1952, Lotte Müller-Raddatz (Marienburg). 20a Burgstemmen über Elze (Han.), Gartenstraße 121
08.11.1952, Alfred Arke (Tgm. Danzig), 24b Neumünster, Ehndorfer Straße 178
09.11.1952, Liselotte Gorontzi-Büttner (Marienburg/KMTV), 23 Osnabrück, Iburger Straße 67
09.11.1952, Wilhelm Posingies (KMTV), 1 Berlin-Friedenau, Odenwaldstraße 5
09.11.1952, Elsbeth Krischun (KMTV), 20b Braunschweig, Honrothstraße 12 pt., bei Schlemme
11.11.1952, Walter Schulz (KTC), 24b Flensburg, Waldeckerstraße 30
12.11.1952, Erika Moritz (Zoppot), 23 Oldenburg (Oldbg.), Klanbergstraße 36
12.11.1952, Maria Amort (Zoppot), 22a Remscheid, Scheiderstraße 20
13.11.1952, Anna Goerigk-Neumann (Rößel), 22b Bad Neuenahr, Mittelstraße 10 III
13.11.1952, Henry Groß (KMTV), 1 Berlin-Charlottenburg 4, Leibnitzstraße 46 IV
14.11.1952, Wilhelm Pohl (Elbing), 21a Minden (Westfalen), Kaiserstraße 12
15.11.1952, Max Kneller (Dzg.-Neufahrwasser), 21b Hamm Westf., Postfach 507
15.11.1952, Käte Laßner-Lebbe (Marienburg), 24b Wesselburenerkog, Zollhaus
15.11.1952, Artur Meißner (Zoppot), 24a Hamburg-La. I, Stockflethweg 111
15.11.1952, Gertrud Steingräber-Fahl (TuF Danzig), 22b Ibersheim (Rheinhessen) b. R. Stauffer
17.11.1952, Edwin Senger (Marienburg/Danzig-Neufw.), 24b Kiel, Esmarchstraße 68 III
17.11.1952, Sigrid Degenhardt (KTC), 16 Frankfurt (Main) Neuhofstraße 14. bei Schuchhard
18.11.1952, Anna Bordien (Elbing), 22b Green/Heimersheim über Remagen, Mühlenstraße
18.11.1952, Möller (KTC), 22a Essen/Stadtwald, Waldblick 13
19.11.1952, Kurt Kaltwang (KMTV/Insterburg), Elm, Hauptstraße 199, Saarland
19.11.1952, Walter Trzaska (Tilsit), 3a Stevenhagen (Meckl.), Goethestraße 8
19.11.1952, Frieda Schulz-Zerfowski (KTC), 24a Lübeck, Kahlhorststraße 46 A
20.11.1952, Erich Geniffke (Tgm. Danzig), 24b Flensburg, Am Burgfried 7
20.11.1952, Richard Wittig (KMTV), 13a Bamberg, Schützenstraße 35 I
21.11.1952, Walter Schröder (KMTV), 19a Halle (Saale). Carl-von-Ossietzki-Straße 10
22.11.1952, Fritz Radtke (KMTV), 22c Merzenich bei Düren, Vorbahnhof
22.11.1952, Grete Schulz-Laupichler (Insterburg), 20a Northeim (Han.), Rhumestraße 2
22.11.1952, Artur Trusch (KMTV), 24b Itzehoe, Talstraße 16
22.11.1952, Dr. Reinhold Huwe, 20a Hannover, Simrock Straße 25 pt.
23.11.1952, Waldemar Gottschalk (KMTV), 23 Westerstede, Kirchenstraße 4
23.11.1952, Heinz Haak (KMTV), 16 Bad Homburg v. d. Höhe, Philosophenweg 12
23.11.1952, Paul Kadereit (Insterburg/TuF. Danzig/Marienwerder), 24a Hamburg-Othm., Elb-Chausee 203
24.11.1952, Hans-Jochem Timm (PolKbg.), 23 Bremerhaven, Postfach 52
25.11.1952, Hans Bonacker (Tilsit), 20b Goslar, Claustorwall 9a
25.11.1952, Rudolf Neumann (Elbing TuFDanzig), 24b Flensburg, Rote Straße 10 II.
25.11.1952, Hildegard Arke-Wiedemann (TgmDanzig), Neumünster, Elmdorfer Straße 178.
26.11.1952, Ernst Korittke (KTC), 20a Hannover, Sedanstr. 7
26.11.1952, Charlotte Mildt-Schiemann (KTC), 23 Rastede, Oldenburger Straße 23.
26.11.1952, Irene Schlemminger-Keibel (KMTV), 24b Prisdorf, Kr. Pinneberg.
26.11.1952, Dr. Werner Zwickel (Zoppot/DzgOliva), 23 Worpswede 20.
27.11.1952, Marie Henke (KbgTurnlehrerinnen), 22b Bad Neuenahr, Haus Abendfrieden
28.11.1952, Else Schäfer-Schmidtke (Dzg-Langfuhr) 24b Kiel-Holtenau, Kanalstraße 8.
28.11.1952 Claus -Schneider (Gumbinnen), 23 Sottrum 120
28.11.1952, Fritz Meyer (Labiau), 14a Aalen (Württ). Hauptstraße 10b.
29.11.1952, Dr. Adalbert Perrey (KMTV), 24b Schleswig. Amtsgericht.
Ganz besonders gilt unser Geburtstagsgruß den Jubiläumskindern:
Arthur Trusch (50),
Rudolf Neumann und Wilhelm Pohl (70),
Paul Kadereit (75),
Henry Groß und Conrad Bayer (76),
Marie Henke (88 Jahre).
GUT HEIL!
Anschriftenänderung: Briefe für die Turnerfamilie Ost- und Westpreußen sind künftig zu richten an: Wilhelm Alm, (23) Oldenburg (Oldbg.), Gotenstraße 33
Der Tod hat in diesem Jahre drei schmerzliche Lücken in die Reihen der Turnerfamilie gerissen.
Gustav Kublun, Ehrenmitglied des KMTV 1842 verstarb am 30.07.1952 in Hildesheim im 88. Lebensjahr.
Im besten Mannesalter, noch nicht 46 Jahre alt, folgte ihm Walter Naumann vom KMTV 1842, der am 07.08.1952 in Köln einem Gehirnschlag erlag und in Hannover beigesetzt worden ist.
Kurz vor Vollendung des 74. Lebensjahres verschied unerwartet in Kiel Max Buttler vom Königsberger Turnclub.
Ihre Verdienste im Einzelnen zu würdigen, mangelt es hier leider an Raum. Ihre Treue zur turnerischen Gemeinschaft war unerschütterlich. „Sie sollen uns für alle Zeit als Vorbild umschweben in Freud und Leid“.
Seite 4 Wi lere Plattdietsch. Von Dr. Karl Bink.
VII. Fortsetzung
Da bim letzte Moal (VI) manchet verruscht ös, mott wi dat eerscht röchtig to moake verseke. Datt de eerscht Reej (Reihe) op e Koapp steit, ös nich schlömm. Öne sävend Reej heet et nich? Endung e (stark), „sondersch Endunge (stark)“. Schlömmer ös all, datt so ön e Mödd (34. Reer) under „Gegenwart“ steit: „ware" (werden) kenne geleert.“ Disse paar Weerd gehere ganz unde am End von VI. Bi de veer Gruppe ön e Mödd ös ok bi de andere Tide (Zeiten) ök, du... totoseite oder totodenke. De letzt Äversoöcht ös oaver bim Drucke ganz veronglöckt. Da et sök bloß öm de Klammere handelt, kann dat jeder sölvst verbätere. De eerscht Klammer (gedruckt) darf bloß bät to „Beröcht' reke
(reichen). Nu sitt et so ut, als wenn et ok ene Befääl far „ök“ gövt, de kein Endung hevt; denn de Ströch zeigt je an, datt de Foarm ohne Endung ös. De Klammer mußt egentlich ok hinder „ök“ anfange on nich daräver stoane. Een twödd Klammer far st mott hinder „du“ anfange on reekt wedder bät to „Beröcht“; de Befääl far „du" hevt keine Endung (-). De drödd Klammer mott hinder „et“ anfange on reekt bloß bät tom Wunsch von e Gegenwart; denn de Beröcht von e Gegenwart hevt bi he, se, et een t als Endung. De veerd Klammer mott hinder „wi" angesett ware on geit wie de beide eerschte bät to „Beröcht". Da t gölt bloß far „ju" bim Befääl. Denn ös alles röchtig. Een ander Anordnung moakt vleicht de Sach noach klarer.
Endunge far de Afwandlung (Konjugation)
| ök | du | he, se, et schaftsf. | wi | ju | se | Dingf. |
st. | Eegen-schw. t, ge- |
Vergangenheit: |
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| e |
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Beröcht Wunsch | - | st (sd) st (sd) | - - | e e | e e | e e |
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Gegenwart: |
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| e | (end) |
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Wunsch | - | st | - | e | e | e |
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Beröcht | - | st | t | e | e | e |
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Befääl | - |
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| t |
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Wer weiß etwas über den Verbleib meiner Mutter, Frau Amalie Domnick, geb. Hochfeld, geb. 04.01.1871 in Weißenstein, zuletzt wohnhaft Königsberg/Pr., Bismarckstraße 5. Sie soll in einem Altersheim Auf den Hufen gewesen sein. Nachricht erb. Schaustellerin Frida Eisermann, Einbeck (Hannover) Tiedexer Straße 10.
Oberfeldwebel Harri Orlowski, geb. 06.07.1910 in Bischofsburg, verwundet und vermisst am 02.04.1942 bei Italino (Russland), Feldpostnummer 16 535 C, und Schwester Thekla Nikelewski, geb. 1882, letzte Wohnung Marienburg/Westpreußen, Krazhammer 18, werden gesucht von Ch. Adler, Berlin-Mariendf., Friedenstraße 28 II.
Karl Simon, Klempnermeister und Kaufmann aus Königsberg, Am Fließ 16 oder 23 (hatte dort zuletzt ein Fischgeschäft), Alter etwa 60 Jahre, war Anfang 1945 noch in Königsberg. Nachricht erbittet Dr. Ballhorn, (24b) Itzehoe/Holst., Buschkamp 7b
Gesucht wird Landwirt Kurt Rondeck, oder seine Familie, aus Willkeim bei Cranz/Samland. Nachricht erb. Dietrich Rondeck, Göttingen, Reinhäuser Landstraße 39.
Ich suche meinen Vater Anton Gerlitzki, geb. 28.10.1877, letzter Wohnort Kribhausen, bei Wormditt, meine Mutter Anna Gerlitzki, geb. Hörich, geb. 06.10.1876, beide gingen Ende Januar 1945 auf die Flucht, als Wormditt Kampfzone wurde, und meinen Bruder Bernhard Gerlitzki, geb. 20.04.1907, letzter Wohnort Barien bei Wormditt, zuletzt Volkssturm in Pillau. Nachricht erb. August Gerlitzki, 17b Haslach Nr. 59, bei Oberkirch/Renchtal, Kreis Offenburg.
Wer kann Auskunft geben über den Verbleib meiner Schwester Alma Altenberg, geb. 25.10.1889, Königsberg/Pr.-Liep, Bozener Weg 43. Nachricht erb. Maria Altenberg, Lüchow/Hannover, Bahnhofstraße 4.
Wer kann Auskunft geben über die Insassen des Königsberger Löbenichtschen Hospitals? Ich suche meine Mutter Auguste Herrmann, geb. 26.12.1868 in Neuhausen. Letzte Nachricht nach Verlegung des Hospitals aus Tapiau. Nachricht erb. Gertrud Herrmann, Stuttgart-Zuffenhausen, Schützenbühlstraße 41
Wer kann Auskunft geben über das Schicksal des Internisten Dr. Neumann, Königsberg/Pr., Rhesastraße 6a (Neffe von Prof. Telemann)? Nachricht erb. Frida Heidecker, Bonn, Venusberg, Schleichstraße 13
Wer kann Auskunft geben über Frau Selma Konrad? Bis 25.01.1945 wohnhaft in Aweiden bei Kbg.Pr. Gesucht v. Anneliese Hagen, Göttingen, Untere Karspüle 13
Achtung! Wer kann Auskunft geben über Ernst Zeil, geb. 30.04.1912, Schuhmacher, zul. Uffz. bei der Artillerie und über Uffz. Herbert Zeil, geb. 29.03.1915, Maler. Beide aus Dtsch.-Eylau, Lönsstraße 19. Nachr. erb. Familie Zeil, Elmshorn, Sandberg 4.
Wer kann Auskunft geben über den Verbleib von Frau Marta Salecker, geb. Bernoteit, geb. 9. Juni 1912 in Krakau/Ostpr., gewohnt in Weedern, Krs. Tilsit-Ragnit, evakuiert nach Gut Tromp, bei Tiedmannsdorf, Krs. Braunsberg, verschleppt am 5. März 1945. Nachr. erb Schwester Marta Salecker, Bremen, Städtische Krankenanstalten, Chirurgie
Wer kann Auskunft geben über Frau Lieselotte Hevers, Frau des Konzertmeisters August Hevers? Bis 1945 wohnhaft zu Kbg./Pr., Hinter-Tragheim I. Gesucht von Frau Ilse-Karin Hagen, Berlin-Tempelhof, K.-Augusta-Str. 42a III.
Wer kann Auskunft geben über den Verbleib des Ingenieurs Gerhard Borchert, geb. 05.03.1911, zul. wohnhaft Königsberg/Pr., Tragheimer Kirchenstraße 28. Borchert war innerhalb des Volkssturmes beim Befehlsstand des Kreisleiters Wagner als Fahrdienstleiter eingesetzt. Letzter bekannter Einsatzort: Königsberg, Rundfunkhaus. Nachr. erb. Manfred Claassen, Neuenkirchen Krs. Soltau/Hann., Soltauer Straße 6.
Achtung! Angehörige vom 1. Fallschirm-Plonier-Batl. 9! Wer kann Auskunft geben über meinen Sohn, d. Flieger/Grenadier Ewald Janß, geb. 26.05.1927 In Reichau (Bobanden), Krs. Mohrungen/Ostpreußen. Vermisst am 17.03.1945 im Wald bei Klütz. Auskunft erbittet Wilhelm Janß, Ilhorn über Soltau (Hann.). Wer kann Auskunft geben über den Verbleib der Frau Amalle Schulz, geb. Janß, geb. 1870, aus Wermen bei Korschen, Kreis Rastenburg/Ostpr. Nachr. erb. Wilhelm Janß, Ilhorn, Kreis Soltau (Hann.).
Wer kann Auskunft geben über den Verbleib der Frau Amalie Schulz, geb. Janß, geb. 1870, aus Wermen bei Korschen, Kreis Rastenburg, Ostpreußen. Nachricht erb. Wilhelm Janß, Ilhorn, Kreis Soltau (Hannover)
Elbingen Kurt Rewitz, Oberfeldwebel in einem Inf.-Regt, an der Westfront, vermisst seit 16.11.1944, angeblich eingeschlossen bei Belfort (Frankreich). Bis heute fehlt Jede Nachricht. Wer weiß etwas über das Schicksal meines Bruders? Nachr. erb. Edith Schirrmann, geb. Rewitz, Flachslanden 57, Kreis Ansbach/Mfr.
Emil Grzella, geb. 22.08.1907, in Groß-Seedorf, Kreis Neidenburg. Er ist am 2. August 1944 vermisst in Litauen, 7 km von Kalvaria. Seine Feldpostnummer war 09282 E. Nachr. erb. Frau Emma Grzella, Breese i. d. M., bei Dannebg./Elbe.
Goldaper! Wo befindet sich die Baufirma Robert Richter aus Goldap? Ferner die Angehörigen der Baustellenleitung Rositten, Kreis Pr.-Eylau? Nachr. erb. an Gustav Böhmert, Dörfler b. Coburg, Ringstraße 7a.
Uffz. Gustav Jurr, geb. 01.06.1907, in Königsberg, 1945 Soldat in der Palvekaserne, Palvestraße, zul. Chirurgische Klinik, Lange Reihe, in Kbg., soll in Gefangenschaft ins Lager Pr.-Eylau gekommen sein. Nachr. erb. Frau Wanda Jurr, Görlitz/Sachsen, Jauernickerstraße 57.
Wer war mit Otto Reich beim Volkssturm in Kbg. nach dem 05.04.1945 zusammen? Bestand nach dem 05.04.1945 noch eine Möglichkeit für einen Verwundetentransport von Kbg. nach Potsdam zu kommen? Nachr. erb. Frau Emma Reich, Barmstedt, Königstraße 7.
Ursula Krause, Tochter des Lehrers Leo Chmielewski in Bischofstein, geb. in Kirsdorf/Ermland, Ehefrau des Oberregierungsrates Krause, zuletzt Frankfurt/Oder, wurde bei der Vertreibung von einer Soldatengruppe unterwegs aufgenommen, weil sie ausgebildete Krankenpflegerin war. Sie und ihr Mann zogen bis Cottbus-Lübben mit den Soldaten mit, wurden bei den dortigen Kämpfen dann voneinander getrennt. Krause starb zwei Jahre darauf, von Ursel fehlt seit den Kämpfen um Cottbus-Lübben jede Spur. Nachricht erb. Max Chmielewski, 22b Mayen/Eifel, Im Hornbrich 23.
Achtung! Bartensteiner Grenadier-Batl. 441. Wer kann Auskunft geben über meinen Sohn Hans Tabel. Welcher Kamerad war mit ihm zusammen? Er hatte die Feldpostnummer 25 065 A (schw. Kp.). Ich wäre dankbar für den geringsten Hinweis. Unkosten werden ersetzt. Frau Johanna Steckel-Tabel, Lüchow/Hann., Theodor-Körner-Straße 4.
Seite 6 Professor Karl Storch der Ältere
Bilder: Oben: K. Storch d. Ä., gezeichnet von K. Storch d. Jg. Mitte: „Alt-Königsberg am Pregel“ (1913). Oben rechts: „Aus Fischhausen“.
Bild: Karl Storch der Ältere: „Haus musik“, „Trio mit Klarinette“
Der Maler Karl Storch hat von 1902 - 1944 als erfolgreicher Lehrer und Künstler an der Kunstakademie in Königsberg (Pr.) gewirkt. Zu dem dortigen Lehrerkollegium gehörten außer dem Direktor Ludwig Detmann die Professoren Jernberg, Heichert, Albrecht und der bekannte Graphiker Heinrich Wolff. Außer seiner Lehrtätigkeit entwickelte Karl Storch noch ein reiches, künstlerisches Schaffen. Seine von der stillen Schönheit Ostpreußens erfüllten Bilder fanden viele Liebhaber, nicht nur innerhalb der Provinz, sondern auch in weitesten Kreisen des deutschen Vaterlandes.
Der unglückliche Ausgang des zweiten Weltkrieges machte dem achtzigjährigen Künstler den weiteren Aufenthalt im Osten unmöglich. Unter Verlust fast seiner ganzen Habe kehrte er im November 1944 in seine Vaterstadt Segeberg in Schleswig-Holstein zurück. Hier nahm er seine künstlerische Tätigkeit sofort wieder auf. Trotz seines hohen Alters ist er bis auf den heutigen Tag unermüdlich tätig. Seine zahlreichen Werke zeugen von einer geradezu erstaunlichen Frische und erfreuen sich der größten Beliebtheit wegen ihres hohen künstlerischen Wertes. Sie sind voller Leben, weil sie fast immer unmittelbar vor der Natur vollendet werden, ohne dass der Künstler dabei in bloße Nachahmung der Natur verfiele.
Diese Art des Schaffens ist ihm von frühen Jugendjahren an treu geblieben. Schon während seiner Lehrzeit als Kaufmann im Hause seines Vaters und später in einer Drogen- und Farbengroßhandlung in Kiel befasste er sich in seiner geringen Freizeit mit Arbeiten nach der Natur, die, wie es sich später zeigte, schon Anklänge hatten an die Malweise, die Mitte der achtziger Jahre die allgemein gültige war. 1883 ging er nach Berlin, um sich an der dortigen Kunstakademie, die damals unter Anton von Werners Leitung stand, zum Maler auszubilden. Die veränderten Anschauungen auf künstlerischem Gebiet riefen in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre große Streitigkeiten hervor, die schließlich zur Spaltung der Berliner Künstlerschaft und zur Gründung der Berliner Sezession führten, der auch Karl Storch angehörte. Als freier Maler und Illustrator entfaltete er bald eine vielseitige Tätigkeit, durch die er in weitesten Kreisen bekannt wurde. Im Jahre 1902 wurde Storch als Lehrer an die Kunstakademie in Königsberg (Pr.) berufen, die damals eine weitgehende Umgestaltung ihres Lehrbetriebes erfuhr.
In Jahren ernster Arbeit verband er sich immer tiefer mit dem Lande Ostpreußen und mit dem Menschenschlag des deutschen Ostens. Die ganz neue Umgebung, die alte Ordensstadt Königsberg, mit ihren reizvollen Hafenmotiven und die weiträumige ostpreußische Landschaft an See und Haff boten dem Maler Gelegenheit zu einer reichen künstlerischen Tätigkeit, die leider durch die Kriegsereignisse für ihn ein so plötzliches schmerzliches Ende fand.
Karl Storch verkörpert in seiner schlichten und kultivierten Art den Typ des Künstlers, der gleich zu Beginn seiner Laufbahn die Aufgabe und Grenze seines Wollens und Könnens klar erkannt hat, um dann in einem langen Leben und immer erneutem Bemühen sein Werk zu verfielen und zu veredeln. Still und zähe am richtig Erkannten unbedingt festhaltend, dem Neuen nur so weit Raum gebend, als sich darin Werte äußern, die ihm gemäß sind, hat Karl Storch durch intensives Studium der Natur seine Bilder vorbereitet und vollendet. Seine Motive nimmt er durch wiederholtes Beobachten in sich auf, um sie dann in einem Wurf unmittelbar vor der Natur zu malen, fertig zu malen, indem er das Wesentliche betont und das Zufällige fortlässt.
Die Technik folgt während der Arbeit seiner Intuition, niemals drängt sie sich auf, immer dient sie der Aufgabe. Die lebendige Anschauung der Natur, hinter deren Erscheinung er die Seele und die Kraft spürt, ist der Ausgangspunkt seiner Bilder. Mit feinem Takt wählt er das Format und seine Malweise ist durchpulst vom Erlebnis des Gestaltens.
In seinem langen Künstlerleben hat Karl Storch viele Richtungen und Manieren, Moden und Meinungen, die mit dem Anspruch der Unbedingtheit auftraten, miterlebt. Dass er trotzdem den als richtig erkannten Weg unbeirrt gegangen ist und sich dabei durch kein Kampfgeschrei ablenken ließ, beweist die Geschlossenheit seines Lebenswerkes.
Aus innerer Sicherheit beurteilt er gütig und manchmal mit feinem Humor die Kunst seiner Zeitgenossen. Seine Liebe aber gilt den großen Meistern Europas, die das Wahre und das Schöne zur harmonischen Einheit im Kunstwerk verschmolzen. Dr. Karl Lindemann
Seite 6 Neues Liederbuch unserer Heimat im Entstehen
Wenn die Eigenart einer Landschaft in Gesicht und Sprache, Gesinnung und Brauchtum ihrer Bewohner besonders kennzeichnenden Ausdruck findet, wird bei einer Besiedelung durch Siedler verschiedener Heimatlandschaften das Neuland in wiederum ihm gemäßer Eigenart eine Umprägung einleiten, die je nach Energie und Substanz der Stammprägung Abwandlungen oder gar neue Prägungen veranlassen wird. Dieser Prozess im Kulturwandel aus Begegnung von Mensch mit Mensch und Erde hat immer im Brauchtum und in der Volkspoesie eine Vielfalt der Aussage in Lied, Tanz, Märchen und Sage gefördert.
Vom 13. Jahrhundert an bis zu den Trecks der Hugenotten, Salzburger und Mennoniten aus Holland, brachte jeder Treck, - jede Tracht - der Siedler reiches altes Liedgut ins neue Land. Alsdann begann in diesem Neuland eine innere Begegnung mit der neuen Erde, dem neuen Himmel und den Ureinwohnern und neuen Nachbarn. Litauen und Masuren grenzen an das neue Siedlungsgebiet. Auch sie waren noch nicht lange am Ende des Prussengaues sesshaft. Von den alten Preußen hieß es, dass sie singfreudig waren. Litauer und Masuren aber brachten ein bereits geprägtes Liedgut mit, dessen Quell in fernen südöstlichen Räumen lag. So musste in Ostpreußen eine bemerkenswerte Grenzlandschaft des Liedes entstehen.
Abschied, Wandersehnsucht, Untreue und Liebesleid sind Inhalte jeder Volkslyrik, jeder Volksballade. Ostpreußen und Pommern haben die erzählende Volkspoesie länger geübt und bewahrt als andere Gaue. Der Liedergarten Ostpreußens aber ist besonders reich an Varianten, sowohl der Texte wie der Weisen; damit wird offenbar, wie stark die schöpferischen Kräfte des Volkes das altdeutsche Liedgut in das neue Land umgesungen haben. Lieder wie ,,Die Königskinder" oder die Ballade von der „Schönen Lilofee" erfahren mehrere Umgestaltungen; das erste erhält sogar drei neue Liedweisen, während bei der Ballade von der schönen Lilofee der Sinngehalt geändert wird und eine typische Umdeutung erfährt; die Dorothee, wie es in Ostpreußen heißt, folgt nicht nach dem Besuch der Heimat endgültig dem Wassermann, sondern die Liebe zur Heimat zwingt sie, den Tod zu wählen.
Die Ballade von den zwei Gespielen, dem reichen und dem armen Mägdelein, aus dem 15. Jahrhundert mit den Niederländern hergebracht, hat hier eine letzte Heimat gefunden. Die Änderung des Wortes „Wald" in „Heide" ist typisch für die Umdichtungen dieses Landes. Wenn auch unsere großen Heideflächen, wie die Johannisburger oder Rominter Heide, in planmäßiger Forstbewirtschaftung zu Wäldern geworden sind, blieb doch die Vorstellung von der Weite der Heide im Volke erhalten. Auch die Weise vom falschen Knaben: „Ich ging im Garten Leinwand bleichen" lebte nur noch in Ostpreußen. Die kirchentonartlich bestimmte Melodie, das alte Gleichnis vom wurmstichigen Apfel, deuten uns ein hohes Alter dieses Liedes.
Zu den schönsten Gaben unserer Liebeslyrik gehört „Ach schenk mir dein Herze und, “Es dunkelt schon in der Heide". Dieses alte Spinnstuben- und Schnitterlied ist durch den Zupfgeigenhansl wieder zum Besitz der gesamten deutschen Jugend geworden. Durch dieses Lied wird es uns besonders deutlich gemacht, was hier an Poesiekeimen aus der Urheimat sesshaft wurde und welch eigene Gestaltungskräfte darüber hinaus greifen und umschaffen; das „Sichelrauschen“ ist zunächst ein alter Begriff unserer Volkslyrik; wenn dann aber von dem „blanken Schwert" gesprochen wird, womit ja auch die Sichel gemeint ist, deutet dieser Austausch der Sinngehalte die Existenz dieser Bauern, die zu oft Sense und Sichel mit dem Schwerte tauschen mussten, um die Heimat zu schützen. Wie denn in allen Liedweisen unserer Heimat kund wird, aus welchem Lande deutscher Zunge hier gesungen wird: weite Ebene, hoher Himmel, große, stille Wasser, von dunklen Wäldern umstanden, brandendes Meer, und die weiten Bruchlandschaften der Niederung, sesshaft und doch von der Weite gelockt, stark in der Liebe zur Heimat und zugleich stark im Zugehörigkeitsgefühl zum Reich, von dem zu dem alles vaterländische Denken dieser Landschaft ging. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl aber beschränkte sich nicht auf die Altdeutschen. Gemeinsames Schicksal hat die preußischen Litauer und Masuren zum Bestandteil deutscher Landschaft werden lassen, von ihnen rühmten einst die preußischen Könige, dass sie treueste Landeskinder seien. Gemeinsames Kulturerlebnis aber hat für beide Seiten reichen Gewinn gebracht. Der weltweite gute Ruf des ostpreußischen Heimwerkes ist ohne die wesentlichen Beiträge der Volkskunst dieser Stämme nicht denkbar. Ihr Liedgut aber ist eine besonders wertvolle Gabe an die ostpreußische Gesamtkultur.
Die Dainas in ihrer transparenten Balladendichtung, die mit wenig Strichen zeichnend ganze Lebensbilder erstehen lässt, ihre Merkmale tonaler Beziehungen zum griechischen Tonartenkreis, die Kürze der Melodieaussage, alles weist auf Urtypen des Balladengesanges hin, die im mitteleuropäischen Räume längst verklungen sind. Lieder wie „An des Haffes anderm Strand“, „O rauschet klaget“, „Hab ein Gärtlein mir erwählet“ zeigen die Vielfalt der Volkstemperamente von der Leidenschaft bis zur milden Heiterkeit, die diesem Volksstamme ganz besonders gut steht. Sagten wir doch von den litauischen Mädchen, dass sie nicht schreiten, sondern über den Boden schweben.
Die Lieder der Masuren zeigen ähnliche Kürze der Form. Häufig nur 6 Takte Mehrere Lieder sind durch Liedblätter, Liederbücher in letzter Zeit bekannter geworden, so die Abendlieder „Lasst uns all nach Hause gehen“ oder „Zeit zu geh'n ists“. Der Polyrhythmus in diesen Liedern ist eine besondere Eigenart der getragenen Liedgattung Masurens, während in den heiteren und bewegten Liedern der Mazurka Rhythmus mit dem anspringenden Volltakt vorherrscht. Die tonale und melodische Eigenart aber wird in dem schwermutigen Liede „Schwirrende Gänse“ besonders schön gezeigt.
Zu den schönsten Liedern gehören auch einige geistliche Lieder: „Maria ging wohl über das Land“, „Ich weiß ein schönes Engelspiel“, „Schlaf sanft du liebes Kind“.
Dieser kurze Überblick soll nicht abgeschlossen werden, ohne auf das neue Liedgut hinzuweisen, das in letzter Zeit auch in Ostpreußen entstanden ist. Wir hoffen, dass in absehbarer Zeit der „Nachwelt“ in einem besonderen Liederbuch der Reichtum unserer ostpreußischen Heimat an ihren Volksliedern vorgelegt werden kann. Es wird dann nicht nur Aufgabe der Jugend der Ostens, sondern der Jugend aller deutschen Gaue sein, ein wertvolles Erbe deutscher Volkskultur lebendig zu erhalten. Denn nur wo echtes Erbe ist, da ist auch rechte Zukunft! H. Wilhelmi, Wuppertal-E, Wotanstraße 13
Seite 7 Der Königsberger Goethebund.
Die hervorragende Bedeutung, die der Königsberger Goethebund im geistigen Leben unserer Provinzialhauptstadt einnahm, wird vielen Königsbergern unvergessen bleiben. Über das segensreiche Wirken dieser Kulturgemeinschaft berichtet nachstehend der letzte Erste Vorsitzende des Goethebundes, Dr. Friedrich Schroeder.
Die „Haupt- und Residenzstadt“ Königsberg, die Metropole des Ostens, die Brücke zum Baltikum und Eurasien, stand in der geistigen und kulturellen Durchdringung aller Schichten in vorderster Reihe Gesamtdeutschlands. Ein getreuliches Abbild jenes universal pulsierenden Lebens einer freien und frohen Bürgerschaft bietet uns ganz besonders ein Einblick in das Einst der zu Zeiten bis über dreitausend Mitglieder zählenden Kulturgemeinschaft „Der Goethebund“, der in einer Art Zentralherstellung und in vorbildlichem Ausmaß gleich- oder ähnlich-gerichtete Verbände in sein Arbeits- und Wirkungsbereich zog und in seinen für geringen Entgelt jedermann zugänglichen Darbietungen oft die größten Säle der Stadt füllte.
Seine Verdienste und Leistungen sind im engeren und weiteren Vaterlande auf das herzlichste gewürdigt worden. Bei feierlichen Anlässen kam dies besonders zum Ausdruck. Der Vertreter der Universität betonte die unermüdlich geleistete Arbeit. Als eine Volkshochschule besonderer Art habe er die Ergebnisse geistesgeschichtlicher Forschung dem großen Publikum der bildungshungrigen Stadt zugänglich gemacht. In lebendiger Arbeitsgemeinschaft stünden beide durch den überparteilichen, objektiv-sachlichen Geist, der in beiden walte. „Wie es bei allen wissenschaftlichen Arbeiten als unerlässliche Forderung gilt, unbeirrt durch den Streit der Meinungen und der Parteien allein die Wahrheit im Auge zu behalten, so hat der G. B. sich allezeit bemüht gezeigt, nicht nach links oder rechts zu fragen, sondern allein nach dem geistigen und künstlerischen Wert des Dargebotenen. In diesem Streben nach Objektivität weiß sich die Universität und der G.B. eins.“
Ein sehr verdienter Stadtschulrat bezeichnete ihn als den Treuhänder und Geschäftsführer des Königsberger Geisteslebens. Der damalige Oberpräsident betonte, dass der G. B. vom ersten Augenblick an das geistige Leben der ganzen Provinz in weitgehendem Maße befruchtet hat, was umso wichtiger gewesen, „als das Diktat von Versailles unsere Heimatprovinz vom deutschen Vaterland abschnürte.“ Auf dem Gebiet der geistigen Überbrückung des polnischen Korridors habe der G.B. manche Gefahr gebannt. Brücken zum Reich sind geschlagen und verborgene Schätze der Heimat ans Licht gefördert. Ähnlicherweise rühmte der Oberbürgermeister, wieviel deutsche Kultur durch ihn nach Königsberg gebracht sei und wieviel namhafte Größen von Kunst und Wissenschaft herbeigezogen worden seien. Die Kunstakademie, die Theatervertretungen, die Gesamtpresse, die große Anzahl wissenschaftlicher Vereine, der das Gleiche erstrebende Dürerbund, die Weimarer Goethegesellschaft u. s. f. bekannten sich „zu dem stolzen Kulturwerk, das aus dem öffentlichen geistigen Leben der östlichen Großstadt Deutschlands schlechterdings nicht wegzudenken ist.“
Der „Sachverständigen-Beirat, darunter Museumsdirektor Andersen, Provinzial-Konservator Professor Dethlefsen, Professor Stettiner, die Universitätsprofessoren Goedeckemeyer, Nadler, Weber, Ziesemer, Müller-Blattau oder der „Ehrenausschuss mit Dr. h. c. Siehr, Dr. von Bahrfeldt, Universitätskurator Dr. h. c. Hoffmann u. a. haben stets ein aktives Interesse bekundet. So hatte manch einer verdient den „Ehrenmitgliedern“ Bürgermeister Reicke, Louis Corinth, Hermann Sudermann, Arno Holz, Dr. Goldstein und Professor Heinrich Wolf. Dr. h. c. Ludwig Dettmann, Käthe Kollwitz, Dr. Max Halbe, Dr. h.c. Agnes Miegel beigestellt zu werden." Als ein besonderes Aktivum muss die notwendige, immer mehr von mir angestrebte Zusammenarbeit und Planwirtschaft mit ideellen, höchst gerichteten Verbänden von Rang und Ruf gebucht werden, gegenüber den damaligen unruhigen wirtschaftlich ungünstigen Verhältnissen und den vielfach einseitig und lediglich kommerziell eingestellten Veranstaltungen.
Der Universitätsbund, die Kgl. Deutsche Gesellschaft, die Kant-, die Physikalisch-ökonomische, die Geographische Gesellschaft, der Kunst- und Kunstgewerbeverein, die Prussia, der Verein für Geschichte von Ost- und Westpreußen, die Goethe-Gesellschaft, der Allgemeine Deutsche Sprachverein, der Ostpreußische Schriftstellerverband, ja sogar die Gesellschaft für soziale Reform haben sich in den Jahren, in denen ich die Leitung des Goethebundes haben durfte, immer mehr mit ihm zu durchschlagenderem kulturellen Erfolge verschwistert. Memel, Insterburg, Elbing, Gumbinnen, Lötzen traten auch bald mit ihm in engere Verbindung. –
Die große Bewegung in Berlin 1900 zum Schutze der argbedrohten Freiheit von Kunst und Wissenschaft unter Führung von Prof. von Liszt, Hermann Sudermann, dem „Richter und Dichter“ Ernst Wichert. - Bald war aber aus dem Kampfbund ein Volkserziehungsbund geworden, der sich immer mehr positiven Zielen zuwandte, um sich seines Schutzherrn, der ihm „Namen, Licht und Leben“ gegeben, des höchsten Vertreters einer wahren, echten Kunst, einer sittlich veredelnden Literatur und Weitweisheit würdig zu erweisen.
Dass der G. B. bald in seiner Universalität und Aktivität andere Großstädte Deutschlands überflügelte, war das große Verdienst des einstigen Chefredakteurs der alten „Hartungschen Zeitung“, Dr. Ludwig Goldstein, der nach kurzfristigem Vorsitz von Akademiedirektor Dettmann und Bürgermeister Kunckel über zwei Jahrzehnte gewandt, umsichtig und unentwegt zuversichtlich ehrenamtlich Führung und Organisation in Händen hatte.
Die Großen der Vaterstadt, sei es, dass sie hier geboren oder die entscheidende Zeit ihres Aufstiegs hier verbracht, ehrten nunmehr künstlerisch ausgeführte Gedenktafeln: Gottsched, E. T. A. Hoffmann, Heinrich von Kleist, Zacharias Werner, Louis Korinth, der plattdeutsche Dichter Wilhelm Reichermann brachten sich den Passanten in Erinnerung. Zum Kant-Mausoleum, zum Schenkendorff- wie zum Sudermann-Denkmal in Haydekrug und zum Herderhaus in Mohrungen wurde beigesteuert. Zu meiner Zeit wurde das Denkmal von Frieda Jung in Insterburg errichtet und unter großer Feier in der Universitätsaula bei vielseitiger Beteiligung der vaterländischen Kreise der Gedenkstein am Schlossplatz für den Heimatdichter Ernst Wichert eingeweiht.
Zahlendes Mitglied verschiedener Kulturgesellschaften im Reich, wurde der Bund nicht müde, Preise zu stiften, so für die Schüler der Kunstakademie oder für die Gartenbauausstellung, für die Errichtung einer Kunsthalle oder für die Herstellung und Ausschmückung der Marienburg oder zum Besten der Volkslesehallen zu werben. Eine rührige, segensreiche Tätigkeit zeichnet die Kriegsjahre 1914 bis 1918 aus. An Hinterbliebene, Kriegerwaisen, Zivilgefangene in Russland, notleidende Schriftsteller wurde gedacht. Vaterländische Leseabende, aufklärende zeitgemäße Vorträge stillten den Wissensdurst der Daheimgebliebenen. Allein hundert Volksbüchereien konnten an die am schwersten betroffenen Ortschaften Ostpreußens abgegeben werden!
Offene Hand hatte der G.B. stets für hilfsbedürftige Männer des Wortes und der Farbe, und manche wirtschaftliche Ehrung ging ins Reich an verkannte oder vom Schicksal Schwergeschlagene. Die Leitung hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das instinktive Heimatgefühl von Stadt und Provinz durch anregendes Wissen und eigene Anschauung um ihre Gegenwart und Vergangenheit zu vertiefen und zu stärken, ihre anerkannten wie aufstrebenden Exponenten einem größeren Publikum zu erschließen und mit führenden Köpfen in Lebens- und Zeitfragen, die alle angingen, vom Gesamtdeutschland in Fühlung zu bleiben.
So belebten Vorträge über die Volkslieder im heutigen Ostpreußen auf Herderschen Spuren den musischen Entdeckersinn; so bereiteten Einführungen in die ostpreußische Kunst die Besuche der Kirchen, Ateliers und Kunst- wie Kunstgewerbeausstellungen; so wurde unsere Ordensbaukunst tiefinneres Erlebnis durch Fahrten nach Lochstädt, Balga, Heilsberg und der Marienburg. Unsere alten Städte, Kirchen und Herrensitze durften niemand fremd bleiben. Braunsberg, Trakehnen, Kraftwerk Friedland wurden aufgesucht; ja eine Osterfahrt nach Berlin zeugte von erheblichem wirtschaftlichen Wagemut.
Junge ostpreußische vielversprechende Schriftsteller fanden Gehör. Die bereits Gemeingut der Gebildeten geworden, waren zu Gast. Von der stattlichen Reihe seien nur genannt von Arno Holz und Sudermann ab über Richard zur Megede, Karl Bulcke, Maria Schade, Walter Heymann, Paul Fechter, Siegfried v. d. Trenck, Walter Schettler, Walter Harich, Martin Bormann, Gusti Aösen, Frau v. Olfers-Batocki, Max Steguweit, Fritz Kudnig, Klara Hansen, Adda v. Königsegg bis zu Ernst Wiechert. - Unsere wohlgewürdigten Schauspieler Wegner und Matkowski kehrten gern bei uns ein.
Mancherlei Gedanken und Bestrebungen der späteren Volkshochschule vorbereitend, war der G. B. bemüht, durch seine sehr billigen, zumeist unentgeltlichen Veranstaltungen gerade auch die Arbeiter geistig zu gewinnen.
Die Hauptvertreter der literarischen Strömungen wurden zahlreich herbemüht: Herbert Eulenberg, Börris v. Münchhausen, der Schweizer Ernst Zahn, Waldemar Bonsels, Josef Ponten, Walter von Molo, Otto Ernst, Binding, Max Halbe. Jakob Wassermann, Wilhelm von Scholz, Ina Seidel, Heinrich und Thomas Mann zierten das Rednerpult,
In festlichem Rahmen waren stimmungsvoll aufgezogene Feier- und Gedächtnisstunden anlässlich ihrer besonderen Gedenktage: Brahms-Klinges. Hermann Löns, Mörike. Jordan, Kleist, Hebbel, Marie v. Ebner-Eschenbach, Conrad Ferdinand Meyer, Robert Schuhmann geweiht. Ein Fritz-Reuter-Abend suchte auch dem Plattdeutschen gerecht zu werden. Die Kant-Jubiläen des genius loci fanden ihren entsprechenden Niederschlag im G. B. Ein großangelegter Walther-von-der-Vogelweide-Abend, des gewaltigen Lyrikers des Mittelalters, mit Unterstützung des Männer-Gesangvereins, des Universitätsgermanisten und Musikprofessors und Schauspieler vom Stadttheater gehörte zu den Höhepunkten. Bei der allen Kreisen zugänglichen Goethe-Zelter-Huldigung 1932 unter Mitwirkung sämtlicher Lehrer-, Gesang- und Schülerverbände im Königsberger Tiergarten in der Art eines Volksfestes durfte ich selber als Vertreter des Bundes über „Goethe und das deutsche Lied“ vor Zehntausenden sprechen. - Auch die Naturwissenschaft kam nicht zu kurz. Gern und wehmütig werden sich viele Schicksalsgenossen der reichen und vielseitigen Einführungen, Aufschlüsse über Kunst, Musik und Malerei erinnern.
Die persönlichen Erinnerungen an die Großen aus dem Reich, aber auch an sonderbare Originale und Unika, die man nach Vorträgen und Darbietungen in kleineren Zirkeln vertraulich und unbefangen zu Gesicht und Gehör bekam, gehörten mit zum Kostbarsten und Eigenartigsten! Wo sind sie alle auch hin - vom Künstlertisch im Hammerkrug, der in gewisser Hinsicht die Essenz des G. B. darstellte!
Foto: Der Vorsitzende der Landsmannschaft von Nordrhein-Wesfialen, Grimoni, überreicht Bürgermeister Dt. Storm einen altem Stich von Duisburg
Foto: Alte Bekannte trafen sich beim Duisburger Treffen. Aufn.: E. Keuter
Foto: Alt-Königsberg: Im Hintergrund der Dom. Holzschnitt von Daniel Staschus
Seite 8 Über der erstorbenen Stadt …
Aus der Feder von Pfarrer Leitner, der in den schweren Jahren von 1945 bis 1947 als einer der letzten ostpreußischen Pfarrer in Königsberg an den Resten der zerschlagenen und sterbenden Gemeinden unter russischer Besatzung gearbeitet hat, veröffentlichen wir nachstehenden eindrucksvollen Bericht:
Dann wurde ich Dachdecker. Aus den Lagern der NKWD führte man uns eines Tages durch die Straßen unserer Stadt Königsberg und ordnete uns zu einem Arbeitstrupp, der auf dem Hängeboden eines halbzerstörten Hauses ein notdürftiges Quartier fand. Da lagen wir in unseren Kleidern, die wir wochenlang nicht gewechselt hatten, auf dem kahlen Fußboden: der treuherzige Karl, Waldarbeiter aus den dunklen Wäldern, welche die weiten Seen der Heimat umrahmen; Franz, der fromme katholische Lokomotivführer, der so lebendig von seinen tausenden Fahrten bei Tag und zur Nachtzeit zu erzählen wusste; Hans, der allzeit frohe und hilfsbereite Straßenbahnschaffner.
Am Morgen wurden wir von einem Posten zur Arbeit geholt, und bald sahen wir uns im sprühenden Regen eines grauen Vormittags etwas ratlos im Gewirr zersplitterter Sparren eines zerstörten Daches stehen, das wir in kürzester Frist in Ordnung bringen sollten. „Lasst uns ein Ave Maria beten“, sagte Franz und dann überlegten wir die uns allen ungewohnte Arbeit. Bei dem mechanischen Tun in schwindelnder Höhe, in der nicht zu beschreibenden Stille, welche über der erstorbenen Stadt lag, wo die Kamine ausgebrannter Häuser lange Straßenzüge hindurch standen gleich ästelosen Bäumen eines toten Waldes, gewannen die Gedanken bald Freiheit. Franz hatte uns mit seinem Gebet die Richtung gewiesen, in der allein wir uns bewegen konnten, wollten wir uns vor Zagen und Zweifel bewahren. Bald kreisten unsere kargen Worte wieder um die Mitte des Lebens, um Gott und seinen majestätischen Willen, der mit seinen Gedanken ja auch den Sperling nicht vergisst auf dem Dache.
Und da ging es mir auf, existentiell ging es mir auf, dass auch „die Dächer des Herrn sind und alles, was darauf ist, die Dachböden und alles, was auf ihnen wohnt“. Wir fühlten uns vom Worte Gottes verstanden und angeredet, wenn da bekannt wird: „ich bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dache. Täglich schmähen mich meine Feinde; und die mich verspotten, schwören bei mir. Denn ich esse Asche wie Brot und mische meinen Trank mit Weinen“ (Ps. 102). Und wir wiederum verstanden das Wort als Wahrheit und Wirklichkeit, so wahr und wirklich wie der Balken unter unserem Fuß und der Dachziegel in unseren verarbeiteten Händen. Wahrlich wir erfuhren zu der Zeit, dass „feste Städte werden fallen in einen Steinhaufen, und die darinnen wohnen, müssen werden wie Gras auf den Dächern, das verdorrt, ehe denn es reif wird“. Konnten wir zu der Zeit doch nur mit Aufbietung aller Kräfte die wenigen Straßen von unserem Quartier bis zu unserer Arbeitsstelle gehen, allzu langsam dem dauernd drängenden Aufseher, der uns mit Gewalt und drohendem Wort vorwärtstrieb. Mehr als einmal fiel aus unseren zitternden Händen Werkzeug und Material, und ein vom ständigen Hunger erregtes Schwindelgefühl packte uns auf unserem luftigen Arbeitsplatz. Kamen wir nach pausenloser, mehr als zwölfstündiger Arbeit in unser Quartier, dann lag bald hier, bald da einer zusammengebrochen in seiner Ecke. Unbemerkt traten Ruhr, Typhus und Malaria ihre stille, nachdrückliche Herrschaft an, und derer, die sich ihr beugen mussten, waren viele. Bei den kümmerlichen Feuerstellen in verwilderten Gärten, beim Bereiten unserer schmalen einzigen Mahlzeit im Lichte des sinkenden Tages, klagten wir uns unser in der Mitte der Jahre zerbrochenes Leben, unsere vernichtete, dem Auslöschen nahe Existenz, unsere bettlerhafte Armut, die Not unserer Gefangenschalt und das Elend unserer zerrissenen Familien, und fanden des Klagens kein Ende, wie geschrieben ist: „auf allen Dächern und Gassen, allenthalben in Moab, hört man klagen“ (Jer 48, 38).
Noch heute, wenn ich daran denke, durchflutet heißer Dank meine Seele, dass damals in unser Klagen hineingerufen wurde das Wort, welches wir einmal gehört hatten als uns ins Ohr gesagt, und das wir uns nun auf den Dächern zurufen konnten in mannhafter Rede zu Hilfe und Trost. Das Wort des lebendigen Gottes war uns Leben und Kraft und wandelte unsere Klage in Geduld und Zuversicht.
Foto: Die Königsberger Börse. Holzschnitt von Daniel Staschus
Seite 8 Königsberger Banken und Sparkassen
Nachstehend veröffentlichen wir eine Liste der im Bundesgebiet vorhandenen Auskunftsstellen Königsberger Banken und Sparkassen, deren Unterlagen teilweise oder ganz gerettet wurden:
Bank d. Deutschen Arbeit AG., Niederlassung Königsberg: (24a) Hamburg, Schleusenbrücke 1, i. Hause Bank d. Deutschen Arbeit AG.
Bank d. ostpr. Landsch.: Treuhänder Friedr. Krech, Bad Godesberg, Vertriebenenbank.
Commerzbank, Filiale Königsberg: Commerzbank AG. (1) Berlin-Friedenau, Sarrazinstr. 11 - 15. Deutsche Bank, Filiale Königsberg:(13a) Coburg, Mohrenstr. 34, i. Hause Bayr. Creditbank, Filiale Coburg.
Dresdner Bank, Filiale Königsberg: Dresdner Bank - Verbindungsstelle Ost - (22a) Düsseldorf, Bahnstraße 12, II.
Edekabank eGmbH., Filiale Königsberg i. Pr.:
Edekabank eGmbH., (1) Berlin-Wilmersdorf, Babelsberger Str. 40/41.
Gewerbe- und Hausbesitzerbank eGmbH.: Willy Reuter, (24b) Glückstadt, Glückstädter Volksbank eGmbH.
Handelsbank eGmbH.: (Direktor Otto Kalcher, (22c) Lohmar/Siegkreis, Hermann-Löns-Str.). Landesbank der Provinz Ostpreußen: Treuhänder Direktor Fengefisch, Hamburg, Landesbank, Postfach 999.
Ostpreuß. Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch): Geschäftsführer Verbandsdir. Gregor, (24a) Buxtehude, Bahnhofsstr. 21.
Ostpr. Raiffeisenbank eGmbH.: Bankdir. Garde, (20a) Hannover, Rathenauplatz 5/6. Raiffeisenverband Ostpreußen e.V.: (Wirtschaftsprüfer Dr. Schawaller, (21a) Minden (Westf.), Pionierstraße 7).
Sparkassen- u. Giroverband Ostpr.: (Direktor Paul Dietz, (24a) Lübeck-Eichholz, Herrnburger Weg 27).
Vereinsbank eGmbH.: Max Hollop, (23) Oldenburg (Oldb.), Donnerschweer Str. 214 II.
Wir weisen nochmals daraufhin, dass alle Nachforschungen bezüglich der Unterlagen der Stadtsparkasse Königsberg bisher ergebnislos verlaufen sind. Es muss angenommen werden, dass keine Unterlagen gerettet worden sind.
Seite 8 De Kriezknopp. Heiteres aus Plenzats „Ostpreußenspiegel“
Et weer emoal e Schniedergesell, dä had Winter äver flitig geoarbeidt; oaver wie dat leve Frejoar keem, doa heel er et nich länger ut, kromm oppem Schniderdösch to hucke on een Stöch noam andre to moake. He packd tosamme, wat er had, neem de Äl ön ene on dem Begeliser önne andre Hand on ging wedder oppe Wanderschaft.
Et duert nich lang, doa keem em e junger Keerl entgäge möt Fuste so wie e Poar Possekels. On de Schnider wußd foarts, wem er vär sök had on sääd: „Gun Dag, Broder Schmött, wo geist duhen?“ – „Scheen Dank, Broder Schnider, ömmer de Nääs noa!“
Wöll wi nich tosamm spanne?“ – Mienswäge!“ – On nu zockelde se loos. Noa e Wielke keem enne wedder ener entgäge. So e Bomskeerl wie de Schmött weer et nich; oaver e godem Kopp gröte“ wie de Schnider weer er doch. On weil sine Mötz on sine Kleder noch ganz witt bestevert were, doa säde se to em: „Gu Dag, Broder, Meller, wo wöllst du hen?“ – „Scheen Dank, Broder, Schnider, on scheen Dank, Broder Schmött, ök goa ömmer da hen, wo hön mi mie Feet droage!“ –
„Wöll wi nich tosamm spanne?“ – „Mienswäge!“ – On se zockelde wider.
Gegen Oavend keme se anne Kriezweg. On weil dem Schmött sine Nääs‘ noa rechts wiesd, on dem Meller sine Feet em ok da hentoge, ginge se dem Weg rechts. Oaver dat weer groad de verkeerte. Se keme önne depe Woold on funde nicht meer rut. On toletzt, doa weer de Weg to end, on se stunde oppe grote Wääs‘, wo se e Divelssteen leeg, dä vorr Öller all ganz green bemoost weer on böt to de Hälft önne Eerd drön steek. De Schnider weer ganz stöll, oaver de Schmött on de Meller funge an to floke wie twe Dragonersch. „Hoal mi de Divel!“ schregg de ene. On de andre sääd: „Da sull mi doch foorts de Deiker hoale!“ On wie se dat geseggt hadde, doa fung dat an, önne Beem to bruse on to stäne, dat enne ganz schuchrig to Mood wurd. On möt eens, doa stund wie ut e Eerd gewachse e schwarter Kerl vor renne. De hadd e grenet Hootke mötte rode Hoanefedder op. On wenn er ok angetoage weer wie e Jäger, dat sach ener em al op hundert Schrött an, dat dat kein Goder weer. He kratzt möttem rechte Foot wie e Hoan oppem Mösthupe on sääd „Doa si ök! Ök sull ju joale! – Oaver hide hebb öki e godem Dag. Doa kann jeder von ju i wat opgäve. On wenn ener mi wat seggt, wat ök nich done kann, denn sull er wedder utem Woold rutfinde. De andere oaver motte möt önne Hell!“ „Fang an!“ sääd er tom Schmött. Doch dä moakd e Gesöcht wie e Katz, wo donnere heert, on wußd nich, wat er segge sull. „Na, warscht du boold!“ schreeg de Divel. On de Schmött stoamert: „Kannst du dem grote Stehen hier önne Wolke schmite on möt dem rechte Oor wedder opfange?“ De Divel sääd garnuscht. Oaver he packd dem Steen möt beide Fuste, als wenn er em terdröcke wull, on ruck dem möt eens ute Eerd rut. On denn weegd er em eenmoal hen on eenmoal her, on .. hui! Floog de Steen önne Wolke, so hoch, dat er gar nich meer to sene weer. Un nu suusd er wedder runner, dat de der anne Sied hopsde wie e paar Ziggebäck. Oaver de Divel fung em möttem rechte Oor op on leet em ganz lieske wedder ön sein Loch falle. – „Na, wat seggst nu?“ sääd er tom Schmött. Doch dä stunndoa wie e Teppke voll Mies‘, on de Divel geev em e Trött, dat es em grote Boage geroad önne Hell rönfloog.
„Na, on dien Opgoav?“ sääd er tom Meller. Doch dem weer all lang dat Hart önne Böxe geschorrt, on em full ok nuscht andert ön wie de grote Stehen. „Kannst du dem möt Dine Täne to Määl termoale?“ sääd he, on he kaud an jedem Woort, wie wenn et e Kielke weer. Doa grifflachd de Divel, on de Funke sprötzde man so, wie er möt sine Tään dem Stehen beoarbeide deed. Gnurpsch, gnorpsch, ging dat. On kuum hadd er angefange, doa weer nuscht meer vom Stehen to sene wie e Huupke grauet Määl. – On ok de Meller kreeg e Trött, dat er dem Schmött öm grote Boage noafbog. Nu weer bloß noch de Schnider ävrig. Dä bäverd am ganze Lief on weer witt wie e Handook. „Na, Zweernbock, wat häst du die utgedocht?“ sääd de Divel. Oaver de Schnider kreeg kein kleeneenziget Woortke rut. On wie em de Deikert möt sine firige Oge ansach on anbrölld: „Moak, Schnider, ök hebb kein Tiet!“ doa stäänd er so recht ut deepste Brost, dat dat Stäne wer wees wie wiet to here weer. On möt eent – he wußd sölvst nich, wie dat keem – doa sääd er: „Griep mi dem, on moak mi e Kriezknoop rön!“ Oaver dat Gestään weer all lang in alle Wind verbloase, on de Divel stunn doa wie e Ochs vär ‚m nie Door. He mußd dem Schnider lope loate. – On ön sein Boos, doa hackd er möt sein Peerdsfoot oppe Eerd, dat se sök foorts utenander deed on he koppäver önne Hell rönfull.
Wie de Schnider sik e bößke verkuvert had, doa sach er, dat er ganz alleen weer. Vom Schmött, vom Meller, vom Divel weer nuscht meer to sene. On wenn nich dat Huupke Steenmääl doa geläge on de Woold nich noch noa Pöch on Schwävel gestunke had, denn had er denke kunnt, dat alles e Droom gewäse weer.
Nu oaver ging er loos, als wenn em ener oppe Hacke huckd. He fund ok glöcklich utem Woold rut, keem to Huus on fried e däge Margell. – Mien Großvoader ös ok op sine Hochtiet gewäse, on hett mängsoal geheert, wie de Schnider disse Geschicht sölvst vertellt hett. On drom mott se doch gewäß on woarraftig passeert sön.
Seite 8 Frau Anna Knoop 80 Jahre alt
Am 9. Oktober 1952 feierte Frau Anna Knoop, geb. Weber, die Inhaberin der Weingroßhandlung Johann Friedrich Knoop, Königsberg, ihren 80. Geburtstag. Wir gratulieren ihr aufs herzlichste und freuen uns über ihre geistige und körperliche Frische.
Wer von uns alten Königsbergern denkt nicht gern an die Weinstube Knoop zurück, So mancher mag heute noch in seliger Erinnerung schwelgen an manchen guten dort genossenen Tropfen! Auch die Besitzerin der Weingroßhandlung und Weinstube ist nicht vergessen. Bewundernswert bleibt es, mit wieviel Geschick und Umsicht sie ihr Geschäft über alle Klippen gesteuert hat .Und jeder, der sie kennt, kennt sie in ihrer immer gleichbleibenden Freundlichkeit und Sorge für ihre Gäste. Wie viele werden heute noch an ihre Gute und Hilfsbereitschaft voller Dankbarkeit denken, denn sie hatte eine immer offene Hand und viel Leid und Sorgen gemindert.
Auch ihr ist das schwerste Schicksal nicht erspart geblieben. Beim Angriff auf Königsberg verlor sie ihr Hab und Gut und damit die Stätte ihres Wirkens. Dem Vaterland opferte sie einen ihrer zwei Söhne.
Es sei hier auch im Namen der Königshall Mitglieder in Verehrung und Dankbarkeit an sie gedacht. Als die alte schöne Königshalle am Paradeplatz nicht mehr bestehen konnte, nahm Frau Knoop sie in ihrem Hause auf. Gleichzeitig übernahm sie auch die Ökonomie und die Mitglieder der Königshallen-Gesellschaft wurden bestens versorgt.
Heute lebt Frau Knoop mit ihrer Schwiegertochter, der Witwe des gefallenen Sohnes, in Braunschweig, Schunterstraße 11, und wir wollen ihr wünschen, dass sie noch viele Jahre in Gesundheit ihren Lebensabend verbringen möge. O. K.
Seite 8 Landsleute, bitte herhören!
Auf unseren letzten Such-Artikel in der Ostpreußen-Warte, Ausgabe B, haben sich viele Landsleute mit wertvollen Hinweisen eines Suchweges gemeldet. Namens der Suchenden sprechen wir allen unseren herzlichen Dank aus. Je mehr die Ostpreußen-Warte B gelesen wird, desto schneller werden wir all die vorliegenden Suchfälle erledigen können. Wir bitten daher nochmals uns in unserer ehrenamtlichen Arbeit zu unterstützen. Wenn wir Landsmännin Margarete Schwuig erwähnen, dann deshalb, weil sie uns gleich über drei Vermisste Bericht erstattete. Auch ihr werden die Angehörigen zu großem Dank verpflichtet sein.
Es haben sich gemeldet, resp. deren Anschrift ermittelt wurde:
Angest. Erich Antony,
Franz Becker,
Kammermusiker Otto Boruwka,
Angest. Christian Bauer,
Tochter des Stadtrats a. D. Borowski verehelichte Eva Heß,
Fürsorgerin Magdal. Bleise,
W. Dohrmann,
Angest. Frau Gertrud Fröck (Wi. A.),
Mittelschullehrer i. R. K. Grabinski,
St. Insp. Ulrich Gehlhaar (St. H. Buchh.),
Stadthofinsp. Hermann Growe,
Maschinenschlosser Paul Hoffmann (Masch. Amt),
Spark. Angest. Frau Elfriede Hübner,
Fürsorgerin Else Hermann,
Leo Koesling (Feuerlöschpolizei),
St. Sekr. Gustav Kirsch,
Straßenbauaufseher Franz Krause,
Steinsetzer Willi Krause (Str. B. Amt),
Wäger Otto Kurandt,
Margarete Klaus,
Amtsgehilfe Emil Kopke,
Witwe Erna Bettau (u. Mechaniker Johann L.),
Gustav Lauschke,
Ehefr. des Gartenmeisters Erich Nauendorf (Frida).
Kammermusiker Arthur Hoatsch,
Witwe Minna Plehn,
Gärtner Julius Panteleit,
Botin Herta Rieth,
Frau Auguste Sahm,
Frau Frida Schreiber (St. A. 17),
Steinhauer Friedrich Scheffler (Str. B. Amt),
Spark. Zweigstellenleiter Karl Thulke,
Frau Charlotte Tobies
Lehrerin Elisabeth Wiedenberg,
St. Insp. Arthur .Weissohn,
Angest. Elly Windt (Grd. Amt),
Frau Frieda Schwarz geb. Windt (Personalamt),
Friseurfachlehrer Richard Winkler.
Gesucht werden und wer berichtet?
St. O. Insp. Josupeit,
Angest. Jobke,
St. B. O. Insp. Paul Jürgens
St. Insp. Jahnke,
Angest. Jaschinski (K. W. S.),
St. Insp. Anwärter Karl John,
Ermittl. Beamter Heinrich Jahnke,
Christel-Saul Jüergasch,
Frau Jurreit,
St. Insp. Jedamzick,
Arbeiter Otto Jackstein,
Frau Iwohn,
Spark. Angest. Jäger,
St. Insp. Kramm,
St. O. I. Kreß,
Standesbeamter Karer,
Spark. Angest. Ella Kegel,
Paul Kurschart,
Angestellter Krüger (St. Amt 16),
St Insp. Helmut Kast,
Vollz. Sekr. Otto Kluschke,
Vermess. Techn. Helmut Kaiser,
Brückenmeister Kallweit,
Oberinspektor d. Siechenhauses Emil Klöß,
Insp. d. Fuhrgesellschaft Krieg,
St. O. Sekr. Bruno Kirbach,
Angest. d. Fuhrgesellschaft Kandit,
St. Amtmann Krüger,
St. Insp. Otto Kaiser
Angest. August Kniest,
Kelch (Feuerlöschpolizei),
Alexander Karnat,
St. Insp. Klein,
Spark. Telefonist August Krause,
Rektor Fritz Kollwer (Herderschule),
Bruno König (Wi. Amt),
Arbeiter Richard Krause,
Gerhard Kollmitz (St. PI. Amt),
Karlshofer (St. PI. Amt).
Witwe Ursel Krause (zuletzt Frankfurt/Oder),
Frau Grete Kowalzyk,
Kühnast (Abonnementsbüro d. Opernhauses)
Angst. Carl Klute (Wi. Amt),
Konrekt. a. d. Alixe Kiehn,
d. Angehörigen d. Schlossers Julius Kluge (E-Werk),
Mittelschullehrer Gustav Klaaßen u. Frau Elisabeth (Haberbg. Mittelschule),
Volksschullehrer Emil Kötzing (Hagenstr.),
St Insp. Kurt Klinger u. Frau Gerda (Beamtenschule),
Kraftwagenführer Ernst Klaus,
Oberinspektor d. Fuhrgesellschaft Kahleck.
Weitere Namen in der nächsten Ausgabe dieses Heimatblattes.
Eine große Anzahl Arbeitskameraden haben die gedruckte Anschriftenliste noch nicht bezahlt. Da unsere Arbeit eine ehrenamtliche ist, müssen wir auf Überweisung dieser 1 DM schon bitten. Meistens sind es Landsleute die heute bereits in Lohn und Brot stehen, oder ihre volle Pension erhalten. Wir brauchen dringend Briefbogen und Umschläge. Noch niemand hat uns gefragt, ob wir dieses überhaupt brauchen. Gingen hier Briefe ein, so hieß es fast immer: „Ich ersuche aufgrund meiner Personalunterlagen um schnelle Übersendung einer Dienstbescheinigung usw.“ Wir haben allen gerne geholfen und wer hilft nun unserer Stelle die Papiersorgen zu beseitigen? – Wahrlich, wir haben nun genug gegeben. Verw. Rat K. hat allein für Begl. Gebühren usw. rund 1000 DM nach genauen Aufzeichnungen aus eigenen Mitteln mit der Zeit aufgebracht. Hinzu kommen all die ehrenamtlichen Helfer, die ebenfalls große Opfer gebracht haben. Wieviel Arbeitskameraden sind durch diese in den Genuss ihrer Pension oder gar in ihrem Beruf untergekommen? Vergessen haben fast alle, ihrer kleinen Pflicht, diese Gebühren nachträglich zu entrichten, nachzukommen. Wir fordern nicht, aber wer heute dazu in der Lage ist, soll uns wenigstens die Auslagen erstatten.
Anschriftensammelstelle der Königsberger Magistratsbeamten, - Angestellen und –Arbeiter, (16) Biedenkopf – Hospitalstraße 1.
Seite 9 Bildhauerkunst in Ostpreußen. Erich Reichelt berichtet über Prof. Dr. Ulbrichs Werk
Foto: Lutherische Pfarrkirche in Insterburg. Altaraufsatz, Holzschnitzerei, bemalt, 1622 bis 1624
Foto: Katholische Kreuzkirche bei Braunsberg. Rechts Hochaltar, 1738. Bildhauer Johann Cr. Schmidt in Rössel. Linker Seitenaltar und Kanzel, um 1735
Da der größte Ted der Bauwerke in unserer Heimat vernichtet worden ist, Kirchen und Schlösse, Rathäuser und Museen unter Schutt und Asche liegen, verbleibt nur die Pflicht darauf hinzuweisen, was in Wort und Bild festgehalten worden ist. In einem umfangreichen Werk „Die Geschichte der Bildhauerkunst in Ostpreußen vom Ausgang des 16. Bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts“ hat Professor Dr. Anton Ulbrich (verstorben) Studienrat an der Baugewerkschule zu Königsberg i. Pr. und Leiter des Kunstgewerbemuseums der Provinz den Beweis dafür erbracht, was an Werken der Bildhauerkunst in unserer Heimat vorhanden war.
Das Werk umfasst in zwei Bänden mit 851 Seiten auf 48 Bildtafeln und 978 Abbildungen, zum größten Teil nach Aufnahmen des Verfassers, das einzigartige Bildmaterial, das alle Ostpreußen mit Stolz erfüllen kann.
Dass dieses Lebenswerk Prof. Dr. Ulbrichs nicht in den Schubladen seiner Materialienschränke liegen blieb und damit vor dem Verlust bewahrt worden ist, ist das Verdienst der Provinzialverwaltung der Provinz. Ihr damaliger Leiter, der Landeshauptmann Dr. Graf Brünneck darf für sich das Verdienst in Anspruch nehmen, die Drucklegung des Werkes so gefördert zu haben, dass es unter seinem Nachfolger dem Landeshauptmann Dr. Blunck und seinem ersten Mitarbeiter Dr. Bezzenberger fertiggestellt werden konnte. Dass die Provinzverwaltung für solche kulturelle Leistungen nicht unerhebliche Mittel zur Verfügung bereitstellte, darf in diesem Zusammenhang betont werden.
Ob das Werk über die Bildhauerkunst wenigstens in einigen Exemplaren gerettet werden konnte, steht dahin. Ein Exemplar wurde dem Schreiber dieser Zeilen in Würdigung gemeinsamer Arbeit bei der Kunstgewerbe-Ausstellung in Königsberg im Jahre 1922 zugeeignet, rechtzeitig verlagert und ist so in seinem Besitz verblieben.
Für die Pflichtauffassung Professor Ulbrichs, die ihn bei seiner Arbeit geleitet hat, sollen folgende Worte Zeugnis ablegen, die als Widmung dem geretteten Werk vorangesetzt worden sind: „Wissenschaftlich arbeiten, heißt nach Erkenntnis streben, wahre Wissenschaft muss über Partei, persönlicher Anschauung stehen, muss immer wägen und prüfen."
Versuchen wir nun einen kurzen Einblick in die beiden Bücher und damit über die Werke der Bildhauerkunst in der Heimat zu verschaffen, dann darf darauf hingewiesen werden, dass es eine Geschichte derselben nicht gab . . . „obgleich die Fülle der erhaltenen Denkmäler förmlich dazu gedrängt hat“, wie Ulbrich sagt. Es ist eine Tatsache, dass der Osten in jener Zeit reich an Kunsterzeugnissen war und dass auch Ostpreußen damals schon an dem allgemeinen deutschen Kunstleben rege teilgenommen hat.“
Folgen wir dem Verfasser bei seinen Schilderungen der Marienfiguren und den vielen weiblichen Gestalten der Altarwerke, dann zeigt sich der rheinisch-kölnische, oder eigentlich rheinisch-niederländische Einfluss bei der bildhauerischen Arbeit. Die Verbindung Kölns und der Niederlande mit dem Osten war auf dem Wasserwege einfach und billig, so dass sich die künstlerischen Beziehungen von selbst erklären. Wenigstens ein Marienbild soll besonders erwähnt werden. Es stammte aus dem Jahre 1504 und zierte den Mittelteil des Altaraufsatzes in dem „Dom am Meer“ zu Frauenburg am Frischen Haff. Die Frauenburger, aber nicht nur sie, sondern alle Besucher dieses wundervollen Domes werden seine Kunstwerke im Gedächtnis haben.
Wie liebevoll ging Professor Ulbrich gerade auf die Einzelheiten der Mutter Gottes Bilder ein. Hören wir ihn selbst: „Alle Formen dienen nur zur Schilderung des Innenlebens von Freude, Schmerz, Trauer und Leiden. Nicht die unbedingte Formenrichtigkeit ist ihr Ziel sondern der Gefühlsausdruck und nicht lediglich schönheitliche Formenkunst. Das Schönheitsbild jener Zeiten findet seine Verkörperung in manchen Frauengestalten, hauptsächlich in der Maria als Gottesmutter, durch ihren Liebreiz und ihr Frauentum.
Es kann nun nicht auf Einzelheiten der großen Altarwerke usw. eingegangen werden. Wie wäre das auch möglich bei den großen Altären des Domes zu Königsberg, der Altstädtischen Kirche, den Bildhauerwerken der Stadtkirche zu Insterburg, dem Altar der Pfarrkirche in Braunsberg, der Kirche zu Mühlhausen und den vielen anderen Kirchen und Kapellen sowie all der anderen Bildhauerwerke und Schnitzereien, die im Stadtschloss zu Königsberg, in den öffentlichen Bauwerken und in den Herrensitzen vorhanden waren.
Bei dem Werdegang vieler Bildwerke muss Professor Ulbrich gefolgt werden, wenn er darauf hinweist, wie umfangreich die Beziehungen des Herzogs Albrecht von Preußen (gestorben 1568), des letzten Hochmeisters des Ordensstaates, zu den berühmtesten Künstlern des Reiches waren. Dieser Fürst stand mit Albrecht Dürer und Peter Vischer in Verbindung und hatte viele andere auswärtige Künstler an seinen Hof nach Königsberg gezogen. Dieses Interesse des Landesfürsten wirkte sich dahin aus, dass Einflüsse süddeutscher, besonders Nürnberger Künstler bei den ostpreußischen Bildhauern in Erscheinung traten. Ulbrich weist auch darauf hin, dass in der Kunst ganz allgemein ein ständiges Fließen stattfindet und sich dieses in unserer Heimat so auswirkte, dass ständig mehrere künstlerische Strömungen nebeneinander liefen, sich ablösten und dadurch jeder Eintönigkeit und Einförmigkeit vorgebeugt wurde. Ulbrich ist auch in seiner jahrzehntelangen Arbeit dem Werdegang der einzelnen Bildhauerarbeiten nachgegangen. Er stellte die Werkstätten fest, den betreffenden Bildhauer, so dass Herkunft und Einfluss des betreffenden Meisters klargestellt wurde. Trotz der Zahl der vorhandenen Werke mit reichen Bildnereien und Schnitzwerken dürfte die Zahl der Meisterwerkstätten und der in ihnen schaffenden Meister nicht zu hoch angenommen werden. Jedenfalls steht einwandfrei fest, - und Ulbrich beweist das, dass sich die Ostpreußen, Meister wie Gesellen, mit ihren Leistungen hinter denen des Reiches nicht zu verstecken brauchten.
Ostpreußen war ja immer nicht mit besonderen Glücksgütern gesegnet und so konnte manches Werk erst nach Überwindung mannigfacher Schwierigkeiten fertiggestellt werden. Der schöne aus dem Jahre 1616 stammende Altaraufsatz der bereits erwähnten Altstädtischen Kirche zu Königsberg erhielt seine Vergoldung erst im Jahre 1640. Wenn man sich nun die Angabe vor Augen hält, dass dieses ganze Altarwerk seinerzeit mit 36 000 preußischen Gulden bewertet wurde, dann darf man wohl sagen, dass es außerordentliche Leistungen waren, die der arme Osten hervorbrachte. Gerade dieses Altarwerk erfreute sich der besonderen Liebe Ulbrichs, da es im Jahre 1916/17 unter seiner Leitung im ursprünglichen Sinne wieder hergerichtet wurde. Jeder Kirchenbesucher dieses Gotteshauses wird sich daran erinnern, dass in ihm das größte Orgelwerk des ganzen Ostens noch im letzten Kriege fertiggestellt worden war und nun auch den Weg alles Irdischen gegangen ist.
Wer einen Teil der von Prof. Ulbrich beschriebenen Kunstwerke in den Kirchen und Kapellen, auf Kirchenböden und in den Museen in Augenschein genommen hat, kann nur mit inniger Trauer daran denken, was unserer Heimat und damit jedem einzelnen Ostpreußen mit all dem verloren gegangen ist. Diese Erinnerungen dürfen aber nicht dazu führen, dass man darüber verbittert wird, was der Heimat durch ein grausames Geschick genommen worden ist. Im Gegenteil, wir alle dürfen und können stolz darauf sein, was unsere Vorfahren im Verlaufe der 700 Jahre Ordensland trotz all der kriegerischen Nöte auch auf dem Gebiete der Bildhauerei geschaffen und erworben hatten. - Wir müssen in aller Trauer um die unersetzlichen Verluste uns daran halten, was Immanuel Kant sagt: „Reich ist man nicht durch das, was man besitzt, sondern mehr durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß, und es könnte sein, dass die Menschheit reicher wird, indem sie verliert."
Seite 9 Deutsch-Slawische Schicksalsgemeinschaft
Fritz Gause, Deutsch-Slawische Schicksalsgemeinschaft. Abriss einer Geschichte Ostdeutschlands und seiner Nachbarländer. Holzner Verlag, Kitzingen/Main. 1952. 12,80 DM
Als seine 50. Veröffentlichung legt der Göttinger Arbeitskreis ein Buch von besonderem Gewicht vor. Es ist eine Geschichte des Ostens Europas, worunter die deutschen, baltischen und westslavischen Gebiete verstanden werden. Erfreulicherweise wird für diese die Bezeichnung „Ostmitteleuropa“ abgelehnt, sie wäre nicht nur falsch, weil sie der eigenen sondern weil sie politischer Missdeutung ausgesetzt ist. Der Verfasser unternimmt unter diesen Vorbehalten nun doch den Versuch diesen Osttraum als Einheit zu sehen.
Erst mit der Zuwanderung der Slaven beginnt seine Geschichte, die germanische Zeit ist Vorgeschichte. Deutlich hat die Entstehung des christlich-romanischen Abendlandes ihre historische Wirkung auf diesen Raum ausgeübt. Wir spüren noch heute Auswirkung dieses großen Prozesses. Alle Völker fügten sich diesem großartigen System ein, weil es ihnen überlegen erschien. Deutsche haben für alle diesen Eingliederungsprozess vollzogen. Eine große abendländische Klammer legte sich um alle diese Völker, die gewiss untereinander Streitigkeiten auszutragen hatten, indem sich die Einzelstaaten bilden, wie auch im Reich. Die besondere Gefahr lag nun in der Beeinflussung besonders von Osten her. Seit Entstehung des Moskauer Staates zeigt sich diese Tendenz steigernd bis in unsere Tage, in denen die Gewalt des Bolschewismus diese Gebiete von dem Abendland loszulösen bestrebt ist. Wenn auch der gesamte Osten, also der deutsch-westslawisch-baltische Raum ständig im Blickpunkt des Verfassers bleibt, so ist doch der Schwerpunkt auf die Geschichte Ostdeutschlands gelegt. Der Verfasser kann mit Recht in Anspruch nehmen, dass sein Buch erstmalig diese Zusammenhänge und ihre historischen Hintergründe in einer einzigen Darstellung erfasst.
Es ist nicht möglich auch nur annähernd einen Begriff von dem überreichen Inhalt dieses vortrefflichen Werkes zu geben. Vielleicht ist es auch angesichts dieser großen Leistung, die sich aus einer wahrhaft souveränen Stoffbeherrschung wie aus einer vorzüglichen Diktion in gleicher Weise zusammensetzt, vielleicht ist es gewagt, hier ein wertendes Wort zu sagen. Man kann dies Buch nur bewundern, es ist hinreißend geschrieben und auch da, wo der Leser es an irgendeiner Stelle aufschlägt, wird er einfach gezwungen, weiter zu lesen. Aber eins muss hier gesagt werden. Aus obiger überkurzer Skizze des Aufbaues muss deutlich werden, welch gewagtes Unternehmen der Verfasser in Angriff genommen hat, welchen Mut es bedeutet, ein solches Buch heute zu schreiben, mitten hinein in die Vielfalt der politischen Konzeptionen und vor allem der Aspirationen. Von der vielleicht etwas verschwommenen Europa-Idee über das angeblich erloschene Problem des nationalstaatlichen Denkens (wo es doch zu denken geben sollte, dass dieses heute in der Sowjet-Union eine Auferstehung feiert) bis hin in die Wünsche der westslawischen Randstaaten. Da ist es von großer Bedeutung, den klaren Standpunkt des Verfassers sich stets zu vergewissern. Er hat nicht nur ein neues historisches Buch geschrieben, sondern er hat auch ein aufrechtes Buch geschrieben. Das ist der stets spürbare politische Untergrund, auf dem der Verfasser seine Darstellung aufbaut. Das gibt ihm den Glauben an sein Buch, der somit auf den Leser übergeht. Letzten Endes sind es ostdeutsche Werte, auf die der Verfasser sich stützt, wenn er den Kern allen politischen Denkens in der Würde des Menschen sieht, und er hat recht, wenn er zum Schluss an die Menschen des deutschen Ostens den Appell richtet, sich auf die gerade in ihrer Heimat gewachsenen Werte zu besinnen und aus ihnen die rettende Substanz mitzugestalten, die nicht nur ein wiedererstehendes Abendland tragen muss, sondern ein neues Deutschland. Prof. Dr. Götz von Seile
Berchtesgaden und Bad Reichenhall
Im September 1952 trafen sich in Bischofswiesen die Mitglieder der beiden Vereinigungen aus Bad Reichenhall und Berchtesgaden. Vorsitzender Marian Hepke begrüßte die zahlreich erschienenen Landsleute aus den beiden Ortschaften. Sodann brachte die Jugendgruppe des Haus der Jugend das „Märchen vom Prinzen mit dem zerbrochenen Herzen“ zur Aufführung, das dank flottem Spiel und reizender Kostümierung reichen Beifall fand. Studienrat Neudorf als Vorsitzender der Reichenhaller Vereinigung dankte für die reizende Darbietung und wusste das Spiel von der aufopfernden Liebe in Bezug auf das Schicksal der Heimatvertriebenen ausgezeichnet zu deuten. Beim Gesang heimatlicher Lieder, bei geselliger Unterhaltung und allgemeinem Gedankenaustausch blieben die Landsleute noch mehrere Stunden beisammen.
Seite 10 Suchdienst der Heimatortskartei für Ostpreußen
Wenn Ihnen über den Verbleib der Gesuchten etwas bekannt ist, geben Sie bitte, direkt Nachricht an die Heimatortskartei für Ostpreußen — (24b) Neumünster, Postfach 178. — Es werden gesucht:
391. Allenstein, Alte Wartenburgerstr. 1, Schweriner, Marie, geb. Trampenau, geb. 16.05.1905, ges. Schweriner, Georg
392. Königsberg, Artillerie-Str. 1, Schweriner, Fritz, geb. 10.05.1904, ges. von Plath, Otto
393. Memel, Bahnhofstraße 5, Anußeit, Olga, geb. Gritzas, geb. 1901, ges. von Gritzas, Adele 394. Memel, Baderstraße 5, Bassus, Martha, geb. Lolischkies, geb. 20.02.1887, ges. von Bassus, Erich 395. Memel, Ahornstraße 16, Brüggemann, Anna, geb. Puttmins, geb. 15.12.1904, ges. Puttmins, Max
396. Memel, Bahnhofstraße 78, Döring, Emilie, geb. Kahle, geb. 26.11.1901, ges. von Krogemann, Waldemar
397. Memel, Bahnhofstraße (?), Greil, Margarete, geb. 19.09.1904, ges. von Kauffmann, Margarete 398. Memel, Bahnhofstraße 3, Hallner, Alexander, geb. 09.11.1886, Schlosser, ges. von Grubert, Helene
399. Memel, Birkenstraße 3, Heinrich, Maria, geb. Kuschinski, geb. 06.10.1848, ges. von Schwarz, Emma
400. Memel, Ballaststraße 4, Hubert, Erich, geb. 15.12.1906, ges. von Hubert, Auguste
401. Memel, Bernsteinbruch 10, Kukka, Margarete, geb. Rück, geb. 14.07.1883, ges. von Rück, Hugo
402. Memel, Bäckerstraße 4, Liep, Heinrich, geb. 05.03.1871, ges. von Jankowsky, Gerda
403. Memel, Barbierstraße 1, Missullis, Martin, geb. 07.07.1911, Mechaniker, ges. von Missullis, Gertrud
404. Memel, Ankerstraße 13, Nikolaus, Berta, geb. Hopp, geb. 04.02.1873, ges. von Görke, Walter 405. Memel, Ballaststraße 4, Pawlik, Helmut, geb. 25.07.1928, ges. von Pawlik, Berta
406. Memel, Ankerstraße 13, Paetsch, Friedrich-Wilhelm, geb. 30.09.1889, ges. von Paetsch, Horst
407. Memel, Bahnhofstraße 12, Plewe, Artur, geb. 1905, Dr. d. Phil., ges. von Gaides, Anna
408. Memel, Bernsteinbruch 4, Schröder, Betty, geb. Meyer, geb. 25.12.1879, ges. von Wisbereit, Elly
409. Memel, Bernsteinbruch 4, Schröder, Robert, geb. 04.03.1879, ges. von Wisbereit, Elly
410. Memel, Bahnhofstraße 21, Schupara, Brigitte, ges. von Zander, Hedwig
411. Memel, Bahnhofstraße 21, Schupara, Emma, geb. Budonick, geb. 12.07.1907, ges. von Zander, Hedwig
412. Memel, Bahnhofstraße 21, Schupara, Hans-Jürgen, geb. (?), ges. von Zander, Hedwig
413. Memel, Bahnhofstraße 21, Schupara, Gotthard, geb. (?), ges. von Zander, Hedwig
414. Memel, Bahnhofstraße 21, Schupara, Hildegard, geb. (?), ges. von Zander, Hedwig
415. Memel, Bahnhofstraße 21, Schupara, Ingeborg, geb. (?), ges. von Zander, Hedwig
416. Memel, Bahnhofstraße 21, Schupara, Ursula, geb. (?), ges. von Zander, Hedwig
417. Memel, Bahnhofstraße 21, Stoll, Gertrud, geb. 28.05 .1904, ges. von Stoll, Erna
418. Memel, Bahnhofstraße (?), Weiß, Ida, geb. Macikowski, geb. 01.05.1884, ges. von Kauffmann, Margarete
419. Wehlau, Parkstraße 13a, Achenbach, Anneliese, geb. Spindler, geb. 1922, ges. von Reimann, Bernhard
420. Wehlau, Kirchen-Steig 2, Adam, Agnes, geb. (?), ges. von Mahern, Veronika
421. Wehlau, Kirchenstraße 2, Adam, Anton, geb. 30.11.1889, Steinsetzer, ges. von Fallmann, Elli 422. Wehlau, Kirchenstraße 2, Adomeit, Alfred, geb. 02.02.1928, Kaufmann, ges. von Adomeit, Ida 423. Wehlau, Kirchenstraße 2, Adomeit, Hildegard, geb. 08.06.1912, ges. von Thulne, Franz
424. Wehlau, Essener Straße 26, Apsel, Albert, geb. (?), ges. von Edelmann, Maria
425. Wehlau, Essener Straße 26, Apsel, Elise, geb. Papendick, geb. (?), ges. von Apsel, Wilhelmine
426. Wehlau, Essener Straße 26, Apsel, Manfred, geb. 19.09.1930, Mechaniker, ges. von Edelmann, Maria
427. Wehlau, Deutsche Straße 9, Aukthun, Hermann, geb. 16.09.1856, Schmied, ges. von Aukthun, Annemarie
428. Wehlau, Kirchenstraße 7, Bachert, Antonie, geb. 17.03.1878, ges. von Fornamowitz, Rudolf 429. Wehlau, Kirchenstraße 7, Bachert, Klara, geb. 29.04.1880, ges. von Fornamowitz, Rudolf
430. Wehlau, Neustadt 8, Bartschat, Gustav, geb. 17.01.1876, Spediteur, ges. von Bartschat, Alfred
431. Wehlau, Gr. Vorstadt, Becker, Auguste, geb. Kirschner, geb. 22.02.1889, ges. von Germies, Kurt-Karl
432. Wehlau, Städtisches Krankenhaus, Behr, Elfriede, geb. 31.07.1912, ges. von Behr, Franz
433. Wehlau, Gr. Vorstadt 16, Behrendt, Richard, geb. 06.07.1888, Kaufmann, ges. von Behrendt, Emilie
434. Wehlau, Gartenstraße 11, Blank, Ferdinand, geb. 09.03.1864, ges. von Schirmann, Anna
435. Wehlau, Gartenstraße 11, Blank, Johanna, geb. Salomon, geb. 27.09.1864, ges. von Schirmann, Anna
436. Wehlau, Block, Maria, geb. Riemann, ca. 43 Jahre, ges. von Riemann, Emil
437. Wehlau, Borchert, Frieda, geb. 14.06.1900, Bäuerin, ges. von Burle, Gertrud
438. Wehlan, Borchert, Gerda, geb. Februar 1915, ges. von Hackelber, Helene
439. Wehlau, Bragg, Edth, geb. Suplie, geb. 09.10.1944, ges. von Suplie, Helene
440. Wehlau. Bragg, Fritz, geb. 16.10.1884, ges. von Ostendorf, Johann
Seite 11 Danksagung
Zu meinem 65. Geburtstag sind mir so zahlreiche Glückwünsche meiner lieben Landsleute aus Ost und West zugegangen, dass ich nur auf diesem Wege in der Lage bin, Ihnen allen herzlich die Hand zu drücken. Berlin, 10. Oktober 1952 Dr. Hermann Güttler
Seite 11 Todesanzeige
Gott, der Herr, nahm am Montagabend nach einem erfüllten Leben meine geliebte Frau, unsere herzensgute Mutter, Schwiegermutter und Großmutter, Frau Luise Genrich geb. Ebner im Alter von 71 Jahren zu sich. Fern ihrer geliebten ostpreußischen Heimat ist sie sanft und friedlich eingeschlafen. Ihr ganzes Leben war Glaube, Liebe und Güte. In tiefstem Schmerz, Paul Genrich, Neuenkirchen. Ilse Genrich, Neuenkirchen. Christel Genricb, geb. Stahnke, Buxtehude Hans Genrich und Frau, Jeddeloh I. Herbert Genrich und Frau, Oldenburg Liselotte Genrich, Cuxhaven. Dieter und Barbara, als Enkel. Ortelsburg (Ostpr.), jetzt Neuenkirchen bei Otterndorf/Niederelbe, den 6. Oktober 1952.
Seite 12 Obermedizinalrat Dr. Rehberg, Tilsit, gestorben
In Sondershausen (Thüringen), wo er seit 1948 wirkte, ist Obermedizinalrat Dr. Rehberg, früher Tilsit, 6 Tage nach Vollendung seines 71. Lebensjahres einem plötzlichen schweren Herzanfall erlegen.
Seine Wiege stand im Kreise Pr. Eylau, in Bartenstein und Rastenburg besuchte er das Gymnasium und studierte dann in Leipzig, Greifswald und Königsberg (Pr.) Medizin. Nach glänzend abgelegten ärztlichen Abschlussprüfungen war er Assistent in Posen, Königsberg (Pr.) und Trier. Am 01.02.1911 wurde der Heimgegangene praktischer Arzt in Angerburg und übernahm dort zugleich die Leitung des Kinderkrüppelheims. Im 1. Weltkrieg stand er zunächst an der Front, übernahm dann die Leitung der Fleckfieberbekämpfung an verantwortlicher Stelle. Nachdem er schon 1912 die Kreisarztprüfung abgelegt hatte, wurde er 1916 zum preußischen Kreisarzt ernannt. Nach Kriegsende wurde Dr. Rehberg Kreisarzt für Land- und Stadtkreis Tilsit, gleichzeitig wurde er 1. Stadtarzt und Leitender Arzt der Inneren Abteilung des Städt. Krankenhauses Tilsit und später dessen Chefarzt.
Er hatte sich der Bekämpfung der Volksseuche Tuberkulose verschrieben und trat deshalb 1930 in den Dienst der Landesversicherungsanstalt Ostpreußen über, die ihn zum Chefarzt des unter seiner maßgeblichen Mitwirkung neuerrichteten modernsten Anforderungen entsprechenden Tuberkulosekrankenhauses Tilsit - Stadtheide ernannte, das er von anfänglich 100 auf zuletzt 250 Betten erweiterte. Im 2. Weltkriege war Dr. Rehberg als Tuberkulosefachberater in den Wehrkreisen I und IX und zuletzt als Chefarzt des Lungenlazaretts Bad Kolberg tätig. Nach vorübergehender Ausübung ärztlicher Allgemeinpraxis in zwei kleinen Städtchen Thüringens übernahm der Verewigte, unermüdlich wie immer, noch mit 67 Jahren 1948 die ärztliche Leitung der Tuberkulosefürsorgestelle Sonderhausen (Thpr.) und etwas später dazu die Leitung der Tuberkuloseabteilung des Kreiskrankenhauses, gleichzeitig war er Bezirkstuberkulosearzt Thüringen-Nord.
Hier erfreute er sich bei Kranken und Mitarbeitern ebenso großer Beliebtheit und Verehrung wie schon seit Jahrzehnten in seiner geliebten Heimat Ostpreußen, deren Verlust er mit bewundernswerter Würde trug. Er besaß ein umfassendes ärztliches Wissen wie nur wenige und ein hervorragendes Lehrtalent, mit dem er vor allem seine Assistenten fortriss und begeisterte. Unter seiner Leitung konnte man sich gediegene und exakte ärztliche Kenntnisse aneignen, alle neuen und neuesten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wurden erarbeitet und, wenn erprobt, angewendet.
Dr. Rehberg war Arzt aus wirklicher innerer Berufung, er war Mensch in des Wortes edelster Bedeutung, in seiner Brust schlug ein warmes, väterliches Herz für seine Kranken. Gleich leuchtend war sein Beispiel als Gatte und Vater.
Er war auch durch seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen weit über Ostpreußen hinaus bekannt.
Seine schier unerschöpfliche Schaffenskraft, für die er an seinem 70. Geburtstage seinem Gott dankte, hielt an bis zu seinem letzten Lebenstage, an dem er mitten in seiner Arbeit einem plötzlichen schweren Herzanfall erlag, so, wie er es sich immer gewünscht hatte. Voller Dankbarkeit und Verehrung stehen seine Kranken. Mitarbeiter und früheren Schüler an der Bahre dieses gottbegnadeten Arztes und Menschen, der sich in den Herzen aller, die ihn kannten und liebten, schon zu Lebzeiten ein Denkmal errichtet hat, das dauernder ist als Erz!
Seite 12 Studentenkreis Ordensland in München
Obwohl sommerliche Studienmonate weniger geeignet scheinen, über das persönliche Studium hinaus noch Zeit für Veranstaltungen innerhalb einer studentischen Gemeinschaft zu finden so hatte der Studentenkreis „Ordensland" in München vor Beginn des Sommersemesters doch ein recht umfangreiches und vielseitiges Arbeits- und Veranstaltungsprogramm aufgestellt, das auch ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden konnte. Dank der Initiative des Altherrenkreises unter dem Vorsitz von Herrn Zahnarzt Dr. Kaleschke war es gelungen, für die Abende des Studenten- und Altherrenkreises ein festes Heim zu mieten, das viel beitrug, den Zusammenschluss unserer Kommilitoninnen und Kommilitonen zu festigen und dem Rahmen der Abende auch viel an Gemütlichkeit und „Sesshaftigkeit“ zu geben.
Nachdem die Ferienmonate ausgeklungen sind, die den meisten unserer Mitglieder wegen mancher sozialen Nöte und Schwierigkeiten gar wenig an eigentlicher Frei- und Ferienzeit gebracht hatten (Arbeit zum Erwerb der Studiengelder für das Wintersemester war das Schicksal der meisten), und nachdem das kommende Semester zu neuem Schaffen ruft, soll auch einer weiteren Öffentlichkeit ein kurzer Rückblick auf das gegeben werden, was getan werden konnte. Soweit es unsere bescheidenen Mittel und Kräfte nur zuließen, haben wir versucht, die Sommermonate mit Leben und Inhalt zu füllen.
Aus der Reihe der Vorträge und Diskussionen seien erwähnt: Univ.-Prof. Dr. Ernst Lichtenstein, Vorstandsmitglied des Altherrenkreises, sprach unter Zuziehung zahlreichen Bild- und Fotomaterials über seine Erlebnisse und Erfahrungen in Griechenland. Schriftsteller Heinz Flügel von der Evangelischen Akademie Tutzing brachte einen Vortrag über „Das Problem der Angst in der Literatur der Gegenwart“. Der frühere bayerische Kultusminister und Jetzige Rektor der Münchener Hochschule für politische Wissenschaften, Univ.-Prof. Dr. Franz Fendt, sprach über ein volkswirtschaftliches Gebiet: „Übernationale Wirtschaft“. Frau Stadtrat Dr. Hildegard Brücher, M. d. L., führte in eine äußerst lebhafte Diskussion um die aktuellen Fragen unserer Innenpolitik. Der Vorsitzende des Studentenkreises Robert Gers, hatte sich das Thema „Verlorene Gemeinschaft“ gestellt, und Gisela Frischkorn gab ein recht lebensnahes Bild aus dem Schaffen des ostpreußischen Malers Lovis Corinth. Abgerundet wurden die Vorträge und Diskussionen durch eine Lesung der Danziger Schriftstellerin Lydia Ganzer, eine nun schon langjährige Förderin und Freundin unserer Arbeit.
In all dem kam die heitere Note nicht zu kurz. Von einigen geselligen Zusammenkünften über den „Tanz in den Mai“ bis zum sommerlichen Abschlussfest zum Ende des Semesters gab es manches was genug Freude und Frohsinn in unsere Reihen brachte. Viel Anklang fand eine zweitägige Ausfahrt zum Hochlandlager und zum Walchen- und Kochelsee. Zu der Feier der Sommersonnenwende im Hochlandlager hatte der Studentenkreis ein Programm vorbereitet, das auch von einem zahlreichen Kreis der bayerischen Bevölkerung besucht und mit reger Anteilnahme aufgenommen wurde.
Die Wahl des Vorstands für das W. S. brachte, nachdem die bisherigen Vorstandsmitglieder Robert Gers und Erich Moneta gebeten hatten, von einer Wiederwahl abzusehen, folgendes Ergebnis: 1. Vorsitzender: Horst Harthun, Stellvertreter: Siegfried Naraschewski, Schriftführerin: Charlotte Kayser. Dem Vorstand wird ein Seniorenrat zur Seite stehen, in den gewählt wurden: Robert Gers, Helmut Pauli und Franz Kadow. Der Vorstand bittet alle im W. S. an den Münchener Hoch- und Fachschulen studierenden Kommilitoninnen und Kommilitonen, die Interesse für die Arbeit des Studentenkreises „Ordensland“ zeigen, sich vertrauensvoll an ihn zu wenden.
Anfang November ist der Start in das Wintersemester. Im Mittelpunkt der ersten Hälfte wird eine zweitägige Veranstaltung am 29. und 30. November aus Anlass des dreijährigen Bestehens des Studentenkreises stehen. Eine vielseitige Veranstaltungsfolge befindet sich in Vorbereitung. Für die Festrede auf einer Feierstunde am Samstag, dem 29. November, 17 Uhr, konnte schon jetzt Staatssekretär Dr. Ottomar Schreiber gewonnen werden. Wir bitten alle Landsleute, die an den Veranstaltungen des Studentenkreises anlässlich seines dreijährigen Bestehens teilzunehmen gedenken, um recht baldige Mitteilung ihrer Adresse. Anschrift des Studentenkreises „Ordensland“: München 34, Postfach.
Seite 12 Daniel in der Löwengrube. Kurt Ziesel, Daniel in der Löwengrube, Dikreiter-Verlagsgesellschaft Frankfurt/Main, 1952, 305 Seiten, Leinen, 13,80 DM
Dieses Buch erzählt die Geschichte eines großen Schauspielers, der durch ein unbegreifliches Schicksal in ein jüdisches Ghetto in Polen gerät. In wenigen Tagen und Stunden erfüllt sich an ihm das Geschick dieser unglücklichsten Menschen. Er teilt es nicht nur, sondern in ihm dämmert etwas auf, das sich wie ein Opfergang für ihn auswirkt. Der Verfasser hat sich eine unglaublich schwere Aufgabe gestellt. Aber er hat sie in einer bewundernswerten Weise bewältigt. Er ist an diesen Stoff mit einer so starken Seelenkraft herangegangen, dass etwas wirklich Neues entstanden ist; in einer Weise wird an die letzten Pfeiler menschlichen Daseins gerührt, wie es nur selten einem Künstler gelingt. Das Reich der Angst, das Reich der Schuld und der Gedanke des menschlichen Opfers verweben sich mittels einer großen Kunst zu einem erschütternden Bild von todgeweihter Irdischkeit. Das Buch hat weit über seinen Anlass hinaus einen exemplarischen Wert. Jeder Mensch in Deutschland ist in der Frage, um die es hier geht, schuldig geworden, und sei es nur, dass er nichts tat, um eine unerhörte Not, die vor den Augen eines Jeden sich abspielte, zu lindern. Schon das Ausweichen vor einer solchen Möglichkeit bedeutet Schuld. Dieses Buch ist in einem ganz besonderen Sinn ein deutsches Buch, weil das hier dargetane Schicksal unter das Gericht eines stellvertretenden Todes gerückt ist. Das Buch ist eine Beichte im weitesten Sinne des Wortes.
Seite 12 Vertriebene Ostmüller!
Heimatvertriebene frühere Mühlenbesitzer und Pächter wollen sich zwecks Wahrung ihrer Interessen im Hinblick auf die bevorstehende Neukontingentierung der Mühlen an den Verband der früheren Ostmühlen e.V. (22b) Sinzig a. Rh. Wallstraße wenden. 8
Für alte, und kranke- arbeitsunfähige Ostmüller (auch für deren Witwen) ist bei der Mühlenstelle die Bildung eines Sozialfonds in Vorbereitung Unterstützungsberechtigte Kollegen oder deren Angehörige mögen sich gleichfalls wegen Beratung und Bearbeitung ihrer etwa zu stellendenden Unterstützungsanträge an den obigen Verband wenden.
Seite 12 Wir gratulieren
Seinen 85. Geburtstag feierte am 1. November 1952 Herr Karl Lau, früherer Inhaber der Firma Teichert in Königsberg Pr., Paradeplatz 2. Herr Lau ist in Braunsberg geboren und wohnt heute in Konstanz am Bodensee, Schützenstraße 7. Wir wünschen dem Jubilar alles Gute und einen gesegneten Lebensabend.
Seite 12 Angehörige des ehem. I.R. 2
Standorte: Allenstein, Ortelsburg, Bischofsburg.
Die ehemaligen Angehörigen des Inf.-Reg. 2 haben sich in der „Kameradschaft des Inf.-Reg. 2 zusammengeschlossen, die bei dem ersten Treffen nach dem Kriege im Mai dieses Jahres in Herford gegründet wurde. Alte und junge Kameraden haben sich in ihr vereinigt und es sich zur Aufgabe gemacht, die alte bewährte Kameradschaft aus Friedens- und Kriegszeiten zu erneuern und zu pflegen, und sich gegenseitig Hilfe zu leisten Als vornehmste Aufgabe sieht es die „Kameradschaft" an, die Schicksale der noch vermissten Angehörigen des Regiments zu klären. Alle ehemaligen I. R. 2-er werden deshalb aufgerufen, ihre Anschrift und die der bekannten Kameraden für den Vermissten-Suchdienst des Regiments abzugeben. Über 2000 Regimentsangehörige werden vermisst. Auch der kleinste Hinweis ist wichtig und kann noch Erfolg bringen. Auch die Eltern, Geschwister. Kinder und Frauen der Vermissten werden aufgerufen, ihre Anschriften anzugeben, damit Verbindungen mit ihnen aufgenommen und nach Möglichkeit geholfen werden kann. Weiter wird gebeten um Namensnennung von Vorgesetzten und Kameraden und um Anforderung von Fragebogen. Jeder Moment des Verbleibs wird benötigt. Auch die kleinsten Angaben können bei der Prüfung mehrerer Fragebogen zu einer genauen Feststellung des Verbleibs führen. Es liegt weniger an langen Berichten als an den kleinsten Hinweis, der von größter Wichtigkeit sein kann. Unabhängig von den Nachforschungen des Vermissten-Suchdienstes des Regiments erscheinen Suchanzeigen im Nachrichtenblatt „Kameradendienst" kostenlos. Anfragen sind zu richten an: Ernst Tollkiehn, (22 c) Köln-Kalk, Hachenburger Str. 16. Rückporto erbeten.
Treffen der ehemaligen I. R. 2-er in Solingen und Köln
Am 8. November 1952, 18 Uhr, in Solingen-Höhscheid im Lokal „Ernst Windhövel", Neuendorfer Str. 2. Das Lokal ist vom Hauptbahnhof aus mit der Linie 2 (bis Endstation fahren) zu erreichen. Am 9. November 1952, 11 Uhr, in Köln im Restaurant „Metzmacher" Rheinstraße. Das Lokal ist mit den Omnibussen 33 und 34 ab Hauptbahnhof bis Heumarkt (Haltestelle Gürzenich) zu erreichen. Von der Haltestelle sind es noch etwa 5 Minuten in Richtung der Busse. Die Treffen sind für die Kameraden aus diesen beiden Städten und der Umgebung.
Erstes Wiedersehenstreffen der 206. Inf.-Div.
Am 11/12. Oktober 1952 trafen sich in Hannover zum ersten Male nach dem Kriege die Angehörigen der 206. (ostpreußischen) Infanterie-Division. Das Treffen begann mit einer Suchaktion. Es lagen sämtliche Vermisstenlisten vor. Mehrere hundert Vermisstenschicksale konnten geklärt werden. Am Abend fand ein Kameradschaftsabend statt, auf dem beschlossen wurde, den Zusammenhalt weiter zu pflegen, und zwar werden in Zukunft die einzelnen Einheiten der 206. I. D. die Betreuungs- und Suchaktion fortführen. Als zentrale Stelle, die in allen Angelegenheiten der 206. I. D. Auskunft gibt, ist Herr Moritz Liebe, Düsseldorf-Garath bestimmt worden. Er wird sämtliche Anfragen der Angehörigen nach Vermissten beantworten. Am Sonntagvormittag wurde vor dem Ehrenmal am Welfenplatz ein Kranz zu Ehren der gefallenen Kameraden niedergelegt. Die Vorarbeiten für die Geschichte der Division sind soweit gediehen, dass sie in absehbarer Zeit im Podzunverlag, Kiel, erscheinen kann.
Ortelsburger Jäger!
Alle Angehörigen des ehem. Jäger-Batl. Ortelsburg Ostpr. wollen sich bitte zwecks Anlegung einer Kartei und Zusendung eines Mitteilungsblattes (auch ehem. Angehörige gefallener und vermisster Kameraden) an Otto Wendorff, Köln a. Rh., Blumenthalstr. 9, wenden. Vorzeitigen Anfragen ist Rückporto beizufügen.
Foto: Der langjährige Obermeister der Königsberger Bäckerinnung, Popp, wurde in Duisburg mit der silbernen Ehrenkette ausgezeichnet. Rechts: Bürgermeister Dr. Storm
Seite 12 Max Ilgenstein 80 Jahre alt.
Foto: Bezirksschornsteinfegermeister.
Seinen 80. Geburtstag feiert am 17. November 1952 Bezirksschornsteinfegermeister Max Ilgenstein aus Königsberg/Pr.. Ilgenstein ist 1872 in Zinten, Kreis Heiligenbeil, geboren und stammt aus einer alten Handwerkerfamilie. Schon sein Großvater, der von Halle nach Ostpreußen einwanderte, war Bezirksschornsteinfegermeister. Von 1904 ab war Max Ilgenstein in Zinten und von 1923 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1944 in Königsberg als Bezirksschornsteinfegermeister tätig. Somit wirkte er 40 Jahre lang als Bezirksmeister. Im Jahre 1945 flüchtete er mit seiner Frau nach Ostfriesland und wohnt jetzt - nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Moers - in Ingelheim am Rhein, wo auch sein ältester Sohn tätig ist. Max Ilgenstein erfreut sich trotz seines hohen Alters bester Gesundheit und macht noch ausgedehnte Spaziergänge, in die nähere- und weitere Umgebung seiner neuen Heimat. Auch sein alter unverwüstlicher Humor hat ihn nicht verlassen. Wir wünschen unserem Landsmann zu seinem Festtage, den er im Kreise seiner Angehörigen, Freunde und Bekannten begehen wird, von Herzen alles Gute und einen beschaulichen und gesegneten Lebensabend.
Seite 12 Totensonntag. Gertrude Renate Nicolai.
Zwischen den engen Gräberreihen
hockt gramverhüllt das Leid.
Wiesen und Deiche nebelverhangen,
braun steht das Rheit.
Aus der Bäume Kronen tropft es,
wie lautlose Träne rinnt.
In den welken Kränzen, den Schleifen
raschelt der Wind.
In den kahlen, entblätterten Ästen
ein Seufzen, ein Stöhnen,
wie von ewig ungestilltem Sehnen.
In Nebel vergangen die ganze Welt,
als ob sie reglos den Atem anhält.
Und alles so trostlos, so öde und leer,
als ob alle Freude gestorben wär.
Doch plötzlich aus einer Wolkenlücke
bricht ein goldner Strahl,
er baut eine Brücke
vom Himmel zur Erde hernieder,
als riefen die Toten:
„Wir kommen wieder.“
Nichts geht im Weltall verloren.
Und wenn ein Stern vom Himmel fällt,
kehrt seine Seele zurück auf die Welt
und wird neu geboren.
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